Landtag,
26. Sitzung vom 25.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 61
schon die Vorbereitung für eine Koalition zwischen
SPÖ und ÖVP darstellen? Ganz sicher bin ich mir nämlich, dass es nach dieser
Wahl – wann immer sie stattfinden wird –keine absolute Mehrheit
dieser SPÖ geben wird! (Beifall bei der
FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Als nächster Redner hat sich Abg Dipl-Ing Margulies zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte gleich zu Beginn
eine kurze Bemerkung zur Änderung der Wahlordnung machen, die eigentlich eine
demokratische Selbstverständlichkeit sein sollte: Auf allen Ebenen, wo die
Sozialdemokratie gegenwärtig nicht Mehrheitspartei ist, fordert sie mit
derselben Selbstverständlichkeit wie wir hier ein Verhältniswahlrecht ein,
welches die abgegebenen Stimmen in den realen Mandatszahlen abbildet.
Nichts weniger als das, was die Sozialdemokratie
überall dort, wo sie in Opposition ist, einfordert, wollen wir hier umgesetzt
sehen! Wir wollen gar nicht mehr, nur das: Ein Verhältniswahlrecht, das die
Mandatszahlen widerspiegelt. Und wenn am Ende beim letzten oder vorletzten zu
verteilenden Mandat ein Überhang für Sie herauskommt, sei es Ihnen geschenkt!
Damit haben wir kein Problem. Aber ein Überhang von fünf Mandaten bewirkt doch
eine Verzerrung des Wahlergebnisses um bis zu 10 Prozent. Und das akzeptieren
Sie zu Recht in anderen Gebietskörperschaften nicht beziehungsweise wollen es nicht
akzeptieren. Also akzeptieren Sie es auch nicht hier im Wiener Rathaus! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich komme jetzt zur vorliegenden Änderung der
Stadtverfassung und des Gebrauchsabgabengesetzes, welche mehr als Ergebnis der
KDZ-Studie und deren Evaluierung als der gemeinsamen Arbeitsgruppe zur Änderung
der Stadtverfassung zustandegekommen ist. Das muss man vorweg betonen. Daher
erscheint es auch relativ leicht, den Teilen, welche die eine oder andere
kleine Verbesserung für die Bezirke bringt, zuzustimmen. Dennoch gibt es einen
Wermutstropfen, der uns die Zustimmung zu diesem Gesetz nicht ermöglicht, und
darauf möchte ich näher eingehen.
Vorweg noch zur Änderung des
Gebrauchsabgabengesetzes: Es ist ein Vorteil, dass den Bezirksvorstehern und
Bezirksvorsteherinnen betreffend die Errichtung von Schanigärten während des
laufenden Verfahrens Akteneinsicht gewährt wird. Das ist zwar kein
weltbewegender Vorteil für die Bezirke, denn Mitspracherecht haben die
Bezirksvorsteher trotzdem nicht, aber immerhin gibt es die Akteneinsicht.
Es ist auch ein Vorteil, dass eine Möglichkeit von
Fraktionsvereinbarungen bezüglich mancher Teile der Geschäftsordnung auf
Bezirksebene gegeben sein soll. Das wäre wahrscheinlich auch anders zu regeln
gewesen als über eine Änderung der Stadtverfassung.
Es gibt aber einen Punkt, der bislang anscheinend
keiner der beiden anderen Oppositionsparteien und möglicherweise auch Ihnen
überhaupt noch nicht aufgefallen ist. Was bedeutet es, wenn ganz klein in dem
Gesetz steht, dass auf Bezirksebene die Möglichkeit geschaffen werden soll, die
gegenseitige Deckungsfähigkeit zu ermöglichen? – Das wurde bislang immer
bestritten. Das bedeutet aber nichts anderes als eine enorme Machtverschiebung
zu den Bezirksvorstehern und Bezirksvorsteherinnen, weil immer dann, wenn bei
der Budgetdiskussion im November die gegenseitige Deckungsfähigkeit welcher
Posten auch immer beschlossen wird – und darüber haben wir überhaupt nicht
gesprochen – de facto der Bezirksvorsteher oder die Bezirksvorsteherin
allein enorme Überschreitungen genehmigen kann.
Schauen wir uns einmal an, wie sich die Summen
entwickelt haben, für welche die Bezirksvertretung, der Finanzausschuss und der
Bezirksvorsteher zuständig sind: Da gibt es den immer wieder zitierten
Wert-Paragraph 88 Abs 1 lit e. Dieser Wert lag, abhängig von den
Ertragsanteilen, vor ungefähr fünf Jahren, wenn mich nicht alles täuscht, bei
140 000 Eur. Heute beträgt
dieser Wert, der die Basis für alle Entscheidungsgrenzen innerhalb des Bezirks
darstellt, 300 000 Eur.
Und was bedeutet die gegenseitige
Deckungsfähigkeit? – Ich bringe ein Beispiel: Wenn die Information des
Bezirkes mit der Straßenreinigung gegenseitig deckungsfähig ist, bedeutet das
nichts anderes, als dass der Bezirksvorsteher, sofern irgendwo noch Geld
vorhanden ist, 100 000 Eur
in die Hand nehmen kann – das ist nämlich weniger als 35 Prozent gemäß §
88 Abs 1 lit e – und diese ohne irgendeinen Beschluss weder im
Finanzausschuss noch in der Bezirksvertretung ausgeben darf und sagen kann: Das
ist im Bereich Straßenbau, Kindergarten oder wo auch immer bedeckt.
Ich weiß, warum das verschwiegen wurde. Es wurde oft
gesagt: Es kommt ja kaum zu Verschiebungen. Im Gegenteil! Der Bezirksvorsteher
beziehungsweise die Bezirksvorsteherin bekommt überhaupt nicht mehr
Kompetenzen, sondern einzig zum Finanzausschuss wandert etwas durch die
Anhebung der Grenze 70 Prozent auf 100 Prozent im Bereich der Zuständigkeit.
Stimmt! Vergessen wurde aber, dass sich der
Wert-Paragraph 88 Abs 1 lit e innerhalb der letzten fünf Jahre
mehr als verdoppelt hat. Und wenn man sich die Bezirksbudgets ansieht, dann
erkennt man, dass dieser Wert keine relevante Größe mehr ist und dass die
Bezirksvorsteher, ohne sich mit irgendjemandem anderen zu beschäftigen, einfach
Geld ausgeben können. Und wir halten es für falsch, in einer Zeit, in der es
gerade auf Bezirksebene darum geht, ein Mehr an Demokratie zu ermöglichen,
durch diese Änderung eine Art regionales Fürstentum zu schaffen und damit den
Bezirksvertretungen selbst die Möglichkeit der Mitsprache und der Bevölkerung
die Teilhabe langfristig zu verwehren. Das dient einzig und allein dazu, den
Bezirksvorstehern und Bezirksvorsteherinnen ihre kleinen Kaiserreiche zu
sichern.
Das ist eine falsche Politik! Und
ich finde es traurig, dass Ihrerseits kein einziges Mal offen ausgesprochen
wurde, dass das der Grund ist, warum es eine
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