7. Einkommen & soziale Sicherung

7.3 Entlohnung der ausgeübten Erwerbstätigkeit

Im Kontext des Integrationsmonitorings stellt sich die Frage, ob es zwischen unterschiedlichen Gruppen in der Wiener Bevölkerung strukturelle Unterschiede bezüglich der Höhe des erzielten Einkommens gibt.

Als Datenquelle wurden die monatlichen Nettoeinkommen laut Lohnsteuerstatistik herangezogen, welche von der Statistik Austria nachträglich für die Hinzufügung zur Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung bereitgestellt werden. Diese umfassen das Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit in der Haupttätigkeit inklusive des anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Die folgenden Auswertungen beziehen sich daher ausschließlich auf die Entlohnung in den ausgeübten Haupttätigkeiten und sollten nicht als Angaben über das gesamte Einkommen von Personen oder Haushalten missverstanden werden. Sie informieren damit nicht beziehungsweise nicht in erster Linie über die soziale Situation der Bevölkerung, sondern über Aspekte des Beschäftigungswesens und die unterschiedlichen Einkommenschancen der Wiener Bevölkerung.

Zunächst werden in diesem Abschnitt die tatsächlichen Nettomonatseinkommen und damit die Stellung in der Kaufkrafthierarchie dargestellt. Darin schlagen sich unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten nieder, die aufgrund der weit verbreiteten Teilzeitarbeit vor allem bei Frauen zu deutlich niedrigeren Einkommen führen. Anschließend werden die auf 40 Wochenstunden abgeglichenen Nettomonatseinkommen dargestellt, was einen Blick darauf ermöglicht, wer am Arbeitsmarkt einträglichere und weniger einträgliche Tätigkeiten ausübt.

Nettoentlohnung aus der unselbstständig ausgeübten Haupttätigkeit

Die Grafik zeigt, dass Personen mit in Drittstaaten  erworbenen Bildungsabschlüssen deutlich niedrigere Löhne beziehen.

Personen mit Bildung aus Drittstaaten beziehen deutlich niedrigere Löhne – Frauen sind besonders benachteiligt.

Abbildung 1 zeigt die mittlere Nettoentlohnung (Median) der unselbstständig Erwerbstätigen in Wien in ihrer Haupttätigkeit, differenziert nach Geschlecht, Bildungsstaat und Migrationshintergrund im Zeitraum 2019– 20214 ohne Personen unter 25 Jahren, die sich noch in Ausbildung befinden. Zu sehen sind die Schwankungsbreiten (Konfidenzintervalle). Überlappen die Schwankungsbreiten einander nicht, kann mit weniger als 5 % Irrtumswahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Unterschiede in der Nettoentlohnung nicht nur die Stichprobe des Mikrozensus, sondern auch die Bevölkerung, die sie repräsentiert, betreffen.

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich wird, beziehen Personen mit Bildungsabschlüssen aus dem Ausland und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat deutlich niedrigere Löhne als alle anderen untersuchten Bevölkerungsgruppen. Frauen mit Bildungsabschlüssen aus dem Ausland und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat beziehen die niedrigsten mittleren Nettolöhne – deutlich niedriger noch als der mittlere Nettolohn von Männern aus Drittstaaten.

Ein Blick auf Personen ohne Migrationshintergrund zeigt, dass auch in dieser Bevölkerungsgruppe Frauen einen deutlich niedrigeren mittleren Nettolohn als Männer erzielen. Gleichzeitig ist der mittlere Nettolohn von Frauen ohne Migrationshintergrund auch im Zeitraum 2019–2021 (wie im letzten Untersuchungszeitraum 2016–2018) deutlich höher als von Männern (und Frauen) mit Migrationshintergrund.

Um die Arbeitszeit bereinigte Nettoentlohnung

Die Grafik zeigt, dass Unterschiede nach Herkunft in der mittleren Nettoentlohnung (Median) auch in einer nach Arbeitszeit bereinigten Betrachtung bestehen.

Auch bei einer nach Arbeitszeit bereinigten Betrachtung bestehen in der mittleren Entlohnung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen signifikante Unterschiede weiter.

Die Höhe der Entlohnung hängt auch von den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden ab. Daher ist es von Interesse, für den Vergleich von Löhnen eine Bereinigung in Hinblick auf die Arbeitszeit vorzunehmen. Bei einer solchen so genannten Bereinigung wird das Nettoeinkommen laut Lohnsteuerstatistik durch die Arbeitszeit in der Haupttätigkeit dividiert und mit 40 multipliziert. Ziel hiervon ist es, Nettolöhne besser (bereinigt von Unterschieden in den geleisteten Arbeitsstunden) vergleichbar zu machen. Zu beachten ist hierbei, dass dieses Verfahren aufgrund der hierfür herangezogenen Daten nicht präzise ist. So ist davon auszugehen, dass diese Bereinigung vermutlich eine Überschätzung des bereinigten Einkommens von Erwerbstätigen mit niedriger Stundenzahl bewirkt. Dies betrifft aktuell vorwiegend Frauen.

Eine Betrachtung der nach Arbeitszeit bereinigten mittleren Nettoentlohnung zeigt v. a. zwei interessante Ergebnisse (Abb. 2). Zum einen wird deutlich, dass die Abstufungen in der Entlohnung zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auch nach einer nach Arbeitszeit bereinigten Darstellung bestehen bleiben. Personen mit Bildungsabschlüssen aus dem Ausland und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat erzielen auch in einer nach Arbeitszeit bereinigten Darstellung eine niedrigere Nettoentlohnung als alle anderen Bevölkerungsgruppen, dies vor allem im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund. Das zweite interessante Ergebnis betrifft die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezüglich der mittleren Nettoentlohnung. Hier wird zunächst ersichtlich, dass sich die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in dieser Betrachtung reduzieren. Dies liegt daran, dass die mittleren Nettoentlohnungen von Frauen in dieser Betrachtung höher angesiedelt sind. Signifikante Unterschiede bei der mittleren Nettoentlohnung von Frauen und Männern bleiben allerdings in zwei Gruppen – bei Personen ohne Migrationshintergrund und bei Personen mit Bildungsabschluss aus dem Ausland und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat – bestehen.

Chart

Tabelle

Sehr gut davon leben Reicht einigermaßen aus Es reicht nur knapp aus Es reicht nicht aus weiß nicht/keine Angabe
Migrationshintergrund 16,75 38,63 19,03 22,5 3,1
kein Migrationshintergrund 27,6 37,08 18,3 14,77 2,25
Gesamt 22,74 37,77 18,63 18,23 2,63

Abb. 3: Antworten der Wiener Bevölkerung auf die Frage „Wie kommen Sie mit Ihrem derzeitigen Haushaltseinkommen aus? Was trifft am ehesten zu?“ (in %).

42 % der Wiener*innen mit Migrationshintergrund können nicht gut von ihrem Einkommen leben.

Der Umstand, dass es in Wien deutliche Abstufungen in der mittleren Entlohnung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen gibt, mag erklären, warum unterschiedliche Bevölkerungsgruppen unterschiedlich gut mit ihrem Einkommen auskommen. So gaben etwa in der im Jahr 2023 vom SORA-Institut durchgeführten „Zusammenleben in Wien“ Studie 42 % der befragten Wiener*innen mit Migrationshintergrund an, dass das Einkommen nur knapp oder nicht zum Durchkommen ausreiche. Auch unter den befragten Wiener*innen ohne Migrationshintergrund war der Anteil derer, die mit ihrem Einkommen nur knapp oder gar nicht auskommen, sehr hoch (33 %) – der Anteil ist dennoch kleiner als bei Personen ohne Migrationshintergrund (Abb. 3).

