Gemeinderat,
8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 99
Ja, es wäre
besser gewesen, für die Entscheidung in der Josefstadt klarere
Entscheidungsstrukturen vorzufinden, allein dafür fehlte die Zeit.
Ja,
ich bin für ein offenes und transparentes Verfahren unter vorgegebenen Regeln.
Ja,
ich bin an dessen Ende für klare politische Entscheidungen, die auch öffentlich
zu vertreten sind.
Aber
Aufrufe, die Josefstadt zu retten, wären wohl viel früher angebracht gewesen,
nämlich, wie die Josefstadt vor etwa eineinhalb Jahren am Rande der
Illiquidität war, sich dadurch Fragen der ökonomischen Gestion und Fragen der
personellen Besetzung überhaupt erst ergeben haben.
Und
auch hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, bleibt unbeantwortet, wie man
von Seiten der damaligen Kulturpolitik überhaupt so lange zusehen konnte, dass
sich das Problem so dramatisch verschärft hat. Offensichtlich war hier einmal
mehr die Meinung vorherrschend, keine Entscheidungen zu fällen, sei besser, als
schwierige Entscheidungen zu treffen.
Meine
Damen und Herren! Packen wir die Probleme bei der Wurzel an, wo sie entstehen.
Wenn es ein nachhaltiges Problem der Wiener Kulturpolitik gibt, so sind es die
seit eineinhalb Jahren erfolgten und nicht mehr zurück genommenen massiven und
breitflächigen Kürzungen der Bundesregierung im Kulturbereich. Wien ist davon
massiv betroffen. Eine sehr überschlagsmäßige und für den Bund eher beschönigende
Rechnung ergibt, dass allein für den Bereich Darstellende Kunst in Wien ein
Minus von über 50 Millionen S zu verzeichnen ist.
50 Millionen S,
die an allen Ecken und Enden abgehen.
50 Millionen S,
zu denen ich von Seiten der Opposition, die sich so sehr um die Wiener Kultur
Sorgen macht, kein einziges Wort gehört habe. 50 Millionen S, über
die sich die Wiener Kunst- und Kulturschaffenden mehr freuen würden, als über
die Krokodilstränen, die jetzt vergossen werden.
Für
die Rücknahme dieser Kürzungen einzutreten, das wäre fürwahr eine noble und
segensreiche Tat und ich lade Sie, obwohl Sie dem gestrigen Antrag nicht
zugestimmt haben, trotzdem noch einmal ein, gemeinsam mit mir für die Aufhebung
der Kürzungen einzutreten.
Volkstheater,
Rabenhof, Josefstadt, alle Wiener Mittelbühnen, der Kosmos Frauenraum, um nur
einige zu nennen, wären einige Sorgen los, gäbe es diese Kürzungen nicht.
Und
wer immer jetzt unterwegs ist, um die Wiener Kulturpolitik schlecht zu machen,
ist aufgerufen, zumindest bei den eigenen Parteifreunden zu intervenieren, um
die Schäden, die durch diese Kürzungen entstanden sind, wieder gutzumachen.
Die Wiener Stadtregierung hat darauf
die einzig richtige Antwort gegeben. Mit dem gestern verabschiedeten Budget
wurde auch das höchste Kulturbudget, das die Stadt jemals hatte, beschlossen.
Die Steigerung der absoluten Zahlen von über 7 Prozent und des operativen
Kulturbudgets von knapp 4 Prozent ist die richtige Antwort auf die durchschnittliche
12-prozentige Kürzung des Bundeskunstbudgets und alle weiteren Rückzüge der
Bundesregierung im Wiener Kulturbereich, wie etwa beim Künstlerhaus.
Nicht,
wer mit wem, wann telefoniert hat, sehr geehrter Herr Görg, nicht, wer mit wem
wann telefoniert hat, sondern wie die Kürzungen im Bundesbereich ausschauen,
das ist wohl die wichtigere Frage für die Wiener Kulturpolitik.
Ich
werde jedenfalls weiterhin für eine vernünftige personelle Erneuerung, für das
größtmögliche Ausmaß an Offenheit und auch für eine ausreichende Dotation in
der Wiener Kultur Sorge tragen und beantworte nun die an mich gerichteten
Fragen wie folgt:
Zu
Frage 1: Die Bestellung des künstlerischen Leiters ist Angelegenheit der
zuständigen Organe der Josefstadt GesmbH.
Zu
Frage 2: Zeitgerecht.
Zu
Frage 3: Im Interesse der Bewerberinnen und Bewerber kann und will ich
darüber keine Auskunft geben. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort zu
Frage 1.
Zu
Frage 4: Es lag am Juryvorsitzenden, diese Regel zu definieren und für
ihre Einhaltung oder Nichteinhaltung zu sorgen.
Zu
Frage 5: Weil dies für die Jury und ihre Vorsitzenden so zulässig war.
Zu
Frage 6: Eine Überprüfung wurde veranlasst.
Zu
Frage 7: Nein.
Zu
Frage 8: Soweit die Frage meinen Vollzugsbereich betrifft und ich sie
daher beantworten kann: Nein.
Zu
Frage 9: Die Entscheidung, dass die Verhandlungen über die Zukunft des
Rabenhofs zwischen den Bewerbern und dem Theater in der Josefstadt zu führen wären,
wurde von meinem Amtsvorgänger getroffen.
Zu
Frage 10: Weil ein dringender und unmittelbarer Handlungsbedarf gegeben
war und ein weiteres Zuwarten für die betreffenden Kulturschaffenden nicht
zumutbar gewesen wäre.
Zu
Frage 11: Ich habe dies nicht zu vertreten, weil diese Vorgangsweise eben
nicht zu den von Ihnen dargestellten Folgen führt.
Zusammenfassend
zu Ihrer Anfrage: Viel Lärm um Nichts, kann man da nur sagen, und das ist nun
wirklich von William Shakespeare. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende
GRin Josefa Tomsik: Ich danke
dem Herrn Stadtrat. - Wir kommen nun zur Debatte. Ich mache darauf aufmerksam,
dass die Redezeit der Debattenredner 20 Minuten beträgt.
Als
erste Rednerin ist Frau GRin Ringler zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
GRin Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
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