Landesgesetzblatt für Wien
Jahrgang 2013 | Ausgegeben am 16. Dezember 2013 | 51. Stück |
51. Gesetz: |
Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013
– WKJHG 2013 [CELEX-Nrn.: 32003L0086, 32005L0036, 32009L0050, 32011L0036,
32011L0098 und 32013L0033]
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51.
Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – WKJHG 2013
Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – WKJHG 2013
Der Wiener Landtag hat beschlossen:
Inhaltsverzeichnis
1. Hauptstück
Allgemeine Bestimmungen
1. Hauptstück
Allgemeine Bestimmungen
§§ 1, 2, 3 Ziele und Aufgaben der Kinder- und
Jugendhilfe
§ 4 Persönlicher Anwendungsbereich und örtliche Zuständigkeit
§ 5 Trägerschaft und Besorgung
§ 4 Persönlicher Anwendungsbereich und örtliche Zuständigkeit
§ 5 Trägerschaft und Besorgung
Fachliche Ausrichtung
§ 6 Personal für die öffentliche Kinder- und
Jugendhilfe
§ 7 Anerkennung von Ausbildungen
§ 8 Planung, Forschung, Öffentlichkeitsarbeit
§ 9 Statistik
§ 10 Einrichtungen der privaten Kinder- und Jugendhilfe
§ 11 Verschwiegenheitspflicht
§ 12 Auskunftsrechte
§ 13 Datenverwendung
§ 14 Sonderauskünfte
§ 15 Dokumentation
§ 16 Kinder- und Jugendanwaltschaft
§ 17 Zusammenarbeit der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe mit anderen Einrichtungen
§ 7 Anerkennung von Ausbildungen
§ 8 Planung, Forschung, Öffentlichkeitsarbeit
§ 9 Statistik
§ 10 Einrichtungen der privaten Kinder- und Jugendhilfe
§ 11 Verschwiegenheitspflicht
§ 12 Auskunftsrechte
§ 13 Datenverwendung
§ 14 Sonderauskünfte
§ 15 Dokumentation
§ 16 Kinder- und Jugendanwaltschaft
§ 17 Zusammenarbeit der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe mit anderen Einrichtungen
2. Hauptstück
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe
1. Abschnitt
Soziale Dienste
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe
1. Abschnitt
Soziale Dienste
§ 18 Begriff
§ 19 Allgemeines
§ 20 Arten der Sozialen Dienste
§ 21 Erholungsaktionen
§ 22 Entgelt
§ 23 Praktische und wirtschaftliche Hilfen
§ 19 Allgemeines
§ 20 Arten der Sozialen Dienste
§ 21 Erholungsaktionen
§ 22 Entgelt
§ 23 Praktische und wirtschaftliche Hilfen
2. Abschnitt
Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung
Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung
§ 24 Gefährdungsabklärung
§ 25 Hilfeplanung
§ 26 Beteiligung
§ 27 Krisenzentren
§ 25 Hilfeplanung
§ 26 Beteiligung
§ 27 Krisenzentren
3. Abschnitt
Erziehungshilfen
Erziehungshilfen
§ 28 Arten der Hilfen
§ 29 Unterstützung der Erziehung
§ 30 Volle Erziehung
§ 31 Erziehungshilfen auf Grund einer Vereinbarung
§ 32 Erziehungshilfen auf Grund einer gerichtlichen Verfügung
§ 33 Hilfen für junge Erwachsene
§ 34 Durchführung
§ 35 Vorläufige Kostentragung
§ 36 Kostentragung, Kostenersatz
§ 37 Übertragung von Rechtsansprüchen
§ 29 Unterstützung der Erziehung
§ 30 Volle Erziehung
§ 31 Erziehungshilfen auf Grund einer Vereinbarung
§ 32 Erziehungshilfen auf Grund einer gerichtlichen Verfügung
§ 33 Hilfen für junge Erwachsene
§ 34 Durchführung
§ 35 Vorläufige Kostentragung
§ 36 Kostentragung, Kostenersatz
§ 37 Übertragung von Rechtsansprüchen
4. Abschnitt
Pflegekinder und Pflegepersonen
Pflegekinder und Pflegepersonen
§ 38 Begriff
§ 39 Vermittlung von Pflegeplätzen
§ 40 Pflegeverhältnisse im Rahmen der Vollen Erziehung
§ 41 Private Pflegeverhältnisse
§ 42 Pflegeaufsicht
§ 43 Hilfen zur Festigung des Pflegeverhältnisses
§ 44 Pflegekindergeld
§ 39 Vermittlung von Pflegeplätzen
§ 40 Pflegeverhältnisse im Rahmen der Vollen Erziehung
§ 41 Private Pflegeverhältnisse
§ 42 Pflegeaufsicht
§ 43 Hilfen zur Festigung des Pflegeverhältnisses
§ 44 Pflegekindergeld
5. Abschnitt
§ 45 Tagesbetreuung
6. Abschnitt
Sozialpädagogische Einrichtungen
Sozialpädagogische Einrichtungen
§ 46 Bewilligung
§ 47 Aufsicht und Widerruf der Bewilligung
§ 48 Meldepflicht
§ 47 Aufsicht und Widerruf der Bewilligung
§ 48 Meldepflicht
7. Abschnitt
Mitwirkung an der Adoption
Mitwirkung an der Adoption
§ 49 Grundsätze
§ 50 Mitwirkung an der Adoption im Inland
§ 51 Mitwirkung an der grenzüberschreitenden Adoption
§ 52 Eignungsbeurteilung
§ 50 Mitwirkung an der Adoption im Inland
§ 51 Mitwirkung an der grenzüberschreitenden Adoption
§ 52 Eignungsbeurteilung
3. Hauptstück
§ 53 Strafbestimmungen
§ 55 Verweisungen auf Bundesgesetze, Staatsverträge und Richtlinien der Europäischen Union
§ 56 Schluss- und Übergangsbestimmungen
§ 57 In-Kraft-Treten
§ 55 Verweisungen auf Bundesgesetze, Staatsverträge und Richtlinien der Europäischen Union
§ 56 Schluss- und Übergangsbestimmungen
§ 57 In-Kraft-Treten
1. HAUPTSTÜCK
Allgemeine Bestimmungen
Ziele und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe
Allgemeine Bestimmungen
Ziele und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe
§ 1. (1) Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf
Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu einer
eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Hierbei
sind die Grundsätze des Übereinkommens über die Rechte des
Kindes, BGBl. Nr. 7/1993 (UN-Kinderrechtskonvention), umzusetzen.
(2) Die Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen ist in erster
Linie die Pflicht und das Recht ihrer Eltern beziehungsweise anderer mit Pflege
und Erziehung betrauter Personen.
(3) Eltern und andere mit Pflege und Erziehung betraute Personen sind bei
der Ausübung von Pflege und Erziehung durch Information und Beratung zu
unterstützen und das soziale Umfeld ist zu stärken.
(4) Wird das Kindeswohl hinsichtlich Pflege und Erziehung von Eltern oder
anderen mit Pflege und Erziehung betrauten Personen nicht gewährleistet,
sind Erziehungshilfen zu gewähren.
(5) In familiäre Rechte und Beziehungen darf nur insoweit eingegriffen
werden, als dies zur Gewährleistung des Kindeswohls notwendig und im
Bürgerlichen Recht vorgesehen ist.
(6) Die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe erfolgt in
Kooperation mit dem Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem sowie mit
Behörden und Gerichten.
§ 2. Bei der Erfüllung der Aufgaben nach diesem
Gesetz sind folgende Ziele zu verfolgen:
1. Bildung eines allgemeinen Bewusstseins für Grundsätze und
Methoden förderlicher Pflege und Erziehung,
2. Stärkung der Erziehungskraft der Familien und Förderung des
Bewusstseins der Eltern für ihre Aufgaben,
3. Förderung einer angemessenen Entfaltung und Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen sowie deren Verselbständigung,
4. Schutz von Kindern und Jugendlichen vor allen Formen von Gewalt und
anderen Kindeswohlgefährdungen hinsichtlich Pflege und Erziehung,
5. Reintegration von Kindern und Jugendlichen in die Familie im Interesse
des Kindeswohles, insbesondere im Zusammenhang mit Erziehungshilfen.
§ 3. (1) Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat
folgende Aufgaben im erforderlichen Ausmaß zu besorgen:
1. Information über förderliche Pflege und Erziehung von Kindern
und Jugendlichen,
2. Beratung bei Erziehungs- und Entwicklungsfragen und familiären
Problemen,
3. Hilfen für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche zur
Bewältigung von familiären Problemen und Krisen,
4. Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung,
5. Gewährung von Erziehungshilfen bei Gefährdung des Kindeswohls
hinsichtlich Pflege und Erziehung,
6. Zusammenarbeit mit Einrichtungen, Behörden und öffentlichen
Dienststellen,
7. Mitwirkung an der Adoption von Kindern und Jugendlichen,
8. Öffentlichkeitsarbeit zu Zielen, Aufgaben und Arbeitsweisen der
Kinder- und Jugendhilfe sowie
9. Bewusstseinsbildung zu den Kinderrechten.
(2) Bei der Umsetzung der Aufgaben ist darauf Bedacht zu nehmen, dass auch
Dienste in den Herkunftssprachen angeboten werden.
Persönlicher Anwendungsbereich und örtliche Zuständigkeit
§ 4. (1) Für die Erbringung der Leistung ist der
Wiener Kinder- und Jugendhilfeträger zuständig, wenn die betroffenen
Kinder, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, werdenden Eltern, Pflegepersonen oder
Adoptivwerberinnen und Adoptivwerber ihren Hauptwohnsitz, mangels eines solchen
ihren gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines solchen ihren Aufenthalt in
Wien haben.
