Gemeinderat,
11. Sitzung vom 01.2.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 94
und dann zu fragen: Was bleibt übrig?
Dass Wien eine Müllverbrennung braucht, haben wir
prinzipiell nie in Frage gestellt. (GR
Heinz Hufnagl: Na, das war bei der Frau Weber ganz anders! So vergesslich ist
der Gemeinderat nicht!) Nur jetzt stellen wir eines ganz klar fest: Einfach
zu sagen, wir setzen eine 450 000-Tonnen-Abfallverbrennungsanlage hin und
das Abfallaufkommen wird schon wachsen - ja, so wird es tatsächlich wachsen -,
das ist der falsche Weg.
Wir werden jetzt eine echte Bürgerbeteiligung
beginnen. Wir werden mit den Menschen diskutieren, wir werden auch
entsprechende Konzepte öffentlich vorstellen, dass es möglich ist, Abfall zu
vermeiden, und wir nehmen nicht zur Kenntnis, dass Bürgerbeteiligung heißt, die
Bürger letztlich vor vollendete Tatsachen zu stellen. Wir schrecken uns nicht
vor dem hohem Abstraktionsgrad, den eine absolute SPÖ seit dem 25. März
hier umsetzt. - Danke schön. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke schön. - Als Nächster ist Herr GR Parzer zum
Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Robert Parzer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadtrat! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
In der heutigen Debatte geht es um die Beschreibung
eines wirklich jahrelangen Verwirrspiels, jenes um die dritte
Müllverbrennungsanlage, bei dem sowohl die SPÖ als auch die Grünen einen recht seltsamen
Rollentausch hinter sich haben. Am Anfang war es so, dass die
Bürgermeisterpartei dieses Hauses eher gegen das Projekt war, während die Grünen eher Verständnis signalisierten.
Dann hat man den Bürgermeister überzeugt, während die Grünen ihre positive Meinung revidiert haben und nunmehr
dagegen sind.
Dann hat die SPÖ für ihr Verwirrspiel noch einen
lokalen Nebenschauplatz gewählt, nämlich die Bezirke, die nun alle nach der
Reihe, sofern sie nur irgendwie als Standort in Frage kommen, den Schwarzen
Peter - wie könnte es auch anders sein - jemand anderem zuschieben wollen, was
zwar durchaus rollengemäß ist, aber in dem von Ihnen verursachten Verwirrspiel
leider nur zur Verunsicherung der Bürger beigetragen und vor allem dem Projekt
sehr geschadet hat.
Doch das Verwirrspiel ist noch weitergegangen.
Diesmal war die Spielstätte das Expertengremium, wobei diese Vorgangsweise
durch das Versteckspiel ergänzt wurde, denn man hat die Politik vollkommen aus
der Entscheidung ferngehalten, und erst nachdem das Ergebnis vorgelegt wurde,
wollte man ein schnelles Ja oder Nein haben. Nur wenige Tage hat man uns Zeit
gelassen, um das vorliegende Konvolut zu beurteilen.
Diese Vorgangsweise hätten wir in unserer
Regierungsfunktion nicht gewählt. Der lebende Beweis dafür ist die Qualität des
Entstehungsprozesses beim KLP, in dem fast in allen Phasen alle Fraktionen
einbezogen waren. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Das politische Ringelspiel um
die Projektierung zeigt uns deutlich, wohin die neue Mehrheit dieses Hauses
steuert: nicht in die politische Demut, die Bgm Häupl in der Wahlnacht so
großzügig angekündigt hat, sondern in die alte Politik der sozialistischen
Dampfwalze, die über alles drüberfährt und dann noch die Stirn hat zu hoffen,
die Opposition würde sich als Feigenblatt für Alleingänge der Stadtregierung
hergeben.
Seit dem Frühjahr 1999 rotiert das Expertenforum um
die eigene Achse und noch vor Weihnachten hätte das Standortergebnis vorliegen
sollen. Die dafür geplante Sitzung, meine Damen und Herren, wurde kurzfristig
abgesagt, und heute, einen Tag nach der ominösen, lang erwarteten und lang
angekündigten Sitzung, wissen wir immer noch nicht - außer die Zeitungen
schreiben es schon -, wo der Standort ist, wir haben lediglich ein
Standort-Ranking.
Es wäre jetzt endlich an der Zeit, dass Sie, Frau StRin
Kossina, Ihre politische Verantwortung wahrnehmen würden, denn dafür sind Sie
und die Fraktion ja gewählt worden, nicht für die Einberufung von
Expertengremien. Die Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, ob in ihrer
Nähe eine Müllverbrennungsanlage gebaut wird.
Zusätzlich zu dem Verwirrspiel gibt es noch eine
Liste von Versäumnissen und Umgereimtheiten in der Abfallwirtschaftspolitik
aufzuzählen. Erst hatte alles getrennt gesammelt zu werden, dann sollte man die
Joghurt-Becher wieder im Restmüll lassen. Diese Vorgangsweise ist typisch für
ein leider konzeptloses Vorgehen der Stadtregierung in der
Abfallwirtschaftspolitik. Der Zickzackkurs in dieser Frage hat leider schon
lange Tradition.
Zuerst wurden Biotonnen als
abfallwirtschaftspolitischer Fortschritt gelobt und man war stolz darauf,
Biomüll einzusammeln. Plötzlich sind - vielfach mit fadenscheinigen Argumenten
- viele dieser Biomüll-Container wieder verschwunden. Auch Glas-Container sind
weniger geworden, was die Sammelleidenschaft der Wiener sicherlich genauso
abgekühlt hat.
Doch diese Hilflosigkeit hat noch ganz andere Blüten
getrieben. Zuerst hat man versucht, gemeinsam mit Niederösterreich eine Deponie
zu betreiben. Das wurde auch sehr halbherzig durchgeführt und die eigens dafür
installierte Gesellschaft werkt noch immer herum. Dann hat man den Müll nach
St Pölten geliefert. Man hat jahrelang auf Vermeidung und Wiederverwertung
gesetzt, jetzt sagt man, die Müllverbrennung wäre der einzige Ausweg. Nur auf
Grund der Zurufe der Opposition räumt man jetzt der Vermeidung alibihalber noch
einen Stellenwert ein, doch der Kurs der Abfallwirtschaft Wien geht voll in
Richtung Müllverbrennung. - Vorerst zumindest.
Die Folgen dieser jahrelangen Verwirrungen und Fehlleistungen
in der Abfallwirtschaftspolitik sind natürlich enttäuschte Bürger und eine
Umwelt, die durch wesentlich mehr Müll belastet wird. Und das Fazit dieser
Politik lautet: Die wieder wachsenden Müllberge werden sich als schlimmes Erbe
dieser Stadtregierung - wie es schon die Frau Stadträtin gesagt hat - für die
nachkommenden Generationen erweisen.
Meine Damen und Herren! Das ist die Bilanz der Ab-
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular