2. Wien als Gebietskörperschaft

2.4 Organe des Landes Wien

Der Wiener Gemeinderat nimmt auch die Funktion des Landtages wahr. Der Stadtsenat ist in seiner Funktion als Landesregierung oberstes Organ der Landesvollziehung. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister übt die Funktion der Landeshauptfrau beziehungsweise des Landeshauptmanns, der Magistrat jene des Amtes der Wiener Landesregierung aus.

Landtag

Der Landtag ist das Gesetzgebungsorgan des Bundeslandes Wien: "Der Gemeinderat der Stadt Wien ist auch Landtag für Wien. Die vom Gemeinderat eingerichteten Ausschüsse und Kommissionen sind auch Ausschüsse und Kommissionen des Landtages", lautet die zentrale, den Landtag betreffende Bestimmung der Wiener Stadtverfassung (§ 113 Absatz 1 WStV). Aus dieser Identität ergibt sich auch, dass die Wahlperiode des Landtages jener des Gemeinderates entspricht.

Im Gegensatz zu den Sitzungen des Gemeinderates werden die Sitzungen des Landtages von der (ersten) Landtagspräsidentin oder vom (ersten) Landtagspräsidenten einberufen (derzeit werden nach der Geschäftsordnung des Landtages 3 Präsidentinnen oder Präsidenten gewählt). Im Landtag sind schriftliche und mündliche Anfragen sowie dringliche Initiativen möglich. Gesetzesvorlagen werden durch das zuständige Mitglied der Landesregierung in die Landesregierung eingebracht und von dieser nach Vorberatung der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages übermittelt. Gesetzesvorlagen können auch als Initiativanträge von Mitgliedern des Landtages eingebracht werden. Solche Initiativanträge bedürfen der Unterstützung von 5 Landtagsabgeordneten einschließlich der Antragstellerin beziehungsweise des Antragstellers und sind der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages zu übermitteln. Bei Gesetzesbeschlüssen gibt es 2 Lesungen, die jedoch zusammengelegt werden können.

Zu einem Landesgesetz ist der Beschluss des Landtages, die Beurkundung durch die Landeshauptfrau oder den Landeshauptmann, die Gegenzeichnung durch die Landesamtsdirektorin oder den Landesamtsdirektor und die Kundmachung im "Landesgesetzblatt für Wien" erforderlich.

Die Mitwirkung des Bundes an der Landesgesetzgebung richtet sich nach den einschlägigen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen (Art. 97 Abs. 2 B-VG; §§ 9 und 14 F-VG). So ist beispielsweise dann, wenn ein Landesgesetz bei der Vollziehung die Mitwirkung von Bundesorganen vorsieht, die Zustimmung der Bundesregierung einzuholen (Art. 97 Abs. 2 B-VG). Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Bundesregierung nicht innerhalb von 8 Wochen mitgeteilt hat, dass die Mitwirkung der Bundesorgane verweigert wird. Vor Ablauf dieser Frist darf die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses nur erfolgen, wenn die Bundesregierung ausdrücklich zugestimmt hat.

Landesregierung

Der Stadtsenat ist zugleich die Wiener Landesregierung. Die Landesregierung ist oberstes Organ der Vollziehung des Landes und ein Kollegialorgan. Wien hat von der Möglichkeit, das "monokratische Prinzip" auf Landesebene einzuführen (= den Mitgliedern der Landesregierung eigene Aufgabenbereiche zuzuweisen), nicht Gebrauch gemacht. Allerdings wurden mit der Delegierungsverordnung gleichartige, häufig vorkommende Angelegenheiten und Gegenstände von geringerer Bedeutung dem Amt der Wiener Landesregierung zur Erledigung im Namen der Landesregierung überlassen.

Die Aufgaben der Landesregierung ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen des Bundes und des Landes Wien.

Amt der Wiener Landesregierung

Der Magistrat übt auch die Funktion des Amtes der Landesregierung aus. Die Magistratsdirektorin oder der Magistratsdirektor ist Landesamtsdirektorin beziehungsweise Landesamtsdirektor. Das Amt der Landesregierung ist Hilfsorgan der Landeshauptfrau oder des Landeshauptmanns und der Landesregierung.

