Theorien zur Entstehung von Homosexualität

Für manche Lesben und Schwule oder auch ihr Umfeld ist die Frage, warum sie homosexuell sind, wichtig.

Warum aber will man die sexuelle Orientierung erklären? Oft steht dahinter der Wunsch, Homosexualität nicht erklären, sondern vielmehr rechtfertigen oder gar verändern zu wollen. Akzeptanz menschlicher Vielfalt und das Begreifen von Unterschieden als Bereicherung ist aber wichtiger als Ursachensuche.

Es gibt viele verschiedene Theorien zur Entstehung sexueller Orientierungen, die nicht wissenschaftlich beweisbar sind, aber zur Aufrechterhaltung von Vorurteilen beitragen.

Biologische Ursachen?

Manche Theorien glauben an genetische Ursachen, also an die Existenz eines "schwulen/lesbischen Gens". Heute ist das menschliche Genom längst entschlüsselt: Es gibt kein Gen für die sexuelle Orientierung.

Auch die These, dass der Hormonhaushalt der Mutter während der Schwangerschaft Ursache für die Entwicklung der sexuellen Orientierung des Kindes ist, ist heute widerlegt.

Soziale Faktoren?

Andere Theorien sehen soziale Faktoren als Ursache der homosexuellen Entwicklung, etwa bestimmte Erziehungsstile, eine dominante Mutter, einen abwesenden Vater oder die Stellung in der Geschwisterreihenfolge. Statistisch gesehen machen homosexuelle Menschen in der Kindheit aber die gleichen Erfahrungen wie heterosexuelle Menschen: Bestimmte Erziehungsstile, Scheidung oder Tod der Eltern und andere einschneidende Erlebnisse sind in der Kindheit homosexueller Menschen nicht öfter anzutreffen als in der Kindheit heterosexueller Menschen. Daraus folgt, dass der Erziehungsstil, eine Scheidung, der Tod eines Elternteils oder andere Vorkommnisse in der Kindheit keinen Einfluss darauf haben, ob jemand hetero- oder homosexuell wird.

Verführungstheorie?

Besonders hartnäckig hält sich die so genannte "Verführungstheorie". Sie geht von der Annahme aus, dass eine heterosexuelle Jugendliche oder ein heterosexueller Jugendlicher von einem älteren Menschen zu einem sexuellen Kontakt verführt wird, obwohl die oder der Jugendliche dies nicht möchte, und dann, bedingt durch diesen einmaligen sexuellen Kontakt, homosexuell wird. Diese Theorie ist wissenschaftlich längst widerlegt. Die meisten Homosexuellen wissen im Innersten schon viele Jahre vor ihrer ersten sexuellen Erfahrung, dass sie gleichgeschlechtlich empfinden. Sie machen ihre sexuellen Erfahrungen auch mit gleichaltrigen Partnerinnen oder Partnern. Viele homosexuelle Menschen hatten vor ihrem Coming-out auch Beziehungen zum anderen Geschlecht, ohne dadurch zur Heterosexualität 'verführt' worden zu sein.

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