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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 65

 

wird, da muss man, glaube ich, die Frau GR Stubenvoll fragen. Sie weiß es offensichtlich. Ich bezweifle das.

 

Jetzt möchte ich ganz geschwind - gehen wir es einfach durch - einmal schauen, wie sozialgerecht Wien ist, wo wir einer Meinung sind und wo wir geteilter Meinung sind.

 

Ist es gerecht, dass pensionierte Menschen mit 100 000 S netto zum halben Preis auf den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und die Obdachlosen zum vollen Preis? Ist das gerecht? Finden Sie das gerecht? - Ich finde das ungerecht und ich möchte das ändern.

 

Oder anderes Beispiel: Ist es gerecht, dass ausgerechnet die Ärmsten dieser Stadt nicht einmal wohnen? Ist das gerecht in Ihren Augen? - In meinen ist es nicht gerecht und ich möchte das ändern. Es muss ein Recht auf Wohnen geben. Wien ist eine reiche Stadt, Wien kann sich das leisten. Ich fordere ein Recht auf Wohnen! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ist es gerecht, dass es am Arbeitsmarkt immer mehr Arbeitsplätze gibt, vom AMS vermittelt, wo Leute 40 Stunden lang arbeiten und dafür 9 000 S bekommen? Ist das gerecht? Finden Sie das gerecht? - Ich finde das nicht gerecht und ich bin der Meinung, auch da müssen wir etwas ändern, diese ganzen geringfügigen Anstellungen, diese ganzen Unterbezahlungen.

 

Jetzt weiß ich schon, Wien kann nicht alles tun. Aber zumindest der politische Wille und die Aufforderung an eine Bundesebene müssen doch zunächst einmal da sein und da müssen zumindest zwei Parteien in diesem Hause aufstehen, aufschreien und sagen, das ist Ungerechtigkeit und Ungerechtigkeit gehört weg.

 

Ist es gerecht oder überhaupt sinnvoll - ich halte das für einen Blödsinn -, dass auch heute noch in Pflegeheimen der Stadt Wien, und zwar picobello neu errichteten, immer noch Vierbettzimmer eingerichtet werden? Was halten Sie davon? - Kommen Sie zum Mikrofon und reden wir darüber, ob das gerecht oder sinnvoll oder gescheit oder sozial oder sonst etwas ist! Die Grünen sagen: Nein, das ist nicht sozial!

 

Ist es gerecht, dass es Kinder in dieser Stadt gibt, und zwar viele Kinder, die keinen Kindergarten besuchen und dadurch bei Schulstart einen großen Nachteil haben, nur deswegen, weil sich ihre Eltern den Kindergartenbeitrag nicht leisten können oder aber nicht wollen? Sind wir dafür, dass diese Kinder einfach zu Hause bleiben oder sagen wir, da tun wir etwas? Sagen wir, das Problem haben wir erkannt und wir tun jetzt etwas dafür, dass die Kinder alle zumindest im Jahr vor Schuleintritt in diesen Kindergarten gehen und dass Geld nicht die ausschlaggebende Rolle sein kann?

 

Weil vorhin auch von den Behinderten die Rede war: Auch da muss man sich fragen, ob es gerecht ist, dass diese in Wien noch immer nicht so mobil sind wie wir alle, dass das ewig dauert und dass das ein zermürbendes Schneckentempo ist, bis da etwas weitergeht. Das erlebt ja kein Mensch. Ist das gerecht?

 

Eine letzte Frage: Ist es Ihrer Meinung nach gerecht, dass man den gehörlosen Kindern keine Schule gibt, wo die Gebärdensprache, die die Muttersprache dieser Kinder ist, nicht die erste Sprache ist, wo Lehrer und Lehrerinnen unterrichten, die diese Sprache nicht einmal perfekt beherrschen?

 

Ist das alles die Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit? - Meine Vorstellung ist das nicht. Ich habe jetzt nur einige wenige Punkte angeführt, weil ich da nicht stundenlang reden will, ich sehe ja schon die Ungeduld. Aber der Bürgermeister hat in seiner Antrittsrede ganz klar gesagt, man muss alles dazu tun, damit diese Gesellschaft nicht auseinander bricht. Wenn wir diese sozialen Ungerechtigkeiten nicht beseitigen, dann bricht sie uns auseinander. Wir müssen dagegen etwas tun! Sie müssen etwas tun und die Grünen müssen auch etwas tun! Wir können nicht zuschauen, wir können das nicht akzeptieren und wir müssen etwas tun! Deswegen wäre es wahrscheinlich sinnvoll, wenn es in Wien nicht nur eine Mobilcard und nicht nur eine Citycard gibt, sondern wenn es in Wien auch so etwas wie eine Fairnesscard gäbe, sodass Menschen mit wenig Geld überall weniger bezahlen. Dann wäre vielleicht ein Stück sozialer Gerechtigkeit für Wien errungen.

 

Jetzt danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit zu so später Stunde. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als nächste Redner ist Frau StR Dipl Ing Dr Rothauer zum Wort gemeldet. - Bitte.

 

StR Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die Reihen haben sich begreiflicherweise schon vor längerer Zeit gelichtet. (GR Dr Wilfried Serles: Bedenklich!) Nachdem wir uns jetzt schon in der dritten Runde befinden, will auch ich mich in die Reihe jener einreihen, die eher einen sachlichen Debattenbeitrag bringen und vor allem Sachthemen der neuen Regierungsperiode anschneiden.

 

Trotzdem muss ich auf einiges eingehen, ganz einfach weil ich das nicht so im Raum stehen lassen kann, wie es heute in Behandlung war. Da fällt mir gleich zu Beginn die Sorge von Herrn Klubobmann Chorherr ein, dass die ÖVP jetzt in einer Rolle ist, wo er glaubt, dass wir gar keine Oppositionspolitik machen können - wenn ich Sie richtig verstanden habe -, weil wir unsere Wunden lecken, weil wir etwa mit Obmannfragen oder mit sonstigen Hindernissen beschäftigt sein könnten.

 

Ich kann Sie beruhigen. Ich kann auch Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Saale, beruhigen. Selbstverständlich werden wir Oppositionspolitik machen! Nachdem wir nun auch Erfahrungen in der Regierungspolitik gesammelt haben und - ich sage es

 

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