Kathrin Zechner
Kathrin Zechner wurde 2014 in der Kategorie "Medien und Management" mit dem Wiener Frauenpreis ausgezeichnet.
"Es ist unglaublich toll, so viel Verantwortung anvertraut zu bekommen und so viel gestalten zu können", beschreibt Kathrin Zechner ihre Tätigkeit als ORF-Fernsehdirektorin (zitiert in: profil.at 13.9.2012). Die oft gestellte Frage, ob sie wohl einen männlichen oder weiblichen Führungsstil habe, interessiert sie schon lange nicht mehr. Ihren eigenen Worten nach setzt sie sich "mit aller Professionalität, Hartnäckigkeit, Härte, Überzeugungsarbeit und Leidenschaft für mehr Mittel" ein und fühlt sich dabei in ihrem "sportlichen Ehrgeiz" angesprochen (ebenda).
Biografie, Werk und Auszeichnungen
Kathrin Zechner wird 1963 in Graz geboren.
Von 1981 bis 1986 studiert sie Rechtswissenschaften, Theaterwissenschaft und Politikwissenschaft und arbeitet nebenher bei der UNO. Nach Abschluss ihres Studiums ist sie ORF-Mitarbeiterin im Unterhaltungsprogramm und arbeitet im Magazin-, Film- und Serienbereich. Kurz vor ihrem Wechsel zum deutschen Privatsender "Tele 5" als Unterhaltungschefin ist sie noch Referentin des ORF-Generalsekretärs Kurt Bergmann. Von 1992 bis 1994 arbeitet sie als Geschäftsleiterin bei "Endemol Entertainment Productions" und hat in dieser Funktion den Aufbau der deutschen Niederlassung gemanagt.
ORF-Programmintendantin
1994 kehrt sie als Programmintendantin zum ORF zurück, wo sie neue Akzente setzt und sich dabei auch an jüngeren Zuschauerinnen und Zuschauern orientiert. In dieser Zeit entstehen unter anderem "Vera" oder "Schiejok täglich", vor allem Fiction wie "Kommissar Rex", "Kaisermühlenblues", "Julia - eine ungewöhnliche Frau", "Soko Kitzbühel", die erste erfolgreiche Sitcom "MA2412", Filme wie "Andreas Hofer", "Romeo & Julia auf dem Dorfe", "Hitler's Nichte" und viele mehr, aber auch der Gassenfeger "Taxi Orange", in dem 13 junge Menschen im "Kutscherhof" im 13. Wiener Gemeindebezirk von Kameras beobachtet leben, die Taxiprüfung bestehen und ihr Leben mit den Einnahmen aus den Taxifahrten bestreiten mussten. Unter ihrer Leitung entsteht auch das österreichische Format der "Millionenshow", zunächst von Reinhard Fendrich moderiert (damals noch unter dem Titel "Alles ist möglich - Die 10-Millionen-Show"), später von Barbara Stöckl und seit 2002 von Armin Assinger. 1996 erhält sie den vom "Kurier" vergebenen Film- und Fernsehpreis "Romy" für die beste Programmidee: "Fest der Freiheit".
Vereinigte Bühnen Wien
Unter ORF-Generaldirektorin Monika Lindner muss Kathrin Zechner den ORF 2002 verlassen. Sie arbeitet zunächst als künstlerische Leiterin bei den Vereinigten Bühnen Wien und wird dort 2004 Musicalintendantin. Unter dem Motto "Die Vielfalt hat eine Bühne" werden nicht nur große konventionelle Musicals, sondern auch avantgardistisches Musiktheater inszeniert. Dafür entwickelte sie auch das Projekt "Ronacher mobile".
In ihrer zehnjährigen Tätigkeit finden insgesamt siebzehn Produktionen statt, darunter sieben Uraufführungen, wie "Rebecca", "Rudolf" "Die Weberischen" (2006) oder "Woyzeck & The Tiger Lillies" (2011) oder die deutschsprachigen Erstaufführungen wie "Romeo & Julia" und "The Producers". Obwohl das Musical zu diesem Zeitpunkt eigentlich ein tot geglaubtes Genre ist, gelingt es Kathrin Zechner, Wien als Musicalstadt zu stärken. Sie holt internationale Stars wie John Malkovich (in "The Infernal Comedy", 2009 und "The Giacomo Variations", 2011) an das Ronacher. Eigenproduktionen wie "Elisabeth", "Mozart!" oder "Tanz der Vampire" touren erfolgreich international und vor allem erstmals in Russland und Süd-Korea.
ORF-Fernsehdirektion
Am Abend des 15. September 2011 findet die Premiere von "Sister Act" statt. Nur wenige Stunden davor ist sie vom ORF-Stiftungsrat zur Fernsehdirektorin bestellt worden. Mit Jahresbeginn 2012 ist Kathrin Zechner für das gesamte Fernsehprogramm zuständig, also sowohl für den Programm- wie auch für den Informationsbereich in den Kanälen ORF 1, ORF 2 und Sport+.
