Gemeinderat,
12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 81
die versucht
haben, aus dieser Wehrmacht hinauszukommen und auch versucht haben, hier den
Krieg zu verkürzen und das Elend der europäischen Bevölkerung dadurch zu
reduzieren und zeitlich zu beschränken. Also, da spreche ich Ihnen das Recht
ab, die gesamte Kriegsgeneration zu vereinnahmen.
Aber wenn wir
fragen, welche Schlussfolgerung wir heute daraus ziehen können, dann ist es,
wie ich meine, richtig, wenn der Kultur- und Wissenschaftsstadtrat Mailath-Pokorny
diese Ausstellung unterstützt, damit verbunden aber auch eine Initiative
gesetzt hat, die sich "Dialog, Diskussion, Demokratie" nennt und die
sich nicht nur mit dieser Ausstellung beschäftigt, sondern die Ausstellung zum
Anlass nimmt, auch vor allem die jüngere Generation mit diesen Fragen zu
befassen und neben dem Zeigen dieser Ausstellung beispielsweise auch angeregt
hat, und das auch in einem Projekt unterstützt, dass Wiener Schülerinnen und
Schüler Pensionistenwohnhäuser besuchen, dort mit der so genannten
Kriegsgeneration Kontakt aufnehmen, über diese Zeit sprechen, über die
persönlichen Verstrickungen sprechen und auch, wenn man so will, verstehen
lernen, wie eine solche Situation und solche Rahmenbedingungen überhaupt zu
Stande kommen. Das ist, wie ich meine, auch das Richtige, die Konsequenzen
daraus zu ziehen, was wir heute daraus lernen können und das insbesondere auch
der jüngeren Generation weiterzugeben.
Und weil Sie
sagen, das Institut für Zeitgeschichte stellt sich diesem Thema nicht oder
hätte sich geweigert, die Ausstellung zu zeigen oder mit der Ausstellung in
Verbindung gebracht zu werden, so ist das ebenfalls unrichtig, denn das
Institut für Zeitgeschichte wird ein Symposium zu diesem Thema durchführen, um
auch einen entsprechenden Dialog und einen Diskurs dazu zu ermöglichen.
Sie haben es
mir ja schon vorweggenommen. Der berühmte und wahrscheinlich renommierteste
Zeithistoriker im deutschsprachigen Raum Hans Mommsen wird ebenfalls nach Wien
kommen, um zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Er ist unter anderem auch
Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats zur Überarbeitung der Ausstellung
"Vernichtungskrieg".
Aber diese
Initiative von StR Mailath-Pokorny beschränkt sich nicht nur auf dieses
historische Thema, sondern sie beschäftigt sich auch mit der Frage: Welche
mediale Auswirkung hat Krieg auch in unserer heutigen Zeit? - Es wird zum
Beispiel auch eine Ausstellung in der Kunsthalle geben, die sich "Body
count - Kunst und Krieg in Zeiten der Medien" nennt, wo der Frage
nachgegangen wird: Wie werden kriegerische Auseinandersetzungen über Filme,
über Bilder transportiert, wie kommen sie bei den Konsumenten an und was
bewirken solche Bilder? Ich denke, dass das auch ein interessanter Dialog zum
Thema "Medien und Krieg" und auch die Brücke von der Vergangenheit in
die Gegenwart ist und die Frage stellt, wie wir uns auch in Zukunft mit
kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt auseinander setzen und diese
auch bewerten.
Weiters wird
es in dieser Initiative auch einen Workshop geben und der wird Sie
wahrscheinlich ganz besonders interessieren, weil ich weiß, dass das ebenfalls
ein historisches Thema ist, das nach wie vor aktuell ist, das sich mit den
Benes Dekreten und den Konsequenzen, die wir heute daraus ziehen, beschäftigt
und der nicht nur auf österreichische, ungarische, slowakische und tschechische
Wissenschaftler beschränkt sein wird, sondern der auch breiter gefasst
britische, amerikanische und französische Historiker miteinbeziehen soll. Auch
deshalb, weil es auch hier historische Verantwortlichkeiten gibt und weil es
auch interessant ist, auch Blickwinkel von außerhalb in diese historische
Diskussion hereinzubringen, die, wie wir wissen, auch heute noch von
politischer Brisanz ist und von der Sie ja immer wieder glauben, dass sie auch
heute noch für Sie für Wahlkampfthemen reicht, um, wenn man so will,
politisches Kleingeld daraus zu ziehen.
Die jetzt zu
zeigende Ausstellung "Vernichtungskrieg - Die Verbrechen der Deutschen
Wehrmacht", in der auch Österreicher gedient haben, aber der Deutschen Wehrmacht,
ist zweifellos eine Ausstellung, die wieder zur Diskussion beitragen wird und
ich gehe davon aus, nicht mehr in dieser emotionellen Art und Weise wie es die
erste war. Ich denke, jetzt vielleicht tiefergehend mit noch mehr wissenschaftlichen
Dokumenten, doppelt so groß wie die erste, mit sehr viel mehr an Materialien
und Unterlagen, aber sie bietet doch auch die Möglichkeit, sich sehr intensiv
mit dem Thema der Vergangenheit auseinander zu setzen, um die Konsequenzen für
die Zukunft daraus zu ziehen. Das ist das Ziel, warum wir diese Ausstellung
zeigen und ist Ziel der Initiative "Dialog, Diskussion und
Demokratie". (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Herr
GR Margulies, bitte.
GR Dipl Ing
Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Damen und Herren!
Fast bis zum
Schluss habe ich mit den Ausführungen des Kollegen LUDWIG fast zur Gänze
übereinstimmen können. Es gibt nur einen Bereich, der mir wichtig ist, darauf
hinzuweisen, weil es schon auch im Zusammenhang damit steht, dass es lange Zeit
gebraucht hat, bis in Österreich tatsächlich ernsthaft Geschichte aufgearbeitet
wurde.
Es ist bezeichnend
dafür und mir geht es da jetzt, ich sage es Ihnen ganz offen, nicht um Kritik
an der Sozialdemokratie, aber ich würde Sie trotzdem ersuchen, darüber
nachzudenken, denn es war Teil der österreichischen Lebenslüge seit 1945, dass
man sich als erstes Opfer betrachtet hat. So etwas spiegelt sich ein bisschen
wider, wenn man sagt, die meisten Österreicher wollten ja gar nicht in die
Wehrmacht. Nein, so war es nicht. Es wollten genauso viele oder wenige
Österreicher in die Wehrmacht, wie Deutsche in die Wehrmacht rein wollten oder
eben
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