Gemeinderat,
3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Nun führt das Kontrollamt dort seine Prüfung durch und kommt
drauf: Das sind gar nicht 30. Es sind auch nicht 35 oder 40, sondern es sind
59! - Und das sind nicht lauter Kleinigkeiten, sondern es sind etwa beim Revier
Donauinsel zwei Wohnhäuser mit Dienstwohnungen, die ohne entsprechende Bewilligung
errichtet worden sind. Es ist im Revier Wienerberg eine Holzhütte mit
55 Quadratmetern für den Forstaufseher, und es ist ein Dieseltank mit
1 000 Litern Fassungsvermögen, für den es keine Bewilligung und nichts
gibt, der nirgends aufscheint. Der existiert so lange nicht, bis das
Kontrollamt vorbeigeht. Aber es wird alles besser werden und es wird alles umgesetzt,
was das Kontrollamt gesagt hat.
Das zweite Beispiel findet sich auf den
Seiten 252 bis 255: Das Kontrollamt überprüft stichprobenartig die
MA 31 und kontrolliert im 7. Bezirk in der Wimbergergasse - Bernardgasse
etwas ganz Harmloses, eine Rohrauswechslung. Ein Rohr kommt heraus -
150 Meter Rohrstrang - und es kommt ein dickeres Rohr hinein. Sind das 150 Meter
oder 200 Meter? - Das weiß man nicht mehr so genau.
Die Kritik lautet: Die Vergabe erfolgte ausschließlich
mündlich. Die Unterlagen - Zitat aus dem Bericht - waren so unvollständig, dass
es nicht möglich war, den ganzen Vorgang nachzuvollziehen. Und der zuständige
Referent konnte leider keine lückenlose Aufklärung geben.
Der Hammer dabei ist: Die wissen nicht, ob das
150 Meter waren oder 120 oder 180 oder 200. Auf jeden Fall bekommt die
Stadt Wien jetzt Geld zurück.
Die GRÜNEN regen daher an - und damit bin ich schon
beim Schlusssatz -: Ein sehr effizientes Mittel für das Kontrollamt bei der
Überprüfung und vielleicht auch ein Mittel für die MA 31, um gleich Geld
einzusparen, wäre die Anschaffung eines Maßbandes um 14,90 S. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als
Nächster ist Herr GR Prochaska zum Wort gemeldet. - Bitte.
GR Johannes Prochaska (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender des Gemeinderats! Herr
Vorsitzender des Kontrollausschusses! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Schwankend zwischen der Erwartungshaltung des Hauses,
mich kurz, bündig und artig beim Kontrollamt zu bedanken, und der
Herzensneigung, Sie alle einmal - und nicht nur die Mitglieder des
Kontrollausschusses - mit 524 Seiten Bericht zu konfrontieren, habe ich
wirklich schweren Herzens von der zweiten Möglichkeit Abstand genommen, vor
allem weil ich der vereinigten Linken des Hauses so gerne einmal nachgewiesen
hätte, wie die von ihnen präferierten und subventionierten Liebkinder mit
Steuergeldern umzugehen pflegen.
Aus zeitökonomischen Gründen werde ich mich auf ein
paar ganz kleine Schlaglichter beschränken, also nicht die großen, am Rande
eines Skandals befindlichen Entdeckungen erörtern, sondern ein paar ganz kleine
Schlaglichter heraussuchen.
Man muss ja nicht gerade ein Privatisierungsfanatiker
sein - der ich ja ohnehin nicht bin -, um an der fast zu zwei Dritteln von der
städtischen Bestattung angeeigneten Druckerei Lischkar Anstoß zu nehmen. - Dass
ich jetzt durch einen persönlichen Trauerfall auch noch mit ihnen
aneinandergeraten bin, ist eine zweite Geschichte. - Dieser Monopolbetrieb in
Trauerangelegenheiten und Trauerfällen hat in den letzten Jahren steigende
Verluste aufgewiesen, im Überprüfungsjahr 1999 2 Millionen S. Die
Entschuldungsdauer ist von zwei auf sieben Jahre angestiegen und man musste
erst vom Kontrollamt dazu aufgefordert werden, sich doch im Zuge der
zahlreichen Publikationen der Stadtwerke um ein paar andere Sachen auch noch zu
bemühen.
Meine Damen und Herren! Das erinnert frappant an den
realen Sozialismus des verblichenen Ostblocks, wo auch erst immer darauf
hingewiesen werden musste: Da wäre ja noch ein Geschäft zu machen! Bemüht euch!
Tut es! - Weil man sich dort der Sicherheit und des großen Mutterschoßes genau
bewusst ist, glaubt man, man muss das nicht tun. Und das Besondere daran ist,
dass diese Druckerei die einzelnen Aufwendungen nicht per Kostenrechnung, sondern
auf Grund von ungefähren Einschätzungen vornimmt. Auch das erinnert mich daran:
Als im Jahre 1990 die ersten Fabriksbesitzer aus Prag nach Wien gekommen sind,
haben wir damals eine gemeinsame Veranstaltung gemacht - die Wiener Städtische
Versicherung hat das, glaube ich, auch mitfinanziert -, und wir haben gefragt,
wie sie kalkulieren. Darauf antworteten sie: Überhaupt nicht! Sie fahren auf
die Kärntner Straße und schauen, was die Waren in Österreich kosten, und dann
setzen sie das in Kronen und ungefähr nach ihrem Preisniveau fest - und das ist
die Kalkulation.
Ähnlich wirtschaftet man
auch in der Druckerei Lischkar: ungefähre Einschätzungen statt Kostenrechnungen.
Dann verwundert es nicht, dass es dort keinen Wirtschaftsplan gibt, dass man
ohne Finanzplan, ohne Erfolgsplan, ohne Investitionsplan und ohne Planbilanz
auskommt. So etwas, ohne Plan, haben wir auch im Zusammenhang mit der
Planwirtschaft gesehen.
Da darf man sich daher geradezu gratulieren, meine
Damen und Herren, dass die Geschäftsführung nunmehr bereit ist - das muss man
lesen: "nunmehr bereit ist"! -, diesbezügliche Überlegungen
mittelfristig anzustellen - na gratuliere! -, um einigermaßen im Geschäft zu
bleiben und nicht Kosten zu verursachen, die wir ja alle aufbringen müssen. Man
muss, wie gesagt, ja nicht gerade ein Privatisierungs-Freak sein, aber dieses
Gegenmodell ist nicht dazu geeignet, davon zu überzeugen, von dem Gedanken,
auch anders vorgehen zu können, Abstand zu nehmen.
Etwas anders und doch sehr ähnlich verhält es sich
komplexmäßig bei der ENCOM. Diese ENCOM ist eine von den Wiener Stadtwerken
über die Beteiligungsgesellschaft der Stadtwerke gehaltene Firma zur
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