Landtag,
33. Sitzung vom 24.06.2010, Wörtliches Protokoll -
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Tatsache ist, wie der Herr Klubvorsitzende richtig ausgeführt hat, dass
Wien eben die verfassungsrechtliche Sonderstellung hat, gleichzeitig Gemeinde
und Land zu sein und der Gemeinderat und der Landtag im gleichen Wahlgang
gewählt werden. Dadurch besteht eben nicht die rechtliche Möglichkeit – die ich
mir grundsätzlich theoretisch wünschen würde –, dass die EU-BürgerInnen auch
den Gemeinderat und Landtag in Wien mitwählen.
Das erinnert mich auch ein bisschen an die Debatte damals zum
Zuwandererwahlrecht, das wir auf Basis von sehr, sehr vielen Gutachten – die
positiv waren, das muss ich auch sagen – und deshalb sehr seriös beschlossen
haben. Der Verfassungsgerichtshof hat anders entschieden. Wir haben dieses
Erkenntnis voll akzeptiert, haben versucht, im Österreich-Konvent Vorschläge zu
machen, dass die Bundesverfassung geändert wird, aber davon ist die politische
Realität meilenweit entfernt.
Tatsache ist jedenfalls, dass wir das auf Basis unserer Rechtslage nicht
machen können, und das sollen irgendwann die Grünen
auch einsehen. Man kann nicht mit dem Kopf gegen die Wand rennen und sagen,
juristisch geht es zwar nicht, aber man soll es trotzdem machen.
Das Recht schützt im Wesentlichen die Schwächeren. Der Mächtige, der
Starke kann immer sagen, mir ist es wurscht, was im Gesetz steht, mit meinem
Geld werde ich es mir schon richten, aber die Schwächeren, die sind darauf
angewiesen, dass der Rechtsstaat funktioniert, dass die Rechtsordnung
funktioniert, dass die Verfassungsordnung eingehalten wird. Deshalb müssen wir
auch in dieser Frage so agieren, und ich halte das Verhalten der GRÜNEN wirklich für
verantwortungslos. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau StRin Dr Vana gemeldet.
Ich erteile ihr für drei Minuten Redezeit das Wort.
StRin Dr Monika Vana:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte tatsächlich berichtigen: Der Herr Kollege Stürzenbecher hat
gemeint, den Grünen wäre das
Verfassungsrecht egal. Ich möchte dagegen entschieden protestieren. Sie haben
offensichtlich unseren Antrag nicht gelesen, und der Antrag ist sehr eindeutig:
„Der Wiener Landtag fordert das zuständige Mitglied der Landesregierung auf,
unverzüglich die erforderlichen Schritte zu setzen, um das aktive und passive
Wahlrecht von in Wien lebenden BürgerInnen der Europäischen Union auch für den
Gemeinderat sicherzustellen." – Nicht mehr und nicht weniger.
Der Antrag kann auch eine Aufforderung an den Bundesgesetzgeber
beinhalten, die Bundesverfassung zu ändern. Das wäre ein notwendiger und
wesentlicher Schritt, und wenn Sie es wirklich ernst meinten damit, dass Sie
den EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern das Wahlrecht geben wollten, dann müssten Sie
das eigentlich tun, dann müssten Sie das längst getan haben. Es ist eigentlich
eine Demokratiefarce, die Sie hier veranstalten, und ich will dagegen wirklich
Einspruch erheben.
Das Recht zu wählen, ist ein Grundrecht, ein verfassungsrechtlich
gewährleistetes subjektives Grundrecht aller EU-BürgerInnen für Kommunalwahlen,
und ich halte es eigentlich für verantwortungslos, dass Sie behaupten, man
müsste diesem Recht nicht nachkommen, und sich hier auf fadenscheinige
juristische Argumentationen zurückziehen, um 100 000 BürgerInnen in
diesem Land ihr Wahlrecht zu verweigern. Das ist eigentlich sehr, sehr
beschämend. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Eine reine Information für die Sportfreunde, für die Anhänger des italienischen
Fußballs eine Hiobsbotschaft: Die Squadra Azzurra liegt 1:3 zurück. (Widerspruch
und Heiterkeit.) Da bin ich
einer Fehlinformation aufgesessen? Gut. Dann bleibt mir nur, dem Abg
Mag Jung das Wort zu erteilen. Bitte sehr.
Abg Mag Wolfgang Jung
(Klub der Wiener Freiheitlichen):
Danke, Herr Präsident!
Der Kollege Schreuder hat vorhin gesagt, wir sollen doch freundlich zu
allen sein. Ich stimme ihm zu. Wir sollen freundlich zu allen sein, aber wir
sollen ihnen auch sagen, welche Gesetze wir haben, und sagen, dass diese
Gesetze einzuhalten sind und wir darauf bestehen. Und das genau bezieht sich
zum Beispiel auf den von den Grünen
vorhin angesprochenen Fall Arigona. Hätte man von Anfang an unsere Gesetze so
vollzogen, wie sie eigentlich geschrieben sind, hätte sich diese Tragödie – und
für diese Familie ist es eine Tragödie, keine Frage – nicht abgespielt.
Ich verstehe ja, dass Einzelpersonen versuchen, alles auszunützen, was
nur geht, aber das geht nur, wenn die verantwortlichen Politiker in der
Regierung oben mitspielen. Jetzt ist es schwierig geworden, aber es ist
notwendig, die Gesetze zu vollziehen, damit das keine Beispielsfolgen für die
Zukunft hat. Wie gesagt, freundlich ja, aber was Gesetz ist, ist Gesetz und
wäre einzuhalten.
In dem Zusammenhang steht auch das, was heute von den GRÜNEN hier eingebracht wird zur
Frage des Wahlrechtes. Es stimmt ja nicht, dass das fadenscheinig ist, Frau
Kollegin Vana, das ist nicht fadenscheinig, das ist die bestehende Rechtslage.
Sie haben natürlich die Möglichkeit, eine Änderung dieser Rechtslage
einzufordern. Das stimmt auch, Sie haben nicht verlangt, dass die Verfassung
gebrochen wird. Das ist richtig, aber was ist eigentlich der Hintergrund dieses
heutigen Antrages, frage ich mich.
Wäre dieser Antrag erst heute eingebracht worden und
hätten Sie nicht schon vorher darüber gesprochen, dann würde ich sagen, das ist
ein Ablenkungsmanöver für das, was sich bei den Grünen zur Zeit abspielt. Wir haben heute ja nicht nur das
erfreuliche Ergebnis zur Marillenalm, wir haben heute auch gehört, dass sich
die Grünen im 6. Bezirk in
echte Grüne und in andere Grüne gespalten haben, und wir haben das gleiche
Beispiel vom 8. Bezirk vor Augen. Jetzt warte
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