Arbeitszeitbereinigte Nettoentlohnung nach Bildungsstand

Chart

Tabelle

kein MgH Bildung AT, MgH EU/EFTA Bildung AT, MgH Drittst Bild. Ausl., MgH EU/EFTA Bild. Ausl., MgH Drittst
maximal Pflichtschule 2160,99 1883,39 1778,94 1733,82 1734,48
Lehre oder BMS 2404,7 2097,08 1999,84 1896,01 1823,17
Matura 2670 2255,73 1963,08 1977,32 1877,49
Hochschule 2987,3 2565,19 2657,58 2647,39 2476,51

Abb. 4a: Mittlere Nettoentlohnung (Median) in der Haupttätigkeit der unselbstständig erwerbstätigen Frauen in Wien, arbeitszeitbereinigt, nach Geschlecht, Bildungsstand, Bildungsstaat und Migrationshintergrund im Durchschnitt von 2019–2021, ohne Personen unter 25 Jahren, die sich in Ausbildung befinden (in €).

Chart

Tabelle

kein MgH Bildung AT, MgH EU/EFTA Bildung AT, MgH Drittst Bild. Ausl., MgH EU/EFTA Bild. Ausl., MgH Drittst
maximal Pflichtschule 2167,04 1980,05 1898,67 1709,57 1792,52
Lehre oder BMS 2478,99 2285,47 2204,7 2097,9 1963,63
Matura 2969,05 2369,56 2121,88 2101,28 1914,3
Hochschule 3303,11 2856,17 3003,24 3176,84 2590,55

Abb. 4b: Mittlere Nettoentlohnung (Median) in der Haupttätigkeit der unselbstständig erwerbstätigen Männer in Wien, arbeitszeitbereinigt, nach Geschlecht, Bildungsstand, Bildungsstaat und Migrationshintergrund im Durchschnitt von 2019–2021, ohne Personen unter 25 Jahren, die sich in Ausbildung befinden (in €).

In Abbildungen 4a und 4b werden die mittleren Nettolöhne für die im Integrationsmonitor untersuchten Bevölkerungsgruppen arbeitszeitbereinigt nach Geschlecht und Bildungsabschluss differenziert: höchstens Pflichtschule, mittlere Ausbildung ohne Matura, Matura (einschließlich Kolleg und Hochschullehrgängen) und schließlich Hochschulabschlüsse.

Abbildung 4 zeigt, dass in allen nach Bildungsabschlüssen differenzierten Bildungsgruppen Personen ohne Migrationshintergrund die jeweils höchsten mittleren Nettolöhne erzielen.

Bei weiblichen Beschäftigten, die als höchsten Bildungsabschluss einen Hochschulabschluss haben, erzielten Frauen ohne Migrationshintergrund eine um rund 500 Euro höhere mittlere Nettoentlohnung als Frauen mit einem ausländischen Bildungsabschluss und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat. Bei weiblichen Beschäftigten, die als höchsten Bildungsabschluss eine Matura haben, lag der Unterschied zwischen der mittleren Nettoentlohnung von Frauen ohne Migrationshintergrund und von Frauen mit einem ausländischen Bildungsabschluss und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat bei rund 800 Euro.

Auch bei den männlichen Beschäftigten sind deutliche Unterschiede je nach Herkunft und Ort des Bildungsabschlusses zu verzeichnen. So ist beispielsweise bei Männern mit Hochschulabschluss ohne Migrationshintergrund die mittlere Nettoentlohnung um rund 700 Euro höher als bei jenen, die einen ausländischen Bildungsabschluss und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat haben. Bei männlichen Beschäftigten, die als höchsten Bildungsabschluss eine Matura haben, beträgt der Unterschied zwischen Männern ohne Migrationshintergrund und Männern mit einem ausländischen Bildungsabschluss und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat mehr als 1.000 Euro.

Diese ungleiche Verteilung der mittleren Nettoentlohnung deutet darauf hin, dass viele Beschäftigte mit im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen in beruflichen Positionen tätig sind, in denen sie ihre Bildungsabschlüsse nicht adäquat verwerten können.