Landtag,
26. Sitzung vom 25.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 61
Prinzip „Teile und herrsche." ungebührlich
ausbauen, dass die Versorgungsqualität leidet und die Forschung mangelhaft ist.
Mit dem Ergebnis von 1,7 Impact-Punkten –
so wird Forschung gemessen – schneidet die MUW unterdurchschnittlich ab,
und die Produktivität pro wissenschaftlichem Mitarbeiter ist mit 1,
1,4 Publikationen sehr gering. Die Ärzte und Ärztinnen leisten
Hervorragendes, aber sie sind zwischen ihren Aufgaben zerrissen. Sie haben im
Versorgungsauftrag der Stadt zu wirken, und sie müssen Zeit finden zu forschen.
Beides ist für viele schier unmöglich. Man beschwert sich auf der einen Seite,
dass sie zuwenig publizieren, überlagert sie aber auf der anderen Seite mit
Versorgungsaufgaben, die in einer Universitätsklinik, damit man für die
Forschung ausreichend arbeiten kann, überhaupt nicht notwendig wären.
Es ist hoch an der Zeit, dass man endlich Klarheit
betreffend den Versorgungsauftrag und die Forschung schafft. Die Verhandlungen über
die Betriebsführungsgesellschaft, bei der man unter einem Dach endlich klare,
effiziente Strukturen im Sinne der Patienten schaffen könnte, sind seit Jahren
unerledigt, und zwar offensichtlich auch deshalb, weil die Gemeinde Wien sich
sagt: So lange wir es uns finanziell nicht verschlechtern, tun wir lieber
nichts und warten auf Kosten der Patienten und Patientinnen.
Frau Stadträtin! Ich fordere Sie auf! Schaffen Sie
Klarheit! Ermöglichen Sie der Universität, ihre Aufgaben zu erfüllen, und
sorgen Sie für Versorgungsstrukturen, die nicht auf Kosten der Forschung gehen!
Abschließend möchte ich zum Thema Pflege einen
Beschluss- und Resolutionsantrag einbringen, der sich ein weiteres Mal mit dem
Wiener Pflegeanwalt beschäftigt. Die Kritik, die wir an Herrn Prof Brustbauer
seit vielen Jahren äußern, brauche ich hier nicht zu wiederholen. Ich will,
dass wir hier in Zukunft Strukturen haben, die objektive Besetzungen
ermöglichen und Qualität sichern. Es sollen sich nicht nur einige wenige nach
unnachvollziehbaren Kriterien ein Bild machen können, wer für einen Job gut
geeignet ist, sondern diese Beurteilung soll in einem öffentlichen Hearing und
im Gesundheitsausschuss nach nachvollziehbaren Kriterien getroffen werden.
Eine letzte Äußerung: Frau Stadträtin! Sie waren
nicht dabei, aber Sie hätten dabei sein sollen, als Herr Prof Brustbauer im
Rahmen einer sehr interessanten Exkursion in die Geriatriezentren seinen
Bericht zur Heimkommission vorgestellt hat.
Nachdem er berichtet hatte, was alles geschehen ist,
hat er mitgeteilt, dass er eine neue Zielgruppe definiert hat, die versorgt
werden muss, nämlich die gehörlosen alten Menschen. Dann hat er gesagt –
und wir konnten unseren Ohren kaum trauen! –, dass es sich hiebei um alte
Menschen handelt, die in der Taubstummensprache reden, sofern man das überhaupt
als eine Sprache bezeichnen kann. Er fügte hinzu, dass er wisse, dass diese
Menschen nicht mit den anderen Menschen, die nicht taubstumm sind, zusammen
sein wollen, sondern dass sie lieber unter sich bleiben wollen.
Das ist ein Einblick in Abgründe! Es wäre noch
einzusehen, wenn das jemand sagt, der sich mit diesen Dingen nicht beschäftigt.
Meine geschätzten Damen und Herren! Das hat jedoch der Pflege- und
Patientenanwalt dieser Stadt gesagt, der offensichtlich die primitivsten
Voraussetzungen für eine respektvolle, wertschätzende und vor allem zeitgemäße
Zugangsweise zu wichtigen Zielgruppen verschlafen hat oder nicht wahrnehmen
will! Wenn jemand heute sagt, dass man die Taubstummensprache eigentlich gar nicht
als Sprache bezeichnen muss, dann zeigt das, dass er seinem Amt nicht gewachsen
ist!
Wie Sie sicherlich den Medien entnommen haben, wird
die Präsidentin des Gehörlosenbundes, Frau Helene Jarmer, künftig für die Grünen im Nationalrat sitzen, nachdem
Ulrike Lunacek ins Europäische Parlament wechselt. Und ich werde Frau
Abgeordnete Jarmer bitten, den Herrn Pflege- und Patientenanwalt Brustbauer zu
besuchen. Dann wird er einmal sehen, wie es ist, wenn man meint, Menschen
abqualifizieren zu können, weil sie eh unter sich bleiben wollen. Er wird sich
einer streitbaren, gescheiten, akademisch gebildeten gehörlosen Frau gegenüber
finden, und er wird sich schwer tun, deren Sprache, die Taubstummensprache,
abzuqualifizieren. Und wenn er es weiterhin tut, dann wird das Konsequenzen
haben.
Damit künftig derlei Besetzungen nicht mehr möglich
sind, werden wir nicht darauf verzichten einzufordern, dass man sich nicht in
Hinterzimmern der Macht und nach Kriterien, die bis heute unnachvollziehbar
sind, ausmacht, wie Besetzungen vorzunehmen sind, auf die wir alle miteinander
nicht stolz sein können. Ich bringe daher einen entsprechenden Beschlussantrag
ein:
„Der Landtag wolle beschließen, das zuständige
Mitglied der Landesregierung möge einen Gesetzesentwurf vorlegen, der § 4
des Gesetzes über die Wiener Pflegepatientinnen- und -patientenanwaltschaft
abändert. Analog zu § 10 Abs 3 des Wiener Jugendwohlfahrtsgesetzes
1990 soll die Ausschreibung der Funktion verbunden sein mit einer öffentlichen
Anhörung der BewerberInnen. Außerdem soll gesetzlich festgelegt werden, dass im
Ausschuss für Gesundheit und Soziales ein Vorschlag mit sechs Kandidaten und
Kandidatinnen erstellt wird.“
Wenn Sie diesem Antrag folgen, wozu ich Sie im Lichte
der Entgleisungen des Herrn Prof Brustbauer dringend auffordere, können wir
voraussichtlich auf unsere Patienten- und Pflegeanwälte stolz sein! (Beifall bei den Grünen.)
Präsident Heinz Hufnagl:
Nun ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die
Berichterstatterin hat das Schlusswort. – Bitte, Frau Stadträtin.
Berichterstatterin Amtsf
StRin Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich habe es schon gesagt: Die 15a-Vereinbarung ist
ein Nachvollziehen der Realität, die schon stattfindet.
Es ist dies in Wien nur ein ganz
kleiner Teil der Versorgung. Gerade die ambulante Versorgung ist in Wien so
vielfältig wie in keinem anderen Bundesland, und
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