(2) Bei Gefahr im Verzug ist der Wiener Kinder- und
Jugendhilfeträger zuständig, wenn die erforderliche
Maßnahme in Wien zu setzen ist. Der örtlich zuständige Kinder-
und Jugendhilfeträger ist zu verständigen.
(3) Bei Wechsel des Hauptwohnsitzes oder des (gewöhnlichen)
Aufenthalts geht die Zuständigkeit an den anderen Kinder- und
Jugendhilfeträger über. Kein Zuständigkeitswechsel tritt ein,
wenn sich Kinder und Jugendliche im Rahmen einer Erziehungshilfe in einem
anderen Bundesland oder im Ausland aufhalten und wichtige Gründe nicht
dafür sprechen. Der Kinder- und Jugendhilfeträger, der von
Umständen Kenntnis erhält, die den Wechsel der Zuständigkeit
begründen, hat den anderen davon unverzüglich in Kenntnis zu
setzen.
Trägerschaft und Besorgung
§ 5. (1) Die Durchführung der sich aus diesem Gesetz
ergebenden Aufgaben obliegt der Landesregierung und dem Magistrat als
Bezirksverwaltungsbehörde.
(2) Die Durchführung folgender Aufgaben obliegt der
Landesregierung:
1. fachliche Beaufsichtigung der gesamten Tätigkeit des Magistrates
in der Kinder- und Jugendhilfe,
2. fachliche Aus- und Fortbildung des in der öffentlichen Kinder- und
Jugendhilfe tätigen Personals, soweit es sich nicht um eine unter der
Aufsicht der Schulbehörden stehende schulmäßige Ausbildung
handelt,
3. Mitwirkung an der grenzüberschreitenden Adoption,
4. Anerkennung und fachliche Beaufsichtigung von Einrichtungen der
privaten Kinder- und Jugendhilfe gemäß § 10,
5. Planung der allgemeinen Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele
der Kinder- und Jugendhilfe erforderlich sind,
6. Anregung und Förderung von Forschung auf dem Gebiet der Kinder-
und Jugendhilfe sowie
7. Förderung der Öffentlichkeitsarbeit.
(3) Im Übrigen obliegt die Durchführung der öffentlichen
Kinder- und Jugendhilfe dem Magistrat.
Fachliche Ausrichtung
Personal für die öffentliche Kinder- und Jugendhilfe
§ 6. (1) Die öffentliche Kinder- und Jugendhilfe ist
von Fachkräften durchzuführen, die für den jeweiligen
Tätigkeitsbereich ausgebildet und persönlich geeignet sind. Leistungen
der Kinder- und Jugendhilfe sind nach fachlich anerkannten Standards sowie dem
aktuellen Stand der Wissenschaften zu erbringen.
(2) Mit Aufgaben der Rechtsvertretung in Unterhalts- und
Abstammungsangelegenheiten dürfen nur Bedienstete (Rechtsvertreterinnen
oder Rechtsvertreter) betraut werden, die die Voraussetzungen für die
Verwendung als Fachbedienstete des Verwaltungsdienstes erfüllen. Sie haben
nach entsprechender Ausbildung und praktischer Tätigkeit die erforderlichen
Fachprüfungen abzulegen.
(3) Mit Aufgaben der Sozialarbeit dürfen nur folgende Personen betraut
werden:
1. Absolventinnen und Absolventen einer in der Republik Österreich
gültigen Ausbildung für Sozialarbeit,
2. Absolventinnen und Absolventen einer anerkannten gleichwertigen
Ausbildung, die in einem anderen Staat erworben wurde.
(4) Psychologinnen und Psychologen, die in der Beratung und Diagnostik von
Minderjährigen tätig sind, müssen selbstständige
berufsberechtigte Klinische Psychologinnen oder Klinische Psychologen oder
Gesundheitspsychologinnen oder Gesundheitspsychologen sein oder eine anerkannte
gleichwertige Ausbildung aufweisen.
(5) Mit Aufgaben der Sozialpädagogik dürfen nur folgende Personen
betraut werden:
1. Absolventinnen und Absolventen einer in der Republik Österreich
gültigen Ausbildung für Sozialpädagogik,
2. zur Betreuung von Minderjährigen mit Behinderungen neben
Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen auch Absolventinnen und
Absolventen einer in der Republik Österreich anerkannten Ausbildung zur
diplomierten Sozialbetreuerin (diplomierte Behindertenpädagogin) oder zum
diplomierten Sozialbetreuer (diplomierter Behindertenpädagoge),
3. Absolventinnen und Absolventen einer anerkannten gleichwertigen
Ausbildung, die in einem anderen Staat erworben wurde.
Personen, die eine solche Ausbildung nicht aufweisen, können für den Zeitraum von fünf Jahren beschäftigt werden, sofern sie sich berufsbegleitend der erforderlichen Ausbildung unterziehen. Die Ausbildung ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beginnen.
Personen, die eine solche Ausbildung nicht aufweisen, können für den Zeitraum von fünf Jahren beschäftigt werden, sofern sie sich berufsbegleitend der erforderlichen Ausbildung unterziehen. Die Ausbildung ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beginnen.
(6) Für andere als die in den Abs. 2 bis 6 angeführten
Tätigkeitsbereiche ist die Heranziehung sonstiger geeigneter Kräfte
zulässig, sofern Art und Umfang der Tätigkeit keine Fachausbildung
erfordern.
(7) Für die in der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe
tätigen Bediensteten ist Supervision anzubieten, insbesondere in der
Einschulungsphase und bei Übernahme besonderer Aufgaben.
(8) Die Landesregierung hat durch entsprechende Richtlinien dafür zu
sorgen, dass für das mit Aufgaben der öffentlichen Kinder- und
Jugendhilfe befasste Personal eine entsprechende Aus- und Fortbildung erfolgt.
Diese hat die Erfordernisse der Praxis sowie die wissenschaftlich anerkannten
Grundsätze der jeweiligen Fachgebiete zu berücksichtigen.
(9) Sozialarbeiterinnen, Sozialarbeiter, Sozialpädagoginnen und
Sozialpädagogen, die zumindest fünf Jahre im Bereich der
öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe tätig waren, können nach
Absolvierung eines Fortbildungskurses im jeweils anderen Arbeitsbereich
eingesetzt werden. Der Fortbildungskurs hat zumindest 300 Unterrichtseinheiten
und 40 Stunden Praxis zu enthalten.
Anerkennung von Ausbildungen
§ 7. (1) Folgende Ausbildungen gemäß
§ 6 Abs. 3 Z 2 und § 6 Abs. 5 Z 3 werden
vom Magistrat gemäß der Richtlinie 2005/36/EG über die
Anerkennung von Berufsqualifikationen anerkannt:
1. Ausbildungen, die in einem Mitgliedsstaat des Abkommens über den
Europäischen Wirtschaftsraum erworben wurden,
2. Ausbildungen eines anderen Staates, dessen Staatsangehörigen
Österreich auf Grund eines Staatsvertrages im Rahmen der Europäischen
Integration die selben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie
österreichischen Staatsbürgerinnen und österreichischen
Staatsbürgern,
3. Ausbildungen von Drittstaatsangehörigen, soweit sich hinsichtlich
der Anerkennung von Berufsqualifikationen nach dem Recht der Europäischen
Union eine Gleichstellung ergibt.
(2) Bestehen wesentliche Unterschiede in der Ausbildung, so hat die
antragstellende Person die fehlende Qualifikation nach ihrer Wahl entweder durch
einen höchstens 3-jährigen Anpassungslehrgang oder durch eine
Eignungsprüfung nachzuweisen. Beim Nachweis von Rechtskenntnissen hat die
Behörde die Art des Nachweises vorzuschreiben. Diese
Ausgleichsmaßnahmen sind vorzuschreiben, es sei denn, die Unterschiede
können durch die Berufspraxis ausgeglichen werden.
(3) Über einen Antrag ist innerhalb von vier Monaten zu
entscheiden.
(4) Ausbildungen, die vom Magistrat nicht anerkannt werden können,
sind nur dann gleichwertig, wenn sie von der zuständigen Behörde
anerkannt (nostrifiziert) worden sind.
Planung, Forschung, Öffentlichkeitsarbeit
§ 8. (1) In Ergänzung zu den Aufgaben der
Landesregierung gemäß § 5 Abs. 2 Z 5, 6 und 7
obliegt dem Magistrat Wien
1. Planung konkreter Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele der
Kinder- und Jugendhilfe erforderlich sind,
2. Durchführung von Forschung auf dem Gebiet der Kinder- und
Jugendhilfe sowie
3. Durchführung der Öffentlichkeitsarbeit.
(2) Der Magistrat hat bei seiner Planung die gesellschaftlichen
Entwicklungen sowie die Ergebnisse der Forschung in den einschlägigen
Bereichen zu berücksichtigen.
(3) Der Magistrat hat sich um die Information der Öffentlichkeit
über die Zielsetzungen, die Maßnahmen und die Probleme der Kinder-
und Jugendhilfe zu bemühen.
Statistik
§ 9. (1) Zur Feststellung der quantitativen Auswirkungen
der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind jährlich statistische Daten
zu folgenden Informationen zu erheben:
1. Anzahl der Personen, die soziale Dienste in Anspruch genommen
haben,
2. Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die Unterstützung der
Erziehung erhalten haben,
3. Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die in sozialpädagogischen
Einrichtungen und bei Pflegepersonen betreut werden,
4. Anzahl der Gefährdungsabklärungen,
5. Anzahl der Erziehungshilfen auf Grund einer Vereinbarung und der
Erziehungshilfen auf Grund einer gerichtlichen Verfügung,
6. Anzahl der jungen Erwachsenen, die Hilfen gemäß
§ 33 erhalten haben,
7. Anzahl der Kinder und Jugendlichen, für die an einer
inländischen Adoption mitgewirkt wurde,
8. Anzahl der Kinder und Jugendlichen, für die an einer
grenzüberschreitenden Adoption mitgewirkt wurde,
9. Anzahl der Kinder und Jugendlichen, für die Rechtsvertretungen im
Sinne der §§ 207 bis 209 ABGB, JGS Nr. 946/1811,
§ 9 UVG, BGBl. Nr. 451/1985, oder Vertretungen in asyl- und
fremdenrechtlichen Verfahren erfolgt sind,
10. Ausgaben und Einnahmen der öffentlichen Kinder- und
Jugendhilfe.
