3.1 Offener Beteiligungsprozess
Während der Monate Juni bis September 2023 fand in Wien ein offener Beteiligungsprozess statt, der die verschiedenen Dialogformate, die sich an Künstler*innen und Vertreter*innen von Kunstinstitutionen richteten, um die Sicht der Wiener*innen ergänzte. Die Bevölkerung wurde eingeladen, ihre Meinung zu den Handlungsfeldern sowie neue Ideen in den Gesamtprozess der Kulturstrategie über ein Umfragetool auf der Website der Stadt Wien einzubringen.
Die Umfrage wurde über die Medien der Stadt, über die sozialen Kanäle der Kulturstadträtin und über die Interessengemeinschaften im Kulturbereich verbreitet. Folgende Fragen wurden gestellt bzw. Daten erhoben:
Teilnehmer*innen
Die Teilnehmer*innen der Befragung waren zum Großteil (62%) weiblich, in der Altersklasse von 30-45 Jahren (46%), gut ausgebildet (71% haben einen Universitäts- oder FH-Abschluss) und gar nicht (43%) bzw. hauptberuflich (37%) im Kulturbereich tätig. Die kulturellen Interessen lagen vorwiegend im Bereich der Bildenden Kunst (Museen, Galerien, Ausstellungen), der Darstellenden Kunst (Theater, Musiktheater, Oper), Kino/Film sowie Musik (Konzerte Rock/Pop/HipHop).
Die erweiterten kulturellen Interessen, die primär von hauptberuflich im Kulturbereich tätigen Personen genannt wurden, betrafen Sparten wie Kabarett, Konzerte, Jazz, Musik sowie Zirkus.
Fair Pay und Leistbare Kultur als wichtigste Handlungsfelder
Die Frage nach der Gewichtung der acht im Rahmen der Kulturstrategie erarbeiteten Handlungsfelder ergab folgende Resultate: Als wichtigste Themen für eine Kulturstrategie 2030 wurden die Felder Fair Pay und soziale Sicherheit sowie leistbare Kultur und inklusive Teilhabe genannt. Damit steht der freie Zugang zu Kunst und Kultur sowohl auf der Produktions- als auch auf der Publikumsseite im Mittelpunkt des Interesses.
Dieses Ergebnis bestätigt die bisherige Gewichtung der kulturpolitischen Maßnahmen der Stadt Wien, wo seit 2018 dieselben Schwerpunkte gesetzt werden: Fair Pay-Maßnahmen zugunsten von Künstler*innen, um prekäre Arbeitsbedingungen zu entschärfen, Entwicklung und Ausbau neuer Formate wie den Wiener Kultursommer, Stärkung lokaler, niederschwelliger Initiativen wie die Kulturankerzentren und Verstärkung der Kulturvermittlung wie beispielsweise durch den interdisziplinären Call Kulturkatapult – um nur einige Beispiele zu nennen.
Offene Fragen
Aufschlussreiche Erkenntnisse brachte die Auswertung der beiden offenen Fragen:
Ergänzendes Handlungsfeld: „Haben wir ein wichtiges Feld vergessen?“
224 Personen haben diese Frage beantwortet, wobei die demografischen Daten weitgehend mit denen der Gesamtbefragung übereinstimmen: weiblich, hauptberuflich im Kulturfeld tätig, Universitäts- oder Fachhochschulabschluss, 30-35 bzw. 45-60 Jahre. Eine rein numerische Auswertung der Texte ergab, dass „mehr“ das Wort war, das in den Antworten am häufigsten vorkam. Das jeweils folgende Wort war nach Häufigkeit „Sichtbarkeit“, „Geld“, „traditionelle“, „Straßenkunst“ sowie „Schulveranstaltungen“ unter den häufigsten fünf Nennungen.
Die Auswertung der Antworten zeigt ein deutliches Gewicht auf der Verstärkung von kulturellen Angeboten für Kinder- und Jugendliche als zusätzliches Handlungsfeld. Am zweithäufigsten war die Erwähnung von Maßnahmen, die die Diversität auf allen Ebenen und in Bezug auf verschiedene Gruppen der Gesellschaft stärker widergespiegelt sehen möchten – Forderung zur Erhöhung des Frauenanteils, Angebote für Menschen mit unterschiedlichen sozioökonomischen und Bildungshintergründen, eine stärkere Einbeziehung von Menschen mit Migrationshintergrund – auf, vor und hinter der Bühne. Zusammen mit dem Wunsch nach mehr Vermittlungsangeboten, der im Mittelfeld der Antworten liegt, wird hier das Bedürfnis nach einer Verbreiterung des Angebots, aber auch nach der Ansprache von verschiedenen Publika artikuliert.
Die Auswertung zeigt von allen Antworten jene Kategorien, die über fünf Nennungen erfahren haben:
Optionale Frage: Was für konkrete Ideen kann ich für eine Wiener Kulturstrategie 2030 einbringen?
Bei der Beantwortung der zweiten offenen Frage nach konkreten Ideen waren in zahlreichen Fällen dieselben Antworten zu finden, weshalb die Auswertung ein ähnliches, wenngleich prononcierteres Bild zeichnet.
Die Kategorien Raum und Diversität sind ähnlich stark vertreten, bei den konkreten Ideen werden zudem gehäuft Vorschläge in Bezug auf das Fördersystem gemacht, wobei es sich häufig um Wünsche nach Erweiterung des Förderspektrums auf spezifische Sparten oder Formate handelt. Wenn es um konkrete Ideen zu künstlerischen Inhalten geht, so wurden hier primär geschmackliche Vorlieben geäußert – Ablehnung oder Vorlieben, die bislang aus Sicht der jeweiligen Person zu wenig gefördert werden.
Der gesamte Partizipationsprozess zeigt deutliche Wünsche nach verstärkter Kulturvermittlung, nach Zugänglichkeit und Leistbarkeit des kulturellen Angebots, aber auch den Wunsch nach fairen Arbeitsbedingungen für Künstler*innen und nach einer Abbildung der Diversität der Stadt in der Kultur. Die Frage nach der räumlichen Verteilung spielt dabei eine große Rolle, die Verfügbarkeit eines kulturellen Angebotes in allen Bezirken der Stadt ist ein durchgehendes Anliegen.
Insgesamt bestätigen die Ergebnisse des Partizipationsprozesses die in der Kulturstrategie behandelten Handlungsfelder sowie die seit 2018 gesetzten kulturpolitischen Schwerpunkte.