5.2 Zur Lage der jungen Erwachsenen unter 25 Jahren in Wien
Bevölkerungsentwicklung: Neuerlicher Zuwachs in der Gruppe der jungen Erwachsenen
In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der in Wien lebenden jungen Erwachsenen unter 25 Jahren um rund 4% gesteigert. Nach einem konstanten Anstieg bis 2016 gingen die Zahlen zwar bis 2020 zurück, seither wird jedoch die Gruppe der jungen Erwachsenen wieder größer. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl von 173.458 auf 175.921 Personen (+1,4%) gestiegen, davon sind 50% (88.598) männlich und 50% (87.323) weiblich.
Zuwachs durch Nichtösterreicher*innen
73.720 der in Wien lebenden jungen Erwachsenen haben keine österreichische Staatsbürgerschaft, das sind 42% der Jungen in Wien. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl um 6% (+4.001 Personen) gestiegen.
Armutslage: Hohe Armutsgefährdungsquote bei den jungen Wiener*innen
Mit einer Armutsgefährdungsquote von 36,5% ist die Gruppe der jungen Erwachsenen stark von Armutsgefährdung betroffen. Über alle Bevölkerungsgruppen gerechnet liegt die Armutsgefährdungsquote in Wien bei 21,4%, bei den Jungen ist sie demnach um rund 15 Prozentpunkte höher. Das bedeutet, dass in Wien jede dritte junge Person von Armut bedroht ist. Junge Männer sind mit einer Quote von 43,9% stärker betroffen als junge Frauen, deren Armutsgefährdungsquote 29,6% beträgt. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Quote bei den jungen Männern gestiegen (+7,2%), während sie bei den jungen Frauen leicht gesunken ist (–1,3%).
Junge Nichtösterreicher*innen von Armut besonders stark betroffen
Während sich die Armutsgefährdungsquote bei den jungen Österreicher*innen gegenüber dem Vorjahr von 28,4% auf 26,6% verringert hat, ist bei den nicht österreichischen Jungen in Wien ein erheblicher Anstieg von 50% auf 58,1% zu verzeichnen. Dies ist die höchste Armutsgefährdungsquote für junge Nichtösterreicher*innen seit 2015 (58,3%). Dementsprechend hoch fällt auch die Ausgrenzungsgefährdungsquote aus. Diese liegt bei den Nichtösterreicher*innen bei 74,4% und ist die höchste Ausgrenzungsquote seit 2015. Männer sind mit 80% stärker betroffen als Frauen (69,6%).
In den Bundesländern sind junge Erwachsene deutlich weniger oft armutsgefährdet
In Restösterreich liegt die Armutsgefährdungsquote der jungen Erwachsenen bei 11,2%. Im Gegensatz zu Wien ist hier die Armutsgefährdungsquote der Frauen mit 14,2% erheblich höher als jene der Männer mit 8,5%. Auch in Restösterreich ist jedoch das Armutsrisiko für junge Erwachsene ohne österreichische Staatsbürgerschaft besonders hoch. Ihre Armutsgefährdungsquote liegt bei 27,5%; Frauen sind mit einer Quote von 31,6% ebenfalls stärker betroffen als Männer (22,6%). Deutlich niedriger ist die Quote hingegen bei den österreichischen jungen Erwachsenen, sie beträgt 8,2%.
Junge Erwachsene mit Flüchtlingshintergrund
Junge Erwachsene mit Flüchtlingshintergrund leben in einer besonders schwierigen Situation, sie sind mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Wer sich im neuen Aufenthaltsland eine Zukunft aufbauen will, muss sich neue Lerninhalte aneignen, sich mit einer bislang fremden Kultur auseinandersetzen und sich weiterbilden. Geflüchtete kommen jedoch nicht nur aus Ländern mit völlig anderem Bildungskontext, auch die „Bildungskarriere“ wurde durch die Flucht unterbrochen. Dazu kommen traumatische Erlebnisse im Heimatland und auf der Flucht sowie die Sorge um eventuell zurückgebliebene Angehörige und Freund*innen. Eine große Hürde stellen Sprachbarrieren dar. Die sprachliche Kompetenz muss erst erworben werden, teilweise von Grund auf, beginnend mit der Entwicklung der Lese- und Schreibkompetenz. Erst dann sind Aus- und Weiterbildung möglich und kann der Weg in den Arbeitsmarkt gefördert werden. Gelingt das nicht, sind prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse die Folge. Um das zu verhindern, haben das Land Wien (MA 40 und FSW) in Kooperation mit dem AMS Wien und der waff neue Maßnahmen zur Arbeitsintegration entwickelt (siehe dazu Kapitel 8.2 „Zur Lage der Nichtösterreicher*innen in Wien – Ausblick: Neue Arbeitsintegrationsmaßnahmen ab September 2024“).
Integration in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt
Junge Erwachsene gehören zu den besonders armutsgefährdeten Wiener*innen. Viele von ihnen kommen aus armutsbetroffenen Familien, sich aus diesen Armutsverhältnissen zu befreien, ist meist schwierig. Gerade beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben machen sich Bildungsdefizite bemerkbar und diese Nachteile können sich langfristig manifestieren. Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen haben niedrigere Einkommen und geringere Chancen, am Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Sie haben auch ein höheres Risiko, Teil der inaktiven Erwerbsbevölkerung zu werden. Dieses Bündel an erschwerenden Faktoren führt zu einer besonders hohen Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung.
Um auf die besonderen Bedürfnisse der jungen Menschen eingehen und reagieren zu können, arbeiten die Stadt Wien (MA 40) und das Arbeitsmarktservice (AMS) an einem gemeinsamen Standort, dem „U25“. Ziel dieses Angebots ist es, jungen Erwachsenen die Integration in den Arbeitsmarkt sowie den Zugang zu Beratung und Unterstützung zu erleichtern. Die Jugendlichen werden unterstützt, wenn sie zum ersten Mal einen Antrag auf Mindestsicherung stellen, und sie werden über Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Mindestsicherung aufgeklärt. Durch das „U25“ werden die Jugendlichen auch intensiv auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Vermittlungshemmnisse am Arbeitsmarkt werden verringert oder behoben. Es werden Beratungen für berufliche, finanzielle, sozialrechtliche und psychosoziale Angelegenheiten durchgeführt sowie Unterstützung bei der Wohnungssicherung bzw. Wohnungsintegration angeboten.