(2) Zahlen gemäß Abs. 1 Z 2, 3, 6, 7 und 8 sind nach
Alter und Geschlecht aufzuschlüsseln.
(3) Die Daten sind für ein Berichtsjahr zusammenzufassen und vom
Magistrat im Internet zu veröffentlichen.
Einrichtungen der privaten Kinder- und
Jugendhilfe
§ 10. (1) Einrichtungen der privaten Kinder- und
Jugendhilfe sind auf Antrag der Eignungswerberin oder des Eignungswerbers mit
Bescheid der Landesregierung als zur Erfüllung von bestimmten
nichthoheitlichen Aufgaben im Bereich der öffentlichen Kinder- und
Jugendhilfe geeignet anzuerkennen, wenn sie nach Ziel und Ausstattung dazu
geeignet sind und ein fachlich fundiertes Konzept vorgelegt wurde. Diese
Einrichtungen müssen insbesondere über die für die geplanten
Aufgaben notwendigen finanziellen Mittel, eine entsprechende
Verwaltungsorganisation, die erforderlichen Räumlichkeiten sowie über
Personal in der erforderlichen Anzahl und Qualifikation verfügen.
(2) Die Einrichtung der privaten Kinder- und Jugendhilfe unterliegt nach
der Anerkennung der Fachaufsicht der Landesregierung. Private Kinder- und
Jugendhilfeeinrichtungen sind verpflichtet, im Rahmen des
Bewilligungsverfahrens, der Aufsicht und der Leistungserbringung dem Kinder- und
Jugendhilfeträger die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, notwendige
Dokumente vorzulegen, die Kontaktaufnahme mit den betreuten Kindern und
Jugendlichen und die Besichtigung von Räumlichkeiten zuzulassen. Nimmt die
Landesregierung Missstände wahr, so kann sie deren Behebung mit Bescheid
auftragen. Werden die Missstände dennoch nicht behoben oder handelt es sich
um schwer wiegende Missstände, so ist die Eignungsfeststellung zu
widerrufen.
(3) Ändern sich die Eignungsvoraussetzungen, so hat die
Landesregierung die Eignung der Einrichtung zu überprüfen und
erforderlichenfalls neu zu entscheiden.
(4) Gewährleistet eine Einrichtung der privaten Kinder- und
Jugendhilfe unter Berücksichtigung ihrer Ausstattung und sonstigen
Leistungen das Wohl einer oder eines Minderjährigen besser und
wirtschaftlicher als der öffentliche Träger, so soll die private
Einrichtung herangezogen werden.
(5) Über die Leistungserbringung durch geeignete private Kinder- und
Jugendhilfeeinrichtungen können Leistungsverträge abgeschlossen
werden, in denen unter anderem Art, Umfang und sonstige Bedingungen der
Leistungserbringung sowie die Leistungsentgelte geregelt werden
können.
Verschwiegenheitspflicht
§ 11. (1) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe und der beauftragten privaten Kinder-
und Jugendhilfeeinrichtungen sind zur Verschwiegenheit über Tatsachen des
Privat- und Familienlebens, die werdende Eltern, Eltern und andere mit Pflege
und Erziehung betraute Personen, Familien, Kinder, Jugendliche und junge
Erwachsene mittelbar oder unmittelbar betreffen und diesen ausschließlich
aus dieser Tätigkeit bekannt geworden sind, verpflichtet, sofern die
Offenlegung nicht im überwiegenden Interesse der betroffenen Kinder,
Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt.
(2) Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht auch nach Beendigung der
Tätigkeit für den Kinder- und Jugendhilfeträger oder für die
beauftragte private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung weiter.
(3) Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht gegenüber dem Kinder-
und Jugendhilfeträger.
(4) Die Verschwiegenheitspflicht besteht im Strafverfahren nicht
gegenüber Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaften und Gerichte, die sich
auf den konkreten Verdacht beziehen, dass Kinder und Jugendliche von physischer,
psychischer oder sexueller Gewalt betroffen waren oder vernachlässigt
worden sind. Die Bestimmungen der §§ 51 Abs. 2 erster Satz
und 112 StPO, BGBl. Nr. 631/1975, sind sinngemäß
anzuwenden.
Auskunftsrechte
§ 12. (1) Kinder und Jugendliche haben das Recht, selbst
Auskünfte über alle dem Kinder- und Jugendhilfeträger oder einer
beauftragten privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung bekannten Tatsachen
ihres Privat- und Familienlebens zu erhalten, deren Kenntnis ihnen auf Grund
ihres Alters und ihres Entwicklungsstandes zumutbar ist, soweit nicht
überwiegende, berücksichtigungswürdige persönliche
Interessen der Eltern oder sonst mit Pflege und Erziehung betrauter Personen
sowie anderer Personen und überwiegende öffentliche Interessen
gefährdet werden.
(2) Die Ausübung des Rechts nach Abs. 1 steht Kindern und
Jugendlichen zu, sobald sie über die notwendige Einsichts- und
Urteilsfähigkeit verfügen. Das Vorliegen von Einsichts- und
Urteilsfähigkeit ist ab Vollendung des 14. Lebensjahres zu
vermuten.
(3) Nach Erreichung der Volljährigkeit ist ihnen auf Verlangen
Auskunft über alle dem Kinder- und Jugendhilfeträger und einer
beauftragten privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung bekannten Tatsachen zu
erteilen, soweit nicht überwiegende, berücksichtigungswürdige,
persönliche Interessen der Eltern oder sonst mit Pflege und Erziehung
betrauter Personen sowie anderer Personen gefährdet werden.
(4) Eltern oder sonst mit Pflege und Erziehung betraute Personen haben das
Recht, Auskünfte über alle dem Kinder- und Jugendhilfeträger und
einer beauftragten privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung bekannten
Tatsachen ihres Privat- und Familienlebens zu erhalten, soweit durch die
Offenlegung nicht Interessen der betreuten Kinder und Jugendlichen oder
überwiegende, berücksichtigungswürdige persönliche
Interessen der Eltern oder sonst mit Pflege und Erziehung betrauter Personen
sowie anderer Personen gefährdet werden. Dieses Recht steht auch Personen
zu, denen Pflege und Erziehung auf Grund einer Erziehungshilfe ganz oder
teilweise nicht mehr zukommt.
Datenverwendung
§ 13. (1) Der Kinder- und Jugendhilfeträger ist
ermächtigt, folgende Daten von natürlichen und juristischen Personen,
die Leistungen im Sinne des 2. Hauptstücks erbringen, sowie
Adoptivwerberinnen und Adoptivwerbern zur Eignungsbeurteilung und Aufsicht zu
verwenden:
1. hinsichtlich natürlicher Personen: Name, ehemalige Namen,
Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort, Adresse, Telefonnummern, E-Mail-Adressen,
Faxnummern, Familienstand, berufliche Qualifikation, Staatsangehörigkeit,
bereichsspezifisches Personenkennzeichen, Sozialversicherungsnummer,
Melderegisterzahl, Daten zur wirtschaftlichen Eignungsprüfung;
2. hinsichtlich natürlicher Personen, die unmittelbar Kinder und
Jugendliche betreuen, sowie Personen, die mit Pflegepersonen im Sinne des
§ 38 sowie Adoptivwerberinnen und Adoptivwerbern nicht nur
vorübergehend im gemeinsamen Haushalt leben: Daten gemäß
Z 1, Daten den Gesundheitszustand betreffend, strafrechtliche
Verurteilungen, Daten über die Eignung als Betreuungsperson;
3. hinsichtlich juristischer Personen: Name der juristischen Person sowie
ihrer verantwortlichen und vertretungsbefugten Organe, Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, Vollmachten, Sitz, Adresse, Firmenbuchnummer, zentrale
Vereinsregister-Zahl, Telefonnummern, E-Mail-Adressen, Faxnummern, berufliche
Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Daten zur wirtschaftlichen
Eignungsprüfung;
4. Daten im Zusammenhang mit der Aufsichtstätigkeit.
(2) Der Kinder- und Jugendhilfeträger ist ermächtigt, folgende
Daten von natürlichen und juristischen Personen, die Leistungen im Sinne
des 2. Hauptstücks erbringen, zur Leistungserbringung und
Leistungsabrechnung zu verwenden:
1. hinsichtlich natürlicher Personen: Name, ehemalige Namen,
Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort, Adresse, Telefonnummern, E-Mail-Adressen,
Faxnummern, Familienstand, berufliche Qualifikation, Bankverbindung,
bereichsspezifisches Personenkennzeichen, Sozialversicherungsnummer,
Melderegisterzahl, berufliche Qualifikation sowie dienst- und
besoldungsrechtliche Stellung;
2. hinsichtlich juristischer Personen: Name der juristischen Person sowie
ihrer verantwortlichen und vertretungsbefugten Organe, Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, Vollmachten, Sitz, Adresse, Firmenbuchnummer, zentrale
Vereinsregister-Zahl, Telefonnummern, E-Mail-Adressen, Faxnummern,
Bankverbindung;
3. Art, Anzahl, Dauer, Tarife und Kosten der erbrachten Leistungen,
Angaben über Leistungsempfängerinnen und
Leistungsempfänger.
