6.2 Holzernte
Arbeitssystem und Arbeitsverfahren
Bei der Holzernte werden Bäume gefällt, entastet, abgelängt und vom Ort der Fällung zur Forststraße gerückt.
Für die Holzernte werden verschiedene Kombinationen aus Ernte- und Transporttechnologien („Arbeitssysteme“) eingesetzt und das Holz in unterschiedlichem Zustand zum Lagerort gerückt („Arbeitsverfahren“).
Arbeitssysteme werden anhand ihres Mechanisierungsgrades in nichtmechanisierte (z. B. Handsäge und Pferd) teilmechanisierte (z. B. Motorsäge und Traktor mit Winde), hochmechanisierte (z. B. Motorsäge und Seilgerät mit Prozessor) und vollmechanisierte Systeme (z. B. Harvester und Forwarder) untergliedert.
Die Ernte wird üblicherweise mit bodengestützten Technologien, wie zum Beispiel Motorsägen oder Harvestern, durchgeführt. Letztere werden auch als Holzvollernter bezeichnet, da sie mit dem am Ende ihres Kranarms
montierten Erntekopf Bäume fällen, entasten und ablängen können. Der Einsatzbereich von Maschinen wird dabei
vor allem von der Hangneigung begrenzt.
Für die Rückung werden boden-, seil- oder luftfahrzeuggestützte Technologien eingesetzt. Während der Einsatzbereich von bodengestützten Systemen von der Hangneigung begrenzt ist, können seil- und luftfahrzeuggestützte Technologien unabhängig davon eingesetzt werden.
Zu den bodengestützten Rücketechnologien zählen landwirtschaftliche Schlepper, Forstspezialschlepper und Forwarder:
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Landwirtschaftliche Schlepper werden für die Holzrückung üblicherweise mit Rückezangen, Aufbau- oder Anbauwinden ausgerüstet oder werden in Kombination mit Krananhängern eingesetzt.
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Forstspezialschlepper unterscheiden sich von landwirtschaftlichen Schleppern insbesondere durch eine vorteilhaftere Gewichtsverteilung, besondere Wendigkeit und Geländegängigkeit dank Knicklenkung und Allradantrieb sowie hohe Windenzugekraft. Für die Rückung können sie mit Seilwinden, Rückezange oder Kran ausgestattet sein.
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Im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Schleppern und Forstspezialschleppern, bei denen die Rückung zumindest im teilweisen Bodenzug erfolgt, heben Forwarder die Last aus dem Bestand und transportieren sie in einem Rungenkorb auf dem Rücken der Maschine. Für die Rückung von ganzen Stämmen (z. B. Überhälter aus der Naturverjüngung) können sie zu Klemmbankschleppern umgerüstet werden.
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Andere Arten der bodengestützten Rückung, wie etwa händische Lieferung , Kleinwinden oder Pferderückung spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Bei seilgestützten Systemen wird die Last mithilfe eines auf einem Seiltragwerk bewegten Fahrzeugs – dem Laufwagen – freischwebend oder kopfhoch aus dem Bestand gerückt. Für die Seilrückung werden mobile Seilgeräte (Schlittenwinden), Mastseilgeräte oder selbstfahrende Laufwagen eingesetzt. Die Rückung kann bergauf, bergab oder auch horizontal erfolgen.
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Bei Seilgeräten wird der Laufwagen mit einem Seil auf dem Tragseil oder ein Gehänge in einer Seilschleife bewegt. Zu diesem Zweck wird das Tragseil üblicherweise zwischen zwei Bäumen gespannt. Für das Bewegen des Laufwagens können Schlittenwinden oder traktormontierte Kleinseilgeräte eingesetzt werden.
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Bei Mastseilgeräten handelt es sich um auf ein Trägerfahrzeug (Traktor, Anhänger, Lastkraftwagen) auf- oder angebaute Seilgeräte mit integriertem Mast, der für den Transport umgelegt und/oder eingezogen werden kann und in der Arbeitsstellung fixiert wird. Den höchsten Grad der Mechanisierung im Seilgelände stellen dabei sogenannte integrierte Mastseilgeräte dar. Sie sind zusätzlich mit Kran und Prozessorkopf ausgestattet, der es erlaubt Bäume zu entasten, abzulängen und die Sortimente zu manipulieren.
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Selbstfahrende Laufwagen besitzen einen integrierten Antrieb und sind daher für die Bewegung entlang des Tragseils und das Fördern der Last nicht auf einen externen Antrieb angewiesen.
