3.4 Schwerpunkt „Sicherheitspolitik und Menschrechte“
Bereits 2014/15 wurde das Thema Sicherheitspolitik und Menschenrechte im Rahmen des Prozesses „Wien – Stadt der Menschenrechte“ diskutiert. Das Menschenrechtsbüro bekam den politischen Auftrag, sich mit dem Thema Sicherheit (-spolitik) aus menschenrechtlicher Sicht zu befassen und Empfehlungen für einen Maßnahmenplan der Menschenrechtsstadt Wien zu erstellen.
Das Verständnis von Sicherheit soll als holistisches Handlungsfeld die Dimensionen sozialer Sicherheit, Bildungs-, Erwerbs-, Einkommens- und Wohnsicherheit einschließen – hier liegen die umfassendsten Kompetenzen der Stadt. In den Jahren 2015 und 2016 fanden Round Tables zu diesem Themenbereich statt, auf deren Basis 2017 ein Policy Paper verfasst wurde. Zur Fortführung des Schwerpunktthemas „Sicherheitspolitik und Menschenrechte“ fanden 2020 zwei Sitzungen der Fokusgruppe zum Thema statt. Ziel dabei war es, die Wiener Stadtverwaltung und Politik als soziale Sicherheitsakteur*innen gesellschaftlich sichtbarer zu machen und damit das Vertrauen der Bevölkerung zu stärken. Außerdem soll die menschenrechtsbasierte Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Sicherheit zur Versachlichung der öffentlichen Debatte führen.
Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurde im Jahr 2021 entschieden, das Thema Sicherheitspolitik auf eine andere Ebene zu verlagern, weshalb das Menschenrechtsbüro diesen Schwerpunkt nicht länger verantwortete. Dennoch bleibt das Menschenrechtsbüro im Rahmen des Regionalen Dialog Forums der Polizei weiterhin mit dem Thema befasst.

Themen der 1. Sitzung der Fokusgruppe 2020
In der ersten Sitzung der Fokusgruppe „Sicherheitspolitik und Menschenrechte“ wurde die Expertise der Mitglieder vorgestellt. Die Fokusgruppe hatte sich zum Ziel gesetzt, dringliche Themen zu identifizieren und den Austausch zwischen Stadtverwaltung, Polizei und NGOs zu fördern, um Empfehlungen für die Förderung der Menschenrechte in Wien zu erarbeiten. Als zentrales Handlungsfeld wurde die „menschenrechtsbasierte Kommunikation zur Sicherheit im öffentlichen Raum“ identifiziert. Dabei liege der Fokus auf zwei Bereichen: Erstens soll untersucht werden, wie medial über bestimmte Gruppen, die im öffentlichen Raum als Sicherheitsproblem wahrgenommen werden, berichtet wird. Zweitens soll analysiert werden, inwieweit Maßnahmen zur Erhöhung des Sicherheitsempfindens im öffentlichen Raum mit den Menschenrechten dieser Gruppen in Konflikt geraten können.
Die Mitglieder der Fokusgruppe „Sicherheitspolitik und Menschrechte“ waren (Stand: 10.09.2020) |
---|
Stadt Wien – Menschenrechtsbüro |
Stadt Wien – Magistratsdirektion, Geschäftsbereich Organisation und Sicherheit |
Stadt Wien – Wiener Wohnen |
Stadt Wien – Bildung und Jugend |
Stadt Wien – Integration und Diversität |
Stadt Wien – Stadtentwicklung und Stadtplanung |
Stadt Wien – Frauenservice |
Stadt Wien – Kommunikation und Medien |
Fond Soziales Wien (FSW) |
Sucht- und Drogenkoordination Wien |
Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte |
Themen der 2. Sitzung der Fokusgruppe 2020
In der zweiten Sitzung der Fokusgruppe wurden Präsentationen zu vier Themenbereichen gehalten, die in der ersten Sitzung als relevant identifiziert worden waren. Das Menschenrechtsbüro lud Organisationen mit entsprechender Expertise ein, diese Themen vorzustellen.
