Landtag,
26. Sitzung vom 25.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 61
gegenseitige Deckungsfähigkeit auf Bezirksebene geben
soll.
Kollege Lindenmayr! Wenn das aus dem Initiativantrag
herausgenommen wird, würden wir dieser Änderung sofort zustimmen! Die gegenseitige
Deckungsfähigkeit bedeutet jedoch nichts anders, als dass die Macht der
Bezirksvorsteher und Bezirksvorsteherinnen zunimmt und die Relevanz der
Bezirksvertretung abnimmt. Und diesem schleichenden Entdemokratisierungsprozess
wollen und werden wir nicht zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Als nächster Redner hat sich Abg Dr Tschirf zu Wort
gemeldet. – Bitte, Herr Klubvorsitzender.
Abg Dr Matthias Tschirf
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben es hier mit einer Änderung der
Stadtverfassung zu tun, und ich möchte in Erinnerung rufen, worum es geht: Es
gibt jetzt die Möglichkeit, dass Fraktionsvereinbarungen auch auf Bezirksebene
möglich sein sollen. Ich glaube, das ist gut. Jeder, der wie ich selbst einmal
einer Bezirksvertretung angehört hat, weiß, dass es durchaus sinnvoll ist,
diese Möglichkeit zu schaffen. Das gibt es auch in manchen Bezirken.
Zweitens wird der Budgetvollzug auf Gemeinde- und
Bezirksebene mit dem Stichwort „zulässige Deckungsfähigkeit“
verwaltungstechnisch vereinfacht. Weiters wird ein Notkompetenzrecht wie jenes
der Kollegialorgane Gemeinderat beziehungsweise Bezirke eingeführt. Wir haben
das genau geprüft, und es ist in Wirklichkeit die gleiche Regelung, wie wir sie
auch auf der Ebene der Stadtverfassung, also eine Ebene darüber, haben.
Nicht zuletzt wird das Gebrauchsabgabegesetz in einem
Punkt geändert: Bezirksvorsteher erhalten das Recht der Akteneinsicht, was
dringend angezeigt war. Die Bezirke wurden einmal am Anfang in
Genehmigungsverfahren eingebunden, der weitere Verwaltungsweg inklusive
Instanzenzug in allen Details war ihnen jedoch mehr oder weniger verschlossen.
Das wird nun durch das Akteneinsichtsrecht geändert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist dies ein
weiterer Schritt in Richtung Dezentralisierung, und diese ist für die
Volkspartei ein ganz wesentlicher Punkt. Wir sehen darin nicht eine Endstelle
oder sonst irgendetwas, sondern wir glauben, dass dieser Prozess weiter
fortgesetzt werden sollte. Wir bedauern, dass wir noch nicht mehr
Verfassungsänderungen zustande gebracht haben.
Abg Dr Günther hat davon gesprochen, dass
in der Zeit unserer Regierungsbeteiligung gar nichts weiter gegangen ist. –
Ich gestehe zu, dass das Wahlrecht sicherlich ein Punkt war, der weiter
gebracht werden sollen hätte! Wenn ich mir aber die Schaffung der
Minderheitsrechte betreffend Rechnungshof und Kontrollausschuss, hinsichtlich
der Möglichkeit der Einberufung von Gemeinderats- und Landtagssitzungen und vor
allem die erstmalige Schaffung der Möglichkeit, Untersuchungskommissionen zu
beschließen, ansehe, dann muss ich sagen: In dieser Zeit ist etwas
weitergegangen, wovon wir heute nur träumen können!
Ich möchte dazu noch
feststellen, dass es ein Thema gibt, das alle drei Oppositionsparteien zu Recht
immer wieder einfordern, nämlich das Wahlrecht. Ich wiederhole mich jetzt:
Überall dort, wo die SPÖ nicht in der Situation ist wie hier in Wien, fordert
sie ein möglichst proportionales Wahlrecht, nur in Wien nicht. Das ist ein Teil
der Vorgangsweise hier in Wien! Wir haben vorhin die Wahl einer Präsidentin des
Landtages erlebt. Im Parlament ist selbstverständlich, dass das Amt des
Präsidenten beziehungsweise der Präsidentin auf die verschiedenen Fraktionen
aufgeteilt ist. Und man kann sich anderswo auch nicht vorstellen, dass alle
Ausschussvorsitzenden und Ausschussvorsitzenden-Stellvertreter nur von einer
Partei gestellt werden. Das ist einfach nicht die Art von Parlamentarismus, wie
man ihn sich im Jahr 2009 vorstellt!
Meine Damen und Herren! Hier besteht Handlungsbedarf!
Ich kann Ihnen sicher sagen: Wenn es keine absolute Mehrheit in dieser Stadt
mehr gibt, dann wird das auch geändert werden, denn im 21. Jahrhundert kann
Demokratie in einem Parlament einfach nicht so vor sich gehen, wie wir es hier
erleben! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich bringe daher gemeinsam mit meinen Kollegen
Dr Wolfgang Ulm, Mag Maria Vassilakou, Claudia Smolik,
DDr Eduard Schock und Dr Helmut Günther einen Antrag betreffend mehr
Demokratie und für ein faires Wahlrecht in Wien ein. Unser Anliegen ist es,
dass das Proportionalitätsgebot tatsächlich umgesetzt wird. Es soll ein
entsprechendes Wahlrecht geschaffen werden, und diesbezüglich lautet auch unser
Beschlussantrag. – Es sollte endlich ein faires Wahlrecht sein, denn es
kann nicht sein, dass eine Minderheit über eine Mehrheit herrscht! (Beifall
bei der ÖVP.)
Dem vorliegenden Stück stimmen wir zu. (Beifall
bei der ÖVP.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächster
Redner ist Herr Abg Lindenmayr zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr
Klubvorsitzender.
Abg Siegi Lindenmayr (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Beginnen wir mit dem eigentlichen Poststück. Voriges
Jahr wurde vom KDZ im Rahmen der Evaluierung der Dezentralisierung eine Studie
erstellt, und das Thema wird uns in den nächsten Wochen und Monaten hier mit
Beschlüssen noch beschäftigen.
Wir haben es jetzt mit dem Abschluss zu tun. Kollege
Ekkamp hat das ausführlich vorgetragen. Gestern haben wir die
Bezirksmittelverordnung beschlossen, und heute beschließen wir den
Initiativantrag, den die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP eingebracht hat.
Derzeit ist in den Bezirken die Geschäftsordnung der
Bezirksvertretungen in Begutachtung. Auch hier wird es Änderungen geben.
Insgesamt sind davon sechs Gesetzesmaterien betroffen. Das kann man nicht
einfach so abtun. Man kann jetzt nicht sagen, dass sich hier gar nichts getan hat!
Einige Punkte haben meine
Vorredner schon
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