Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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einander näher zu bringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vieles liegt vor uns und vieles ist
in dieser letzten Legislaturperiode bereits angegangen worden. Die letzten Wochen
und Monate zeigen, dass wieder in den alten Trott zurückgefallen wird.
Die Österreichische Volkspartei in diesem Haus wird dafür sorgen, dass
diese Ideen nicht nur nicht verloren gehen, sondern dass vieles weiter
entwickelt wird und es nicht nur um Machtfragen geht, sondern dass es tatsächlich
um die Menschen in dieser Stadt, um die Zukunft dieser Stadt geht.
Diesem Rechnungsabschluss können wir noch die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GR Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächster Redner ist Herr GR Dr Serles gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Dr Wilfried Serles (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau
Vorsitzende! Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die SPÖ hat diese Debatte über den Rechnungsabschluss sehr stark mit einem
bundespolitischen Akzent versehen. Wir nehmen diese Herausforderung gerne an.
Ich darf mich zunächst auf die Ausführungen des Herrn VBgm Rieder beziehen,
der eingangs unter Hinweis auf den Stabilitätspakt und auf das Nulldefizit, dem
dieses Budget oder dieser Rechnungsabschluss noch nicht verpflichtet sind,
gemeint hat, dass es sich bei diesem Budget 2000 um ein stinknormales Budget
gehandelt hätte.
So nebenbei darf ich mir die Anmerkung erlauben, dass ich bei den
Verhandlungen über den Finanzausgleich beziehungsweise über den Stabilitätspakt
zwar nicht persönlich anwesend war, daher auch den Wortlaut dieser
Vereinbarungen nicht kenne, dass ich mir aber ziemlich sicher bin, dass ein
Kündigungsgrund Abfangjäger in diesem Stabilitätspakt mit Sicherheit nicht
enthalten sein wird. Daher, Herr Vizebürgermeister, nehme ich Ihre Drohung,
unter diesem Aspekt den Stabilitätspakt aufzukündigen, als das, was sie sichtlich
war, ein Mittel einer kämpferischen Rhetorik, derer sich die SPÖ von Zeit zu
Zeit immer dann, wenn gerade Wahlen vor der Tür stehen, befleißigt. (Heiterkeit des Berichterstatters VBgm Dr
Sepp Rieder.) Deswegen wundert es mich, warum Sie das jetzt eigentlich so
getan haben. Es passt ein bisserl so in die Theorie des Herrn Kollegen Tschirf,
der gemeint hat, wir kennen hier eine Persönlichkeit mit zwei Gesichtern. Nett
und verbindlich, wenn es um die Bundesebene geht und etwas kämpferischer, wenn
er im Gemeinderat Ausführungen zum Rechnungsabschluss oder Budget macht.
Blenden wir zurück zur Erstellung des Budgets 2000 und rufen wir uns die
Entstehungsgeschichte noch einmal kurz in Erinnerung. Es wurde bereits darauf
hingewiesen, das Budget 2000 war eben kein stinknormales Budget. Die
Stadtregierung hat ein Rumpfbudget vorgelegt, ergänzt um ein Zusatzbudget und
ein Eventualbudget, weil die tragenden Säulen der Finanzierung der österreichischen
Städte und Gemeinden bei den Höchstgerichten in Diskussion standen und
letztlich auch aufgehoben wurden. Ein Zusatzbudget war deswegen notwendig
geworden, weil die alte Bundesregierung unter Beteiligung der SPÖ das Problem
der Getränkesteuer und der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe nicht lösen konnte.
Ein Eventualbudget war deswegen notwendig geworden, weil der Bund mit der Stadt
Wien und umgekehrt jahrzehntelang über die Finanzierung des AKH gestritten hat
und die Freigabe dieser Budgetmittel eben von der Bezahlung des klinischen
Mehraufwands seitens des Bundes abhängig gemacht werden musste.
Es bleibt also festzuhalten, dass es bei der Budgeterstellung 2000 eine
Reihe von gravierenden Problemen für die finanzielle Situation Wiens gegeben
hat, für die letztlich sozialdemokratisch geführte Bundesregierungen die
politische Verantwortung tragen.
Die Aufhebung der Getränkesteuer durch den Europäischen Gerichtshof ist
letztlich nur eine Spätfolge des völlig mangelhaft vorbereiteten EU-Beitritts
Österreichs durch die österreichische Bundesregierung. Der sozialdemokratische
Finanzminister Lacina hatte es verabsäumt, hier entsprechende
Ausnahmeregelungen auszuverhandeln. Ich habe noch gut im Gedächtnis, dass der
damalige Minister Lacina den Städten und Gemeinden Briefe geschrieben hat, in
denen nachlesbar war, dass das mit der Getränkesteuer alles in Ordnung ist, die
Bedenken da völlig grundlos sind und die Finanzierung der Städte und Gemeinden
auf einer sicheren Grundlage steht. Nichts von dem hat zum damaligen Zeitpunkt
gestimmt.
Der Streit zwischen dem Bund und Wien über die Finanzierung des AKH ist Legende.
Jahrzehntelang hat hier zwischen sozialdemokratischen Finanzstadträten und
Bürgermeistern auf der einen Seite und sozialdemokratischen Bundeskanzlern und
Finanzministern auf der anderen Seite ein Familienstreit darüber getobt, wie
das AKH zu finanzieren ist. Mit der politischen Wende zum Besseren in
Österreich ist auch eine Wende zum Besseren für die Wiener Stadtfinanzen in
diesem Punkt eingetreten. Die neue Bundesregierung hat den Gemeinden den
Wegfall der Getränkesteuer über den Finanzausgleich kompensiert. Die neue Bundesregierung
hat die verfassungswidrigen Anzeigenabgaben der Länder durch eine
verfassungskonforme, bundeseinheitliche Werbesteuer ersetzt und hat damit auch
einen bemerkenswerten Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung geleistet. Selbst
Steuerberatern war es nicht mehr möglich, die unterschiedlichen Formen der
Anzeigenabgabe wirklich im Griff zu haben und die Besteuerungsgrundlage und
Hebesätze aller Gemeinden dafür zu kennen.
Die Bundesregierung hat auch in der Frage der Bezahlung des klinischen
Mehraufwands einen historischen Kompromiss erzielt. Die Finanzierung des AKH
ist damit zeitlich befristet auf eine solide Basis gestellt worden und Wien hat
in diesem Rechnungsabschluss
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