Luftfahrzeuggestützte Systeme (Helikopter) werden aufgrund der hohen Rückekosten nur in Ausnahmefällen
(z. B. phytosanitäre Gefahrenlage) für die Rückung in anderweitig unzugänglichem Gelände eingesetzt.
Das Arbeitsverfahren bezeichnet den technologischen Weg, auf dem das Arbeitsergebnis erreicht wird. Das Unterscheidungskriterium hierbei ist der Zustand des Baumes während der Rückung. Grundsätzlich werden drei Arbeitsverfahren unterschieden:
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Baumverfahren : Dabei wird der Baum gefällt, allenfalls abgezopft, in diesem Zustand gerückt und erst danach entastet und abgelängt.
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Stammverfahren : Hier wird der Baum gefällt, abgezopft und grob entastet, bevor er gerückt wird. Im Anschluss erfolgen die Restentastung und das Ablängen.
Sortimentsverfahren : Hierbei wird der Baum am Fällort abgezopft, entastet und abgelängt und in Form von Sortimenten gerückt wird.
Bei der Auswahl eines Arbeitssystems und Arbeitsverfahrens fließen technische, ökologische, wirtschaftliche und soziale Beurteilungskriterien ein.
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Technische Realisierbarkeit : Die technische Eignung hängt von den Einsatzgrenzen des Arbeitssystems hinsichtlich Mobilität (Hangneigung, Bodentragfähigkeit und Bodenrauhheit) und Kompatibilität mit Bestand und Feinerschließungsystem (z. B. maximale Bearbeitungsdimension, Kranreichweite) ab.
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Wirtschaftlichkeit : Hier gilt das sogenannte „Stückmasse-Gesetz“ – der Zeitaufwand pro Festmeter nimmt mit zunehmender Stückmasse des Baumes ab. Die Erntekosten pro Festmeter hängen von der Produktivität des Arbeitssystems und seinen Systemkosten ab. Je höher der Grad der Mechanisierung eines Arbeitssystems, desto höher seine Produktivität, aber auch seine Systemkosten. Die Holzerntekosten werden auch von der Erntemenge beeinflusst. Je größer die Erntemenge an einem Ort, desto weniger Rolle spielen die Überstellungskosten der Maschine.
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Umweltverträglichkeit : Das Ausmaß der bei der Holzernte auftretenden Boden- und Bestandesschäden hängt vornehmlich vom Arbeitsystem, dem Zeitpunkt der Holzernte, dem Arbeitsverfahren, der Rückerichtung und der Schlagordnung ab.
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Sozialverträglichkeit : Je höher der Mechanisierungsgrad, desto geringer die Unfallrate bei der Holzernte bzw. desto höher die Arbeitssicherheit.
Bodenschäden bei der Holzernte
Der Waldboden steht mit den darauf stockenden Bäumen in vielfacher Interaktion und dient ihnen als Fundament, Wasser- und Nährstoffquelle. Tagtäglich verdunsten Bäume große Mengen an Wasser, die vom Boden im Rahmen seiner Speicherfunktion auch in Trockenperioden zur Verfügung gestellt werden müssen. Über ihre Wurzeln versorgen sich die Bäume mit mineralischen Nährstoffen. Dabei verwittern sie mittels Ausscheidungen der Wurzeln
das Gestein und lockern den Boden durch ihr Wurzelwachstum auf. Gemeinsam mit den im Boden lebenden Makro- und Mikroorganismen bilden sie eine artenreiche Lebensgemeinschaft. Im Rahmen ihres Stoffwechsels wandeln die Bodenlebewesen die in Blatt- und Nadelstreu gebundene Nährstoffe wieder in pflanzenverfügbare Formen um und schließen so den Nährstoffkreislauf. Um eine adäquate Funktion des Wasser- und Nährstoffkreislaufes und einen sicheren Stand zu gewährleisten, muss der Boden bestimmte Anforderungen erfüllen: So ist ein eng vernetztes, von der Bodenoberfläche bis in den Wurzelraum der Bäume reichendes System an luftgefüllten Poren notwendig, um die Wurzeln ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen und den Gasaustausch mit der Erdoberfläche zu ermöglichen. Als stabiles Fundament darf der Boden weder zu dicht gelagert noch zu weich sein; kann er im ersten Fall von den Wurzeln nicht ausreichend durchdrungen und so kein stabilisierendes Wurzelsystem ausgebildet werden, vermag er im zweiten Fall die auf die Baumkronen einwirkenden Windkräfte nicht aufzunehmen.
