5. Bildung

5.4 Bildungserwerb

Während im vergangenen Abschnitt der Bildungsstand der Wiener Bevölkerung beobachtet und beschrieben wurde, widmet sich dieser Abschnitt dem Prozess des Bildungserwerbs selbst. Dabei wird den Fragen nachgegangen, welche Unterschiede es in der Wiener Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 19 Jahren beim Erwerb von Ausbildungen gibt und wie sich diese im Lauf der Zeit verändert haben.

Bildungserwerb der Bevölkerung zwischen 15 und 19 Jahren

Beim Bildungserwerb der Wiener*innen zwischen 15 und 19 Jahren werden ausschließlich die nicht mehr schulpflichtigen Personen beobachtet.

Zur Berechnung dieses Indikators musste die verwendete Stichprobe des Mikrozensus in Bezug auf das Alter eingeschränkt werden. Dies führt bei den Bevölkerungsgruppen, die ihren Bildungsabschluss im Ausland erworben haben, jedoch zu sehr geringen Fallzahlen, wodurch die Ergebnisse stark schwanken und teilweise keine sinnvollen Interpretationen mehr möglich sind. Anders als bei vergleichbaren Indikatoren in vorangehenden Abschnitten werden daher die Ergebnisse für Personen mit ausländischer Bildung, die aus einem EU/EFTA-Staat oder aus einem Drittstaat zugewandert sind, in Abbildung 6 nicht mehr dargestellt. Trotz dieser Einschränkungen sind die Schwankungsbreiten nach wie vor hoch, was bei der Interpretation der dargestellten Entwicklungen mitbedacht werden muss. Daher wird der Fokus im Folgenden auf die Beschreibung von Trends gelegt. In den Abbildungen 7a-c und 8 wurden Trendlinien abgebildet, um diese Trends besser ersichtlich zu machen.

Zusätzlich werden, um den Anteil der nicht mehr schulpflichtigen Wiener*innen zwischen 15 und 19 Jahren mit höchstens Pflichtschulabschluss abzubilden, Ergebnisse auch nach einzelnen ausgewählten Geburtsländern der Eltern dargestellt.

Unterschiede beim Bildungserwerb zwischen den in Österreich ausgebildeten Wiener Jugendlichen schwanken, haben im Trend aber abgenommen.
Abb. 7: Anteil der nicht mehr schulpflichtigen Wiener*innen zwischen 15 und 19 Jahren mit laufenden oder abgeschlossenen Ausbildungen nach dem Ort des Bildungsabschlusses und Migrationshintergrund (in %), Anteil mit höchstens Pflichtschulabschluss und nicht in (Aus)Bildung.

Unterschiede beim Bildungserwerb der Wiener Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund schwanken, haben aber der Tendenz nach abgenommen.

Aufgrund der großen Schwankungsbreiten wird, wie oben bemerkt, in der Beschreibung von Abb. 7 auf die Beschreibung von Trends, wie sie aus den der Grafik beigefügten Trendlinien ersichtlich sind, fokussiert. Die Abbildung der Trendlinien verdeutlicht, dass bei der Gruppe der Wiener*innen zwischen 15 und 19 Jahren mit höchstens Pflichtschulabschluss die Bevölkerungsgruppe mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat den größten Anteil verzeichnet, wobei dieser insgesamt etwas sinkt, danach folgt der Bevölkerungsteil mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus der EU/EFTA. Den niedrigsten Anteil an geringer Bildung weisen Jugendliche ohne Migrationshintergrund auf.

Bei mittlerer Ausbildung verzeichnen Jugendliche mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat die höchsten Anteile. Die geringsten Anteile an mittlerer Bildung wiederum haben Jugendliche mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus der EU/EFTA.

Bei den Jugendlichen erkennt man sowohl bei der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund aus einem Drittstaat als auch bei denen ohne Migrationshintergrund einen Zuwachs bei höherer Bildung, wenngleich ein großer Abstand zwischen diesen zwei Gruppen bestehen bleibt.

Jugendliche mit Migrationshintergrund aus der EU/EFTA verzeichneten eine Abnahme beim Anteil an Personen mit höherer Bildung. Während der Anteil an höherer Bildung bei jugendlichen Wiener*innen mit Migrationshintergrund aus der EU/EFTA zunächst einige Beobachtungsperioden über dem Anteil der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund lag, ist er zwischenzeitlich gesunken, lag aber zuletzt wieder über dem der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund.

Betrachtet man die Trends bei den Anteilen der Jugendlichen gesondert für Personen mit höchstens Pflichtschulabschluss zwischen 15 und 19 Jahren nach dem Geburtsland der Eltern (Abb. 8), wird sichtbar, dass der Anteil bei Jugendlichen mit höchstens Pflichtschulabschluss mit Eltern aus der Türkei sinkt, ebenso wie bei Jugendlichen mit Eltern aus einem Drittstaat aus dem ehemaligen Jugoslawien. Bei Jugendlichen mit Eltern aus der EU/EFTA steigt hingegen der Anteil an Personen mit geringerer Bildung, ebenso wie bei den Jugendlichen aus einem sonstigen Drittstaat.