(3) Daten, die gemäß Abs. 1 und 2 verwendet werden,
dürfen nur zu den in Abs. 1 und 2 genannten Zwecken an andere Kinder-
und Jugendhilfeträger, andere Kostenträgerinnen oder Kostenträger
und Gerichte übermittelt werden.
(4) Die verarbeiteten Daten dürfen nur solange aufbewahrt werden, als
es für die Zwecke, für die sie verarbeitet wurden, erforderlich
ist.
Sonderauskünfte
§ 14. (1) Der Kinder- und Jugendhilfeträger
ist ermächtigt, Sonderauskünfte nach § 9a
Strafregistergesetz 1968, BGBl. Nr. 277/1968, einzuholen und diese Daten zu
verwenden für den Fall der Eignungsfeststellung von und im Rahmen der
Aufsicht über
1. Personen, die zur Kinderbetreuung angestellt werden
(§ 6),
2. Pflegepersonen (§ 38),
3. Personen, die Minderjährige in Tagesbetreuung übernehmen
(§ 45),
4. Personen, die Minderjährige in Sozialpädagogischen
Einrichtungen betreuen (§ 46),
5. Personen, die Minderjährige in Form von Erholungsaktionen
(§ 21) betreuen,
6. Wahleltern im Zuge der Vermittlung der Adoption
(§ 52).
(2) Der Kinder- und Jugendhilfeträger ist ermächtigt, zum Zweck
der Abklärung der Gefährdung eines bestimmten minderjährigen
Kindes und bei der Gewährung von Erziehungshilfen in Bezug auf Elternteile
oder sonstige natürliche Personen, die Kinder und Jugendliche nicht nur
vorübergehend im gemeinsamen Haushalt betreuen, folgende Auskünfte
einzuholen und diese Daten zu verwenden:
1. Auskünfte nach der zentralen Gewaltschutzdatei gemäß
§ 58c Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991,
sowie
2. Auskünfte nach §§ 9 und 9a Strafregistergesetz
1968, BGBl. Nr. 277/1968.
Dokumentation
§ 15. (1) Über die Erbringung von Leistungen im Sinne
des 2. Hauptstücks haben der Kinder- und Jugendhilfeträger und
die beauftragte private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung eine schriftliche
Dokumentation zu führen.
(2) Die Dokumentation hat jedenfalls Angaben über betroffene Stellen,
Leistungserbringer, verantwortliche und beigezogene Fachleute sowie Art, Umfang
und Dauer der erbrachten Leistungen zu enthalten.
(3) Die Dokumentation über Leistungen im Sinne des
2. Hauptstücks hat darüber hinaus jedenfalls Angaben zum Inhalt
von Gefährdungsmitteilungen, Art und Umfang der festgestellten
Gefährdung, Sozialanamnese der betroffenen Kinder und Jugendlichen, Inhalte
des Hilfeplans sowie Daten von Auskunftspersonen zu enthalten.
(4) Der Kinder- und Jugendhilfeträger und die beauftragte private
Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung hat organisatorische Vorkehrungen zu treffen,
die den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nach § 1
Abs. 2 Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, garantieren.
Einsicht in die Dokumentation kann nur im Rahmen der Auskunftsrechte
gemäß § 12 gewährt werden.
(5) Bei Wechsel der Zuständigkeit oder Gewährung von
Erziehungshilfen bei Gefahr im Verzug im Sinne des § 4 Abs. 3 ist
die Dokumentation der bisherigen Leistungserbringung an den örtlich
zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger zu übergeben.
Kinder- und Jugendanwaltschaft
§ 16. (1) Zur besonderen Wahrung der Interessen von
Kindern und Jugendlichen ist beim Amt der Wiener Landesregierung eine Kinder-
und Jugendanwaltschaft einzurichten. Sie besteht aus der Kinder- und
Jugendanwältin, dem Kinder- und Jugendanwalt sowie der erforderlichen Zahl
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
(2) Für die Bereitstellung der personellen und sachlichen
Erfordernisse hat das Amt der Wiener Landesregierung zu sorgen.
(3) Die Stellen der Kinder- und Jugendanwältin und des Kinder- und
Jugendanwaltes sind öffentlich auszuschreiben. Der für Kinder- und
Jugendhilfe zuständige Ausschuss des Gemeinderates hat sämtliche
Kandidatinnen und Kandidaten, die sich auf Grund der öffentlichen
Ausschreibung beworben haben, anzuhören und die sechs geeignetsten
Kandidatinnen und Kandidaten (drei weibliche Kandidatinnen, drei männliche
Kandidaten) der zuständigen amtsführenden Stadträtin oder dem
zuständigen amtsführenden Stadtrat vorzuschlagen. Die Kinder- und
Jugendanwältin und der Kinder- und Jugendanwalt werden auf Vorschlag der
zuständigen amtsführenden Stadträtin oder des zuständigen
amtsführenden Stadtrates von der Landesregierung jeweils für die Dauer
von fünf Jahren bestellt. Im Falle des Abs. 9 sowie bei Tod oder
Verzicht der Kinder- und Jugendanwältin bzw. des Kinder- und Jugendanwaltes
hat unverzüglich eine Neubestellung für die Restdauer der
Funktionsperiode zu erfolgen.
(4) Die Kinder- und Jugendanwältin und der Kinder- und Jugendanwalt
sind bei Besorgung ihrer Aufgaben an keine Weisungen gebunden. Sie sind für
Kinder und Jugendliche niederschwellig und unentgeltlich
zugängig.
(5) Die Kinder- und Jugendanwaltschaft unterliegt der
Verschwiegenheitspflicht gemäß § 11.
(6) Die Kinder- und Jugendanwaltschaft hat insbesondere folgende Aufgaben
zu besorgen:
1. Beratung von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Eltern oder
anderen mit Pflege und Erziehung betrauten Personen in allen Angelegenheiten,
die die Stellung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie die
Aufgaben von Obsorgeberechtigten betreffen.
2. Hilfestellung bei Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen
zwischen Eltern oder anderen mit Pflege und Erziehung betrauten Personen und
Kindern sowie Jugendlichen über Pflege und Erziehung.
3. Information der Öffentlichkeit über die Aufgaben der Kinder-
und Jugendanwaltschaft, die Kinderrechte und sonstige Angelegenheiten, die
für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene von besonderer Bedeutung
sind.
4. Einbringung der Interessen von Kindern, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen in Rechtssetzungsprozesse sowie bei Planung und Forschung.
5. Zusammenarbeit mit und Unterstützung von nationalen und
internationalen Netzwerken.
(7) Die Kinder- und Jugendanwaltschaft hat der Landesregierung bei Bedarf,
mindestens jedoch einmal jährlich, über ihre Tätigkeit und die
dabei gesammelten Erfahrungen zu berichten. Die Landesregierung hat diesen
Tätigkeitsbericht dem Landtag vorzulegen.
(8) Die Wiener Landes- und Gemeindebehörden sowie die Trägerinnen
und Träger der Einrichtungen der privaten Kinder- und Jugendhilfe sind
verpflichtet, der Kinder- und Jugendanwaltschaft die zur Erfüllung ihrer
Aufgaben notwendige Unterstützung zu gewähren und die erforderlichen
Auskünfte zu erteilen. In diesen Angelegenheiten sind gesetzliche
Verschwiegenheitspflichten gegenüber der Kinder- und Jugendanwältin
und dem Kinder- und Jugendanwalt nicht wirksam.
(9) Wenn bei einer Kinder- und Jugendanwältin oder bei einem Kinder-
und Jugendanwalt Umstände eintreten, die diese Person für dieses Amt
als nicht mehr geeignet erscheinen lassen, hat die Landesregierung die
Bestellung dieser Person zu widerrufen.
Zusammenarbeit der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe mit anderen Einrichtungen
§ 17. Die öffentliche Kinder- und Jugendhilfe hat die
Zusammenarbeit mit den Einrichtungen des Schulbereiches, den
Kinderbetreuungseinrichtungen, der außerschulischen Kinder- und
Jugendarbeit sowie den sonstigen Einrichtungen, die für die Kinder- und
Jugendhilfe relevant sind, zu pflegen.
2. HAUPTSTÜCK
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe
1. Abschnitt
Soziale Dienste
Begriff
§ 18. Soziale Dienste dienen insbesondere der
Förderung von Pflege und Erziehung und der Bewältigung des
alltäglichen Familienlebens. Soziale Dienste haben vor allem auch die
Aufgabe, präventiv zu wirken. Soziale Dienste können von werdenden
Eltern, Familien, Kindern und Jugendlichen nach ihrem eigenen Ermessen in
Anspruch genommen werden.
Allgemeines
§ 19. Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat
vorzusorgen, dass die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen sozialen
Dienste bereitgestellt werden.
Arten der Sozialen Dienste
§ 20. Insbesondere sind folgende soziale Dienste
bereitzustellen:
1. Beratung für werdende Eltern und Erziehungsberechtigte mit
Säuglingen, Kindern und Jugendlichen,
2. Beratung für Kinder und Jugendliche,
3. Vermittlung zu Beratungseinrichtungen und Vermittlung von
Ressourcen,
4. Hilfen für Familien in Krisensituationen,
5. Bildung für werdende Eltern, Eltern und Erziehungsberechtigte zur
Stärkung der Fähigkeit zur Pflege und Erziehung sowie zur Vorbeugung
von Entwicklungsstörungen und Erziehungsschwierigkeiten sowie von
physischer, psychischer und sexueller Gewalt,
6. Betreuung Minderjähriger durch niederschwellige Dienste, zB
betreute Notschlafstellen,
7. Beratung für Familien in finanziellen Angelegenheiten,
8. präventive Angebote und Beratungsangebote im gesundheitlichen,
pflegerischen, sozialen, rechtlichen und psychologischen Bereich,
9. Beratungsangebote in Geburts- und Kinderkliniken,
10. Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen durch
ambulante und stationäre Angebote,
11. Aus- und Fortbildung für Pflegepersonen, Adoptivwerberinnen und
Adoptivwerber.
