Wiener Landtag 21. Wahlperiode 34. Sitzung vom 19. Juni 2024 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. Bekanntgabe, dass die mündliche Anfrage (FSP-835582-2024-KFP/LM) von Abg. Stefan Berger an den Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz:nicht zugelassen wurde S. 3 3. Fragestunde 1. Anfrage (FSP-834194-2024-KSP/LM) S. 3 2. Anfrage (FSP-823514-2024-KFP/LM) S. 7 3. Anfrage (FSP-834785-2024-KNE/LM) S. 9 4. Anfrage (FSP-589164-2024-KGR/LM) S. 11 5. Anfrage (FSP-834122-2024-KVP/LM) S. 13 4. AST-835178-2024-KNE/AL; ASTTH- 851799-2024-KNE/ALTH: Aktuelle Stunde zum Thema "Junge Menschen sind Sprachrohr ihrer Anliegen - das Land Wien ist Vorreiter bei Mitbestimmung und Partizipation" Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Dolores Bakos, BA S. 14 Abg. Stefan Berger S. 16 Abg. Ömer Öztas S. 17 Abg. Harald Zierfuß S. 18 Abg. Marina Hanke, BA S. 18 Abg. Maximilian Krauss, MA S. 19 Abg. Thomas Weber S. 20 Abg. Mag. Mag. Julia Malle S. 21 Abg. Sabine Keri S. 22 Abg. Mag. Nicole Berger-Krotsch S. 23 5. Mitteilung des Einlaufs S. 23 6. Umstellung der Tagesordnung S. 24 7. Begrüßung der Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik S. 24 8. 774174-2024; MD-LTG, P 7: Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates Abstimmung S. 24 9. Begrüßung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien Univ.-Doz. Mag. Dr. Dieter Kolonovits S. 24 10. 625835-2024-GGK; P 6: 1) Verwaltungsgericht Wien; Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023 2) Amt der Wiener Landesregierung; Stellungnahme zum Tätigkeitsbericht 2023 des Verwaltungsgerichtes Wien Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky S. 24 Redner: Abg. Thomas Weber S. 24 Abg. David Ellensohn S. 25 Abg. Hannes Taborsky S. 27 Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher S. 28 Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 29 Präsident des Verwaltungsgerichtes Wien Univ.-Doz. Mag. Dr. Dieter Kolonovits S. 31 Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky S. 35 Abstimmung S. 35 11. LG-576068-2024; P 5: 2. Dienstrechtsnovelle 2024 (Beilage Nr. 5/2024) Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky S. 35 Abstimmung S. 35 12. Begrüßung des Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltes Dr. Gerhard Jelinek S. 36 13. 713536-2024-GGS; P 4: Bericht der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft über ihre Tätigkeit im Jahr 2023 Berichterstatter Abg. Kurt Wagner S. 36 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Wolfgang Seidl S. 36 Abg. Georg Prack, BA S. 37 Abg. Ingrid Korosec S. 38 Abg. Dr. Claudia Laschan S. 40 Abg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA S. 42 Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad S. 43 Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwalt Dr. Gerhard Jelinek S. 44 Berichterstatter Abg. Kurt Wagner S. 48 Abstimmung S. 48 14. Begrüßung der Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA S. 48 15. 658098-2024-GBI; P 3: Tätigkeitsbericht 2023 der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA S. 48 Rednerinnen bzw. Redner: Abg. Mag. Dolores Bakos, BA S. 48 Abg. Ömer Öztas S. 50 Abg. Sabine Keri S. 52 Abg. Benjamin Schulz S. 54 Abg. Mag. Ursula Berner, MA S. 56 Abg. Maximilian Krauss, MA S. 57 Abg. Mag. Marcus Gremel, MBA S. 58 Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA S. 59 Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA S. 63 Abstimmung S. 63 16. LG-1517578-2023; P 2: Änderung des Wiener Schulgesetzes - WrSchG (Beilage Nr. 4/2024) Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA S. 64 Abstimmung S. 64 17. 