Digitalisierung von Befundaufnahmen - Stadtarchäologie Wien
Die Aufarbeitung von Altgrabungen im Stadtgebiet von Wien wird mit einer computerunterstützten Methode vorgenommen. Das Hauptinteresse liegt derzeit in der Auswertung der römischen Kulturzeugnisse auf dem Gebiet des Römischen Legionslagers Vindobona im 1. Bezirk und der zivilen Siedlung im 3. Bezirk (Ausgewählte Funde vom Rennweg 44 in Wien).
Grundlagen und Arbeitsweise
Eine wichtige Grundlage sind die Grabungsnotizen von Josef Hilarius Nowalski de Lilia (1857 bis 1928), die er seit 1895 verfasste. Er wurde 1901 Inspektor der städtischen Ausgrabungen. Auf Basis dieser Fundnachrichten wurden von Friedrich von Kenner (1834 bis 1922, Direktor des k.k. Münz- und Antikenkabinetts) zahlreiche Fundberichte publiziert.
Ihre Angaben werden überprüft, die Skizzen der archäologischen Befunde digitalisiert und in einem Überblicksplan zusammengefasst. Kartengrundlage ist die digitale Mehrzweckkarte der Stadt Wien.
Beispiel einer Nachbildung: Porta Principalis im Römischen Legionslager Vindobona
Bei der bereits abgeschlossenen Befundaufnahme innerhalb des Römischen Legionslagers Vindobona im Bereich der Wiener Innenstadt konnte eine bemerkenswerte Beobachtung gemacht werden.
Im Rahmen einer digitalen Bearbeitung wurde in Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum der Stadt Wien (MA 01) eine dreidimensionale Rekonstruktion eines Torturmes des Haupttores im Römischen Legionslager Vindobona versucht. Diese stützt sich auf Vergleiche mit anderen römischen Lagertürmen (vor allem aus England, Deutschland und Nordafrika) sowie die vor Ort aufgefundenen Reste wie zum Beispiel Dachziegel, Gewölbesteine, Friesplatten, Gesimsstücke und Zinnen und den Sockel des Torturms an der Hohen Brücke.
Ausgangsbasis
Außer einem kurzen Mauerstück im Bereich der Ertlgasse, das der Forscher Alfred Neumann 1971 als Teil des rechtsseitigen Torturmes (Porta Principalis Dextra) identifizierte, konnte dieser Torturm archäologisch bisher nicht nachgewiesen werden.
Mithilfe einer Spiegelung des linksseitigen Torturms (Porta Principalis Sinistra) an der Achse der Straße Via Praetoria kann die "ideale" Lage des rechtsseitigen Torturmes (Porta Principalis Dextra) festgestellt werden. Bei einer Spiegelung würde der Torturm im Bereich des Hauses Kramergasse 9 zu liegen kommen. Das ist etwas weiter westlich der von Alfred Neumann aufgefundenen Mauer.
Von den aufgenommenen Altgrabungen im Bereich Kramergasse/Ertlgasse sind vor allem vier parallele Mauern zu beachten. Diese decken sich relativ genau mit dem gespiegelten Grundriss des Torturmes. Die Befunde sind in der bisherigen Forschungsgeschichte kaum beachtet worden und fanden nur in einer Fußnote bei Friedrich von Kenner (Geschichte der Stadt Wien 1897) ausführlichere Erwähnung. Friedrich von Kenner bezog sich dabei auf einen Architektenplan vom Umbau der Häuser mit den Konskriptionsnummern 533, 534 und 583 im Jahr 1843, die im Bereich des heutigen Hauses Kramergasse 9 lagen.
Nachbildungsversuch
Grundrissrekonstruktion der Porta Principalis Dextra und der Via Principalis auf der Basis der archäologischen Befunde
Akzeptiert man die Vermutung, dass die 1843 in der Kramergasse gefundenen Mauern als Fundamente des rechtsseitigen Torturmes (Porta Principalis Dextra) anzusprechen sind, legt die Nachbildung nahe, dass dieser Torturm einer frühen Phase der Errichtung angehörte. Diese entspricht dem linksseitigen Torturm (Porta Principalis Sinistra) an der Hohen Brücke, als die Front des Torturmes in einer Linie mit der Lagermauer fluchtete.
In einer späteren Phase - vielleicht gegen Ende des zweiten Jahrhunderts nach Christi - wurde dann der Torturm in der Kramergasse vor die Umfassungsmauer des Lagers gesetzt. Dies steht im Gegensatz zum Befund an der Hohen Brücke, wo offensichtlich die Lagermauer in einer späteren Zeit, aus welchen Gründen auch immer, nach innen, in die Flucht der Rückseite des Torturmes versetzt wurde.
Video Porta Principalis Sinistra
Video: Vindobona - Porta Principalis Sinistra
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