Erholungsaktionen
§ 21. Zur Unterstützung von Eltern und Kindern sind
Erholungsaktionen zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen sowie für
Familien zu fördern.
Entgelt
§ 22. Für die Leistung von sozialen Diensten
können Entgelte verlangt werden. Dabei sind Art und Umfang der Dienste
sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse derjenigen
angemessen zu berücksichtigen, die diese Dienste in Anspruch
nehmen.
Praktische und wirtschaftliche Hilfen
§ 23. Der Kinder- und Jugendhilfeträger kann in
berücksichtigungswürdigen Fällen zur Unterstützung von
Jugendlichen und Familien praktische und wirtschaftliche Hilfen
gewähren.
2. Abschnitt
Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung
Gefährdungsabklärung
Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung
Gefährdungsabklärung
§ 24. (1) Ergibt sich insbesondere auf Grund von
Mitteilungen über den Verdacht der Gefährdung des Kindeswohls
gemäß § 37 Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013,
BGBl. I Nr. 69/2013, oder auf Grund einer berufsrechtlichen
Verpflichtung sowie auf Grund glaubhafter Mitteilungen Dritter der konkrete
Verdacht der Gefährdung von Kindern und Jugendlichen, ist die
Gefährdungsabklärung unter Berücksichtigung der Dringlichkeit
umgehend einzuleiten, um das Gefährdungsrisiko
einzuschätzen.
(2) Die Gefährdungsabklärung besteht aus der Erhebung jener
Sachverhalte, die zur Beurteilung des Gefährdungsverdachtes bedeutsam sind,
und der Einschätzung, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Diese ist
in strukturierter Vorgangsweise, unter Beachtung fachlicher Standards und
Berücksichtigung der Art der zu erwartenden Gefährdung
durchzuführen.
(3) Als Erkenntnisquellen kommen insbesondere Gespräche mit den
betroffenen Kindern und Jugendlichen, deren Eltern oder sonst mit Pflege und
Erziehung betrauten Personen und Personen, in deren Betreuung sich die Kinder
und Jugendlichen regelmäßig befinden, Besuche des Wohn- oder
Aufenthaltsortes der Kinder und Jugendlichen, Stellungnahmen, Berichte und
Gutachten von Fachleuten sowie die schriftlichen Gefährdungsmitteilungen in
Betracht.
(4) Mitteilungspflichtige gemäß § 37 Bundes-Kinder-
und Jugendhilfegesetz 2013 beziehungsweise auf Grund berufsrechtlicher
Vorschriften sind im Rahmen der Gefährdungsabklärung verpflichtet, die
erforderlichen Auskünfte über die betroffenen Kinder und Jugendlichen
zu erteilen sowie notwendige Dokumente vorzulegen.
(5) Die Gefährdungseinschätzung ist im Zusammenwirken von
zumindest zwei Fachkräften zu treffen.
Hilfeplanung
§ 25. (1) Als Grundlage für die Gewährung von
Erziehungshilfen ist ein Hilfeplan zu erstellen und in angemessenen
Zeitabständen zu überprüfen, ob die gewählte Erziehungshilfe
weiterhin geeignet und notwendig ist.
(2) Der Hilfeplan ist mit dem Ziel der Gewährleistung der angemessenen
sozialen, psychischen und körperlichen Entwicklung und Ausbildung der
betroffenen Kinder und Jugendlichen zu erstellen. Dabei sind die im
individuellen Fall im Hinblick auf die Kindeswohlgefährdung
aussichtsreichsten Erziehungshilfen einzusetzen, wobei darauf zu achten ist,
dass in familiäre Verhältnisse möglichst wenig eingegriffen
wird.
(3) Die Entscheidung über die im Einzelfall erforderliche
Erziehungshilfe oder deren Änderung ist im Zusammenwirken von zumindest
zwei Fachkräften zu treffen.
Beteiligung
§ 26. (1) Kinder, Jugendliche, Eltern oder sonst mit
Pflege und Erziehung betraute Personen sind im Rahmen der
Gefährdungsabklärung zu beteiligen, vor der Entscheidung über die
Gewährung von Erziehungshilfen sowie bei jeder Änderung von Art und
Umfang der Erziehungshilfen zu beraten und auf die möglichen Folgen
für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen hinzuweisen.
(2) Die im Abs. 1 Genannten sind bei der Auswahl von Art und Umfang
der Hilfen zu beteiligen. Ihren Wünschen ist zu entsprechen, soweit die
Erfüllung derselben nicht negative Auswirkungen auf die Entwicklung der
betroffenen Kinder und Jugendlichen hätte oder
unverhältnismäßige Kosten verursachen würde.
(3) Bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist auf deren
Entwicklungsstand Bedacht zu nehmen.
(4) Von der Beteiligung ist abzusehen, soweit dadurch das Wohl der
betroffenen Kinder und Jugendlichen gefährdet wäre.
Krisenzentren
§ 27. Sozialpädagogische Einrichtungen, die zur
Betreuung von Minderjährigen während der
Gefährdungsabklärung bestimmt sind, dürfen nur mit Bewilligung
(Bescheid) des Magistrats betrieben werden. Die §§ 35, 36, 37,
46, 47, 48 und die §§ 42 und 43 Bundes-Kinder- und
Jugendhilfegesetz 2013 gelten sinngemäß.
3. Abschnitt
Erziehungshilfen
Arten der Hilfen
Erziehungshilfen
Arten der Hilfen
§ 28. Hilfen zur Erziehung sind im Einzelfall als
Unterstützung der Erziehung oder als volle Erziehung, als Erziehungshilfe
auf Grund einer Vereinbarung oder als Erziehungshilfe auf Grund einer
gerichtlichen Verfügung zu gewähren. Es ist jeweils die gelindeste,
noch zum Ziel führende Maßnahme zu treffen.
Unterstützung der Erziehung
§ 29. (1) Ist das Kindeswohl gefährdet und ist zu
erwarten, dass die Gefährdung bei Verbleib in der Familie oder im sonstigen
bisherigen Wohnumfeld abgewendet werden kann, ist Kindern und Jugendlichen
Unterstützung der Erziehung zu gewähren.
(2) Die Unterstützung der Erziehung umfasst insbesondere
1. die Beratung der Erziehungsberechtigten und der oder des
Minderjährigen,
2. die Förderung der Erziehungskraft der Familie, besonders auch der
gewaltlosen Erziehung,
3. die Förderung der Entwicklung der oder des
Minderjährigen,
4. die Betreuung der oder des Minderjährigen und deren oder dessen
Familie nach der Entlassung aus der vollen Erziehung,
5. regelmäßige Haus- oder Arztbesuche,
6. die Einschränkung des Kontaktes mit Personen, die das Kindeswohl
gefährden.
Volle Erziehung
§ 30. (1) Ist das Kindeswohl gefährdet und ist zu
erwarten, dass die Gefährdung nur durch Betreuung außerhalb der
Familie oder des sonstigen bisherigen Wohnumfeldes abgewendet werden kann, ist
Kindern und Jugendlichen volle Erziehung zu gewähren, sofern der Kinder-
und Jugendhilfeträger mit der Pflege und Erziehung zur Gänze betraut
ist.
(2) Volle Erziehung umfasst die Pflege und Erziehung der
Minderjährigen in einer Pflegefamilie, bei Personen gemäß
§ 44 Abs. 6, in sozialpädagogischen Einrichtungen oder durch
nicht ortsfeste Formen der Sozialpädagogik.
(3) Die Pflege und Erziehung hat, vor allem bei Säuglingen und
Kleinkindern, vorrangig bei Personen gemäß § 44 Abs. 6
oder in einer geeigneten Pflegefamilie stattzufinden.
(4) Auch unbegleiteten minderjährigen Fremden, die einen hohen
Betreuungsbedarf aufweisen (zB unmündigen minderjährigen Fremden) ist
volle Erziehung in sozialpädagogischen Einrichtungen zu
gewähren.
Erziehungshilfen auf Grund einer
Vereinbarung
§ 31. (1) Die Gewährung von Erziehungshilfen, mit
denen die Eltern oder sonst mit Pflege und Erziehung betraute Personen
einverstanden sind, erfolgt auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung zwischen
diesen und dem Kinder- und Jugendhilfeträger.
(2) Der Abschluss, die Abänderung und die Aufkündigung dieser
Vereinbarung bedürfen der Schriftform.
Erziehungshilfen auf Grund einer gerichtlichen
Verfügung
§ 32. (1) Stimmen die Eltern oder sonst mit Pflege und
Erziehung betraute Personen einer notwendigen Erziehungshilfe nicht zu, hat der
Kinder- und Jugendhilfeträger bei Gericht die nötigen gerichtlichen
Verfügungen, wie etwa die Entziehung der Obsorge oder von Teilbereichen der
Obsorge (§ 181 ABGB), zu beantragen.
(2) Bei Gefahr im Verzug hat der Kinder- und Jugendhilfeträger
unverzüglich die erforderliche Erziehungshilfe zu gewähren und die
notwendigen Anträge bei Gericht zu stellen (§ 211
ABGB).
Hilfen für junge Erwachsene
§ 33. (1) Jungen Erwachsenen können ambulante Hilfen
und Hilfen durch Betreuung bei bis zum dritten Grad Verwandten oder
Verschwägerten, bei Pflegepersonen oder in sozialpädagogischen
Einrichtungen gewährt werden, wenn zum Zeitpunkt der Vollendung des
18. Lebensjahres bereits Erziehungshilfen gewährt wurden und dies zur
Erreichung der im Hilfeplan definierten Ziele dringend notwendig ist.