Dabei ist ihr die Möglichkeit unabhängig agieren zu können wichtig, sie will sich ausschließlich an Programm, Publikum und Qualität orientieren und weist politische Interventionen zurück. Ihr sei es ein Anliegen, erklärt sie, "auf die Intuition zu vertrauen und damit unkonventionelle Wege zu gehen, die erfolgreich sein können – oder nicht" (zitiert in kurier.at, 5.2.2012). Sie selbst versteht sich dabei als: "Architektin des Fernsehens".
Unter dem Motto "mehr Unverwechselbarkeit durch mehr Eigenproduktionen" (zitiert aus: kundendienst.orf.at) werden einige neue Formate ausprobiert, wie zum Beispiel Armin Assingers "Einser Team", das von Oktober bis Dezember 2012 Menschen in schwierigen Lebenslagen vor laufender Kamera unterstützen soll, oder das Reportageprogramm "Mein Leben", in dem Mari Lang von Oktober 2012 bis Mai 2013 Menschen durch ihren Alltag begleitet. Mit 2013 führt Kathrin Zechner zusätzlich zu dem Naturdokumentationsformat von "Universum" auch noch "Universum History" ein, das 2015 noch um eine Bundeslandschiene erweitert werden wird.
Sie ist um Effizienz bemüht, aber auch um gegenseitige Inspiration und versucht die Synergien zwischen verschiedenen Abteilungen zu nutzen und dabei auch die Landesstudios stärker einzubeziehen. Unter ihrer Leitung wird das neue Informationsformat "heute mittag" entwickelt, in dem seit September 2012 wochentäglich bereits um 13.15 Uhr eine Dreiviertelstunde Nachrichten aus Politik, Kultur, Gesellschaft und Sport gebracht werden. In die Berichte eingebettet sind Live-Reportagen und der Besuch von Studiogästen. Im "ZIB Magazin" werden seit März 2012 um 19.45 Uhr, direkt vor den Hauptnachrichten, Informationen aus verschiedenen Bereichen aufbereitet, wobei der Fokus darauf liegt, Hintergründe darzustellen und Zusammenhänge aufzuzeigen. Beide Sendungen werden von starken Frauen aus ihrem Führungsteam geleitet.
Anlässlich der Verleihung des Österreichischen Filmpreises 2013 betont sie als geladene Rednerin die Verantwortung des ORF gegenüber Filmprojekten, deren Realisierung und Vielfalt gefördert werden sollte: "Der österreichische Film unterhält, berührt, regt an, regt auf, zeigt auf und thematisiert, was gerne nur allzu zu oft in einer Gesellschaft mit einer starken Tendenz zur Oberflächlichkeit und Ignoranz unausgesprochen bliebe" (zitiert aus: www.oesterreichische-filmakademie.at).
Programmpräsentation 2015
Bei der Programmpräsentation für das Jahr 2015 kündigt Kathrin Zechner neue Serien wie "Altes Geld" von David Schalko oder eine Doku-Schiene mit Hanno Settele an. Gedreht sind die ersten fünf von zehn regionalen Landkrimis.
Ab Frühjahr startet die Serie "Vorstadtweiber". Die Wiener Antwort auf "Desperate Housewives" (nach Drehbüchern von Uli Brée) verspricht laut Zechner "zeitgeistige, freche österreichische Unterhaltung" (zitiert aus: kundendienst.orf.at). Erzählt werden darin die Geschichten von fünf unterschiedlichen Frauen, die sich zunehmend der Abhängigkeit von ihren Ehemännern bewusst werden, sich wehren und trotz aller Ängste aufbegehren. Aber nicht nur vor der Kamera spielen Frauen bei den "Vorstadtweibern" eine entscheidende Rolle: Die ersten fünf Folgen wurden unter der Regie von Sabine Derflinger gedreht, Frauen finden sich auch in Führungspositionen hinter der Kamera, in der Ausstattung, in Licht und Ton.
Eurovision Song Contest
Das größte Fernsehevent für das kommende Jahr wird vermutlich die Übertragung des 60. Eurovision Song Contest sein, der unter dem Motto "Building Bridges" im Mai in der Wiener Stadthalle stattfinden wird. Bei der Programmpräsentation kündigt Zechner "Teil 2 einer wunderbaren, unglaublichen Geschichte" an. Sie hatte im vergangenen Jahr übrigens Conchita Wursts Song Contest Teilnahme durchgesetzt.
Berufliche Laufbahn
- 1986 bis 1991: Freie ORF-Mitarbeiterin im Unterhaltungsprogramm
- 1991: Unterhaltungschefin bei Tele 5
- 1992 bis 1994: Geschäftsleiterin bei "Endemol Entertainment Productions", Deutschland
- 1994 bis 2002: Programmintendantin des ORF
- 2002 bis 2004: Künstlerische Leiterin bei den Vereinigten Bühnen Wien
- 2004 bis 2012: Musicalintendantin bei den Vereinigten Bühnen Wien
- Seit 2012: ORF-Fernsehdirektorin
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