149343-2024-GFW; P 1: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Etablierung einer gebietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank (Beilage Nr. 6/2024) Berichterstatter Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher S. 64 Abstimmung S. 64 18. DRI-849383-2024-KGR/LAT: Dringlicher Antrag von Abg. Georg Prack, BA, Abg. Mag. Heidemarie Sequenz, Abg. Johann Arsenovic, Abg. Mag. Berivan Aslan, Abg. Mag. Ursula Berner, MA und Abg. Felix Stadler, BSc, MA betreffend "Es gibt keine Ausreden mehr - Leerstandsabgabe jetzt!" Begründung: Abg. Georg Prack, BA S. 64 Rednerinnen bzw. Redner: StRin Mag. Judith Pühringer S. 66 Abg. Mag. Dietbert Kowarik S. 68 Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic S. 69 Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc S. 70 Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher S. 71 Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies S. 72 Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS S. 75 Abg. Georg Prack, BA S. 76 Abg. David Ellensohn S. 77 Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic S. 78 (Beginn um 9.02 Uhr.) Präsident Ernst Woller: Einen schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf ersuchen, die Plätze einzunehmen. Die 34. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet. Ganztägig entschuldigt sind Abg. Holawatsch, Abg. Huemer, Abg. Janoch, Abg. Kickert, Abg. Kieslich, Abg. Novak, Abg. Rychly, Abg. Sittler, Abg. Spielmann, Abg. Stark, Abg. Wieninger und Amtsf. StR Hacker. Zeitweise entschuldigt sind Abg. Emmerling ab 18 Uhr, Abg. Gara von 11 Uhr bis 14 Uhr, Abg. Gstöttner ab 13.30 Uhr, Abg. Klika bis 11 Uhr, Abg. Kowarik bis 10.30 Uhr, Abg. Pipal-Leixner bis 11 Uhr sowie ab 18 Uhr, Abg. Samel bis 11 Uhr, Abg. Stadler ab 10 Uhr, Abg. Valentin ab 18.30 Uhr und Amtsf. StR Hanke ab 14 Uhr. Gemäß § 33 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien gebe ich bekannt, dass folgende mündliche Anfrage in der Präsidialkonferenz nicht zugelassen wurde: "Anfrage von Abg. Stefan Berger, Klub der Freiheitlichen, an den amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz: 35 Prozent der Volksschüler in Wien bekennen sich zum muslimischen Glauben. Studien zeigen, dass muslimische Kinder und Jugendliche im Schnitt nicht nur deutlich religiöser sind, sondern vermehrt auch abwertende Haltungen vertreten. Dazu zählen etwa Antisemitismus, die Bevorzugung der Scharia gegenüber nationalen Gesetzen oder die Ablehnung der Gleichstellung von Mann und Frau. Wann stellen Sie endlich entsprechendes Studienmaterial für Wien sicher, um gezielt diesen negativen Haltungen entgegenzuwirken?" Diese Anfrage wurde von mir nicht zugelassen, weil sie nicht der Geschäftsordnung des Wiener Landtages entspricht. Wir kommen nun zur Fragestunde. Die 1. Anfrage (FSP-834194-2024-KSP/LM) wurde von Abg. Akcay gestellt und ist an den Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal gerichtet. (Wien hat sich für die Renaturierungsverordnung ausgesprochen. Welche konkreten Maßnahmen werden nun durch das Land Wien gesetzt?) Ich ersuche Herrn StR Czernohorszky um die Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Hohes Haus! Einen wunderschönen guten Morgen auch