Wiener Nomenklaturkommission

Am 30. Jänner 1981 beschloss der Wiener Gemeinderat, dass in Abänderung und Erweiterung des Stadtratsbeschlusses vom 19. Juni 1907 über die einheitliche Schreibweise der Gassen, Straßen und Plätze künftig die Grundsätze der "Wiener Nomenklaturkommission" für die Schreibung von Verkehrsflächenbezeichnungen und sonstigen geografischen Namen in Anwendung gebracht werden. Diese Grundsätze folgen den internationalen Tendenzen zur Standardisierung der Schreibung von geografischen Namen und Verkehrsflächenbezeichnungen und stützen sich auf die Regeln des Duden und des Österreichischen Wörterbuchs.

Grundsätze der Wiener Nomenklaturkommission

Verkehrsflächenbezeichnungen

  • 1. Verkehrsflächenbezeichnungen bestehen in der Regel aus einem Grundwort (-straße, -gasse, -platz, -ring, -weg et cetera) und einem Bestimmungswort zur näheren Kennzeichnung der Verkehrsfläche.
  • 2. Das erste Wort eines Straßennamens wird groß geschrieben, ebenso jedes zum Namen gehörende Eigenschafts- oder Zahlwort (zum Beispiel Lange Gasse). Das gilt auch, wenn zu Eigenschafts- und Hauptwort Präpositionen hinzutreten (zum Beispiel An den Alten Schanzen).
  • 3.1. Zusammen schreibt man Zusammensetzungen aus einem einfachen oder zusammengesetzten Hauptwort (auch Eigennamen) und einem Grundwort (zum Beispiel Thaliastraße, Aspernbrückengasse, Beethovengang) sowie Zusammensetzungen aus einem ungebeugten Eigenschaftswort und einem Grundwort (zum Beispiel Hochstraße).
  • 3.2. Zusammen schreibt man auch Verkehrsflächenbezeichnungen nach geografischen Namen, die auf -er enden (zum Beispiel Hannovergasse), oder wenn Ableitungen solcher Namen Personen bezeichnen (zum Beispiel Lothringerstraße).
  • 4. Getrennt und ohne Bindestrich schreibt man Zusammensetzungen eines Grundwortes mit einem gebeugten Eigenschaftswort oder einer adjektivischen Ableitung eines Orts- oder Ländernamens auf -er oder -isch (zum Beispiel Kurze Gasse, Währinger Straße).
  • 5.1. Der Bindestrich steht, wenn die Bestimmung zum Grundwort aus mehreren Wörtern besteht. Das kann bei Eigennamen (zum Beispiel Johann-Nepomuk-Berger-Platz) und bei Bezeichnungen, die topographische Situationen wiedergeben (zum Beispiel Stock-im-Eisen-Platz, Laaer-Berg-Straße) der Fall sein. Bei Neubenennungen nach Personen sollte auf akademische Grade und Titel generell, auf Vornamen nach Möglichkeit verzichtet werden.
  • 5.2. Der Bindestrich steht nicht, wenn die Bestimmung aus einer Wortgruppe besteht und kein Grundwort vorhanden ist (Am Hof, An den Langen Lüssen), oder in Fällen, in denen die Verbindung von Bestimmungs- und Grundwort durch ein Eigenschaftswort näher definiert wird (zum Beispiel Obere Donaustraße, Linke Wienzeile).

