Heidi Schrodt

Heide Schrodt wurde 2005 für ihre "Förderung von Mädchen im Bildungsbereich" mit dem Wiener Frauenpreis ausgezeichnet.

"Die Schule kann mehr als man glaubt", meint Heidi Schrodt anlässlich der Verleihung des Frauenpreises 2005, mit dem sie als Direktorin des Wiener Gymnasiums in der Rahlgasse für ihren Einsatz in punkto Mädchenförderung ausgezeichnet wird. Auch in ihrer Pension setzt sie sich als Vorsitzende der Initiative "BildungGrenzenlos" für mehr Bildungsgerechtigkeit ein, also dafür, Kindern und Jugendlichen "die bestmögliche Bildung und Ausbildung mitzugeben, unabhängig davon, woher sie kommen, welcher Religion sie angehören oder welches Geschlecht sie haben" (zitiert aus: www.pfz.at).

Biografie, Werk und Auszeichnungen

Heidi Schrodt wird 1950 in Ybbs an der Donau geboren. 1974 schließt sie das Lehramtsstudium in den Fächern Deutsch und Englisch an der Universität Wien ab und unterrichtet in den darauf folgenden 17 Jahren an mehreren Wiener AHS. Die Erfahrungen, die sie als Lehrerin und SchülerInnen-Beraterin macht, bringen sie zu einer Auseinandersetzung mit geschlechtsspezifischen Aspekten des Unterrichtens.

Einführung der Mädchenklasse in der Rahlgasse

1992 wird sie Direktorin am Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium Rahlgasse im 6. Wiener Gemeindebezirk. Die Schule kann auf eine lange Tradition der Mädchenförderung zurückblicken, war sie doch mit ihrer Eröffnung 1892 das erste Mädchengymnasium Österreichs. Bis 1979 wurden dort nur Mädchen unterrichtet, danach führte man die Schule koedukativ.

Als Heidi Schrodt 1992 an die Schule kommt, ist der Alltag bereits relativ stark von den Burschen geprägt. Sie will wieder einen stärkeren Akzent auf die Mädchenförderung legen und findet dabei durchaus Unterstützung im Kollegium. Im Schuljahr 1994 gibt es deutlich mehr Anmeldungen von Mädchen und es wird bewusst eine reine Mädchenklasse angeboten. Von Beginn an ist diese jedoch heftiger Kritik ausgesetzt. Das Projekt wird nicht nur von Außen als reaktionär bezeichnet, auch vonseiten der anderen Schülerinnen und Schüler werden die Mädchen der Klasse angefeindet. Heidi Schrodt sieht dies als Exempel dessen, was passiert, "wenn man den Fokus auf Frauen und Mädchen richtet" (Heidi Schrodt (2005) Mädchenförderung? Bubenförderung? Gender Mainstreaming? Auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten Schule. Vortrag gehalten bei einem Treffen von Expertinnen und Experten im BMBWK am 23.6.2005, www.eduhi.at).

Auch wenn ihr zufolge "Mädchenkonflikte" wie Zuwendungsentzug und Ausgrenzungen entstehen, entwickeln die Schülerinnen ein starkes Selbstbewusstsein, nehmen sich ihre Räume im Schulalltag, und bringen gute Leistungen. Obwohl viele Schülerinnen und Eltern die Klasse gerne weitergeführt hätten, wird das Projekt aufgrund der negativen Etikettierungen 1996 beendet. Von 2002 bis 2004 kommt noch einmal eine Mädchenklasse zustande. Zwar gibt es auch diesmal wieder Gegenwind, aber nicht mehr so starken wie beim ersten Mal (vgl. Schrodt 2005; derStandard.at, 25.6 2008).

Generell werden in der Rahlgasse gezielt Maßnahmen gesetzt, um geschlechtsspezifischen Rollenklischees entgegenzuarbeiten. Immer wieder werden Mädchen- und Bubentage abgehalten – der erste wird 1995 von Frauenministerin Johanna Dohnal eröffnet – an denen gesamtschulisch ein getrenntes Programm angeboten wird. So haben einmal die Mädchen der 8. Schulstufe die Möglichkeit, im Rahmen des Physikunterrichts Solarobjekte herzustellen, während die Burschen ein viergängiges Menü kochen. In der 5. und 6. Schulstufe werden beide Geschlechter sowohl im textilen wie auch technischen Werken unterrichtet. Es gibt Mädchenbetreuungs-Lehrerinnen wie auch Bubenbetreuungs-Lehrer, die jeweils Sprechstunden anbieten.

In einem 2008 geführten Interview betont Heidi Schrodt retrospektiv die Notwendigkeit einer doppelten Strategie, also einerseits "Räume zu schaffen, wo Mädchen und Buben für sich sein können" und gleichzeitig Bereiche beizubehalten, "wo die Kategorie Geschlecht nicht thematisiert wird" (derstandard.at, 25. 06. 2008). Eine "bewusste Koedukation" bedeutet für sie erweiterte Handlungsspielräume für alle. Mädchenarbeit müsse dabei immer mit Bubenarbeit einhergehen (Schrodt 2005).

