1. Hintergrund

1.4 Prävalenz

Weltweit sind geschätzt 200 Millionen Frauen und Mädchen von FGM/C betroffen. Jährlich sind drei Millionen Mädchen gefährdet, an den Genitalien verstümmelt zu werden: Das sind mehr als 8.000 Betroffene täglich.

FGM/C wird in rund 30 afrikanischen Staaten des globalen Südens, besonders in Somalia, Guinea, Ägypten, Mali, Sudan, Eritrea, Äthiopien und in Teilen von Nigeria praktiziert. FGM/C kommt aber auch in Jemen, Indonesien und in indigenen Gemeinschaften Australiens und Südamerikas (Brasilien, Peru) vor und ist somit keiner Region zuzuordnen. Infolge der globalen Migration leben FGM/C-Betroffene auch in Europa.

Eine Studie der Medizinischen Universität Wien schätzt die Zahl der Betroffenen in Österreich auf 11.000 Frauen und Mädchen. Davon stammen 49 % aus Ägypten, 26 % aus Somalia, 6 % aus Nigeria, 4 % aus dem (Nord)Irak und 3 % aus Äthiopien und 12 % aus weiteren Ländern u.a. Kenia, Sudan, Eritrea, Guinea und Gambia. Die meisten Betroffenen, nämlich 6.323, leben in Wien, gefolgt von Oberösterreich (1.067), Steiermark (1.034), Tirol (688), Niederösterreich (565) und Salzburg (562).

Bei 20% der Betroffenen in Österreich ist von FGM/C in Form von Typ III und bei 19 % in Form von Typ II auszugehen. Bei 7 % handelt es sich um die Typ I-Form. Mangels Datenlage in Österreich ist bei 54 % der Betroffenen der FGM/C-Typ unbekannt.

In Österreich, schätzt das EU-Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE), sind zwischen 12 und 18 % der 0- bis 18-jährigen Mädchen aus FGM/C praktizierenden Ländern von Genitalverstümmelung bedroht. In absoluten Zahlen sind das 735 bis 1.083 Mädchen im Alter von 0-18 Jahren. Darüber hinaus schätzt EIGE, dass 31 % der asylsuchenden Mädchen in Österreich von FGM/C bedroht sind.

EIGE veröffentlichte eine Übersicht über jene Länder, in denen FGM/C dokumentiert ist, unter Angabe der jeweiligen nationalen Verbreitung von FGM/C und dem Durchschnittsalter bei der Beschneidung (siehe Tabelle 1). Anzumerken ist: Keine Daten zu manchen Ländern bedeutet oftmals, dass keine entsprechende Datenübermittlung stattgefunden hat.

Tabelle 1: FGM/C-Risiko-Schätzung für die migrantische Bevölkerung: Nationale und regionale FGM/C-Prävalenz nach Herkunftsland, Median-Alter bei BeschneidungMädchen und Frauen, EIGE 2018

Herkunftsland Quelle Jahr Prävalenz 15–19 J. Prävalenz 15–49 J. Regional niedrigste Prävalenz Regional höchste Prävalenz Median-Alter
Ägypten DHS 2015 69,6 % 87,2 % 74,5 % 92,1 % 10 Jahre
Äthiopien DHS 2016 47,1 % 65,2 % 24,2 % 98,5 % 4 Jahre
Benin MICS 2014 2,4 % 9,2 % 0,2 % 37,6 % 9 Jahre
Burkina Faso DHS 2010 57,7 % 76 % 55 % 90 % 4 Jahre
Côte d'Ivoire DHS 2011-12 31,3 % 38 % 12 % 80 % 4 Jahre
Djibouti MICS 2006 89,5 % 93 % 93 % 95 % 9 Jahre
Eritrea DHS 2010 68,8 % 83 % 71,2 % 95,9 % 0 Jahre
Gambia DHS 2013 76,3 % 74,9 % 47,4 % 96,7 % 4 Jahre
Ghana MICS 2011 1,5 % 4 % 0 % 41 % 9 Jahre
Guinea DHS 2012 94 % 97 % 89 % 100 % 9 Jahre
Guinea-Bissau MICS 2014 41,9 % 44,9 % 4,5 % 96,3 9 Jahre
Indonesien DHS 2012 49 %* k.A. k.A. k.A. 0 Jahre
Irak DHS 2011 4,9 % 8 % 0 % 58 % 9 Jahre
Jemen DHS 2013 16,4 % 19 % 0 % 85 % 0 Jahre
Kamerun DHS 2004 0,4 % 1 % 0 % 5 % 9 Jahre
Kenia DHS 2014 11,4 % 21 % 0,8 % 97,5 % 14 Jahre
Liberia DHS 2013 31,1 % 49,8 % 5,4 % 73 % 14 Jahre
Mali DHS 2012-13 90,3 % 91 % 88 % 95 % 4 Jahre
Mauretanien MICS 2011 65,9 % 69 % 20 % 99 % 4 Jahre
Niger DHS 2012 1,4 % 2 % 0 % 9 % 4 Jahre
Nigeria DHS 2013 15,3 % 25 % 3 % 49 % 4 Jahre
Senegal DHS 2015 22,2 % 24,2 % 6,9 % 76,9 % 4 Jahre
Sierra Leone MICS 2013 74,3 % 89,6 % 83,4 % 97,1 % 14 Jahre
Somalia MICS 2006 96,7 % 98 % 94 % 99 % 9 Jahre
Sudan MICS 2014 81,7 % 86,6 % 45,4 % 97,7 % 9 Jahre
Uganda DHS 2011 1 % 1 % 0 % 5 % 7 Jahre
Tansania DHS 2015-16 4,7 % 10 % 0 % 57,7 % 8 Jahre
Togo DHS 2013-14 1,8 % 4,7 % 0,4 % 17,4 % 9 Jahre
Tschad MICS 2014-15 31,8 % 38,4 % 0,7 % 96,1 % 9 Jahre
Zentralafrikanische Republik MICS 2010 17,9 % 24 % 3 % 77 % 14 Jahre

* Bevölkerung zwischen 0–12 Jahren