Die Gesamtzahl der 15- bis 19-Jährigen in Wien hat sich in den vergangenen Jahren nur wenig verändert. Die Zahl der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund hat hingegen abgenommen. Seit dem Beginn des Integrationsmonitorings wuchs die Zahl der Jugendlichen von nahezu 76.000 auf knapp über 78.000 an. Davon waren zuletzt 36.530 Jugendliche ohne Migrationshintergrund, über 9.000 weniger als zu Beginn des Integrationsmonitorings (Abb. 9). Zugenommen hat vor allem die Anzahl jener mit Bildung aus dem Inland und Eltern aus einem Drittstaat sowie in kleinerem Umfang auch jener mit Bildung aus dem Inland und Eltern aus der EU/EFTA. Angestiegen, aber dann wieder abgesunken ist die Zahl der 15- bis 19-Jährigen mit Bildung aus dem Ausland, die in Wien nicht in Ausbildung sind.

Chart

Tabelle

kein MH Bildung AT, MH EU/EFTA Bildung AT,MH Drittstaat Bildung Ausl, MH EU/EFTA Bildung Ausl,MH Drittst.
2007 – 10 45910,5 3625,08 24643,83 679,75 729,33
2008 – 11 47035,25 4409,33 24367,33 516 1410,42
2009 – 12 45340,83 5923,42 24247,17 470,25 1783,83
2010 – 13 44703,58 5667,33 23332,75 1045,25 2254,08
2011 – 14 42537,17 5773 24092,75 1055,33 2365,58
2012 – 15 41211,25 5361,42 25697,17 1060 2348,5
2013 – 16 40339,33 7037,25 26106,08 785,75 2069,25
2014 – 17 41052,83 6741,17 26709,17 920,17 2074
2015 – 18 40395,33 6219,5 28558,58 1188,67 2361,92
2016 – 19 39034,67 6114,08 30003,83 1080,08 2557,67
2017 – 20 38230,08 6464,17 30350,25 755,92 2044,92
2018 – 21 37773,75 7310,83 29985,17 530,75 1483,42
2019 – 22 36530,42 8535,25 31191,83 738,42 1055,75

Abb. 9: Anzahl der Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren in Wien nach dem Ort des höchsten Bildungsabschlusses und Migrationshintergrund.

Bildungserwerb der Jugendlichen mit Eltern aus Drittstaaten

Am Beispiel der Jugendlichen mit Migrationshintergrund aus einem Drittstaat wird nun genauer auf Unterschiede im BiIdungserwerb nach Geschlecht eingegangen. In diesem Teil der Wiener Bevölkerung nahm der Anteil der Jugendlichen in oder mit höherer Ausbildung in den vergangenen Jahren zunächst stark zu und in den letzten Jahren wieder etwas ab. Dabei gibt es jedoch Unterschiede zwischen Frauen und Männern (Abb. 10a-b). Sowohl Männer als auch Frauen wiesen bis zur Berichtsperiode 2016–2019 einen kontinuierlichen Anstieg an höherem Bildungserwerb auf. Danach fiel dieser Anteil bei beiden Gruppen wieder, wobei der Rückgang bei Männern deutlicher war als bei Frauen. In der letzten Berichtsperiode 2019–2022 lag der Anteil der Jugendlichen in oder mit höherer Ausbildung bei Frauen bei rund 53 % und bei Männern bei 43 %.

Sehr viel größere Unterschiede gab es bei weiblichen und männlichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. 72 % der weiblichen Jugendlichen hatten in der letzten Berichtsperiode eine höhere Bildung (ab Matura), bei den männlichen Jugendlichen hingegen waren dies zuletzt nur 57 %.

Chart

Tabelle

weibl. bis Plfichtschule Weibl. Lehre/BmS Weibl. ab Matura Männl. bis Pflichtschule Männl. Lehre/BmS Männl. ab Matura
2007 – 10 13,09 24,27 62,64 12,71 28,24 59,05
2008 – 11 11,33 20,87 67,8 11,7 29,16 59,14
2009 – 12 9,36 18,77 71,87 14,44 27,81 57,75
2010 – 13 9,42 20,84 69,73 14,27 29,73 56,01
2011 – 14 8,78 22,19 69,03 13,16 29,43 57,41
2012 – 15 6,64 22,48 70,88 10,97 29,25 59,78
2013 – 16 5,47 21,07 73,47 11,13 26,87 62
2014 – 17 6,12 19,83 74,05 10,65 25,18 64,18
2015 – 18 7,69 20,24 72,07 9,99 23,82 66,19
2016 – 19 10,17 19,66 70,16 11,66 22,21 66,13
2017 – 20 10,44 19,19 70,37 13,15 22,06 64,79
2018 – 21 10,08 19,25 70,67 14,18 25,01 60,81
2019 – 22 9,2 19,14 71,66 16,17 26,79 57,05

Abb. 10a: Anteil der nicht mehr schulpflichtigen Wiener*innen zwischen 15 und 19 Jahren mit laufenden oder abgeschlossenen österreichischen Ausbildungen nach Migrationshintergrund (in %), Kein Migrationshintergrund.

Chart

Tabelle

weibl. bis Plfichtschule Weibl. Lehre/BmS Weibl. ab Matura Männl. bis Pflichtschule Männl. Lehre/BmS Männl. ab Matura
2007 – 10 23,92 34,04 42,03 23,94 33,86 42,2
2008 – 11 22,03 31,24 46,73 27,17 32,06 40,77
2009 – 12 20,92 30,38 48,7 24,54 33,36 42,11
2010 – 13 17,26 27,77 54,97 21,09 34,38 44,53
2011 – 14 18,35 27,39 54,26 20,25 31,09 48,66
2012 – 15 18,93 28,33 52,74 23,89 27,46 48,65
2013 – 16 20,3 29,29 50,41 23,3 28,84 47,86
2014 – 17 20,71 25,86 53,42 21,88 26,17 51,95
2015 – 18 18,47 24 57,53 18,92 24,89 56,19
2016 – 19 16,71 24,73 58,57 20,2 23,13 56,66
2017 – 20 18,34 25,91 55,76 22,99 29,63 47,38
2018 – 21 21,49 23,35 55,16 23,15 34,91 41,94
2019 – 22 24,05 23,08 52,86 22,49 34,18 43,33

Abb. 10b: Anteil der nicht mehr schulpflichtigen Wiener*innen zwischen 15 und 19 Jahren mit laufenden oder abgeschlossenen österreichischen Ausbildungen nach Migrationshintergrund (in %), Migrationshintergrund aus Drittstaaten.

Im Hinblick auf die Wahl der Schultypen (nicht abgebildet) gibt es eine ausgeprägte Präferenz für die Allgemeine Höhere Schule (AHS) bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund gegenüber Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS). Diese Präferenz ist bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund aus einem Drittstaat nicht zu beobachten. Bei ihnen kommt der Besuch der AHS und BHS der Tendenz nach gleich häufig vor.

Bei den mittleren Ausbildungen sehen wir, dass diese sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Jugendlichen mit Eltern aus einem Drittstaat über die Jahre zurückgegangen sind, wobei sie dann bei den männlichen Jugendlichen ab der Periode 2016–2019 wieder um 10 Prozentpunkte anstiegen und zuletzt bei 34 % lagen. Auffallend ist, dass diese Zunahme parallel zur Abnahme der höheren Bildung bei den männlichen Jugendlichen von 57 (2016–2019) auf zuletzt 43 % erfolgte. Ein ähnlicher Abfall an höherer Bildung und eine Zunahme an mittlerer Bildung, wenn auch in geringerem Maße, sehen wir auch bei den männlichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Hier fiel der Anteil an höherer Bildung seit 2016–2019 um 9 Prozentpunkte, und der an mittlerer Bildung stieg um 5 Prozentpunkte und lag zuletzt bei 27 %. Bei den weiblichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund lag der Anteil an mittlerer Bildung relativ konstant um die 20 % und betrug zuletzt 19 %.

Bei den weiblichen Jugendlichen mit Eltern aus einem Drittstaat lag der Anteil an mittlerer Bildung zuletzt bei 23 %, also 10 Prozentpunkte unter den jugendlichen Männern dieses Bevölkerungsteils. Diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Bereich der mittleren Bildung ergeben sich vor allem aus unterschiedlichen Anteilen bei der Lehrausbildung.

Eine Lehrausbildung kommt bei männlichen Jugendlichen viel häufiger vor als bei den jugendlichen Frauen. Dieser Unterschied ist jedoch kein Spezifikum von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, sondern kommt sowohl bei den Jugendlichen mit Eltern aus einem Drittstaat als auch bei den Jugendlichen mit Eltern aus Österreich vor. Die Lehre ist zudem bei den männlichen Jugendlichen, denen mit wie auch ohne Migrationshintergrund, gleich häufig und jeweils viel häufiger als die Berufsbildende Mittlere Schule (BMS).

Bei den weiblichen Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat war der reine Pflichtschulabschluss seit Beginn der Berichtsphase des Wiener Integrationsmonitorings nie ein häufigerer Ausbildungstyp als bei Männern. Dies hat sich in der Periode 2019–2022 erstmalig geändert. In der Periode 2019–2022 hatten 24 % einen reinen Pflichtschulabschluss, bei den jugendlichen Männern hingegen betrug dieser Anteil zuletzt 22 %.

Bei den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund gibt es wiederum einen deutlicheren Unterschied bei den Anteilen an niedriger Bildung zwischen Männern und Frauen. Während dieser bei den weiblichen Jugendlichen zuletzt bei 9 % lag, lag er bei männlichen Jugendlichen bei 16 %.