Sonstige geografische Namen

  • 1. Im Allgemeinen gelten die heutigen Rechtschreibregeln.
  • 2.1. Zusammen schreibt man im Allgemeinen Zusammensetzungen aus Grundwort und einfachem oder zusammengesetztem erdkundlichem Namen (zum Beispiel Donauhafen).
  • 2.2. Zusammengeschrieben werden in der Regel Zusammensetzungen mit Groß-, Klein-, Ober-, Unter- (zum Beispiel Unterbaumgarten, Oberdöbling), soweit dem nicht amtliche Schreibung (Amtliches Ortsverzeichnis) entgegensteht.
  • 3.1. Bindestriche setzt man, wenn die Bestimmung zum Grundwort aus mehreren oder mehrteiligen erdkundlichen Namen besteht (zum Beispiel Rhein-Main-Donau-Kanal).
  • 3.2. Bindestriche stehen im Allgemeinen bei näheren Bestimmungen, die einem Ortsnamen nachgestellt sind, soweit nicht der Amtsgebrauch entgegensteht (zum Beispiel Inzersdorf-Stadt, aber Wien Süd, weil so amtlich).
  • 3.3. Bindestriche stehen auch, wenn ein geografischer Name aus 2 geografischen Namen zusammengesetzt ist (zum Beispiel Wien-Donaustadt, Rudolfsheim-Fünfhaus).
  • 4. Es steht kein Bindestrich, wenn Sankt (St.) Teil eines erdkundlichen Namens oder seiner Ableitung auf –er ist (zum Beispiel St. Marx, St. Marxer Linie). Er steht auch nicht bei Ortsnamen, denen die Bezeichnung "Bad" vorausgeht (zum Beispiel Bad Vöslau). Wird jedoch ein Ortsname oder ein Heiligenname mit Sankt (St.) Bestandteil eines mehrgliederigen geografischen Namens, so sind alle Wörter der Aneinanderreihung mit Bindestrichen zu verbinden (zum Beispiel Unter-St.-Veit, St.-Agnes-Bründl).

Erläuterungen

Zur Ausarbeitung der Grundsätze der Wiener Nomenklaturkommission wurden heranzogen: Beschluss des Wiener Stadtsenats vom 19. Juni 1907, Rechtschreibduden (1973), Österreichisches Wörterbuch (1979), Erlass des Bundesamtes für Eich– und Vermessungswesen über die Schreibung von Straßen-, Gassen- und Platznamen (2. Auflage, 1979).

Zu 2. Bei Wortgruppen, die sich aus Präposition(en), Eigenschafts- und Hauptwort zusammensetzen, besteht das eigentliche Bestimmungswort (Name) im Allgemeinen aus Eigenschafts- und Hauptwort (zum Beispiel Alte Schanze, Lange Lüsse, Alte Donau). Die Präpositionen (zum Beispiel An den Alten Schanzen, An den Langen Lüssen, An der Alten Donau) geben eine zusätzliche, neue Lagebestimmung zu dem ursprünglichen Namen, der als Einheit erkennbar bleiben soll; vergleiche dazu Rechtschreibduden Seite 58, R 218.

Zu 3.2. Hier gilt es zwischen echten geografischen Namen (Ortsnamen) und Personennamen, die von geografischen Namen abgeleitet sind, zu unterscheiden. Zum Beispiel Brunner Straße = Straße nach Brunn, Brunnerweg = Weg, benannt nach einem Herrn Brunner.

Zu 5.1. Hier kommt es zu einer Abweichung vom "Wiener System", das den Bindestrich nur zwischen dem letzten Glied des Bestimmungsworts und dem Grundwort sehen wollte (zum Beispiel Friedrich Schmidt-Platz). Die Durchkoppelung hat sich aber inzwischen international durchgesetzt, wobei man die Zusammengehörigkeit des gesamten Namens besonders betonen und hervorheben will. Bei der Verwendung topographischer Bezeichnungen für Straßennamen steht der Bindestrich dann, wenn Missverständnisse vermieden werden sollen. Zum Beispiel Laaer-Berg-Straße = Straße über den Laaer Berg, nicht aber Laaer Bergstraße = Bergstraße in Laa.

Zu 5.2. Die Setzung des Bindestrichs wird bei einer Verbindung Eigenschaftswort-Bestimmungswort-Grundwort nicht notwendig, wenn Bestimmungswort und Grundwort einen engeren Begriff bilden, der in seiner Gesamtheit durch das Eigenschaftswort determiniert wird (zum Beispiel Obere Donaustraße neben einer Unteren Donaustraße; wesentlich dabei ist aber die Donaustraße, um die es sich in beiden Fällen handelt).

Neue Rechtschreibung

Gemeinderatsbeschluss vom 17. Dezember 1999:

(PrZ 299-M07, P 49) In Abänderung des Gemeinderatsbeschlusses vom 30. Jänner 1981 werden für die Schreibung von Verkehrsflächenbezeichnungen und geografischen Namen die Grundsätze der Wiener Nomenklaturkommission dahingehend ergänzt, dass grundsätzlich die Neue Rechtschreibung Anwendung findet. Auf Straßentafeln, Orientierungsnummerntafeln und dergleichen sowie in Personaldokumenten ist die geänderte Schreibweise nur bei Neuanbringung beziehungsweise Neuausstellung zu berücksichtigen.

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