Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
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gab es jedenfalls von Seiten der Gemeinde Wien. (GR Christian Oxonitsch: Eine Bestätigung
dessen, was man vorher gesagt hat!)
Dann kommen wir dem Wahltermin schon sehr nahe. Im
März 2001 ergeht ein Schreiben der MA 69 an den Bezirksvorsteher des
22. Bezirks, und zwar konkret am 20. März, in dem ihm die
gegenständliche Transaktion mitgeteilt und übermittelt wird. Man muss sich
vorstellen, das, was über ein Jahr lang vorbereitet wurde, die gesamten Akten,
die aufbereitet wurden, die große Veränderung im Kaufangebot, die zahlreichen
Verhandlungen, ein Riesenkonvolut, eine ganz wichtige Sache, wo der
Bezirksvorsteher des 22. Bezirks 1999 Waagner-Biro noch gedroht hat, wenn
sie die Arbeitsplätze dort nicht hält, wird man das in Kleingärten umwandeln,
aber am 20. März 2001, wahrscheinlich Minuten, nachdem er diesen Akt
bekommen hat, gibt er seine Zustimmung. Er schreibt am selben Tag, wo er das
Ersuchen der MA 69 bekommen hat, zurück: "Zur gegenständlichen Transaktion
wird mitgeteilt, dass kein Einwand besteht." - Ich kann mir nicht
vorstellen, dass er irgendwelche Gremien in diesem Bezirk befragt hat, dass er
mit Bürgern Gespräche geführt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sonst
mit irgendjemandem ein Gespräch geführt hat. Er hat es ruck, zuck bestätigt. Da
muss es doch Interessen gegeben haben, oder?
Weiter geht es mit dem 17. Mai 2001. Hier
schreibt ein Bediensteter an seinen Chef: "Laut Dr Ruhs soll ein eventueller
Antrag zum Ankauf des Waagner-Biro-Geländes von beiden Abteilungen gemeinsam
gestellt werden. Ich habe den beigefügt und ersuche um Überprüfung, ob der
Motivenbericht so in Ordnung geht." Dann antwortet per E-mail Herr OSR
Steinbauer: "Text von mir aus o.k.." (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Sehr dramatisch!) - Also, eine
Zustimmung zu einem Kaufvertrag über 500 Millionen S, indem man
einfach sagt: "Text von mir aus o.k.." Das ist interessant und lässt,
glaube ich, einige Fragen offen. (GR Dr
Matthias Tschirf: Eine sehr sorgfältige Firma!) Ich kann mir nicht
vorstellen, was damit alles noch zum Ausdruck gebracht werden wollte,
vielleicht, dass er es nicht wollte und er vielleicht gedacht hat, er müsste
das so machen, weil ich gehe davon aus, dass Herr OSR Steinbauer ein sehr
gewissenhafter Beamter ist, der sehr ordentlich die Akten prüft. Hier wirkt er
für mich eher angewidert in dieser Aussage, wenn er sagt: "Text von mir
aus o.k.."
Wir sprechen über die Dekontaminierungen beziehungsweise
über die Kontaminierungen auf diesem Gelände. Mein Vorredner hat schon erwähnt,
dabei haben die Vertragsparteien ein Ziviltechnikbüro beauftragt, eine
Schätzung abzugeben. Dieses hat das versucht, aber selbst festgehalten, dass es
das nicht konkret kann. Offensichtlich aus diesem Grund - auch das ist leider
aus dem Akt nicht konkret nachvollziehbar - schreibt die MA 45 an die
MA 69: "Eine Kostenschätzung über Sanierung, Abbruch, Bodentausch und
Entsorgung von kontaminiertem Material beziehungsweise Abbruchmaterial des
gesamten gegenständlichen Areals ist aus hierortiger Sicht mit den vorhandenen
Unterlagen nicht möglich." - Das heißt, die MA 45 bestätigt, dass man
überhaupt nicht sagen kann, in welchem Ausmaß dort kontaminiert ist. -
"Grundlage solcher Kostenschätzungen sind ...", et cetera.
"Diese Grundlagen können aber erst geschaffen werden, wenn sie vorliegen.
Soll eine entsprechende Kostenschätzung durchgeführt werden, so sind auch die
erforderlichen Bodenuntersuchungen jedenfalls notwendig. Weiters ist darauf
hinzuweisen, dass solche Untersuchungen auch eine gewisse Vorlaufzeit
benötigen."
Das muss man sich vorstellen! Lassen wir uns das auf
der Zunge zergehen! Nachdem man dem Bezirksvorsteher der Donaustadt am
20. März bereits den Akt geschickt hat, dass er zustimmen soll, denkt man,
es ist alles bereits geprüft, er antwortet am selben Tag noch, ganz rasch, wir
haben alles geprüft, ja, es ist alles in Ordnung, dieser Akt geht in Ordnung,
wunderbar, schreibt drei Tage später die zuständige MA 45, es ist überhaupt
nichts klar.
Da dürfte man irgendwo draufgekommen sein, dass man
doch nicht ordentlich recherchiert hat. Dann hat der Leiter der MA 69 -
das halte ich ihm zugute - wahrscheinlich noch versucht, das Beste herauszuholen
und wirklich versucht, das noch abzuschätzen, doch die MA 45 war leider
nicht im Stande, ein solches Gutachten abzugeben, weil, wie sie selbst sagt,
das halt einer gewissen Vorlaufzeit bedarf, das ordentlich untersucht werden
muss, es dazu Bodenproben bedarf, aber all das wurde nicht gemacht.
Es gibt dann einen Aktenvermerk vom 8. Mai 2001,
wo auch nicht nachvollziehbar ist, wie der zu Stande gekommen ist. In diesem
Aktenvermerk wird festgehalten, dass der Rechtsanwalt der Firma Waagner-Biro
dem Herrn Dr Ruhs zur Sicherstellung der Bedeckung der Dekontaminations- und
Abbruchskosten folgende Regelung vorschlägt: 405 Millionen S vom
Gesamtkaufpreis von 505 Millionen S - also fast alles - sollen sofort
die Pfandgläubiger erhalten und zur Abdeckung der Dekontaminations- und Abbruchkosten
soll ein Depot beim Treuhänder in der Höhe von 100 Millionen S
errichtet werden. Diese Zahl differiert nun um 50 Prozent zu dem, was es
im Vertrag heißt, und zu dem, was uns im Ausschuss erklärt worden ist, nämlich
dass ein Depot von 150 Millionen S angelegt wurde. Das ist auch die
Aussage, die der Herr Bürgermeister heute in seiner Anfragebeantwortung
getätigt hat.
Darüber hinaus sagt aber noch der Herr Dr Berger, der
Rechtsanwalt von Waagner-Biro, für die Besicherung darüber hinausgehender
Dekontaminations- und Abbruchkosten wird eine Bankgarantie übergeben. Das hatten
wir heute schon. Das haben wir heute schon vom Herrn Bürgermeister gehört, dass
er hier eigentlich keine wirtschaftspolitischen Vorträge halten möchte und dass
es eigentlich unüblich ist, im Wirtschaftsleben Bankgarantien zu geben. Er hält
das auch
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