(2) Die Hilfe kann nur mit Zustimmung der jungen Erwachsenen und nur
solange gewährt werden, als dies auf Grund der individuellen
Lebenssituation notwendig ist. Die Hilfen enden jedenfalls mit der Vollendung
des 21. Lebensjahres.
Durchführung
§ 34. (1) Die Durchführung der Hilfen zur Erziehung
obliegt dem Kinder- und Jugendhilfeträger.
(2) Es ist jeweils die der Persönlichkeit der oder des
Minderjährigen und ihren oder seinen Lebensverhältnissen entsprechende
Maßnahme einzuleiten. Bei der Durchführung sind die Anlagen,
Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten der oder des
Minderjährigen zu berücksichtigen.
(3) Die getroffene Maßnahme ist zu ändern, wenn es das Wohl der
oder des Minderjährigen erfordert, oder aufzuheben, wenn sie der oder dem
Minderjährigen nicht mehr förderlich ist.
(4) Die mit der Durchführung von Hilfen zur Erziehung befassten Organe
des Kinder- und Jugendhilfeträgers sind berechtigt, die oder den
Minderjährigen an ihrem oder seinem Wohnort und an sonstigen
Aufenthaltsorten aufzusuchen und alle sonstigen maßgeblichen
Verhältnisse festzustellen.
Vorläufige Kostentragung
§ 35. Unbeschadet der Pflicht zum Tragen und Ersetzen der
Kosten von Maßnahmen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe hat
zunächst für diese das Land Wien aufzukommen.
Kostentragung, Kostenersatz
§ 36. (1) Die Kosten der Vollen Erziehung und die
Betreuung von jungen Erwachsenen gemäß § 33 sind, soweit
dadurch der Unterhalt tatsächlich geleistet wurde, von den Eltern des
Kindes im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht zu ersetzen, soweit sie nach
ihren Lebensverhältnissen dazu im Stande sind. Die Geltendmachung von
Kostenersatz kann für drei Jahre rückwirkend erfolgen.
Von der Einhebung von Kostenersatz kann abgesehen werden, wenn der Aufwand
dafür in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.
(2) Bei der Gewährung von Erziehungshilfen durch den örtlich
unzuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger hat der örtlich
zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger diesem die Kosten zu
ersetzen.
Übertragung von
Rechtsansprüchen
§ 37. Forderungen von Kindern, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen auf wiederkehrende Leistungen, die der Deckung des
Unterhaltsbedarfes dienen, gehen bei Gewährung der Vollen Erziehung oder
Betreuung von jungen Erwachsenen durch den Kinder- und Jugendhilfeträger
bis zur Höhe der Ersatzforderung unmittelbar kraft Gesetzes auf die Stadt
Wien über.
4. Abschnitt
Pflegekinder und Pflegepersonen
Begriff
Pflegekinder und Pflegepersonen
Begriff
§ 38. (1) Pflegekinder im Sinne dieses Gesetzes sind
Minderjährige, die von anderen Personen nicht nur vorübergehend
gepflegt und erzogen werden als von
1. bis zum dritten Grad Verwandten oder Verschwägerten –
ausgenommen im Rahmen der Vollen Erziehung,
2. Wahleltern,
3. jenen, die vom Gericht mit der Obsorge im Bereich der Pflege und
Erziehung betraut wurden, oder
4. jenen, die im Rahmen der Tagesbetreuung tätig werden.
(2) Pflegepersonen sind Personen, die Pflegekinder im Sinne der Abs. 1
pflegen und erziehen.
Vermittlung von Pflegeplätzen
§ 39. (1) Bei der Vermittlung sind für die Pflege und
Erziehung eines bestimmten Kindes geeignete Pflegepersonen
auszuwählen.
(2) Jede Vermittlung hat dem Kindeswohl zu dienen. Sie ist nur vorzunehmen,
wenn begründete Aussicht besteht, dass zwischen den Pflegepersonen und dem
Pflegekind, ausgenommen bei vorübergehender Unterbringung, eine dem
Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommende Beziehung
hergestellt wird und die bestmögliche individuelle und soziale Entfaltung
der oder des Minderjährigen gesichert ist.
(3) Die Aufnahme eines Pflegekindes ist nach fachlichen Gesichtspunkten
unter Einbeziehung aller beteiligten Personen vorzubereiten. Für
Pflegeeltern, Pflegekinder sowie leibliche Eltern sind Beratungshilfen
einzurichten.
(4) Pflegeplätze dürfen nur vom Kinder- und
Jugendhilfeträger oder der dafür zugelassenen privaten Kinder- und
Jugendhilfeeinrichtung vermittelt werden. Zur Vermittlung kann die Einrichtung
der privaten Kinder- und Jugendhilfe mit Bescheid zugelassen werden, wenn sie
die Voraussetzungen des § 10 erfüllt und Hilfen zur Festigung des
Pflegeverhältnisses anbieten kann.
(5) Für die Vermittlung von Pflegeplätzen und für
Beratungshilfen darf kein Entgelt eingehoben werden.
Pflegeverhältnisse im Rahmen der Vollen
Erziehung
§ 40. (1) Pflegeverhältnisse im Rahmen der Vollen
Erziehung bedürfen keiner bescheidmäßigen Bewilligung.
(2) Vor Übergabe eines Pflegekindes ist die persönliche Eignung
der Pflegepersonen vom Kinder- und Jugendhilfeträger zu prüfen und zu
dokumentieren. Die Eignungsbeurteilung ist im Zusammenwirken von zumindest zwei
Fachkräften vorzunehmen.
(3) Die Eignung zur Übernahme in Pflege und Erziehung ist gegeben,
wenn die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 vorliegen und die
Ausbildung gemäß § 43 Abs. 1 absolviert wurde.
Insbesondere müssen die Bewilligungswerberinnen und Bewilligungswerber
persönliche Einstellungen und Fähigkeiten besitzen, welche die
bestmögliche Förderung des Pflegekindes sicherstellen und die soziale
Integration des Pflegekindes gewährleisten.
(4) Die Eignung zur Übernahme in Pflege und Erziehung ist nicht
gegeben, wenn einer der nachfolgend angeführten Umstände bei der
Bewilligungswerberin oder beim Bewilligungswerber oder bei einer mit der
Bewilligungswerberin oder mit dem Bewilligungswerber in Wohngemeinschaft
lebenden Person vorliegt:
1. körperliche oder psychische Erkrankungen, geistige Behinderung
oder Sucht, die das Wohl des Pflegekindes gefährdet erscheinen
lassen,
2. strafgerichtliche Verurteilungen wegen Handlungen, die das Wohl des
Pflegekindes gefährdet erscheinen lassen,
3. Betreuungsmängel bei leiblichen Kindern, Wahl- und
Stiefkindern,
4. sonstige Gründe, die das Wohl des Pflegekindes gefährdet
erscheinen lassen.
(5) Der Altersunterschied zwischen den Pflegepersonen und dem Pflegekind
hat dem natürlichen Altersunterschied zwischen leiblichen Eltern und
Kindern zu entsprechen. Wenn es das Kindeswohl erfordert, sind Ausnahmen
möglich.
(6) Pflegepersonen sind verpflichtet, im Rahmen der Eignungsbeurteilung,
der Aufsicht und der Leistungserbringung dem Kinder- und Jugendhilfeträger
die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, notwendige Dokumente vorzulegen
sowie die Kontaktaufnahme zu den betreuten Kindern und Jugendlichen und die
Besichtigung von Räumlichkeiten zuzulassen.
Private Pflegeverhältnisse
§ 41. (1) Für die nicht nur vorübergehende
Pflege und Erziehung von Pflegekindern unter 14 Jahren, die nicht im Rahmen
der Vollen Erziehung erfolgt, ist eine Bewilligung (Bescheid) des Kinder- und
Jugendhilfeträgers erforderlich.
(2) Die Bewilligung darf nur für ein bestimmtes Pflegeverhältnis
erteilt werden. Im Bescheid ist, wenn erforderlich, durch Auflagen
sicherzustellen, dass die ordnungsgemäße Pflege und Erziehung der
Kinder gewährleistet ist.
(3) Personen, die ein Pflegekind übernehmen wollen, haben die
Bewilligung zur Übernahme in Pflege und Erziehung bei dem Kinder- und
Jugendhilfeträger zu beantragen. Bei der Prüfung der Eignung ist im
Sinne des § 40 Abs. 3 bis 5 vorzugehen, wobei die Ausbildung
gemäß § 43 Abs. 1 nicht absolviert werden
muss.
(4) Im behördlichen Verfahren über die Pflegebewilligung haben
die Pflegepersonen und die Erziehungsberechtigten Parteistellung. Das mindestens
zehnjährige Kind ist jedenfalls persönlich, das noch nicht
zehnjährige Kind tunlichst, in geeigneter Weise zu hören.
(5) Die Pflegebewilligung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen
für die Bewilligung nicht mehr gegeben sind. Abs. 4 gilt
sinngemäß.
(6) Soweit es das Wohl des Pflegekindes wegen einer wesentlichen
Veränderung der physischen, psychischen oder sozialen Situation der
Pflegefamilie oder des Pflegekindes erfordert, hat der Kinder- und
Jugendhilfeträger die Bewilligung zu ändern und erforderlichenfalls
durch geeignete Auflagen zu ergänzen.
(7) Pflegepersonen sind verpflichtet, im Rahmen des Bewilligungsverfahrens
und der Aufsicht dem Kinder- und Jugendhilfeträger die erforderlichen
Auskünfte zu erteilen, notwendige Dokumente vorzulegen sowie die
Kontaktaufnahme zu den betreuten Kindern und Jugendlichen und die Besichtigung
von Räumlichkeiten zuzulassen.
Pflegeaufsicht
§ 42. (1) Pflegeverhältnisse unterliegen der
Aufsicht durch den Kinder- und Jugendhilfeträger. Diese hat in angemessenen
Zeitabständen, jedoch mindestens einmal jährlich, zu
erfolgen.
