Geb. Reiner, 1908 – 2002

In mir siegte der Hass gegen das System.

Ella Lingens war eine österreichische Juristin und Ärztin. Als Gegnerin und Widerstandskämpferin des Nationalsozialismus war sie von 1943 bis 1945 im KZ Auschwitz inhaftiert. in ihrer Funktion als Zeitzeugin widmete sie sich unermüdlich der antifaschistischen Erinnerungsarbeit. 1964 sagte sie als Zeugin im Auschwitz-Prozess aus.

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Ella Reiner wurde 1908 geboren, sie studierte zunächst Jura und promovierte 1931, später studierte sie an der Universität Wien Medizin. Bereits früh engagierte sie sich für den Sozialismus, indem sie während der Februarkämpfe 1934 ihre Wohnung der Arbeiterzeitung zur Verfügung stellte und Literatur der Revolutionären Sozialisten versteckte und verteilte.

1938 heiratete Ella Reiner den deutschen Arzt Kurt Lingens. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland begann das Ehepaar Jüdinnen und Juden zu helfen. Während der Reichspogromnacht 1938 versteckten sie mehrere jüdische Familien in ihrer Wohnung.

Um die Lingens entwickelte sich ab 1939 eine antifaschistische Widerstandsgruppe. Gemeinsam organisierten sie die Flucht von Jüdinnen und Juden in die Schweiz und verwahrten ihre Wertsachen. Am 13.10.1942 wurden sie verraten und verhaftet. Ella Lingens wurde nach Auschwitz deportiert. Als „deutscharische“ Ärztin im Krankenrevier wurde sie dem berüchtigten Arzt Josef Mengele zugeteilt. In dieser Position gelang es ihr – durch Fehldiagnosen – einige Jüdinnen und Juden vor dem Tod zu retten. Im Dezember 1944 überlebte sie den „Todesmarsch“ zum Konzentrationslager Dachau, wo sie das Ende des Krieges miterlebte.

Bis zu ihrer Pension 1973 hatte Ella Lingens Positionen im Ministerium für soziale Verwaltung sowie für Gesundheit und Umweltschutz inne. Sie war wesentlich am Aufbau des österreichischen Gesundheits- und Sozialwesens beteiligt.

Sie widmete sich zeitlebens der Erinnerungsarbeit gegen Faschismus, Krieg und Terrorherrschaft. Bereits 1947 begann sie, ihre Erfahrungen in den Konzentrationslagern niederzuschreiben und besuchte als Zeitzeugin Schulen. 1964/65 sagte sie im Auschwitz Prozess in insgesamt 22 Fällen aus. Ella Lingens starb 2002 in Wien.

Publikationen

Gefangene der Angst. Ein Leben im Zeichen des Widerstandes. Deuticke Wien 2003 (Erstausgabe 1948, London)

Selektion im Frauenlager. In Hans Günther Adler, Hermann Langbein & Ella Lingens-Reiner (Hg.): Auschwitz. Zeugnisse und Berichte. Europäische Verlagsanstalt EVA, 2. Aufl. Köln 1979, S. 98–104

Eine Frau im Konzentrationslager. Europa-Verlag Wien 1966 (Monographien zur Zeitgeschichte)

Auszeichnung

1980 erhielt Ella Lingens die Auszeichnung der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem mit dem Titel „Gerechte unter den Völkern“.

Quellen (Auswahl)

Wiener Zeitung 15.09.2003 Rainer Mayerhofer: Lingens: Gefangene der Angst

geschichtewiki.wien.gv.at/Ella_Lingens