Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 75
im letzten Jahr beschlossen, das ist allerdings durch die Mitgliedsstaaten verzögert worden, weil sie den Sanktionsmechanismus außer Kraft setzen wollten.
Ich sage jetzt als Vizepräsident des Europäischen Parlaments, der für die Zusammenarbeit mit den nationalen und regionalen Parlamenten verantwortlich ist: Das ist ganz entscheidend. Welche Regierung soll uns als Parlamentariern verweigern, eine Handlung zu setzen, wenn die Parlamente es beschließen? Wir müssen uns die Rechte, die wir brauchen, um die Bürgerinnen und Bürger vertreten zu können und um Vertrauen zurückzugewinnen, einfach nehmen. Und wir nehmen uns das Initiativrecht und haben es mit der Kommission und mit dem Rat durch eine interinstitutionelle Vereinbarung auch tatsächlich gesichert.
Nun am Schluss ein Wort zu öffentlichen Dienstleistungen. Meine Damen und Herren! Ich habe die Wasserdebatte absichtlich nicht angeschnitten, aber etwas möchte ich doch sagen: Der Lissabon-Vertrag, der Verfassungsvertrag der Europäischen Union, hat nicht zuletzt auf Grund der Initiative Österreichs und des Europäischen Parlaments die Dienste im allgemeinen Interesse der subsidiären Definition überlassen: Wasser ist Gemeinwohlgut. Wasser ist nicht Sache der Europäischen Union. Wir entscheiden nicht, ob Wasser privatisiert wird oder nicht, sondern das entscheiden die Kommunen, und das haben 92 Gemeinden in Österreich entschieden. – Die Europäische Union und wir als Parlament würden nie zulassen, dass über die Europäische Union Dienste im allgemeinen Interesse privatisiert oder verstaatlicht werden. Das ist subsidiär zu gestalten, und das stand auch nie in Frage. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Konzessionsrichtlinie ist dann ein Thema, wenn sich Gemeinden entscheiden, öffentliche Dienstleistungen zu privatisieren, denn dann steht man im Wettbewerb zueinander. Daher sollen wir den Bürgern nicht Sand in die Augen streuen oder ihnen eine europäische Absicht vorgaukeln, wenn etwas nicht europäische Absicht und Kompetenz ist, denn auch damit tragen wir nicht zur Stärkung des europäischen Bewusstseins bei! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Lunacek. – Ich ersuche sie um ihre Wortmeldung.
EP-Abg Mag Ulrike Lunacek (GRÜNE): Vielen Dank!
Ich kann gleich im kämpferischen Ton meines Vorredners fortsetzen. Wir haben erst vor Kurzem die Nachricht bekommen, dass es jetzt angeblich doch im Europaparlament eine Einigung mit dem Rat betreffend den mehrjährigen Finanzrahmen gab. Alle, die wir hier sitzen – von Herrn Mölzer nehme ich es auch an, aber zumindest die anderen drei, die wir auch drei Fraktionen angehören –, werden sicherlich diesem Budget nicht zustimmen. In diesem Budget werden die Ausgaben für nachhaltiges Wachstum in den nächsten Jahren um 7 Milliarden reduziert. Das ist der Bereich – das wissen Sie im Wiener Landtag genauso gut – der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz. In diesem Bereich sind die Arbeitsplätze der Zukunft, dort wird ein entsprechendes Budget benötigt, auch auf europäischer Ebene. Aber da wird um 7 Milliarden gekürzt! Das ist ganz viel! Das ist ein bisschen mehr als das, was für die Jugendgarantie da ist. (Abg Mag Wolfgang Jung: Meinen Sie, dass wir mehr hineinzahlen sollen?)
Ja klar, Herr Jung! Ich weiß, dass Sie und auch Ihre Vertreter im Europaparlament mit mehr Budget für die Europäische Union überhaupt nichts am Hut haben! Deswegen sind Sie auch in keiner Fraktion, auch Herr Mölzer nicht, und haben auch nicht wirklich viel zu reden im Europaparlament, und darüber bin ich sehr froh, und zwar nicht nur, was das Europabudget betrifft, sondern auch, was andere Bereiche betrifft! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Betreffend andere Bereiche: Herr Mölzer hat zuerst auch angesprochen, dass seiner Meinung nach der West-Balkan zu Europa beziehungsweise zur EU gehören soll. Darüber bin ich sehr froh! Ich hoffe, er meint den gesamten West-Balkan und nicht nur Staaten wie Serbien und Kroatien, die auch eine christliche Bevölkerung haben, sondern auch jene, die eine muslimische Bevölkerung haben, nämlich Kosovo, Albanien und teilweise Bosnien. Ich hoffe, das betrifft alle!
Vor allem Ihren Umgang mit der Frage der Türkei halte ich für gefährlich. Die Leute, die im Gezi-Park und auf dem Taksim-Platz demonstriert haben und die von der Regierung Erdogan massiv verprügelt, vertrieben und mit Tränengas besprüht wurden, sind diejenigen, die eine europäische Türkei wollen. Diese Menschen befürworten auch die Kapitel 23 und 24, in denen es um Rechtsstaatlichkeit, um Meinungsfreiheit, um Medienunabhängigkeit und Ähnliches geht, und sie wollen nicht, dass zig Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis sitzen.
Das heißt, wenn Sie sagen, die EU muss jetzt die Verhandlungen mit der Türkei aussetzen, dann wollen Sie genau das Gegenteil von dem, was die Leute wollen, die demonstrieren und ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, nämlich eine europäische Türkei! Und in diese Richtung muss es weitergehen! Ihre Richtung – Sie sind ja zum Glück in keiner Fraktion im EP, wie ich schon gesagt habe – will das genaue Gegenteil davon, und das halte ich für nicht sinnvoll, auch nicht für jene Leute in Österreich oder in Wien, die irgendwann einmal selbst oder deren Vorfahren aus der Türkei gekommen sind. Darum geht es nämlich, um ein gemeinsames Europa, und daher ist auch die Fortsetzung dieses Prozesses für die Türkei nötig. Das, was jetzt geschieht, ist wirklich nicht europäisch, das wissen wir alle. Aber wenn es eine Chance geben soll, das umzusetzen, wofür die Leute dort demonstrieren oder demonstriert haben, dann brauchen sie die Unterstützung der Europäischen Union und nicht ein Abbrechen all dieser Beziehungen. – Das dazu.
Noch einmal zurück zu dem, was wir wollen, und zwar auch in dem Sinn, was wir GRÜNEN wollen: Wir wollen einen Weg in Richtung Vereinigte Staaten von Europa mit mehr Demokratie in der EU, mit mehr sozialen Rechten und sozialen Möglichkeiten, aber auch mit mehr Ökologie. Und das ist – und jetzt komme ich zum Beginn meiner jetzigen Rede zurück – mit dem Budget, das jetzt beschlossen werden wird, wirklich nicht mach
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