(2) Die Pflegepersonen haben den Organen des Kinder- und
Jugendhilfeträgers die Pflegeaufsicht gemäß Abs. 1 zu
ermöglichen. Die Pflegeaufsicht umfasst insbesondere den Kontakt zum
Pflegekind, den Zutritt zu dessen Aufenthaltsräumen sowie die Vornahme von
Ermittlungen über dessen Lebensverhältnisse, um sich vom Wohl und der
bestmöglichen Entwicklung des Pflegekindes zu überzeugen.
(3) Außergewöhnliche Umstände, die das Pflegekind
betreffen, vor allem jede Änderung seines gewöhnlichen Aufenthaltes,
sind von den Pflegepersonen unverzüglich dem Kinder- und
Jugendhilfeträger mitzuteilen.
Hilfen zur Festigung des
Pflegeverhältnisses
§ 43. (1) Um die Übernahme eines Pflegekindes
vorzubereiten, ist den Pflegepersonen vor Aufnahme eines Kindes eine Ausbildung
(Vorbereitung) anzubieten. Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat
entsprechende Ausbildungsangebote bereitzustellen, die Pflegepersonen auf die
Bedeutung der Ausbildung (Vorbereitung) hinzuweisen und den Besuch einer
entsprechenden Einrichtung zu empfehlen. Die Teilnahme an einer Ausbildung
(Vorbereitung) begründet keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer
Pflegebewilligung.
(2) Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat Fortbildungsangebote
für Pflegepersonen bereitzustellen. Dabei sind die besonderen Anforderungen
an die Pflegepersonen zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat der
Kinder- und Jugendhilfeträger Beratungshilfen für Pflegepersonen sowie
für Pflegekinder und Herkunftsfamilien anzubieten und die Kontakte der
Pflegekinder zu den leiblichen Eltern zu fördern.
(3) Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat Pflegepersonen die
Möglichkeit zur sozialversicherungsrechtlichen Absicherung
anzubieten.
Pflegekindergeld
§ 44. (1) Pflegepersonen gebührt zur
Durchführung der Vollen Erziehung (§ 30) auf Antrag zur
Erleichterung der mit der Pflege verbundenen Lasten Pflegekindergeld. Über
den Antrag wird bescheidmäßig entschieden.
(2) Das Pflegekindergeld ist nach Richtsätzen zu bemessen.
(3) Der Richtsatz ist so anzusetzen, dass er den monatlichen Bedarf an
Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Schulartikeln, anteilige Wohnungs- und
Energiekosten sowie den Aufwand für eine altersgemäß gestaltete
Freizeit deckt.
(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn
infolge der persönlichen Verhältnisse des Pflegekindes ein
erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei
Verhaltensstörungen, Krankheiten, Behinderungen sowie zur Förderung
besonderer Begabungen des Pflegekindes.
(5) Die auf Grund des Abs. 3 festgesetzten Richtsätze sind von
der Landesregierung für jedes Kalenderjahr durch Verordnung neu
festzusetzen, wobei jeweils die Richtsätze des vorangegangenen
Kalenderjahres unter Berücksichtigung der allgemeinen Kostensteigerung
abzuändern sind. In dieser Verordnung können weitere Sonderleistungen,
wie Beiträge für Sachaufwand insbesondere für Pflegepersonen mit
mehreren Kindern, sowie für die kurzfristige Übernahme eines
Pflegekindes vorgesehen werden.
(6) Personen, die mit den von ihnen betreuten Kindern bis zum dritten Grad
verwandt oder ver-
schwägert sind, gebührt Pflegekindergeld in der Höhe des Richtsatzes. Davon ausgenommen sind die Eltern.
schwägert sind, gebührt Pflegekindergeld in der Höhe des Richtsatzes. Davon ausgenommen sind die Eltern.
(7) Endet ein Pflegeverhältnis gemäß § 40
dadurch, dass Pflegepersonen vom Gericht mit der Obsorge im Bereich der Pflege
und Erziehung betraut werden, kann diesen Personen vom Kinder- und
Jugendhilfeträger unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse Pflegekindergeld bis zur Höhe des
Richtsatzes gewährt werden.
5. Abschnitt
Tagesbetreuung
Tagesbetreuung
§ 45. (1) Tagesbetreuung ist die Übernahme von
Minderjährigen unter 14 Jahren von anderen als bis zum dritten Grad
Verwandten oder Verschwägerten, Wahleltern oder anderen mit der Pflege und
Erziehung betrauten Personen zur berufsmäßigen, nicht bloß
vorübergehenden Betreuung für einen Teil des Tages, die nicht im
Rahmen des Kindergarten- und Schulbetriebes erfolgt. Die Betreuung kann sowohl
als individuelle Betreuung im Haushalt einer geeigneten Person (Tagesmutter oder
Tagesvater) als auch in Kindergruppen in geeigneten Räumlichkeiten
erfolgen.
(2) Tagesmütter, Tagesväter und Kindergruppen bedürfen einer
Bewilligung. Die Voraussetzungen für Bewilligung und Widerruf werden durch
ein eigenes Landesgesetz geregelt.
(3) Dem Kinder- und Jugendhilfeträger obliegt die Aufsicht über
die Tagesbetreuung.
6. Abschnitt
Sozialpädagogische Einrichtungen
Bewilligung
Sozialpädagogische Einrichtungen
Bewilligung
§ 46. (1) Sozialpädagogische Einrichtungen umfassen
vor allem
1. Betreuungseinrichtungen für Notsituationen
2. Betreuungseinrichtungen für die dauerhafte Betreuung von Kindern
und Jugendlichen
3. betreute Wohnformen für Jugendliche
4. nicht ortsfeste Formen der Sozialpädagogik.
(2) Sozialpädagogische Einrichtungen können sowohl als
stationäre als auch als teilstationäre Dienste angeboten
werden.
(3) Sozialpädagogische Einrichtungen, die zur Übernahme von
Minderjährigen in Volle Erziehung bestimmt sind (§ 30),
dürfen nur mit Bewilligung (Bescheid) des Magistrats errichtet und
betrieben werden. Eine vorläufige Inbetriebnahme ist zu gestatten, wenn ein
dringender Betreuungsbedarf und die wesentlichen Bewilligungsvoraussetzungen
vorliegen. Jede Änderung der sozialpädagogischen Einrichtung, die eine
Abweichung von dem der seinerzeitigen Bewilligung zu Grunde gelegten Zustand
bewirkt, bedarf ebenfalls einer Bewilligung.
(4) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein nach wissenschaftlichen
Erkenntnissen erstelltes sozialpädagogisches Konzept vorliegt, für die
Leitung der Einrichtung und für die Pflege und Erziehung der
Minderjährigen eine entsprechende Anzahl von Fachkräften zur
Verfügung steht, die örtliche Lage der Einrichtung sowie deren
Räumlichkeiten geeignet und die wirtschaftlichen Voraussetzungen für
eine den Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe entsprechende Betreuung gegeben
sind.
(5) Die Landesregierung kann durch Verordnung Richtlinien für die
Errichtung und den Betrieb von sozialpädagogischen Einrichtungen im Sinne
des Abs. 3 erlassen. Die Behörde kann auf Antrag eine Nachsicht
erteilen von:
1. einzelnen Anforderungen an die Raumanordnung und die Ausstattung: Die
Nachsicht ist nur zu erteilen, wenn die Erfüllung dieser Anforderungen
wirtschaftlich unzumutbar ist; dies ist insbesonders der Fall, wenn der mit der
Erfüllung der Anforderung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu
dem angestrebten Erfolg steht. Die Landesregierung hat in der Verordnung jene
Anforderungen festzulegen, von denen Nachsicht erteilt werden kann.
2. Anforderungen an das Personal: Die Nachsicht ist zu erteilen, wenn dies
aus sozialpädagogischen, erlebnispädagogischen, pflegerischen,
medizinischen oder sonstigen wesentlichen Gründen erforderlich ist. Diese
Gründe können in der Verordnung näher ausgeführt
werden.
Die Nachsicht gemäß Z 1 und 2 ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht mehr gegeben sind.
Die Nachsicht gemäß Z 1 und 2 ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht mehr gegeben sind.
(6) Die Behörde kann die Bewilligung unter Erteilung von Auflagen,
Bedingungen oder Befristungen erteilen, wenn dies zur Vermeidung einer
Gefährdung des Wohls der Minderjährigen erforderlich ist.
(7) Ergibt sich nach der Bewilligung, dass die Minderjährigen trotz
Einhaltung der im Bewilligungs-bescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht
ausreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen
zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben. Sie hat sich dabei an den neuesten
sozialpädagogischen Erkenntnissen, dem aktuellen Stand der Technik und den
sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu orientieren. Die Behörde hat
solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig
sind, vor allem, wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand
außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg
steht.
Aufsicht und Widerruf der Bewilligung
§ 47. Sozialpädagogische Einrichtungen unterliegen
der Aufsicht des Kinder- und Jugendhilfeträgers. Dieser hat in geeigneten
Zeitabständen, mindestens aber einmal jährlich zu
überprüfen, ob die sozialpädagogischen Einrichtungen den
vorgeschriebenen Erfordernissen entsprechen. Liegen die Voraussetzungen für
die Bewilligung nicht mehr vor, ist diese zu widerrufen. Betreiber sind
verpflichtet, im Rahmen des Bewilligungsverfahrens, der Aufsicht und der
Leistungserbringung dem Kinder- und Jugendhilfeträger die erforderlichen
Auskünfte zu erteilen, notwendige Dokumente vorzulegen sowie die
Kontaktaufnahme zu den betreuten Kindern und Jugendlichen und die Besichtigung
von Räumlichkeiten zuzulassen.
