4. Gleichstellung & Partizipation

4.4 Rechtliche Regelungen für die österreichische Staatsbürgerschaft


Die rechtlichen Bestimmungen zur Staatsbürgerschaft in Österreich werden vom Bundesgesetzgeber beschlossen und finden sich im österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG). Für den Vollzug des StbG sind die Bundesländer zuständig. In Wien ist dies die Abteilung für Einwanderung und Staatsbürgerschaft.

Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft

Aufenthalts-/Wohnsitzdauer

•Einbürgerung im Rahmen des Ermessens:

– nach zehn Jahren legalen, ununterbrochenen Aufenthalts, davon mindestens fünf Jahre Niederlassung in Österreich (und Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen, siehe unten: sonstige Erteilungsvoraussetzungen),

•Einbürgerung auf Basis eines Rechtsanspruchs:

– nach sechs Jahren legalen und ununterbrochenen Aufenthalts: EWR-Bürger*innen, Ehegatt*innen österreichischer Staatsbürger*innen nach fünf Jahren Ehe oder eingetragener Partnerschaft und Leben im gemeinsamen Haushalt, in Österreich geborene Personen, Personen mit nachweislichen B2-Deutschkenntnissen und jene, die einen Nachweis nachhaltiger persönlicher Integration erbringen können (im Gesetz beispielhaft angeführt) und Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen;

– nach zehn Jahren Aufenthalt und Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen: Asylberechtigte;

– nach 15 Jahren Wohnsitz bzw. 30 Jahren Aufenthalt und Erfüllen der weiteren Voraussetzungen.

Sonstige Erteilungsvoraussetzungen, u.a.:

  • Gesicherter Lebensunterhalt/regelmäßiges, eigenes Einkommen, das über dem Ausgleichszulagenrichtsatz des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes liegen muss, der jährlich angepasst wird (2023 für Alleinstehende 1.030,49 Euro, für Ehepaare 1.625,71 Euro und für jedes Kind zusätzlich 15 Euro); diese Einkommenshöhe muss durchschnittlich 36 Monate lang innerhalb von sechs Jahren vor der Antragstellung, sechs Monate davon unmittelbar vor Antragstellung, ohne Zuhilfenahme von Sozialhilfeleistungen erreicht werden;

  • Nachweis von Deutschkenntnissen auf Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen;

  • Bestehen eines Wissenstests zu Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung und der daraus ableitbaren Grundprinzipien sowie der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes (ausgenommen sind Menschen mit physisch oder psychisch dauerhaft schlechtem Gesundheitszustand, was von einem Amtsarzt/einer Amtsärztin bestätigt werden muss)

  • Unbescholtenheit: keine strafrechtlichen Verurteilungen und/oder mehrmaligen schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen (im StbG definiert und aufgezählt );

  • Zurücklegen der bisherigen Staatsangehörigkeit, außer rechtlich nicht möglich und/oder nicht zumutbar (zum Beispiel bei Asylberechtigten), oder die Beibehaltung wird auf Antrag gestattet, etwa bei außerordentlichen Leistungen auf wissenschaftlichem oder kulturellem Gebiet für die Republik Österreich.

Weiters fallen auf Bundes- und Landesebene Gebühren von EUR 1.000 und mehr pro Person je nach Einbürgerungsgrund an, wobei jene auf Bundesebene den überwiegenden Anteil ausmachen.

Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft auf Ehegatt*innen und Kinder

Erfüllen Einbürgerungswerber*innen alle genannten Voraussetzungen auch im Hinblick auf Ehegatt*innen und Kinder, ist die Verleihung der Staatsbürgerschaft auch auf diese zu erstrecken. Die für Ehegatt*innen geltenden Bestimmungen sind sinngemäß auch auf eingetragene Partnerschaften und Partner*innen anzuwenden.

Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft mit der Geburt

Kinder erhalten die österreichische Staatsbürgerschaft mit ihrer Geburt, wenn sie von österreichischen Eltern(teilen) geboren werden; dies ist unabhängig davon, wo sie ihren Aufenthaltsort oder Wohnsitz haben. In der Fachsprache wird dies das Abstammungsprinzip oder ius sanguinis genannt.