Der Nutzen von Waldböden beschränkt sich aber nicht nur auf die auf ihm stockenden Bäume: So vermindern sie den Ausstoß von Treibhausgase in die Atmosphäre durch Speicherung von Kohlenstoff und durch die Aufnahme von Methan. Darüber hinaus regulieren sie den Wasserhaushalt und tragen über ihre Puffer- und Filterfunktion, bei guter Strukturierung von Boden und Streuauflage, entscheidend zur Vermeidung von Hochwasser, Oberflächenabflüssen – und somit Erosion – sowie der Versorgung mit sauberem Trinkwasser bei. Veränderte Umweltbedingungen
(z. B. saurer Regen), aber auch mit der Forstwirtschaft zusammenhängende Gefährdungen erschweren es den Waldböden, ihre Funktionen optimal auszuüben. Dazu zählen vor allem die Verformung der Böden und die Unterbrechung der Nährstoffkreisläufe durch überhöhte Biomassenutzung.
Durch die Befahrung mit Holzerntemaschinen kann es zu massiven Störungen des Wasser- und Lufthaushalts im Boden kommen. Sobald die Eigenstabilität des Bodens durch das Bearbeiten und Bewegen schwerer Lasten auf ihm überschritten wird, kommt es zur Verformung des Bodens. Bei der Befahrung wird der Boden durch den nach unten wirkenden Druck verdichtet, was zu einer Reduktion des Bodenporenraums führt. Zusätzlich wird dessen Anbindung an die Bodenoberfläche durch parallel zur Bodenoberfläche wirkende Scherkräfte verschlechtert. Dies hat zu Folge, dass ein Gasaustausch zwischen Bodenluft und Atmosphäre nur mehr eingeschränkt möglich ist und Wasser nicht mehr im vorherigen Maß aufgenommen werden und versickern kann. Infolgedessen verschlechtert sich die Eignung des Bodens als Lebensraum für Bodenorganismen und Wurzeln, was sich in einer Reduktion der Feinwurzeldichte und Durchwurzelungstiefe sowie reduziertem Baumwachstum, -vitalität (erhöhte Schadensdisposition und längere Regenerationsphasen bei längeren Trocken- und Nassperioden) und -stabilität niederschlägt. Darüber hinaus stellen verdichtete Böden ein schlechteres Keimbett dar. Schlussendlich können Niederschläge weniger gut gepuffert werden und der erhöhte Oberflächenabfluss kann zu Erosion und Hochwasser führen.
Welche Auswirkungen die Befahrung eines gegebenen Waldbodens hat, hängt von einer Reihe an Einflussfaktoren ab: So bestimmen Bodenart, Humusgehalt, Skelettanteil und Niederschlagsverteilung die potenzielle bzw. aktuelle Verdichtungsempfindlichkeit des Bodens. Von dieser hängt in der Folge ab, welche Fahrzeuge zur Holzernte eingesetzt werden können, ohne den dauerhaften Erhalt der forsttechnischen Befahrbarkeit der Rückegasse zu gefährden. Die Erhaltung der forsttechnischen Befahrbarkeit zielt auf die Erhaltung der Bodentragfähigkeit sowie die Vermeidung von Grundbruch (viskoplastische Bodenverformung), sekundärer Vernässung und Erosion ab. Damit soll gewährleistet werden, dass die Funktion des Bodens als Widerlager gegenüber den einwirkenden Maschinenkräften erhalten und keine Sanierung des Bodens notwendig wird.
Bei der Befahrung von Waldböden mit Holzerntemaschinen treten Druck- und Scherbelastungen auf. Die Druckbelastungen resultieren aus der Masse der Maschine und können bei Überlastung der Festigkeit des Bodens im schlimmsten Fall zu dessen Versagen und Einsinken der Maschine führen. Die Scherbelastungen entstehen bei der Fortbewegung der Maschine und der Anhängelasten. Je nach Fortbewegungsrichtung und Maschinenkonfiguration müssen dabei Roll-, Steig- und Anhängelastwiderstände überwunden werden. Bei Fahrten im Gelände tritt immer etwas Schlupf auf. In günstigen Fällen liegt dieser bei maximal 20 % bis 25 %. In diesem Bereich kann die daraus resultierenden Belastung vom Boden noch elastisch aufgenommen werden. Darüber hinaus kommt es dann zur Entfernung und Verlagerung von Bodenmaterial. Bei 100 % Schlupf kommt es zum Komplettverlust der Reibung und einem Durchdrehen der Räder oder Raupen.