Meldepflicht
§ 48. Folgende Umstände sind dem Kinder- und
Jugendhilfeträger unverzüglich schriftlich zu melden:
1. jede Änderung der Trägerin oder des Trägers der
sozialpädagogischen Einrichtung,
2. jeder Wechsel in der pädagogischen Leitung und
3. jede – auch nur vorübergehende – Schließung der
sozialpädagogischen Einrichtung.
7. Abschnitt
Mitwirkung an der Adoption
Grundsätze
Mitwirkung an der Adoption
Grundsätze
§ 49. (1) Die Adoptionsvermittlung hat das Ziel, Kindern
und Jugendlichen die am besten geeigneten Adoptiveltern oder Adoptivelternteile
zu verschaffen. Es muss die begründete Aussicht bestehen, dass damit eine
dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende
Beziehung hergestellt wird. Der Altersunterschied zwischen den Adoptiveltern und
dem Kind muss mindestens 16 Jahre betragen. Adoptiveltern müssen
mindestens 25 Jahre alt sein. Die Interessen der Kinder und Jugendlichen
sind vorrangig zu beachten.
(2) Die Adoptionsvermittlung und Eignungsbeurteilung sind dem Kinder- und
Jugendhilfeträger vorbehalten. Die Beratung, Vorbereitung und fachliche
Begleitung von Adoptivwerberinnen und Adoptivwerbern sowie die Erstellung von
Berichten können durch private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen
erfolgen, wenn diese eine ordnungsgemäße Besorgung dieser Aufgaben
durch ausgebildete Fachkräfte gewährleisten.
(3) Die Einhebung eines Entgelts für die Adoptionsvermittlung ist
unzulässig.
(4) Informationen über die leiblichen Eltern beziehungsweise
Elternteile sind zu dokumentieren und 50 Jahre ab rechtskräftiger
Bewilligung der Adoption aufzubewahren. Mit der Obsorge betraute Personen
können aus besonders wichtigen medizinischen oder sozialen Gründen
darüber Auskunft verlangen, solange das Adoptivkind das 14. Lebensjahr
noch nicht vollendet hat. Nach Vollendung des 14. Lebensjahres steht dieses
Recht dem Adoptivkind selbst zu.
Mitwirkung an der Adoption im Inland
§ 50. Die Mitwirkung an der Adoption im Inland umfasst
folgende Tätigkeiten:
1. Beratung und Begleitung von leiblichen Elternteilen vor und
während der Adoptionsabwicklung;
2. Beratung, Vorbereitung, Eignungsbeurteilung und Schulung von
Adoptivwerberinnen und Adoptivwerbern;
3. Auswahl von geeigneten Adoptiveltern entsprechend den individuellen
Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen (Adoptionsvermittlung).
Mitwirkung an der grenzüberschreitenden
Adoption
§ 51. (1) Die Mitwirkung an der grenzüberschreitenden
Adoption umfasst folgende Tätigkeiten:
1. Beratung, Vorbereitung, Eignungsbeurteilung und Schulung von
Adoptivwerberinnen und Adoptivwerbern;
2. Übermittlung und Entgegennahme von Urkunden und Berichten im
internationalen Austausch mit den zuständigen Behörden im
Ausland.
(2) Bei der Wahrnehmung von Aufgaben gemäß Abs. 1 sind die
Bestimmungen internationaler Verträge und sonstige völkerrechtliche
Verpflichtungen, insbesondere das Haager Übereinkommen vom 29. Mai
1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit im Hinblick auf
grenzüberschreitende Adoptionen, BGBl. III Nr. 145/1999,
einzuhalten.
Eignungsbeurteilung
§ 52. (1) Vor der Vermittlung von Adoptionen im Inland
beziehungsweise der Übermittlung von Anträgen ins Ausland ist die
persönliche Eignung der Adoptivwerberinnen und Adoptivwerber zu beurteilen
und zu dokumentieren. Die Eignungsbeurteilung ist im Zusammenwirken von
zumindest zwei Fachkräften vorzunehmen.
(2) Bei der Eignungsbeurteilung ist zu prüfen, ob die
Adoptivwerberinnen und Adoptivwerber eine förderliche Pflege und Erziehung
der anvertrauten Adoptivkinder gewährleisten können. Dabei sind
insbesondere die geistige und körperliche Gesundheit, die
Erziehungseinstellung, die Erziehungsfähigkeit, das Alter und die
Zuverlässigkeit der Adoptivwerberinnen und Adoptivwerber sowie die
Belastbarkeit des Familiensystems in Betracht zu ziehen.
(3) Die Adoptivwerberinnen und Adoptivwerber sind verpflichtet, im Rahmen
der Eignungsbeurteilung dem Kinder- und Jugendhilfeträger die
erforderlichen Auskünfte zu erteilen, notwendige Dokumente vorzulegen sowie
die Besichtigung von Räumlichkeiten zuzulassen.
3. HAUPTSTÜCK
Strafbestimmungen
Strafbestimmungen
§ 53. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist
mit einer Geldstrafe bis zu EUR 10.000,– zu bestrafen, wer
1. unbefugt oder entgeltlich Pflegeplätze oder eine Adoption
vermittelt,
2. die Pflege eines Pflegekindes fortsetzt, obwohl die Pflegebewilligung
widerrufen wurde,
3. eine sozialpädagogische Einrichtung oder ein Krisenzentrum ohne
die erforderliche Bewilligung errichtet oder betreibt.
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe
bis zu EUR 2.100,– zu bestrafen, wer
1. ein Pflegekind unter 14 Jahren ohne die erforderliche
Pflegebewilligung aufnimmt,
2. eine genehmigungspflichtige Änderung ohne Bewilligung
durchführt,
3. die nach diesem Gesetz vorgesehenen Aufsichten, Eignungsfeststellungen
und -beurteilungen behindert.
(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe
bis zu EUR 1.500,– zu bestrafen, wer
1. Gebote oder Verbote der gemäß § 46 Abs. 3
erlassenen Verordnung nicht befolgt,
2. gegen Auflagen, Bedingungen und Befristungen in Bescheiden, die auf
Grund dieses Gesetzes erlassen wurden, verstößt.
(4) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe
bis zu EUR 500,– zu bestrafen, wer gegen die Meldepflicht gemäß
§ 48 verstößt.
(5) Der Versuch ist strafbar.
Verweisungen auf Bundesgesetze, Staatsverträge und
Richtlinien der Europäischen Union
§ 55. (1) Soweit dieses Gesetz auf Bundesgesetze oder im
Bundesgesetzblatt kundgemachte Staatsverträge verweist, sind diese in der
am 1. September 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
(2) Soweit dieses Gesetz auf Richtlinien der Europäischen Union
verweist, ist darunter die Fassung dieser Richtlinien am 1. September 2013
zu verstehen.
Schluss- und Übergangsbestimmungen
§ 56. (1) Mit In-Kraft-Treten dieses Gesetzes treten das
Gesetz vom 27. April 1990, LGBl. für Wien Nr. 36/1990, betreffend
die Jugendwohlfahrt (Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz 1990 – WrJWG 1990) mit
Ausnahme des § 42, die Verordnung vom 11. Dezember 1990, LGBl.
für Wien Nr. 3/1991, betreffend Richtlinien für die Errichtung
und den Betrieb von Heimen und sonstigen Einrichtungen für Kinder und
Jugendliche sowie die Wiener Pflegeelterngeldverordnung – WrPegVO vom
27. Dezember 2006, LGBl. für Wien Nr. 71/2006, außer
Kraft.
(2) Auf Verfahren und Maßnahmen, die zum Zeitpunkt des
In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes anhängig sind, finden die Bestimmungen
dieses Gesetzes Anwendung.
(3) Für anhängige Verwaltungsstrafverfahren hat sich die Strafe
nach dem zum Zeitpunkt der Tat geltenden Recht zu richten, es sei denn, dass das
zum Zeitpunkt der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht
für die Täterin oder den Täter günstiger ist.
(4) Die auf Grund des Gesetzes vom 27. April 1990, LGBl. für Wien
Nr. 36/1990, betreffend die Jugendwohlfahrt (Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz
1990 – WrJWG 1990) erteilten Bewilligungen gelten als Bewilligungen nach
diesem Gesetz. Die Zuständigkeit der Aufsicht richtet sich nach diesem
Gesetz.
(5) Durch dieses Gesetz werden die Richtlinien 2005/36/EG über die
Anerkennung von Berufsqualifikationen (Amtsblatt Nr. L 255 vom
30. September 2005, S. 22), 2003/86/EG betreffend das Recht auf
Familienzusammenführung (Amtsblatt Nr. L 251 vom 3. Oktober
2003, S. 12), 2009/50/EG über die Bedingungen für die Einreise und den
Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer
hochqualifizierten Beschäftigung (Amtsblatt Nr. L 155 vom
18. Juni 2009, S. 17), 2011/98/EU über ein einheitliches Verfahren zur
Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige,
sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und zu arbeiten, sowie
über ein gemeinsames Bündel von Rechten für
Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat
aufhalten (Amtsblatt Nr. L 343 vom 23. Dezember 2011, S. 1),
2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum
Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des
Rates (Amtsblatt Nr. L 101 vom 15. April 2011, S. 1) und
2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die
internationalen Schutz beantragen (Amtsblatt Nr. L 180 vom
29. Juni 2013, S. 96), umgesetzt.
In-Kraft-Treten
§ 57. (1) Dieses Gesetz tritt am 16. Dezember 2013 in
Kraft.
(2) Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes können ab dem auf seine
Kundmachung folgenden Tag erlassen werden; sie dürfen jedoch
frühestens mit dem 16. Dezember 2013 in Kraft gesetzt
werden.
Der Landeshauptmann: | Der Landesamtsdirektor: |
Häupl | Hechtner |
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