Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
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transparente Theaterpolitik gemacht wird in dieser Stadt,
und die sich das jetzt anschauen müssen, wie man zu Geld kommt beim Rabenhof,
meine Damen und Herren. (Beifall bei der
ÖVP.)
Es geht nicht, dass in Wien ein Theater eröffnet
wird, nur weil eine Partei das will, und ich kann eigentlich nur hoffen, dass
die Zitate des Welunschek mir gegenüber nicht stimmen - aber ich nehme an, sie
stimmen -, nämlich dass es eine Zusage seitens des Herrn Woller gab - jetzt
nicht wörtlich zitiert, aber sinngemäß -: Nach der Wahl - da haben alle noch
geglaubt, ich werde das weiter bleiben - werden wir den Marboe so unter Druck
setzen, dass er gar nicht aus kann und den Rabenhof budgetieren und finanzieren
muss. - Jetzt muss er den eigenen Mailath-Pokorny unter Druck setzen, aber
eigentlich sollte das leichter sein, denn offensichtlich ist er mutig und hat
mit der Ausschreibung eine klare Linie vorgegeben und das freut mich. Ich
hoffe, dass er
die Linie der SPÖ bestimmt und nicht der SPÖ-Kultursprecher. (Beifall
bei der ÖVP.)
Es ist auch ein Unrecht am neuen System der
Dreijahresverträge, zu denen Sie sich ja nolens volens auch bekannt haben.
Und - das meine ich nicht zynisch, weil ich ihn sehr
gut kenne - es ist auch ein Unrecht am Herrn Welunschek, der hineingehetzt
wurde, dem man gesagt hat, das kriegen wir schon. 6, 8 Millionen S
kriegen wir locker vom Marboe. Kein Problem.
Ich rate
Ihnen wirklich, wenn Sie so etwas künftighin wieder einmal machen, kommen Sie
zum Kulturstadtrat. Aber legen Sie ihm nicht nahe, das Problem für Sie zu
lösen, sondern kommen Sie mit einer Zusage der Finanz zu ihm, sagen Sie ihm,
dass es Ihnen mit parteipolitischen Kontakten geglückt ist, von der Finanz eine
Sonderdotierung für dieses Theater zu kriegen. Sagen Sie ihm, dass er es
ausschreiben soll. Wir haben ein neues Theater in Wien und jeder wird sich
freuen, meine Damen und Herren.
Im Moment schaut es grauslich aus, was die Probleme
betrifft. Viermal 600 000 S sind vereinbarungsgemäß der Josefstadt
zugesagt, keine einzige Rate übermittelt, keine Mietzahlungen an Wiener Wohnen,
keine Versicherungszahlungen, keine Betriebskosten, keine Gagen und so weiter.
Das alles ist das Resultat eines total ohne unser Zutun eingebrockten
Schlamassels, wie ich es jetzt versucht habe, darzustellen.
Dass bei der Josefstadt unabhängig davon, Herr
Kulturstadtrat, die Sanierung greift, ist evident. Es kann nur ein Greifen
sein, denn dass sich in der Kultur laufend neue Probleme auftun werden - schon
morgen oder übermorgen wird wieder irgendwo irgendeiner etwas nicht
zusammenbringen -, das liegt doch auf der Hand. Aber die Josefstadt hatte 1999
noch einen Jahresverlust von 42 Millionen S und hatte 2000 einen
Gewinn von 150 000 S. Das heißt, die Sanierung greift, auf der kann
man jetzt aufbauen. Das ist ja nicht die finale, für alle Zeiten gültige
Lösung, aber es war ein unglaublich kluger Schritt, der durch das Engagement
der Finanzstadträtin und des Bürgermeisters ermöglicht wurde, sonst hätten wir
diese zehn Sanierungspunkte nicht, die in meinen Augen die richtigen waren.
Die Josefstadt hat den Rabenhof geführt mit bis zu
45 000 Besuchern jährlich. Das muss einmal einer nachmachen! Also, tun Sie
nicht so, als ob der Rabenhof kein herrliches, funktionierendes Theater gewesen
wäre.
In der Hoffnung, dass dieser Versuch, einfach Dinge
zurechtzurücken, ernst genommen wird, würde ich wirklich bitten, dass es bei
deiner Zusage, die du immerhin vor vielen Zeugen gegeben hast, nämlich keine
einzige Reform zurückzunehmen - und das jetzt sind halb zurückgenommene
Reformen, nicht von dir, sondern unter einem gewissen Druck, der da entstanden
ist -, bleiben kann, weil ich wirklich überzeugt davon bin, dass die
Kulturpolitik, die die Sozialdemokraten und die Österreichische Volkspartei in
der letzten Koalition in Wien betrieben haben, zum Wohle dieser Stadt war, und
ich mir einfach im Namen dieser Partei wünsche, dass sie so weitergeführt wird.
- Danke vielmals (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Als
Nächster ist Herr GR Hundstorfer zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. (GR Günter Kenesei: Oh, seit wann bist du
Kultursprecher? - Heiterkeit.)
GR Rudolf Hundstorfer (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr StR Marboe!
Ich kann verstehen, dass der Übertritt in den
Ruhestand (Ruf: Er ist nicht im Ruhestand!) als amtsführender Stadtrat
ein Problem ist, ich kann verstehen, dass der historische Rückblick einiges
verklärt, was ich aber nicht verstehen kann, ist die Kurzsichtigkeit, die Sie
hier an den Tag legen, bezüglich der Politik der österreichischen
Bundesregierung (Lebhafte ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP
und bei der FPÖ.), denn die Politik der österreichischen Bundesregierung
zwingt die Arbeiterkammern, die Kulturaktivitäten aufzugeben. Durch diese
Politik sind die Arbeiterkammern gezwungen, das, was sie freiwillig an
Kulturangebot von hoher Qualität für den österreichischen Arbeitnehmer
aufgebaut haben, zurückzunehmen.
Neben Ihnen sitzen Vertreter einer Partei, die
meinen, die Arbeiterkammern können mit der Hälfte der Beiträge auskommen, die
meinen, sie müssen im Parlament die Beiträge absenken. Sich heute hierher zu
stellen und zu meinen, die Arbeiterkammer gibt die Kulturpolitik auf, ist eine
Verkehrung dessen, was die Realitäten sind. (Heiterkeit
und Zwischenrufe vor allem bei der FPÖ.)
Bei aller Verklärung des Blicks in die Vergangen-heit:
Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Arbeiterkam-mer Wien schwersten Herzens
Kulturaktivitäten redu-zieren musste (Neuerliche
lebhafte Heiterkeit bei der FPÖ.), weil nämlich auf Grund dessen, was zum
Bei-spiel die FPÖ unter Wirtschaftspolitik versteht, unter
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