2. Handlungsfelder der Wiener Kulturstrategie 2030

2.3 Diversität und Chancengleichheit

Die Stadt Wien ist stolz auf ihre vielfältige Kulturlandschaft. Chancengleichheit in Kunst und Kultur bedeutet, dass Künstler*innen, unabhängig von Geschlechtsidentität, sozialen Verhältnissen, Alter, Religion, sexueller Orientierung, kultureller Identität und Behinderung die gleichen Chancen haben, ihr Potenzial zu entfalten. Das gilt auch aufseiten des Publikums, denn alle Wiener*innen sollen am kulturellen Leben der Stadt teilhaben können. Kultur ist ein Menschenrecht und überlebensnotwendig! Der Abbau von Barrieren, die Förderung von Vielfalt vor, hinter und auf der kulturellen Bühne, aber auch die Sensibilisierung in den Kulturbetrieben sind dabei entscheidend.

Wo wir stehen

Wien ist bunt, Wien ist divers – Wien ist die Gemeinschaft aller Menschen, die diese Stadt ihr Zuhause nennen. Genauso bunt und divers ist auch die Kultur in unserer Stadt. Insofern ist es für die zukünftigen Entwicklungen der Stadt von großer Wichtigkeit ein eigenes Handlungsfeld dem Thema Diversität und Chancengleichheit zu widmen.

Die Aufmerksamkeit für dieses Thema ist in den vergangenen Jahren gewachsen und es wurden bereits viele Schritte gesetzt. So wurden bei der Besetzung der Leitung der Wiener Mittelbühnen Schauspielhaus, Theater am Werk und Dschungel Wien im Jahr 2022 Entscheidungsträger*innen gewählt, in deren Konzepten das Thema Diversität einen Schwerpunkt darstellt. Die Initiative kültüř gemma! Fördert durch Stipendien sowie Fellowships in Wiener Kulturinstitutionen die künstlerische Arbeit von BI_PoC und Migrant*innen. Im Rahmen des Programms Writers in Exile, das von der IG Autorinnen Autoren durchgeführt wird, bietet die Stadt Wien politisch verfolgten Schriftsteller*innen Unterkunft und Lebensunterhalt, damit ihre künstlerischen Stimmen weiterhin gehört werden.

Für eine Erhöhung der Zugänglichkeit zu Kultur sorgen Initiativen wie Go for Culture und Cash for Culture, die Jugendlichen Kulturvermittlungsangebote machen und niederschwellig Zugang zu Kunstförderungen bieten. Das Wien Museum hat im Zuge der Generalsanierung mit dem Öziv (Bundesverband für Menschen mit Behinderungen) kooperiert, um das gesamte Gebäude so zugänglich und inklusiv wie möglich zu gestalten. Außerdem wurde mit Expert*innen aus den Bereichen Disability Studies, LGTBQIA*-Geschichte und Gender Studies zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass die neue Dauerausstellung vielfältige und diverse Geschichten erzählt. Der Fokus der sechsten Ausgabe des Förderprogramms SHIFT 2023/24 der Stadt Wien liegt auf den zentralen Themen Migration, Diversität, Nachhaltigkeit, Outreach und Schaffung neuer Kommunikationsräume, wo u.a. Projekte wie die Muslim*Contemporary, Stop Femi(ni)zide und Black Fairytale Actions umgesetzt werden.

Weitere, in diesem Handlungsfeld erarbeitete Ziele und Maßnahmen sollen dazu beitragen, Diversität in all ihren Facetten zu fördern, mit Fokus auf gleichberechtigte Gestaltungsmöglichkeiten für Künstler*innen und Empowerment von marginalisierten gesellschaftlichen Gruppen. Institutionen und Initiativen, die sich für Inklusion und Chancengleichheit engagieren, sollen gestärkt werden. Die Vision ist eine kreative und dynamische Atmosphäre, in der Menschen unterschiedlicher Herkunft, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung und Fähigkeiten gleichermaßen gehört und repräsentiert werden.


Was wir erreichen wollen

Hauptzielsetzung 1: Die Wiener Kulturlandschaft im Jahr 2030 soll im Rahmen des kulturellen Angebots die Diversität der Stadt widerspiegeln. Durch eine strategische kulturpolitische Steuerung sind marginalisierte gesellschaftliche Gruppen und unterschiedliche Communities, welche die Stadt ausmachen, im Jahr 2030 in der Wiener Kulturszene repräsentiert, in kulturpolitische Entscheidungsprozesse eingebunden und nehmen am Kulturdiskurs teil.

Hauptzielsetzung 2: Durch einen strukturierten Dialog zwischen Institutionen, Künstler*innen, dem Publikum und der Politik werden gesellschaftliche Machtstrukturen im Kulturbereich beleuchtet, hinterfragt und bis 2030 weitgehend abgebaut, um eine gleichberechtigte und transparente Ressourcenverteilung sicherzustellen.

Hauptzielsetzung 3: Durch den Ausbau und die Optimierung von Förderstrukturen ist 2030 die Sichtbarkeit der Freien Szene sowie kleinerer lokaler Initiativen im Bereich Diversität erhöht.

Ausgewählte Maßnahmen

Maßnahme 1: Nachhaltige Implementierung eines Diversitätsbeirates im Kunst- und Kulturbereich.

Maßnahme 2: Ausbau der Barrierefreiheit in allen Belangen (bauliche Maßnahmen, digitale Barrierefreiheit, etc.)

Maßnahme 3: Entwicklung eines umfassenden Diskriminierungsschutzkonzeptes („Diversity Code of Conduct“) für den Kunst- und Kulturbetrieb unter Einbindung externer Expert*innen.

Maßnahme 4: Ausrufen eines Fördercalls zu „Innovativer Kulturvermittlung“ im digitalen und analogen Bereich zur stärkeren Diversifizierung des Publikums. Entwicklung eines Förderprogramms, die verstärkt kleinteilige und lokale Initiativen, deren Arbeit zu einer diversen Kulturlandschaft beiträgt, stärker in den Fokus rücken.

Kultursommer Wien

Als Reaktion auf die pandemiebedingten Einschränkungen für Künstler*innen und Stadtbevölkerung im Jahr 2020 ins Leben gerufen, hat sich der Kultursommer Wien inzwischen erfolgreich etabliert. Er versorgt die Wiener*innen und ihre Gäste im Sommer sechs Wochen lang mit Kulturangeboten bei freiem Eintritt auf über das Stadtgebiet verteilten Open-Air-Bühnen. Auch in Pensionist*innenhäusern wird gespielt und Kinderfeste locken Familien zu den Bühnen. Das Bühnenprogramm wird – und das unterscheidet den Kultursommer von vielen anderen Festivals – nicht von einer einzelnen Führungspersönlichkeit definiert, vielmehr ist es ein bewusst divers besetztes künstlerisches Board, das aus den von den Künstler*innen vorgeschlagenen Darbietungen auswählt. So wird Chancengleichheit sichergestellt und die vielfältige Stadtgesellschaft im Programm des Kultursommers Wien repräsentiert. Gleiches trifft auf das Publikum zu: Eine Resonanzstudie hat 2023 die starke, alltagsbezogene Wirkung des Festivals belegt. Der freie Eintritt und die Nähe zum Wohnort sind für viele Besucher*innen ausschlaggebend für ihren Besuch. Viele gaben an, dass der Kultursommer ihr einziger Zugang zu Kultur während des Sommers ist. Seit dem Jahr 2023 fördern verschiedene Mitmach-Formate des Kultursommer Plus den Austausch und das gemeinsame Erleben von Kultur.