Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 138
bau beschäftigt. Wir
haben erkannt, dass es auch in Wien flächendeckende Preisabsprachen gegeben
hat. Wir wurden zuhauf konfrontiert mit mangelhaften Leistungsverzeichnissen,
die der Spekulation Tür und Tor geöffnet haben oder, anders gesagt, den wohlinformierten
Bietern die Möglichkeit eröffnet haben, Billigstangebote zu legen. Wir haben in
einer beträchtlichen Anzahl von Fällen Massendifferenzen kennen gelernt, die
dann auch zu Bieterstürzen geführt hätten. Wir haben eine Reihe von völlig
unkritischen Nahebeziehungen zwischen Beamten des Rathauses und Unternehmen
verfolgen können. Wir haben politisches Zögern erlebt. Wir haben erlebt, dass
all diese Bauskandale auch in einem politischen Umfeld stattgefunden haben, in
dem man Preisabsprachen möglicherweise schon länger geahnt hat, aber nichts Entscheidendes
dazu beigetragen hat, dass sie nicht mehr vorkommen.
Die Projekte
des Flughafens Wien sind zweifellos ein unrühmlicher Höhepunkt im Zusammenhang
mit diesem Versagen bei öffentlichen Bauprojekten. Auch im Bericht des
Rechnungshofs können wir all diese Kritikpunkte, die im Zuge des Bauskandals
generell zu erkennen waren, nachvollziehen. Wir mussten erleben, dass Angebote
zu früh verworfen wurden. Wir mussten nicht vergleichbare Ausschreibungsbedingungen
erleben. Wir konnten unklare Vertragsabfassungen nachvollziehen, mangelhafte
Massenermittlungen erkennen. Es gibt eine Reihe von Qualitätsmängeln, von mangelhaften
Leistungsverzeichnissen, die zu Bieterstürzen geführt haben. Kurzum, es gab in
diesem Fall ein beträchtliches Versagen des Vorstands der Flughafen AG, der
sein Heil darin gesucht hat, dass er bestimmte Dinge aus seiner Verantwortung
auslagern wollte, was die ganze Sache letztlich nur noch schlimmer gemacht hat.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es ganz einfach eine andere Dimension
der Wahrnehmung ist, wenn der Vorstand dieses Versagen mit
13,05 Millionen S beziffert, wogegen der Rechnungshof knappe
103 Millionen S als möglichen Vermögensnachteil erkennt.
Nun, der
Vorstand hat sich seit diesen unrühmlichen Vorfällen am Wiener Flughafen Gott
sei Dank geändert. Geändert haben sich auch die Spielregeln in diesem Haus, was
Kontrolle und Kontrollpolitik betrifft. Herr Kollege Prochaska hat aus seiner
Sicht, sehr subjektiv, aber historisch durchaus richtig, auf die langsame Entwicklung
der Minderheitsrechte im Bereich der Kontrollpolitik in diesem Haus hingewiesen.
Er hat auf die Widerstände hingewiesen, die es bei der SPÖ zu überwinden galt,
bevor wir Minderheitsrechte im Kontrollausschuss einführen konnten (GR Christian Oxonitsch: Hoffentlich gibt es
das jetzt im Bund auch bald! Das harrt der Umsetzung im Bund!), bevor wir
Minderheitsrechte, was den Rechnungshof betrifft, einführen konnten und bevor
das Rederecht des Präsidenten im Ausschuss und im Gemeinderat hier eingeführt
werden konnte. Ich bin glücklich darüber, dass es diese neuen Kontrollrechte in
einem Zeitraum gibt, in dem die SPÖ hier im Wiener Rathaus mit absoluter
Mehrheit herrscht. Diese Kontrollrechte bieten zumindest die Chance einer
vermehrten Transparenz und die Chance einer besseren Kontrolle der Regierenden
in dieser Stadt.
In diesem
Sinne freue ich mich auch auf die Diskussionsbeiträge, die der Präsident des
Rechnungshofs in den Ausschüssen, aber auch im Gemeinderat zu diesen und vielen
anderen Prüfberichten des Rechnungshofs, die zweifellos noch folgen werden,
leisten wird. (Beifall bei der FPÖ. - GR
Christian Oxonitsch: Wir unterstützen die Forderung im Bund!)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Herr
Präsident! Das Rednerpult gehört Ihnen!
Rechnungshofpräsident
Dr Franz Fiedler: Sehr geehrter
Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Mitglieder des Stadtsenats! Hoher
Gemeinderat!
Es wurde
bereits von mehreren Rednern darauf hingewiesen, dass es heute eine Premiere
gibt, nämlich erstmals eine Rede des Präsidenten des Rechnungshofs vor diesem
Gemeinderat. Ich darf diesem Gemeinderat dafür danken, dass er eine Änderung
der Stadtverfassung beschlossen hat, die dies ermöglicht, ist doch der
Rechnungshof - was vielleicht weniger bekannt ist - nicht nur Organ des
Nationalrats, sondern auch Organ des Wiener Gemeinderats. Ich meine daher, dass
es eigentlich schon überfällig war, dass der Leiter des Kontrollorgans, nämlich
des Rechnungshofs, vor dem Gemeinderat als Kontrollherrn der Gemeinde Wien die
Möglichkeit bekam, seine Gedanken darzulegen beziehungsweise seine Berichte zu
erläutern. (Beifall bei der FPÖ, bei der
ÖVP sowie der GRin Susanne Jerusalem.)
Die
Zuständigkeit des Rechnungshofs für die Gemeinde Wien besteht seit dem Jahre
1929, also seit mehr als 70 Jahren. Im Übrigen war Wien das letzte Land,
das der Rechnungshofs-Prüfungszuständigkeit zugeordnet wurde; die übrigen
Länder wurden bereits im Jahre 1925 der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofs
unterworfen. In diesen 70 Jahren, seitdem der Rechnungshof Einblick in die
Gemeinde Wien genommen hat, hat er natürlich nicht nur Lob anbringen können, er
hat auch Kritik geäußert. Aber wenn man diese 70 Jahre pauschal betrachtet,
so muss ich doch der Wiener Kommunalverwaltung insgesamt gesehen ein Lob aussprechen.
Ich glaube, sagen zu können, dass die Wiener
Kommunalverwaltung vom Rechnungshof im Wesentlichen immer sehr gut behandelt wurde
und dass die Wiener Kommunalverwaltung sich das Lob, das sie vom Rechnungshof
ausgesprochen erhielt, durchaus verdient hat.
Natürlich bedeutet
das nicht, dass keine Fehler passieren. Überall, wo Menschen zusammenkommen,
passieren Fehler, überall, wo eine Verwaltung besteht, passieren gleichfalls
Fehler. Es ist nun die Aufgabe des Rechnungshofs, dort sehr kritisch zu sein,
wo er solche Fehler entdeckt, und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln
auf die Abschaffung dieser
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