Gemeinderat,
10. Sitzung vom 23.1.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 56
etwas, was dieser Stadtregierung voll und ganz gebricht. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Mag Kabas zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Mag Hilmar Kabas (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau
Vorsitzende! Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Vorredner hat hier als seine Königsidee den Verkauf
von Gemeindewohnungen angeschnitten. Ich möchte gleich vorwegschicken, wir sind
überhaupt nicht dagegen. Nur, es ist keine Königsidee. Abgesehen davon, dass es
schon einige Versuche gegeben hat, derartig vorzugehen. Jüngst erst, und zwar
in Innsbruck und in Graz, hat man gesehen, es hat keine Nachfrage gegeben. Die
sind darauf sitzen geblieben, die Gemeinden, die das verkaufen wollten. Jetzt
hat die Bundesregierung, die Bundesgesellschaft (VBgm Dr Sepp Rieder: Die Bundesimmobiliengesellschaft! Die Bundesimmobiliengesellschaft!
- GR David Ellensohn: Bundesimmobiliengesellschaft!),
die Bundesimmobiliengesellschaft BUWOG und die anderen Bundesgesellschaften
verkaufen wollen. Was ist rausgekommen? - 500, 600 Interes-senten von
insgesamt 60 000! Herr Dr Görg, das ist keine Königsidee. Wissen Sie, man
soll ja auch aus der Praxis lernen. Wenn man sieht, da gibt es keine Nachfrage,
was sogar verständlich ist, weil die Stellung des Mieters und des
Genossenschafters so stark ist, dass er sagt, warum soll ich mir da jetzt diese
Wohnung kaufen und viel Geld ausgeben? (GR
DDr Bernhard Görg: Sie wissen ja: Das wurde ohne Abschläge gemacht!) Das
ist keine Königsidee und daher kommt man da auch nicht weiter. Daher wird das
auch kein Rezept sein und das ist genau das, was Sie viereinhalb Jahre in der
Regierung gemacht haben. Sie haben irgendwelche leere Versprechungen abgegeben.
Sie haben irgendwo leere Kilometer gemacht. Aber Sie sind wirklich keinen
Millimeter in eine positive Richtung der Strukturverbesserung gegangen! (Beifall bei der FPÖ.)
Es war aber etwas sehr interessant und daraus kann
man vielleicht ableiten, wieso die Sozialdemokraten eigentlich bei der Frage
der Verbesserung des Wirtschaftsstandorts, der Verbesserung des Arbeitsmarkts
und beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit eigentlich auf der Stelle treten. Der
Herr Vizebürgermeister hat gemeint, er hat postuliert, es gibt immer wieder
Konjunkturtiefs und es kommt momentan hier wieder ein Tief auf uns zu. Das ist
unbestritten. Dann postuliert er aber: Wir verkraften das jetzt schlechter.
Klar, er postuliert es aber nur. Er hat mit keinem einzigen Wort nachgewiesen,
wieso wir es jetzt schlechter verkraften oder welche andere Faktoren da
vielleicht mitspielen, und dass es schwieriger ist, es zu verkraften, was ich
ja auch bestreite. Aber er hat gesagt, und das ist ein interessanter Ansatz
gewesen, wir müssen schauen, dass wir im europäischen Gleichgang gemeinsam ein
europäisches leistungsfähiges Wirtschaften erreichen. Das ist ein sehr
interessanter Ansatz und das ist perspektivisch gesehen sicher etwas, was
zunehmend hoffentlich kommen wird.
Wenn man sich aber jetzt das Interview des Herrn
Bürgermeisters vor fünf Tagen in der "Presse" anschaut und wenn man
sich da vor allem anschaut, was er sich als Rezept auch für Österreich wünscht,
auch für Europa, dann will er da nichts anderes, als das, was die Amerikaner
machen, auch für Europa und Österreich haben. Da glaube ich, da gibt es
einerseits eine sehr große Diskrepanz zum Herrn Finanzstadtrat und andererseits
kann man vor dieser Schlussfolgerung des Bürgermeisters wirklich nur warnen.
Abgesehen davon, dass ja das jetzige Konjunkturtief von Amerika seinen Ausgang
genommen hat. Der Herr Bürgermeister sagt wörtlich: "Ich würde mir eine
Gegensteuerungspolitik wünschen, wie das die amerikanische Wirtschaftspolitik
unter Präsident Bush tut." - Das ist schon deshalb ein sehr interessanter
Ansatz des Herrn Bürgermeisters, weil er auf einmal bei einem republikanischen
Präsidenten meint, da ist auch für uns was drinnen, was wir uns abschauen
könnten. Das will ich jetzt dahingestellt sein lassen. (GR Christian Oxonitsch: Ja, die Investitionen! Die Investitionen!) Nein,
nein, er hat das wortwörtlich so gesagt.
Es hat ihm gestern zum Beispiel einer der renommiertesten
Volkswirtschafter Österreichs widersprochen. Der Prof Streissler hat nämlich in
der "Presse" gesagt: "Das, was sich da jetzt in Amerika
abspielt" - nämlich diese Flaute -, "wird fünf Jahre dauern." -
Na, das kann doch bitte nicht unser Ziel sein, was zu plagiieren oder
nachzuahmen, was fünf Jahre, jedenfalls nach Einschätzung eines sehr
renommierten, auch international renommierten Nationalökonomen, dauern wird.
Ich glaube, dass man hier viel mehr dem Gedankengang des Finanzstadtrats folgen
sollte. Aber ich weiß, natürlich ist der Bürgermeister jetzt so mächtig, auch
auf Grund des Wahlergebnisses, dass er den Herrn Finanzstadtrat an die Wand
spielt und sagt: Nimm dir ein Beispiel an Amerika. Aber dann wird natürlich
auch die Flaute fünf Jahre prolongiert. Das wollen wir nicht. Wir wollen ganz
im Gegenteil versuchen und wir werden auch Vorschläge in der heutigen Debatte
machen, dass dem nicht so ist.
Wenn man dann weiterliest, dann hat der Herr Bürgermeister
hier auch eine Fehleinschätzung etwa in punkto Arbeitsmarkt. Er sagt hier
nämlich, dass der Bund die Gemeinde Wien deshalb trifft, weil der Bund sagt:
Super, wir hauen 15 000 Beamte hinaus. Schlussfolgerung: Das trifft
natürlich auch Wien und die Arbeitslosenstatistik. Das stimmt nicht. Das ist
ein Irrtum. Weil der Bund überhaupt niemanden raushauen kann, sondern er will
in der Folge 15 000 Dienstposten einsparen. (VBgm Dr Sepp Rieder: Aber er nimmt nicht auf!) Und daher trifft
das auch nicht die Arbeitslosenstatistik. Aber wenn man natürlich von solchen
Analysen ausgeht, darf es einen nicht wundern, dass in Wien leider Gottes die
Arbeitsmarktzahlen tatsächlich sehr Besorgnis erregend sind.
Allerdings entwickeln sie sich nicht erst jetzt bei diesem
derzeitigen Wirtschaftstief, Konjunkturtief, sondern das geht ja jetzt schon
jahrelang. Wir haben immer beim Rechnungsabschluss, immer bei der Debatte zum
Budget, darauf hingewiesen, dass Wien sukzessive im österreichweiten Vergleich
immer mehr den letzten Platz, die
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular