4. Empfehlungen zur medizinischen und psychosozialen Betreuung

4.4 Empfehlungen zur psychosozialen Betreuung

FGM/C und die damit verbundenen Folgen erhöhen bei betroffenen Frauen und Mädchen das Risiko für eine psychische Erkrankung.

Nicht immer verläuft FGM/C unter den gleichen Umständen. Da FGM/C in manchen Ländern in Kliniken unter Einsatz von Anästhesie und Schmerzmedikation, also medikalisiert, durchgeführt wird, sind die psychischen Auswirkungen sehr unterschiedlich. Im Fall einer traditionellen Beschneidung – ohne Anästhesie, bei Fixierung durch nahe Angehörige – kann FGM/C ein massives Trauma verursachen. Die Folgen können jenen einer posttraumatischen Belastungsstörung entsprechen.

Bei manchen Frauen kommt es hingegen zur Dissoziation, wobei jegliche Erinnerung verdrängt wird. Am häufigsten sind Symptome einer Depression oder einer Angststörung, aber auch somatoforme Störungen lassen sich auf diese Gewalterfahrung zurückführen. Schließlich können psychische Erkrankungen die ohnehin durch FGM/C belastete Sexualität zusätzlich beeinträchtigen.

Um Frauen bestmöglich zu unterstützen, braucht es eine niederschwellige, bedürfnisorientierte und optimalerweise muttersprachliche psychologische Versorgung. Es sollten nur weibliche klinische Psychologinnen und Psychotherapeutinnen eingesetzt werden, die im Umgang mit FGM/C-Betroffenen geschult sind. Eine psychologische Begleitung ist gerade bei rekonstruktiven Eingriffen empfehlenswert, um eine Retraumatisierung zu verhindern. Da die Bewältigungsstrategien und der Leidensdruck individuell sehr unterschiedlich sind, sollte die gesamte Person in den Mittelpunkt gestellt werden und etwaige psychische Belastungen nicht ausschließlich auf FGM/C reduziert werden.