Naturschutzbericht 2023 Startseite wien.gv.at

2.2 Aktuelle Entwicklungen im Naturschutz auf europäischer Ebene

2. Naturschutz mit Recht

Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III)

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt bis 2030 die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um 55 % zu verringern. Um dieses Ziel zu erreichen, soll unter anderem der Energiebedarf in den Mitgliedsstaaten möglichst aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Ende 2023 wurde dazu die „Erneuerbare-Energien-Richtlinie“ (RED III) vom europäischen Parlament erlassen. Als konkretes Ziel wurde in der RED III festgelegt, dass der Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch der Union bis zum Jahr 2030 mindestens 42,5 % betragen soll.

In der Richtlinie wurden insbesondere Maßnahmen vorgesehen, um den Ausbau von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien zu attraktiveren und zu beschleunigen. Kernstück ist die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten, in denen die verwaltungsbehördlichen Verfahren für die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien stark verkürzt werden. Es ist vorgesehen, dass keine Beschleunigungsgebiete in „Natura 2000-Gebieten“ oder Schutzgebieten nach dem Wiener Naturschutzgesetz ausgewiesen werden. Zudem sind bei der Ausweisung besondere Schutzmaßnahmen für die geschützten Arten festzulegen. Durch diese Vorarbeiten sollen die einzelnen Bewilligungsverfahren zügiger durchgeführt werden können.

In der Richtlinie werden zudem auch Verfahrensbeschleunigungen für Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien außerhalb dieser Beschleunigungsgebiete vorgesehen. So soll beispielsweise ein Bewilligungsverfahren für eine PV-Anlage auf einem bereits bestehenden Hausdach mit einer Leistung von maximal 150 kW nicht länger als 3 Monate oder für eine Luft-Wärmepumpe nicht länger als 1 Monat dauern.

Die Richtlinie schreibt den Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien auch ein überragendes öffentliches Interesse zu.

Nature Restoration Law

Am 22. Juni 2022 wurde von der Europäischen Kommission der Vorschlag für eine Verordnung über die Wiederherstellung der Natur vorgelegt („Nature Restoration Law“). Der Verordnungsentwurf stellt einen elementaren Bestandteil in der Umsetzung des „European Green Deals“ und der Strategie der Europäischen Union zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bis 2030 dar.

Zur Bekämpfung des europaweiten Biodiversitätsverlustes, sieht die Verordnung rechtlich verbindliche, messbare Wiederherstellungsziele mit klaren Fristen vor. So haben die Mitgliedstaaten bis 2030 jene Maßnahmen zur Wiederherstellung zu ergreifen, um 20 % der Landgebiete und 20 % der Meeresgebiete sowie bis 2050 alle Ökosysteme, die der Wiederherstellung bedürfen, abzudecken.

Vor allem haben die Mitgliedstaaten jene Maßnahmen zu setzen, die erforderlich sind, um die Lebensraumtypen der sog. Fauna-Flora-Habitat Richtlinie in einen guten Zustand zu versetzen bzw. neu zu etablieren. Darüber hinaus sind weitere Wiederherstellungs-maßnahmen in bestimmen Ökosystem, z. B. im Wald und auf landwirtschaftlichen Flächen, sowie zur Umkehr des Rückgangs von Bestäuberpopulationen zu ergreifen. Umgesetzt werden diese Ziele über nationale Wiederherstellungspläne, die konkrete Maßnahmen beinhalten sollen.

Aufbauend auf bestehenden Rechtsvorschriften soll damit die Wiederherstellungsverordnung nicht nur den Rückgang der biologischen Vielfalt umkehren und die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen gegenüber dem Klimawandel stärken, sondern die umgesetzten Maßnahmen sollen auch die menschliche Gesundheit fördern und einen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten.

Der Verordnungsvorschlag wurde in der ersten Jahreshälfte 2023 intensiv in der Ratsarbeitsgruppe Umwelt (RAG Umwelt) diskutiert, die in 2- bis 3-wöchigem Takt tagte. Mitgliedstaaten hatten hier die Möglichkeit, ihre Positionen einzubringen. Wien hat dabei federführend, insbesondere bei der Formulierung des Artikel 6 (neu Artikel 8), der sich mit der Wiederherstellung städtischer Ökosysteme befasst, mitgewirkt. Dieser regelt, dass bis 2030 ein Nettoverlust an städtischen Grünflächen auf nationaler Ebene zu vermeiden ist, wobei jedoch Städte mit einem Grünanteil von über 45% ausgenommen werden können. Danach ist ein steigender Trend an städtischen Grünflächen sowie der Baumüberschirmung sicherzustellen, bis ein zufriedenstellender Wert erreicht ist.

Am 27. Februar 2024 konnte eine politische Einigung zwischen dem Rat und dem EU-Parlament erzielt werden. Das EU-Parlament hat dieses Ergebnis bereits förmlich angenommen. Als nächstes müssen die Mitgliedstaaten im Rat dem vereinbarten Text zustimmen.