Gemeinderat,
5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll
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das sage ich jetzt ganz allgemein und unabhängig von der
Josefstadt - mit öffentlichen Geldern auszugleichen. Verantwortlichkeiten sind
dort wahrzunehmen, wo sie auch funktionell angesiedelt sind. Sonst hätte die
Konstruktion auch wenig Sinn.
Ich betone ausdrücklich, dass ich zum jetzigen
Zeitpunkt niemandem Unregelmäßigkeiten unterstelle. Aber es muss erlaubt sein -
aus der Sicht der Verwalter öffentlicher Gelder ist dies sogar geboten - zu
überprüfen, was in einem allfälligen Insolvenzverfahren, das durch den Einsatz
von Stadt Wien und Bund abgewendet werden konnte, auch nicht ausgeklammert
worden wäre. Ich habe deshalb veranlasst zu prüfen, ob sich daraus noch eventuelle
Regressmöglichkeiten für die öffentliche Hand ergeben.
Im Übrigen stehe ich zu dem eingeschlagenen Weg und
auch zur Verwendung von öffentlichen Mitteln, um den Spielbetrieb der
Josefstadt zu sichern und auch in Zukunft zu garantieren. Diese Bereitschaft
der öffentlichen Hand, die im Übrigen, wie Beispiele aus anderen Städten und
Ländern zeigen, keineswegs selbstverständlich ist, darf aber nicht zum
Freibrief dafür werden, Budgets zu überziehen.
Lassen Sie mich die Gelegenheit dazu nützen, ein paar
Worte über die Zukunft der Josefstadt zu sagen. Ich nehme an, dass der Gemeinderat
wahrscheinlich daran interessiert ist, etwas darüber zu erfahren, weil das ein
bisschen auch öffentlich in Diskussion steht.
Ich halte nicht viel davon, dass man daraus - wie es
heute in einer Zeitung steht - ein Match zwischen Gebietskörperschaften macht.
Das ist kein Spiel, dazu ist die Zukunft der Josefstadt viel zu wichtig. Wie
Sie wissen, habe ich mich dafür eingesetzt, dass Neubesetzungen in
Kulturinstitutionen in Wien - soweit ich darauf Einfluss habe - grundsätzlich
ausgeschrieben werden. Die Josefstadt als Gesellschaft hat diesen Vorschlag
dankenswerterweise aufgegriffen und diese Frist einer Ausschreibung ist bekanntlich
am 15. September abgelaufen. Heute - und zwar deshalb erst heute, weil in
den letzten Tagen noch immer Briefe mit Poststempel vom 15. September
eingegangen sind - wird das eingegangene Material von der Josefstadt, der
ausschreibenden Gesellschaft - wir haben uns als Subventionsgeber mit der
Josefstadt darüber geeinigt -, auch den Subventionsgebern übermittelt.
Ich habe mit beiden Partnern, sowohl mit dem Bund als
auch mit der Josefstadt, vereinbart, dass wir uns nach einer ersten Durchsicht
der eingegangenen Interessenten, Konzepte, Ideen darüber verständigen werden,
ob es notwendig ist, zu dem vorhandenen Material noch eine Expertise einzuholen
oder nicht. Ich stehe dem sehr offen gegenüber. Ich freue mich, dass es
offensichtlich - das wurde mir schon vermittelt - eine größere Anzahl von
Interessenten, Ideen und Konzepten gibt, und sehe mich auch darin bestätigt, im
Konzept diese Ausschreibung angeregt zu haben. Es ist offensichtlich etwas
eingetreten, was man vorher vielleicht nicht so gesehen hat, nämlich dass sich
sehr viel mehr Persönlichkeiten mit der Zukunft des Theaters in der Josefstadt
auseinander gesetzt haben und diese gestalten wollen.
Ich bin mit den Partnern, also den Gesellschaftern
und dem Bund, auch übereingekommen, dass wir danach trachten, bis Mitte Oktober
endgültig eine Entscheidung zu treffen. Sie wissen, dass formal letztendlich
die Gesellschaft selbst zuständig ist, ich habe aber von allen Beteiligten die
Bereitschaft vernommen, dass wir gemeinsam eine Lösung im Interesse der Josefstadt
finden.
Ich sehe einen nächsten Schritt darin, dass man in
der Tat die Probleme weiter so behandelt, wie sie auch in dem Sanierungskonzept
von vor eineinhalb Jahren vorliegen. Man muss darüber mit allen Beteiligten
sprechen, was ich in der Zwischenzeit auch getan habe. Allerdings musste ich
herausfinden, dass einiges, was als Basis angenommen oder als Voraussetzung
gesehen wurde, jedenfalls mit heutigem, mit gegenwärtigem Datum nicht mehr
zutrifft. Das heißt, man wird sich das eine oder andere wahrscheinlich neu
überlegen müssen. Aber ich bin gerne bereit, darüber in den zuständigen
Gremien, im Ausschuss oder auch hier, Auskunft zu geben.
Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Danke. -
Die erste Zusatzfrage stellt Herr GR Dr Salcher.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sie haben ohnehin gleich zu dem entscheidenden Thema
übergeleitet, nämlich dazu, wie es mit der Josefstadt weitergeht. Das ist
meiner Ansicht nach von öffentlichem Interesse. Daher ist auch meine erste
Frage gekommen, dass Sie Ihre Klageandrohung zu einem meiner Meinung nach nicht
sehr günstigen Zeitpunkt gemacht haben. Denn wenn ich ausschreibe und die
ehemalige Geschäftsführung oder Leitung öffentlich mit Klage bedrohe, könnte
das, glaube ich, einen negativen Einfluss auf die Bewerber haben.
Ich möchte Sie aber etwas
anderes fragen: Auf Grund welcher formelljuristischen Zuständigkeit fühlen Sie
sich eigentlich zuständig, den neuen Direktor der Josefstadt zu bestimmen oder
über ihn mitzubestimmen?
Sie haben sich letztlich das Recht dazu vorbehalten.
Sie sagen, Sie haben die Josefstadt darum ersucht, oder Sie haben auch alle
anderen Vereine darum ersucht. Aber es könnte einmal einen Verein oder ein
Theater geben, der oder das diesem Ersuchen nicht nachkommt.
Daher möchte ich Sie auch für die Zukunft fragen: Was
ist sozusagen Ihr formelles Recht, das Sie sich nehmen, um derart massiv in
diese Direktorenbestellung einzugreifen - ich meine nicht politisch, sondern
formell?
Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Bitte,
Herr Stadtrat.
Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ich
muss eines festhalten: Es gibt einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss aus
dem Vorjahr, der einen
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