Gemeinderat,
8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 99
(Beginn um 9 Uhr.)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Einen
wunderschönen guten Morgen! Ich eröffne die 8. Sitzung des Wiener
Gemeinderats.
Entschuldigt
ist für heute Herr GR Walter Strobl. Ich nehme an, die Influenza hat ihn dahingerafft,
und wir wünschen ihm alles Gute.
Wir kommen zur
Fragestunde.
Die
1. Anfrage (PrZ 0015/GM/01-KGR)
wurde von Frau GRin Waltraud Cecile Cordon an den Herrn Bürgermeister
gestellt: Im Rahmen des Restitutionsberichts
werden Tausende Kunst- und Kulturobjekte aufgezählt, welche bislang als
Kriegsverluste geführt waren. Wie konnte es bei fachgerechter Leitung des
Historischen Museums passieren, dass gleich "Tausende Kunst- und
Kulturobjekte" nicht auffindbar waren oder nicht in den Inventarlisten
geführt wurden, noch dazu wo es sich um arisierte Kunstgegenstände handelt und
um wie viele Objekte handelt es sich genau?
Ich ersuche um
Beantwortung.
Bgm Dr Michael
Häupl: Sehr geehrte Frau
Gemeinderätin!
Sie behaupten
in Ihrer Anfrage, dass im Bericht des amtsführenden Stadtrats für Kultur und
Wissenschaft über die gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 1999
erfolgte Übereignung von Kunst- und Kulturgegenständen aus den Sammlungen des
Historischen Museums der Stadt Wien sowie der Wiener Stadt- und
Landesbibliothek, im so genannten Restitutionsbericht, Tausende Kunst- und
Kulturobjekte, welche bislang als Kriegsverluste geführt waren, aufgezählt
werden.
In der Tat
steht im Restitutionsbericht Folgendes drinnen: "Die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Historischen Museums haben Tausende Kunst- und Kulturgegenstände
überprüft und dabei auch Objekte gefunden, die seit einem halben Jahrhundert
als Kriegsverluste geführt und bei früheren Restitutionen übersehen worden
waren, jetzt aber den ehemaligen Besitzern beziehungsweise deren Erben
überantwortet wurden und werden."
Ich gehe davon
aus, dass Sie den Unterschied in diesen beiden Formulierungen auch erkennen.
Ich stelle
daher fest, dass die Behauptung, die Sie in Ihrer Frage aufstellen, unkorrekt
und unwahr ist.
Bei den
Tausenden Kunst- und Kulturgegenständen handelt es sich um jene mehr als
18 000 Erwerbungen des Historischen Museums der Stadt Wien, die während
der Zeit des Nationalsozialismus von 1938 bis 1945 erfolgt sind und im Sinne
des Gemeinderatsbeschlusses vom April 1999 überprüft wurden. Parallel zu dieser
Überprüfung findet auch eine Überprüfung aller Restitutionsvorgänge, die auf
Grund der Rückstellungsgesetze Ende der Vierziger- und Anfang der
Fünfzigerjahre erfolgten, auf Vollständigkeit und Rechtmäßigkeit statt. Wenn es
nun im Bericht heißt, dass auch Objekte gefunden wurden, die seit einem halben
Jahrhundert als Kriegsverluste geführt, nun aber restituiert wurden, so bezieht
sich dies auf folgende, nunmehr nachgeholte Restitutionen:
Erstens. Aus
der ehemaligen Sammlung von Ferdinand Bloch-Bauer wurde mit Beschluss der Wiener
Rückstellungskommission vom 19. Oktober 1999 am 11. Jänner 2000 vom
Historischen Museum der Stadt Wien eine Porzellanschale mit Untertasse übergeben,
nachdem diese anlässlich der Restitutionen vom 28.2.1949 und vom 22.6.1954
nicht ausgefolgt worden war, da man sie als Kriegsverlust führte. Diese
Restitution erfolgte eben als Ergebnis auch der Überprüfung aller in den späten
Vierziger- und frühen Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts durchgeführten
Restitutionen auf Rechtmäßigkeit und Vollständigkeit durch das Historische
Museum der Stadt Wien.
Zweitens. Die
Rückgabe von Teilen der zwei großen Strauß-Sammlungen im Jahre 1952, nämlich
der Sammlung Strauß-Meyßner und der Sammlung Strauß-Simon, erfolgte auf Grund
einer umfangreichen Inventarliste, die keine Trennung und Zuordnung der
einzelnen Inventarobjekte zu Sammlungen aufweist. Ein Teil dieser Sammlungen
kam aus der Rückgabe durch eine Schenkung wieder an die Stadt Wien, ein Teil
wurde von der Stadt Wien rückgekauft. Beides geschah unter dem Druck der
damaligen Verhältnisse. Zudem unterblieb bei Objekten, die man damals als wenig
bedeutsam einstufte, weil es sich um vielfach vorhandene Druckgrafiken und
Fotos handelt, eine genaue Zuordnung der Sammlungsstücke zu den einzelnen
Sammlungen. Daher wurden Objekte, die in der sehr umfangreichen Inventarliste
zwar vorhanden waren, aber nicht identifiziert wurden, als Kriegsverluste
vermutet und nicht zurückgestellt.
Im Zuge der
gegenwärtig erfolgten Restitution an die Erben von Strauß-Meyßner wurden nun
jene Objekte in diesem seinerzeit als wenig bedeutsam eingestuften Bestand
identifiziert, die aus der Sammlung Strauß-Simon stammten und daher zu restituieren
waren.
Mit Beschluss
der Wiener Rückstellungskommission vom 1. Februar 2001 wurden nun diese
Kunst- und Kulturgegenstände vom Historischen Museum der Stadt Wien am
10. April 2001 restituiert. Die Liste dieser Gegenstände findet sich im
vom Herrn amtsführenden Stadtrat für Kultur und Wissenschaft vorgelegten Restitutionsbericht
und ist selbstverständlich auch beim Direktor der Museen der Stadt Wien einzusehen.
Vorsitzende
GRin Josefa Tomsik: Danke. -
Erste Zusatzfrage: Frau GRin Cordon.
GRin Waltraud
Cecile Cordon (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Meine Zusatzfrage wäre:
Wurden auch die Gegenstände aus dem Jüdischen Museum und dem Uhrenmuseum neu
aufgelistet, in Richtung 1938, 1945, Fünfzigerjahre und beginnende Sechzigerjahre
auf Erwerbungen, also auf Erwerbung in dieser Zeit?
Vorsitzende
GRin Josefa Tomsik: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael
Häupl: Frau Gemeinderätin!
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