Die Verträglichkeit der Befahrung mit Holzerntemaschinen kann in drei Gruppen eingeteilt werden:
1. ökologisch verträgliche Befahrung (Spurtyp 1),
2. technisch verträgliche Befahrung (Spurtyp 2) und
3. technisch unverträgliche Befahrung (Spurtypen 3 und 4)
Aus Sicht des Bodenschutzes sind nur eine ökologisch oder technisch verträgliche Befahrung zulässig, da nur sie eine dauerhafte Funktionsfähigkeit und weitgehende Bodenschonung ermöglichen. Wird die Grenze zur technisch unverträglichen Befahrung überschritten, so hat dies erhebliche Mehrkosten durch die notwendig werdende Sanierung bzw. den irreversiblen Verlust der Gassenfunktion zur Folge.
Die ökologisch und technisch verträgliche Befahrung ist durch elastische Verformung des Bodens ohne Spurbildung (Spurtyp 1) charakterisiert (siehe Abbildung 6). Eine solche ist auf trockenen Standorten mit wenig verdichtungsempfindlichen Substraten möglich. Die Beeinträchtigung durch die Befahrung ist mittelfristig natürlich regenerierbar. Daher müssen bei der Befahrung keinerlei technisch-organisatorische Maßnahmen gesetzt werden.
Bei technisch verträglicher Befahrung ist das Auftreten einer plastischen Verformung („Sackungsverdichtung“) des Bodens mit dauerhafter Spurbildung (Spurtyp 2) zulässig (siehe Abbildung 6). Diese tritt an frischen Standorten mit verdichtungsempfindlichen Substraten (lehmiger Sand – sandiger Lehm) auf. Hier ist die Bodenverdichtung langfristig nicht von selbst natürlich regenerierbar, aber die Rückegasse dauerhaft funktionsfähig. Auf diesen Standorten ist Zusatzausrüstung zum Senken der Belastung mitzuführen und bei Bedarf einzusetzen.
Eine technisch nicht verträgliche Befahrung kann von zwei verschiedenen Spurtypen angezeigt werden: Spurtyp 3 zeichnet sich durch plastische Verformung des Bodens mit sekundärer Vernässung (Spurtyp 3) (siehe Abbildung 6). Diese Art der Verformung tritt an sehr frischen bis feuchten Standorten mit (sehr) verdichtungsempfindlichen Substraten bei ungünstiger Witterung auf. Die Vernässung ist ohne Sanierung langfristig nicht von selbst natürlich regenerierbar und die Rückegasse ohne Sanierung nicht dauerhaft funktionsfähig. Bei Auftreten dieses Spurtyps kann die Gasse punktuell mit Hiebsresten verstärkt und das Oberflächenwasser abgeleitet werden. Sobald sich die Spurränder aufzuwölben beginnen, muss die Arbeit unterbrochen werden. Das Aufwölben der Spurränder, also eine viskoplastische Verformung des Bodens bzw. seitliche Materialverlagerung ist das Hauptcharakteristikum des Spurtyp 4 (siehe Abbildung 6). Er tritt auf (wechsel-) feuchten Standorten mit sehr verdichtungsempfindlichen Substraten (Schlufflehme, Tone, organische, nicht tragfähige Substrate auf nassen Standorten) auf. Ohne Sanierung droht der Verlust der forsttechnischen Befahrbarkeit. Eine natürliche Regeneration ist auch langfristig nicht möglich. Bei Auftreten diesen Spurtyps ist die Arbeit in jedem Fall zu unterbrechen.
Bestandesschäden bei der Holzernte
Bei der Holzernte kommt es beim Fällen und Rücken zu Schäden am verbleibenden Bestand. Diese dienen als Eintrittspforte für Pathogene, die die Holzqualität herabsetzen, und sie verringern die Vitalität des betroffenen Baumes, was ihn anfälliger für potenzielle biotische Schadorganismen macht.
Das Ausmaß von Bestandesschäden hängt unter anderem vom eingesetzten Holzerntesystem ab. Dabei gilt: Je
höher die Kontrolle über den Baum beim Fällen und Rücken, und je kürzer der gerückte Baumabschnitt, desto
geringer in der Regel das Schadensniveau.