Kinder nicht-österreichischer Eltern, die in Österreich zur Welt kommen, sind rechtlich gesehen ausländische Staatsangehörige so wie ihre Eltern. Das betraf in Wien 36 % aller 12.222 im Jahr 2022 geborenen Kinder (14 %, 2.713 Kinder, mit EU/EFTA-Staatsbürgerschaft, 22 %, 4.207 Kinder, mit Drittstaatsangehörigkeit). Wollen sie österreichische Staatsbürger*innen werden, müssen sie bzw. ihre Eltern den Weg über das Verleihungsverfahren gehen und dabei (abgesehen von einer verkürzten Wohnsitzfrist) die gleichen strengen Kriterien erfüllen, wie sie für Eingewanderte gelten.

Doppel- und Mehrfachstaatsbürgerschaften durch Geburt

Kinder, deren Elternteile die österreichische und eine weitere Staatsbürgerschaft haben, werden mit der Geburt österreichische Staatsbürger*innen und, wenn dies das jeweilige andere Staatsbürgerschaftsrecht vorsieht und zulässt, Doppel- oder Mehrfachstaatsbürger*innen. Sie bleiben dies aus Sicht des österreichischen Rechts auch über die Volljährigkeit hinaus.

Österreichische Staatsbürgerschaft für Opfer und Nachkommen des NS-Regimes (Anzeigeverfahren)

Nach dem österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) können Opfer und Nachkommen in direkter absteigender Linie von Opfern des NS-Regimes die österreichische Staatsbürgerschaft durch eine so genannte Anzeige erhalten. Sie müssen dafür weder ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben noch einen Aufenthalt bzw. Wohnsitz in Österreich vorweisen. Die Mehrheit der Anzeigen wird im Ausland eingebracht und von der Wiener Staatsbürgerschaftsbehörde bearbeitet und erledigt. Die Bestimmung wurde im April 2022 erweitert.

Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit

Nehmen österreichische Staatsbürger*innen eine fremde Staatsangehörigkeit an, verlieren sie die österreichische von Gesetzes wegen. Dies sieht das Staatsbürgerschaftsgesetz so vor. Ausnahmen von dieser Regel, Doppelstaatsbürgerschaften grundsätzlich zu verwehren, bestehen dort, wo die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft auf vorangehenden Antrag erlaubt wird.

Tauchen Hinweise auf, dass ein*e österreichische*r Staatsbürger* in eine fremde Staatsangehörigkeit (wieder) angenommen hat, wie zum Beispiel ein Reisepass eines anderen Staats, der bei einer Grenzkontrolle vorgewiesen wird, kommt es zu einem Verfahren durch die Staatsbürgerschaftsbehörde. Diese prüft, ob die*der österreichische Staatsbürger*in eine andere Staatsbürgerschaft oder die frühere Staatsangehörigkeit wieder angenommen hat. Diese Prüfung wird in einem so genannten Feststellungsverfahren vorgenommen.

Tatbestände zur Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft 2021 erweitert

Im Sommer 2021 schuf der österreichische Gesetzgeber eine neue Möglichkeit, die österreichische Staatsbürgerschaft zu entziehen, und zwar im Kontext und als Folge terroristischer Aktivitäten. Im Konkreten sollen terroristische Straftaten, die Beteiligung an terroristischen Vereinigungen, die Ausbildung zu terroristischen Taten sowie deren Finanzierung, die Aufforderung zum Terrorismus und dessen Gutheißung sowie Reisen zu terroristischen Zwecken (§§ 278 b–g und § 282 Strafgesetzbuch) bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe den Entzug ermöglichen, wenn die betroffene Person dadurch nicht staatenlos wird. Diese neuen Möglichkeiten des Entzugs der Staatsbürgerschaft sind sehr weitreichend; die Aufforderung zu terroristischen Taten beispielsweise sieht eine Höchststrafe von zwei Jahren Haft vor. Betroffen sein können sowohl Österreicher*innen, die die österreichische Staatsbürgerschaft automatisch bei Geburt erworben haben, als auch eingebürgerte Österreicher*innen.