Gemeinderat,
1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll
- Seite 27 von 65
Fall und daher angenommen.
Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Herr
GR Mag Chorherr. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner
Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Nach einer Wahl treten wir heute zum ersten Mal
wieder zusammen, nach einer Wahl, die anders ausgegangen ist, als sich die
meisten von uns erwartet haben. Und ich möchte noch einmal auch von dieser
Stelle sagen, dass uns das Ergebnis dieser Wahl zwei lachende und ein weinendes
Auge beschert hat.
Das eine lachende Auge war ein Wahlergebnis, mit dem
wir für das Programm, für das wir in die Wahl gezogen sind, einen deutlichen
Zuwachs, nämlich 60, 70 Prozent, an Stimmen bekommen haben. Und in dieser
Periode werden wir für das, wofür wir eintreten - was ich nur in einigen
wenigen Eckpunkten dann benennen möchte -, vehement kämpfen, und wir haben nun
auch eine Grundlage, das durchzusetzen.
Das zweite lachende Auge betrifft das Abschneiden der
Freiheitlichen Partei. Ich habe es als extrem wichtig für Wien, für Österreich,
aber auch für Europa gehalten, dass die Wienerinnen und Wiener einer Partei der
Verhetzung und der Ausgrenzung eine derartig klare Absage erteilt haben. (Beifall
bei den GRÜNEN.) Das war wichtig und ich werde in einem Punkt auch noch
darauf eingehen und für uns sind diese 20 Prozent nicht die Untergrenze,
sondern die Obergrenze dessen, was die FPÖ in den nächsten Wahlauseinandersetzungen
bekommen möge.
Das weinende Auge betrifft die absolute Mehrheit der
SPÖ. Da muss ich aber eines vorausschicken: Es gab keine absolute Mehrheit an
Stimmen für die Sozialdemokratie. Allein die hier im Gemeinderatssaal
vertretenen Oppositionsparteien haben mehr Stimmen erhalten als die SPÖ, und es
ist nur auf ein Wahlrecht zurückzuführen, dass man mit nicht einmal
47 Prozent der Stimmen 52 Mandate erhalten kann.
Und da muss ich mich jetzt kurz auch an die ÖVP
wenden, die sich heute hier in einem Auftritt der Erbärmlichkeit zu Wort
gemeldet hat (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) und das, wofür sie
verantwortlich ist, nicht gesagt hat. Es gab wiederholt Anträge von uns in der
letzten Periode, mit denen ein Wahlrecht beantragt wurde - und die ursprünglich
einmal ein Klubobmann Prochaska, der sich mit gutem Grund jetzt verzogen hat,
auch mit eingebracht hat, und jedes Mal hat die ÖVP dagegen gestimmt -, um zu
einem proportionalen, fairen Wahlrecht zu kommen. (In Richtung ÖVP.) Sie
sind verantwortlich dafür, dass es zu diesem Ergebnis gekommen ist, das
demokratisch korrekt zustande gekommen ist, wo ich aber noch einmal auch auf
die vielen mails eingehen möchte, wo wir am Wahlabend gefragt wurden: Ja, wie
gibt es denn das, wie gibt es denn das, dass die, die weniger Stimmen haben,
eine absolute Mehrheit haben, anstatt umgekehrt. Es gibt das wegen der ÖVP und
darum möge sie hier nicht herumsudern. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Jetzt zu den Kernpunkten auch noch Richtung FPÖ,
bevor ich auf einige relevante inhaltliche Punkte kurz - und ich schaue auf die
Uhr - eingehen möchte.
Zum Aktuellen, und das ist auch der Grund, warum wir
bewusst und nicht aus Jux und Tollerei diese Plakette heute tragen: Viele
Stimmen, die wir GRÜNE erhalten haben, haben wir auch erhalten, mit einem Ziel,
das über Wien hinausgeht, das Österreich betrifft, aber auch Wien vehement
betrifft. Es betrifft eine schwarz-blaue Bundesregierung und den Wunsch und die
Sehnsucht vieler Menschen, diese zum ehest möglichen Zeitpunkt abzulösen. Und
hier in Wien kann in einigen Bereichen durch das Wahlergebnis, das so ist, wie
es ist, aber es ist nur in einigen Bereichen so, ich komme darauf zurück,
gezeigt werden, dass es dort Alternativen gibt.
Und man muss nicht lange zurückschauen, um zu wissen,
warum das so wichtig ist. Und ich greife nur eine Unglaublichkeit von gestern auf,
nämlich, dass ein Klubobmann einer Regierungsfraktion so etwas sagen kann, und
das schmerzt mich als Österreicher, als er zum Bereich der Integration sagt:
Man müsse Sanktionen aussprechen für jene, die nicht integrationswillig sind.
Und was er unter diesen Sanktionen versteht, meint er, dies könne stufenweise
weniger Sozialleistungen bedeuten oder das könne bis zu dem Auslaufen der
Aufenthaltsgenehmigung beziehungsweise einer Verzögerung der Arbeitsgenehmigung
gehen. Das erfüllt mich mit derartigem Zorn, dass so etwas gesagt werden kann
und das Einzige, was mich beruhigt, ist, dass diese Politik eine Abfuhr, eine Abfuhr
bei den Wiener Wahlen bekommen hat und ich hoffe, dass es für diese Politik
möglichst bald weitere Abfuhren geben wird. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Ich muss aber noch etwas dazu sagen. Und da bin ich
jetzt froh, dass ich bei den GRÜNEN bin, weil ich glaube, dass man nur bei den
GRÜNEN das sagen kann und darf, und das hat mit Medienmacht zu tun. Wenn heute
eine auflagenstarke mächtige Zeitung in dem Land einen Titel macht
"Afghanen, Kurden, Inder, Kosovo-Albaner – Asylantenflut steigt weiter
an", dann gehört das für mich in denselben Bereich, den ich verabscheue
und das möchte ich auch von diesem Platz sagen, auch wenn uns das in der
Berichterstattung sicherlich nicht nützt, das widert mich genauso an und auch
dem muss vehement entgegengetreten werden. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Eine letzte Anmerkung zur FPÖ, weil es auch ein
Unikat ist, das man nicht vergessen soll. Da gab es doch eine Spitzenkandidatin?
(Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Wo ist denn die? - Da lässt sich eine Spitzenkandidatin
überall plakatieren und dann betritt sie nicht einmal ein einziges Mal diesen
Saal und wird quasi per Pfiff erst hingeschickt, dann wieder zurückgeschickt.
Meine Damen und Herren, das ist WählerInnenbetrug. Nicht,
dass viele Wählerinnen und Wähler das jetzt wahnsinnig bewegt, aber ich muss
schon sagen, wie weit, wie tief die politische Kultur einer Partei
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular