3. Pionierinnen zwischen 1860 und 1879 geboren

3.1 Gabriele Possaner von Ehrenthal

1860 – 1940

Ausübung der ärztlichen Praxis in Österreich aller gnädigst zu bewilligen [...] da zahlreiche Mädchen und Frauen sich scheuen beim Beginne einer Krankheit einem männlichen Ärzte sich anzuvertrauen, infolgedessen solche Leiden sich steigern und oft unheilbar werden.1

Gabriele Possanner von Ehrenthal war die erste Frau, die nach langem Kampf an einer Universität Österreich-Ungarns 1897 promovieren und dann ihre Tätigkeit als Ärztin in Wien aufnehmen konnte. Ihre Beharrlichkeit ebnete anderen Frauen den Zugang zum Medizinstudium in Österreich.

Bild © unbekannt/Quelle: Österreichische Illustrierte Zeitung, 6 (1897), Nr. 11 (11. April 1897), S. 4
Bild © Ernst Gersdorff/ÖNB/Pf 38287:C

Gabriele Possanner von Ehrenthal wurde 1860 im ungarischen Ofen in eine alte adelige Familie geboren. Ihr Vater war k.u.k. Beamter, weswegen die Familie häufig umzog, bevor sie sich 1880 in Wien niederließ. Sie absolvierte die Lehrerinnenbildungsanstalt und war als Volksschullehrerin tätig. Sie maturierte 1887 als Externistin am Akademischen Gymnasium in Wien, konnte aber als Frau an keiner k.u.k. Universität studieren.

Sie studierte von 1888 bis 1893 in Zürich und Genf Medizin – gemeinsam mit anderen Frauen aus Europa, denen der Zugang zum Studium in ihren Ländern verwehrt war. Dafür musste sie eine zweite Reifeprüfung in der Schweiz ablegen, da ihr österreichisches Maturazeugnis nicht anerkannt wurde. Nach ihrer Promotion 1894 kehrte sie nach Wien zurück und setzte sich mittels zahlreicher Gesuche und Beschwerden – u.a. an Kaiser Franz Josef – für die Nostrifizierung ihres Medizinabschlusses ein. 1896 wurde ihr Schweizer Diplom anerkannt, sie musste allerdings alle Rigorosen noch einmal ablegen. Im April 1897 promovierte sie als erste Frau an einer Universität in Österreich-Ungarn und eröffnete einen Monat später ihre Praxis als praktische Ärztin in Wien.

Ab 1902 arbeitete sie zusätzlich als Aspirantin in einem Spital – als erste Ärztin an einer k.u.k. Krankenanstalt in Wien. 1904 wurde sie als erste Frau in die Wiener Ärztekammer als Ersatzmitglied aufgenommen. Während des Ersten Weltkrieges war sie als Ärztin in Spitälern und Lazaretten tätig. 1928 wurde ihr als erster Frau der Titel „Medizinalrat“ verliehen. 1940 verstarb Possanner von Ehrenthal in Wien in ihrem Wohnhaus, in dem sie auch ihre Praxis hatte.

Auszeichnungen

Seit 1997: Vergabe des Gabriele-Possanner-Staatspreises für Geschlechterforschung

Quellen (Auswahl)

Stern, Marcella: Gabriele Possanner von Ehrenthal, die erste an der Universität Wien promovierte Frau, in: Heindl, Waltraud u.a. (Hg.): „Durch Erkenntnis zu Freiheit und Glück…“. Frauen an der Universität Wien (ab 1897), Wien 1993, S. 189–219

geschichtewiki.wien.gv.at/Gabriele_Possanner_von_Ehrenthal


Fußnoten

  1. Quelle Zitat: Gnadengesuch von Gabriele Possanner von Ehrenthal an Kaiser Franz Josef, gabrielepossanner.eu/gabriele-possanner/