Sonstige Landesorgane

Verwaltungsgericht Wien

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, wurde unter anderem die Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz beschlossen. Danach gibt es ab 1. Jänner 2014 für jedes Land ein Verwaltungsgericht erster Instanz und für den Bund zwei Verwaltungsgerichte erster Instanz (Bundesverwaltungsgericht und Bundesfinanzgericht). Mit der einzigen Ausnahme betreffend die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, die gesetzlich ausgeschlossen werden kann, bedeutet dies die Abschaffung des bisherigen administrativen Instanzenzuges in der staatlichen Verwaltung und stattdessen die gleichzeitige Schaffung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsgerichte erster Instanz - Verwaltungsgerichtshof). Es ist damit zu einem grundsätzlichen Systemwechsel im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzes gekommen.

Auf Basis der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben erfolgt durch das (Landes-Gesetz über das Verwaltungsgericht Wien die konkrete Einrichtung eines solchen Verwaltungsgerichtes erster Instanz im Land Wien. Darüber hinaus enthält dieses Gesetz beispielsweise Regelungen über die Ernennung der Landesverwaltungsrichterinnen und -richter sowie der Landesrechtspflegerinnen und -rechtspfleger, über die Organe des Gerichts (Vollversammlung, Personal-, Geschäftsverteilungsausschuss) sowie über die Geschäftsordnung und die Geschäftsverteilung.

Die Verwaltungsgerichte entscheiden insbesondere über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde, gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sowie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde. Durch Bundes- oder Landesgesetz können auch gewisse weitere Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte vorgesehen werden (Art. 130 Abs. 2 B-VG).

Wiener Umweltanwaltschaft

Die nach dem Wiener Umweltschutzgesetz beim Amt der Wiener Landesregierung eingerichtete Wiener Umweltanwaltschaft (WUA) besteht aus der Umweltanwältin oder dem Umweltanwalt und dem erforderlichen Personal. Der Aufgabenkatalog der WUA umfasst unter anderem die Teilnahme an den Umweltschutz betreffenden Verwaltungsverfahren als Partei sowie die Begutachtung gewisser Gesetzes- und Verordnungsentwürfe, die für den Umweltschutz von wesentlicher Bedeutung sind. Die Umweltanwältin oder der Umweltanwalt ist bei der Besorgung ihrer oder seiner Aufgaben an keine Weisungen gebunden.

Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft

Mit dem Gesetz über die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft wurde zur Wahrung und Sicherung der Rechte und Interessen von Personen in allen Angelegenheiten des Gesundheitswesens und Pflegebereiches in Wien beim Amt der Wiener Landesregierung die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft eingerichtet. Sie behandelt Beschwerden, klärt Mängel und Missstände auf und gibt Empfehlungen ab. Die Leitung der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft ist in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig und weisungsfrei.

Kinder- und Jugendanwaltschaft

Nach dem Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 ist zur besonderen Wahrung der Interessen von Kindern und Jugendlichen beim Amt der Wiener Landesregierung eine Kinder- und Jugendanwaltschaft einzurichten. Die Kinder- und Jugendanwältin und der Kinder- und Jugendanwalt sind bei der Besorgung ihrer Aufgaben an keine Weisungen gebunden.

Externe Meldestelle des Landes Wien für EU-Rechtsverstöße

Die EU-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden („EU-Whistleblowing-Richtlinie“), wurde in Wien mit dem Wiener Hinweisgeberinnen- und Hinweisgeber-Schutzgesetz (W-HSchG) umgesetzt.

 Das genannte Gesetz sieht unter anderem die Einrichtung einer externen Meldestelle vor, die insbesondere folgende Aufgaben zu erfüllen hat:

  • die Entgegennahme und Überprüfung von Hinweisen auf Rechtsverletzungen in den in § 3 W-HSchG genannten Bereichen, soweit diese in die Gesetzgebungskompetenz des Landes Wien fallen,

  • die Gewährleistung des Schutzes der Identität von Hinweisgeber*innen sowie der von einem Hinweis betroffenen Personen und

  • die Bereitstellung von Informationen im Sinne des § 21 W-HSchG .

Die Leitung der externen Meldestelle des Landes Wien für EU-Rechtsverstöße wird von der Wiener Landesregierung für die Dauer von 5 Jahren bestellt und ist in Ausübung ihres Amtes unabhängig sowie an keine Weisungen gebunden.