Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
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kennen: Feri Thierry gehört der Initiativgruppe in der ÖVP
für die Gleichbehandlung gleichgeschlechtlich liebender Menschen an und ist
einer der Sprecher der Plattform für offene Politik.
Ich möchte nur diesen letzten Teil vorlesen, der für
mich sehr, sehr wichtig und wertvoll war, der hat mich wirklich beeindruckt:
"Weil sich überall ..."; da geht es übrigens um die Wiener -
Verzeihung, nicht die Wiener, das war jetzt eine Freud'sche Fehlleistung; es
geht um die Möglichkeit, auf Bundesebene eine Partnerschaftsregistrierung oder
eine eheähnliche Einrichtung zu schaffen.
Dort wird also gesagt, weshalb: "Weil sich
überall in Europa die Gleichstellung von Schwulen und Lesben durchsetzt. Von
den 15 EU-Ländern haben 5 bereits die Anerkennung von homosexuellen
Partnerschaften gesetzlich verankert, in weiteren 2 werden entsprechende
Gesetzesentwürfe derzeit diskutiert. Auch die Luxemburger Christdemokraten oder
die CVP, Schwesterpartei der ÖVP in der Schweiz, unterstützen oder fordern
sogar eine solche Gleichbehandlung. Eine bürgerliche Partei muss sich zu dieser
europäischen Werteordnung bekennen."
Weiter unten heißt es: "Europa widmet sich nun
dem letzten großen Menschenrechtsthema des 20. Jahrhunderts: der
Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Die ÖVP steht vor der Wahl, bei dieser
unaufhaltsamen gesellschaftlichen Entwicklung gestaltende Kraft oder machtlose
Opposition zu sein."
In diesem Sinne appelliere ich gemeinsam mit Herrn Thierry
an Sie: Bleiben Sie nicht in diesen doch sehr wichtigen Belangen machtlose
Opposition, machen Sie heute mit! (Beifall bei den GRÜNEN und bei
Gemeinderäten der SPÖ.)
Vorsitzende GR Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächster Redner ist Herr GR DDr Görg gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR DDr Bernhard Görg (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! (Die Zusatzscheinwerfer im Saal verlöschen.
- Heiterkeit. - Ruf bei der SPÖ: Das war ein Zufall! - Weitere Zwischenrufe.)
Ich möchte gerade zu dem, was Frau StR Vassilakou
gesagt hat, eine Reihe von Sachen sagen. Bevor ich das aber tue, möchte ich ein
paar grundsätzliche Bemerkungen machen.
Wer sich an die Gemeinderatssitzungen des Vorjahrs
nach der Etablierung der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung erinnert, der wird sich daran
erinnern, dass das Klima in diesem Saal, in diesem Haus sich für die ersten
zwei Monate ganz rapide verändert hat. Die SPÖ, unser damaliger
Koalitionspartner, hatte, zum Teil getrieben von den GRÜNEN, zum Teil aus
anderem Antrieb, versucht, diesen Saal hier, diesen Gemeinderat und Landtag, zu
einer Aufmarschbühne gegen die Bundesregierung zu machen. Es kamen permanent
Anträge, die die Bundesregierung in Zugzwang hätten bringen sollen und man hat
so auf die ÖVP hingeschaut: Na, was wird die ÖVP jetzt machen? Wird sie
mitgehen? Wird sie nicht mitgehen?
Wir hatten uns das für sechs Wochen, für zwei Monate
angesehen. Dann gab es ein klärendes Gespräch zwischen dem SPÖ-Parteivorsitzenden
Bgm Häupl und mir und diese - aus meiner Sicht - Unsitte ist de facto
abgestellt worden.
Aber natürlich hat der 25. März alles anders
gemacht. Seit dem 25. März braucht die SPÖ keine wie immer geartete
Rücksicht auf die ÖVP mehr zu nehmen, wir sind ja nicht mehr - und wir
respektieren die Wählerentscheidung - der Koalitionspartner. Selbstverständlich
wird jetzt all das nachgeholt, was im Vorjahr aus Koalitionsdisziplin heraus
noch mühsam unterdrückt worden ist. In jeder Sitzung des Gemeinderats, kann man
fast sagen, gibt es nur noch Anträge an den Bund, die die schwarz-blaue
Bundesregierung in Zugzwang bringen sollen. Da hört man dann von den GRÜNEN
ganz martialische Ansagen. Die Sozialdemokraten sind noch etwas vorsichtiger,
aber man sieht natürlich auch pausenlos, wie dort wie in einer Schulklasse die
Kuverts hin und her gehen, betreffend die Abstimmungen: Werdet ihr da mitgehen?
Werdet ihr dort mitgehen? Wie können wir die Bundesregierung in Zugzwang
bringen? (Widerspruch bei den GRÜNEN.)
Meine Damen und Herren! Wir sagen daher, das führt
dann so weit, dass hier quasi Ordnungsruf-verdächtige Denunziationen, was die
Bundesregierung anlangt, vorkommen. Wir haben das klipp und klar gesagt, auch
wenn ich einsehe und verstehe, dass von Zeit zu Zeit und zum richtigen
Zeitpunkt auch ein Landtag und ein Gemeinderat einen Appell an eine
Bundesregierung in der von der Verfassung her vorgesehenen Form machen kann.
Aber es hat eben diese Unsitte, dass alles Mögliche und jedes Geschäftstück
dazu verwendet wird, zu versuchen, die Bundesregierung in Zugzwang zu bringen,
dazu geführt, dass wir permanent nur noch solche Anträge haben. (GR Harry
Kopietz: Der Wähler bringt Sie in Zugzwang!) Herr GR Ulm, mein Kollege Ulm,
hat daher gestern schon gesagt, aus diesen prinzipiellen Gründen werden sie
sich in dieser Session allen Anträgen an den Bund verschließen.
Aber es wäre jetzt falsch von mir, wenn ich mich
gerade zu dem Thema, der Gleichstellung der homosexuellen Partnerschaft mit
heterosexueller Partnerschaft, einfach nur zurückziehen würde auf den
Standpunkt: Wir gehen bei so etwas prinzipiell nicht mit und daher brauchen wir
inhaltlich über die Sache überhaupt nicht zu diskutieren. Ich will heute ganz
bewusst hier an dieser Stelle sagen, was der Gedankenstand der Wiener ÖVP zu
dem Thema ist.
Meine Damen und Herren! Es ist gar keine Frage, es wird
niemandem hier in diesem Raum verborgen geblieben sein - am wenigstens den
Mitgliedern des ÖVP-Klubs -, dass das Thema der Homosexualität für die
Österreichische Volkspartei traditionell ein schwieriges Thema gewesen ist. Es
hat immer wieder Versuche
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