1. Framing und wertebasierte Kommunikation – Präsentation durch die Sucht- und Drogenkoordination Wien
Behandelt wurde die Wirkungsweise von sogenannten „Frames“. Dabei handelt es sich um gedankliche Deutungsrahmen, die durch Sprache im Gehirn aktiviert werden. Sie verleihen Fakten Bedeutung, indem sie neue Informationen in Bezug zu unserem bestehenden Wissen über die Welt setzen und über Assoziationen mit unseren persönlichen Erfahrungen funktionieren. Im politischen Diskurs gewinnt Framing eine besondere Bedeutung, da jedes politische und gesellschaftliche Thema (wie z.B. Menschenrechte oder Sicherheit) durch sprachliche Bilder beeinflusst wird (etwa Begriffe wie „Flüchtlingsflut“, „Steuerlast“ oder „Sicherheitslücke“).
Es sind nicht die Fakten selbst, die unsere Meinungen prägen, sondern die Frames, durch die diese bewertet werden. Frames bestimmen, ob Informationen als wichtig oder unwichtig wahrgenommen werden, sind dabei immer ideologisch geprägt und werden durch Sprache aktiviert und verstärkt. Es ist daher entscheidend, verwendete Begriffe kontinuierlich unter dem Aspekt des Framings zu hinterfragen. Dadurch können ungewollte Botschaften vermieden und die eigenen Werte klar kommuniziert werden. Im Rahmen der Diskussion wurde festgehalten, dass jede Abteilung oder Organisation einen Reflexionsprozess über ihre transportierten Werte durchführt und ihre Begrifflichkeiten überprüft.
2. Instrumente der Konfliktlösung im halböffentlichen Raum – Präsentation durch Wiener Wohnen
Wiener Wohnen stellte eine Reihe von Maßnahmen vor, welche zur Konfliktlösung und Sicherheit im halböffentlichen Raum beitragen. Dazu zählen unter anderem die schnelle Hilfe bei Übergriffen auf Mitarbeiter*innen, das Mobile Einsatzteam für Katastrophenfälle sowie das Ordnungsmanagement. Weitere Schwerpunkte sind die Zusammenarbeit mit der Präventionseinrichtung „Helfer Wiens“, die wohnpartner-Initiative, das Programm „gemeinsam.sicher wohnen“ im Gemeindebau sowie verschiedene Grätzl-Aktionen der Wiener Stadtverwaltung.
Zusätzlich wurden das Case Management, das „naTÜRlich sicher System“ und Maßnahmen wie die Sicherheitsbegehungen vor Sanierungen oder Vollbefragungen im Gemeindebau vorgestellt. Auch die Kooperation mit der Sucht- und Drogenkoordination Wien, der IBA (Internationale Bauausstellung) und der Plattform „Demenzfreundliches Wien“ sowie das Zielgruppenmanagement und das Soziale Notfallmanagement sind Teil der Maßnahmen, die Wiener Wohnen zur Konfliktprävention und -bewältigung im Gemeindebau einsetzt.
3. Regionales Dialogforum der LPD Wien: Fachzirkel „Racial, Ethnic and Social Profiling“ – Präsentation durch die Stadt Wien – Integration und Diversität
Der Fachzirkel „RESP“ des Regionalen Dialogforums (RDF) der LPD Wien bestand von Herbst 2016 bis Sommer 2018. Das Abschlusspapier enthielt Empfehlungen konkreter Maßnahmen zur Reduktion diskriminierender Identitätskontrollen im öffentlichen Raum sowie Ziele und Nutzen eines diskriminierungsfreien Handelns. Von den sieben Empfehlungen wurden fünf im September 2018 angenommen.
4. Regionales Dialogforum der LPD Wien: Fachzirkel „Menschenrechtsbasierte und diskriminierungsfreie Kommunikation in den Medien“ – Präsentation durch die Stadt Wien – Integration und Diversität und das Menschenrechtsbüro
Der Fachzirkel tagte von Dezember 2018 bis Mai 2019. In mehreren Sitzungen wurden für die Medienarbeit der Polizei, insbesondere in Bezug auf Presseaussendungen und andere Medienaktivitäten wie Interviews mit Polizeibeamt*innen, Richtlinien erarbeitet. Die thematischen Schwerpunkte umfassten etwa Festlegungen im Bereich Medienrecht, Empfehlungen zum Einsatz diskriminierungsfreier Sprache in der Berichterstattung oder restriktive Berichterstattung bei bestimmten Straftaten. Einige Regelungen wurden im Erlass des Bundesministeriums des Innern von April 2019 übernommen, jedoch bestand weiterhin Verbesserungspotenzial.