5.8 Johanna Dohnal
geb. Dietz, 1939 – 2010
Machtverhältnisse sind weder geschichtslos noch geschlechtsneutral.
Johanna Dohnal wurde Anfang der 1970er Jahre im Kampf um die Fristenregelung feministisch sensibilisiert. 1979 zum „Staatssekretär“ für allgemeine Frauenfragen ernannt, wurde sie 1991 als erste Frauenministerin Österreichs angelobt. Sie schlug eine Brücke zwischen der autonomen Frauenbewegung und institutioneller Politik und gestaltete die österreichische Frauen- und Gleichstellungspolitik wesentlich mit.


Johanna Dietz wurde 1939 als uneheliches Kind einer Hilfsarbeiterin in Wien geboren und wuchs bei ihrer Großmutter auf. Sie absolvierte die Lehre zum „Industriekaufmann“ und trat mit 17 Jahren der SPÖ bei. 1969 wurde sie SPÖ-Bezirksrätin in Penzing.
1971 wurde sie Vorsitzende der Penzinger Sozialistinnen, 1972 Wiener Landesfrauensekretärin, und 1973 als Wiener Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete angelobt. Als Verfechterin der Fristenregelung beim Schwangerschaftsabbruch – 1975 in Kraft getreten – initiierte sie das Komitee Helfen statt strafen. Ab 1974 war sie Mitglied des Bundesfrauenkomitees.
Eine Bestrebung Dohnals seit den 70er Jahren, die Väterkarenz, wurde 1990 umgesetzt. 1978 wurde das erste österreichische Frauenhaus – konzipiert von der autonomen Frauenbewegung – in Wien eröffnet, für das sich Johanna Dohnal, gegen Widerstände, eingesetzt hatte. 1979 wurde Johanna Dohnal „Staatssekretär“ für allgemeine Frauenfragen. „Frauen vor Gewalt zu schützen“, „eigenständige Existenzsicherung von Frauen“, „Bildungs- und Berufswege von Frauen“ und „geschlechtergerechte Sprache“ waren ihr Anliegen. Sie setzte sich für Frieden ein und gründete in den 1980er Jahren den Arbeitskreis Frieden – Abrüstung – Dritte Welt.
1987 wurde sie Bundesvorsitzende der SPÖ-Frauen und stellvertretende Parteivorsitzende. 1991–1995 war sie die erste Frauenministerin Österreichs. In ihrer Amtsperiode trat das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz für den öffentlichen Dienst in Kraft. 1995 legte sie den Vorsitz der SPÖ-Frauen zurück, war aber im Ruhestand fallweise politisch tätig.
Johanna Dohnal starb 2010 in ihrem Haus in Mittergrabern, in dem sie mit ihrer Partnerin gelebt hatte.
Publikationen (Auswahl)
Thurner, Erika; Weiss, Alexandra (Hg.): Johanna Dohnal. Innenansichten österreichischer Frauenpolitiken. Innsbrucker Vorlesungen, Wien 2008
Mesner, Maria; Niederkofler, Heidi (Hg.): Johanna Dohnal. Ein politisches Lesebuch, Wien 2013
Auszeichnungen (Auswahl)
Seit 2004: Vergabe von Johanna-Dohnal-Teilstipendien (seit 2006 Förderpreise) 2005: Ernennung zur „Bürgerin der Stadt Wien“
2008: Wiener Frauenpreis
2009: Verleihung des Berufstitels „Professorin“
Quellen (Auswahl)
Feigl, Susanne: Was gehen mich seine Knöpfe an? Johanna Dohnal. Eine Biografie, Wien 2002