Gemeinderat,
6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 100
reich, weil es um mehr Software im Sinne von Investitionen,
weil es um die Menschen geht und nicht primär um Investitionen in Straße oder
Schiene.
Ich bin ja fassungslos, wie es möglich scheint, so
viel Geld aufzustellen. Jeder von Ihnen, der mit Schulen oder Universitäten zu
tun hat, weiß, dass da um geringste Beiträge gefeilscht wird, dass Nachbesetzungen
nicht möglich sind, denn dafür ist kein Geld da. Ich halte das in einer
gewissen Weise für eine Umdrehung von Prioritäten.
Abschließend muss und will ich auch noch auf diese
Rossau-Diskussion eingehen. Stellen Sie sich folgenden anderen Fall vor -
dieser Fall ist nicht von mir konstruiert, das ist ein faktischer Fall -: Wenn
man zu Fuß die Zweierlinie quert und ins Museumsquartier möchte, wartet man
wahnsinnig lang, bis diese Ampel grün wird. Da gibt es täglich einen
Riesenfußgängerstau. Da kann man sachlich darüber diskutieren, ob das sinnvoll
ist oder nicht sinnvoll, aber können Sie sich den Ö3-Verkehrsdienst vorstellen,
der im Stundenintervall bis nach Vorarlberg den Fußgängerstau vor der
Zweierlinie diskutiert? Sie werden sagen: Das ist absurd! Das ist doch ein
regionales Problem.
Aber was ist das für eine Gesellschaft, die, wenn
eine Spur dazukommt oder weggenommen wird - ich warte auf die Zahlen, die ich
noch immer nicht gesehen habe, ob das jetzt sinnvoll oder sinnlos war -, mit
einer derartigen Vehemenz darüber diskutiert? - Das sieht man, wenn man sich
allein die Printmedien anschaut, die da drüben liegen. (Der Redner weist in den Sektor der GRÜNEN.) Was für eine Gesellschaft
ist das, in der nahezu alles uninteressant ist - Parteien, Initiativen - und
die Menschen wie die Wahnsinnigen über dieses lokale Problem diskutieren? - Da
denke ich mir wirklich, beim Autoverkehr geht es nicht um rationale Dinge, da
geht es um tief irrationale Dinge. Weitaus wesentlichere Dinge werden nicht
diskutiert, aber darüber wird heute, glaube ich, viermal diskutiert: bei der
Fragestunde, jetzt bei dieser Mitteilung und dann haben wir noch eine
dringliche Anfrage und ich weiß nicht was. Was ist es, was diesen Autoverkehr
zu einem derartigen Erregungsobjekt macht, als ginge es um Leben oder Tot, als
ginge es um Sexualität, als ginge es um urmenschliche Dinge, nur weil man eine
Spur wegnimmt?
Das ist der Grund, warum ich das schon diskutieren
will, denn vielleicht hat Prof Knoflacher Recht, der sagt, es gibt eine eigene
Spezis, den "Homo autofahreriensis". Wenn es ums Autofahren geht,
dann ist man eine eigene Spezies, deren Kommunikationsarten denen eines Insekts
ähneln. Da blinkt man ein bisschen, da wird man auf Urkommunikationsformen
zurückgeworfen. Mit rationalen Dingen, meine Damen und Herren, ist diese
Diskussion über die Roßauer-Spur nicht erklärbar. Und hier liegt zwar nicht der
Hase im Pfeffer, aber möglicherweise der männliche Autofahrer in seinem
Cockpit, hier geht es um Urdinge, unter anderem um diese Urorientierungen, die
falsche Orientierungen sind. Es sind falsche Orientierungen, denn so viel
Hirnschmalz oder eigentlich wirklich Idiotisierungsschmalz auf so etwas zu
verwenden, halte ich für falsch und für einen Grund, warum wir Grüne hier herinnen sind: um ein
bisschen die Relationen richtig zu stellen und mehr über die Universitäten und
weniger über die Roßauer Lände zu diskutieren. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Ich danke Herrn GR Chorherr. Ich darf nun als
nächstem Redner Herrn GR Ulm das Wort erteilen.
GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr
Klubobmann!
Ich habe schon geglaubt, Sie werden es schaffen,
Ihren Redebeitrag abzuliefern, ohne überhaupt mit einem einzigen Wort die
Roßauer Lände in den Mund zu nehmen. Es ist Ihnen dann dennoch zumindest auf
eine formale Art und Weise gelungen, inhaltlich haben Sie sich nicht damit
auseinander gesetzt. Sie haben sich furchtbar echauffiert über die
Gesellschaft, die dem Straßenverkehr und dem Autofahren eine solche Bedeutung
beimisst, aber ich empfehle Ihnen, sich zu fragen, welche Bedeutung die
Gesellschaft Politikern beimisst, die sich überhaupt nicht für diese Gesellschaft
und für diese Probleme interessieren. (Beifall
bei der ÖVP.)
Sehr geehrter Herr StR Schicker! Sie sind durch eine
verfehlte Verkehrspolitik und durch die Proteste, die es in den vergangenen
Tagen und Wochen auf der Roßauer Lände gegeben hat, gezwungen worden, diese
Mitteilung heute auf die Tagesordnung zu setzen, und Sie haben wenigstens
einige Sätze dazu gefunden. Der Titel Ihrer Mitteilung trägt unter anderem das
Wort "Masterplan". Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sie haben keinen Masterplan,
Sie haben nicht einmal einen Stadtplan, denn sonst hätten Sie der Verengung der
Roßauer Lände nicht zugestimmt. Sie haben keinen Plan, wie Sie mit dem
Verkehrsaufkommen in Wien zu Rande kommen sollen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich sage Ihnen das aus erster Hand, weil ich mit
vielen Freunden und Kollegen aus der ÖVP in der Früh und am Vormittag auf der
Roßauer Lände gestanden bin und mir dort den Unmut der Autofahrer, aber nicht
nur der Autofahrer, sondern auch der Fußgänger und der Anrainer angehört habe.
Ich möchte die Dinge, die ich da zu hören bekommen habe, nun nicht zitieren,
weil ich nicht Gefahr laufen möchte, zu viele Ordnungsrufe zu erhalten, aber
ich kann Ihnen versichern: Noch selten hat eine politische Aktion der ÖVP auf
der Straße so viel Zustimmung gefunden wie unsere Protestaktion auf der Roßauer
Lände. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich bin schon lange
bei Straßenaktionen tätig und es ist nicht selbstverständlich, dass einem die
Herzen aller Verkehrsteilnehmer zufliegen, und ich mache das lange genug, um
auch die Erfahrung zu haben, dass nicht alle Angesprochenen die Meinung der
Aktivisten teilen, aber ich habe in diesem Fall keinen Einzigen
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