Geschlechterpolitisches Engagement und Auszeichnungen

Auch außerhalb des Schulalltags bringt Heidi Schrodt ihre Expertise immer wieder ein. 2004 holt sie der damalige SPÖ-Vorsitzende Alfred Gusenbauer in das "Kompetenzteam Bildung". 2005 lehrt sie an der Universität Klagenfurt zu Geschlechterverhältnissen an den Schulen. 2007 wird sie Teil einer von der damaligen Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Claudia Schmied einberufenen ExpertInnen-Kommission, die sich mit der Evaluation bestehender Schulmodelle und dem Erarbeiten von Alternativen beschäftigt.

Heidi Schrodts geschlechterpolitisches Engagement an Schulen wird mehrfach ausgezeichnet. Nach dem "Frauenpreis der Stadt Wien 2005" erhält sie 2009 als erste den "Mariahilfer Frauenring". Im Jahr darauf wird ihr der "Käthe-Leichter-Preis für Frauenforschung, Geschlechterforschung und Gleichstellung in der Arbeitswelt" verliehen.

Bildungspolitisches Engagement

Seit 2010 ist Heidi Schrodt in Pension, sie mischt sich aber trotzdem weiterhin aktiv in Bildungsdebatten ein. 2011 unterstützt sie das Bildungsvolksbegehren, seit 2013 beteiligt sie sich mit dem Thema Bildungsgerechtigkeit am Projekt "Wien.Welt.Offen".

Österreich ist ihr zufolge bildungspolitisch ein "zutiefst inegalitäres Land", das gute Bildung zu einem herkunftsabhängigen Privileg macht und somit Elitenbildung fördert (zitiert aus: www.pfz.at). Bildungsungerechtigkeit beginnt bereits bei der LehrerInnen-Ausbildung: Je angesehener der Schultyp ist, an dem eine Lehrkraft künftig unterrichten soll, desto besser wird sie ausgebildet und umso höher ist auch ihr Gehalt. So müssen Hauptschulkräfte in mehreren unterschiedlichen Fächern unterrichten, ohne notwendigerweise dafür qualifiziert zu sein. Darin sieht sie eine massive Geringschätzung gegenüber den SchülerInnen.

Sie unterstützt die Idee, LehrerInnen nicht schultypspezifisch sondern altersgruppenspezifisch auszubilden. Schließlich sei gerade die frühe Trennung im Alter von zehn Jahren für "grobe soziale Ungleichheiten" verantwortlich und müsse deswegen unbedingt abgeschafft werden (ebenda). Das Konzept der gemeinsamen Schule sage noch nichts über dessen Qualität aus, hier gäbe es große Unterschiede. "Es ist noch viel zu tun in diesem Land, um dem Auftrag, den uns unsere Bundesverfassung gibt, gerecht zu werden", erklärt sie (ebenda). Dabei kritisiert sie auch, dass Mehrsprachigkeit per se als Defizit und nicht als wertvolle Ressource gesehen wird. Steht im Halbjahreszeugnis einer Schülerin oder eines Schülers der 4. Volksschule in Deutsch eine schlechtere Note als ein "Gut", so hat sie oder er kaum Aussichten, an einem Gymnasium aufgenommen zu werden. Davon betroffen sind häufig SchülerInnen, die eine andere Erstsprache als Deutsch haben oder die gerade erst nach Österreich gezogen sind: "Auch sie müssen draußen bleiben aus dem heiligen Bildungstempel des Bürgertums. In Wirklichkeit ein Skandal. Es fügt sich aber gut ins Bild" (ebenda).

2014 veröffentlicht sie zu diesem Thema das Buch "Sehr gut oder Nicht genügend – Schule und Migration in Österreich". Darin werden insbesondere die Schwierigkeiten thematisiert, mit denen Schülerinnen und Schüler in einem bildungsungerechten System konfrontiert sind, die mehrsprachig sind und zudem mit ökonomischer Benachteiligung zu kämpfen haben. In einem Katalog listet sie Forderungen wie die nach einem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr, der Abschaffung der Trennung von Schülerinnen und Schüler im Alter von zehn Jahren in HauptschülerInnen und GymnasiastInnen, dem verstärkten Einsatz von Sprachförder-LehrerInnen oder der Einführung von Türkisch als Maturafach auf.

Heidi Schrodts Engagement für Bildungsgerechtigkeit

  • Intensive Mädchenförderung als Direktorin der Rahlgasse (1992 bis 2010)
  • Vorsitzende der Bildungsinitiative "BildungGrenzenlos"
  • Vorträge und Publikationen zum Thema Bildungsgerechtigkeit, z. B. Schrodt, Heidi (2014): "Sehr gut oder Nicht genügend - Schule und Migration in Österreich". Wien
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