an die Gäste auf der Galerie! Ich möchte mit einem Bekenntnis beginnen, einem Bekenntnis des Landes Wien für den Schutz der Biodiversität, einem Bekenntnis eines urbanen Raumes für die besondere Verantwortung für diese Biodiversität. Wien ist eine Stadt, die stolz darauf sein kann, die Stadt mit der größten Lebensqualität zu sein, und es ist unsere Aufgabe, diese Lebensqualität für die kommenden Generationen zu sichern. Das bedeutet in einer Zeit einer eskalierenden Klimakrise, instabilerer Wetter- und Klimaereignisse, dass wir noch mehr für die Biodiversität, noch mehr für das Leben in unserer Heimat tun müssen. Das ist übrigens auch der Grund, warum Wien schon bei der ursprünglichen Version der Renaturierungsverordnung, die im Juni 2022 vorgelegt wurde, klar gesagt hat: Die Zielsetzungen, um die es hier als zentraler Bestandteil des European Green Deals und der damit zusammenhängenden Biodiversitätsstrategie 2030 geht, sind gut, sind richtig, sind verfolgungswert und sind von vitaler Bedeutung für die Zukunft von Leben auf unserem Kontinent. Sie wissen selber, viele in der Republik hatten allerdings mit der Umsetzung dieser Zielsetzungen einige Schwierigkeiten. Das ist der Grund, warum sich die Bundesländer sehr intensiv gemeinsam mit der Republik in den Ratsarbeitsgruppen im Trilog eingebracht haben, um diese Punkte und die Bedenken zu adressieren, die übrigens ausgesprochen gut in den unterschiedlichsten Arbeitsgruppen verhandelt und eingearbeitet wurden und zuletzt vom Parlament mit einer neuen Version umgesetzt werden konnten, eine neue Version, zu der Wien, nicht zuletzt auch dieses Haus, klar gesagt hat: Es ist richtig, es ist wichtig, es ist machbar. Wir äußern uns mit einem klaren Zeichen von Wien klar für die Renaturierungsverordnung. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Für die Beschlussfassung vorgestern wurde hier in diesem Haus, wurde von Lhptm Michael Ludwig und durch viele, viele Schritte die Tür geöffnet, der Stein ins Rollen gebracht. Ich freue mich darüber, denn es steht fest, Wien nimmt schon jetzt - ich habe damit begonnen - eine Vorreiterrolle in Sachen Biodiversitätsförderung, in Sachen Arten- und Lebensraumschutz ein. Wien hat schon jetzt die Verantwortung erkannt, und Wien kann daher jetzt auch bei der Umsetzung der Renaturierungsverordnung eine zentrale Rolle spielen. Lassen Sie mich ein bisschen darauf eingehen, was Wien schon jetzt macht, was unsere Arbeit an der Renaturierung, an der Biodiversität in der Stadt ist. Wien ist ein Bundesland, und zwar das einzige Bundesland, das seit langer Zeit ein eigenes Arten- und Lebensraumschutzprogramm hat, verankert im Naturschutzgesetz des Landes Wien. 2020 haben wir die Wiener Wald- und Wiesen-Charta beschlossen, die über Programme für Biodiversität, für Gewässer und nachhaltige Waldbewirtschaftung kontinuierlich umgesetzt wird. Wien bekennt sich in dieser Charta zur laufenden Bereitstellung der Ressourcen, der Budgets, die zur konsequenten Umsetzung notwendig sind. Sie ist damit aber auch nicht nur Leitlinie und Orientierungshilfe für unsere Arbeit, sondern auch für alle Verantwortlichen in Verwaltung, bei den EigentümerInnen, BewirtschafterInnen, NGOs, NPOs, Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Waldflächen, Wiesen, Oberflächen, Gewässer werden dadurch durch die Stadt Wien auch für die Zukunft geschützt, und - noch wichtiger - der Bestand wird laufend qualitativ verbessert und durch weitere hochwertige Flächen erweitert. Diese Wald- und Wiesen-Charta lebt also und sie lebt ein ziemlich aktives, intensives Leben, das sich durch die Umsetzung vieler Projekte zeigt. Ich komme gleich darauf zurück. Eine kleine Ankündigung in diesem Haus: Im Frühjahr 2025, also genau fünf Jahre nach Beschluss, werden die Umsetzungsergebnisse der Wiener Wald- und Wiesen-Charta präsentiert. Daraus abgeleitete Arbeitsaufträge werden in die Biodiversitätsstrategie Wien 2030 einfließen. Dabei wird die Stadt - das ist jetzt schon völlig klar - natürlich einen besonderen Wert auf die Bedeutung biologischer Vielfalt für den Klimaschutz legen müssen, weil gesunde und artenreiche Ökosysteme Kohlenstoff binden, speichern, das Klima stabilisieren, extreme Wetterereignisse mildern und damit die Stadt stärken, unsere Anpassungsfähigkeit stärken, die Resilienz unseres Zuhauses stärken. Lassen Sie mich auf ein paar Beispiele für diese Umsetzungsarbeit an der Wiener Wald- und Wiesen-Charta eingehen. Fangen wir bei der Wiese an: Knapp 5,5 Prozent des Stadtgebiets sind Wiesen, sonstige landwirtschaftliche Nutzflächen machen 13,75 Prozent aus. Eine große Verantwortung an der Verwaltung dieser Wiesen hat der Forstbetrieb der Stadt Wien. Etwa die Hälfte der Wiesen wird von ihm verwaltet, und nur ein Fünftel der Wiesen dient vorwiegend der Erholung und wird entsprechend gepflegt, also meist zwei Mal im Jahr. Zwei Drittel der Wiesen in unserer Stadt haben überwiegend Naturschutzfunktion, das heißt, Mähschafe auf der Donauinsel oder am Steinhof kümmern sich um die Wiesen, oder es gibt eine Mahd mit Sensen. Es wird daran gearbeitet, diese Wiesen und Weiden offen zu halten. Wie die wenigsten von Ihnen vielleicht wissen: Eine extensiv genutzte Weide kann drei Mal so viel CO2 binden als ein Wald. Es ist also von unglaublicher Bedeutung, dass wir diese Wiesen schützen. Der Wald ist schon genannt. Wien ist stolz darauf, dass unsere Wälder auch durch die Dauerwaldbewirtschaftung in einem guten Zustand sind. Das ist übrigens - das ist eine sehr, sehr dramatische Tatsache - nicht in ganz Österreich und schon gar nicht in der Europäischen Union der Fall. Unsere Arbeit leistet einen Beitrag dazu, dass unsere Wälder resilient sind, dass es eine genetische, eine Artenvielfalt in den Wäldern gibt und dass sie damit fit für die Extremwetterereignisse unserer nahen Zukunft sind, aber vor allen Dingen auch ihre Rolle für ein gutes Leben in der Stadt spielen können. Beispiel Wienerwald: Der kühlt die Stadt um 7 Grad ab. Flüsse: Ein gutes Beispiel für die aktuelle Arbeit an mehr Biodiversität ist sicherlich die Renaturierung des Liesingbachs. 1997 bis 2016 war der 1. Abschnitt mit ein bisschen über 9 km, seit 2020 wird die 2. Hälfte des Liesingbachs zwischen Kaiser-Franz-Josef-Straße und Großmarktstraße renaturiert, ähnlich lang, um genau zu sein, genau gleich lang, nämlich 9,2 km. Worum geht es da? Stück für Stück wird die harte Pflasterung aufgebrochen. Die Steine werden vor Ort zerkleinert, ins Flussbett eingebaut, das Ufer abgeflacht, Sediment eingebracht, Steine und Wurzelstöcke versetzt, Weidenstecklinge in den Uferbereich gepflanzt, 200 Bäume kommen dazu, Buchten und Flachwasserbereiche werden geschaffen, die für Jungfische, für Insektenlarven, andere wassergebundene Lebewesen ein Zuhause sind. Stichwort Zuhause: Ich glaube, wer von Ihnen schon beim bis jetzt renaturierten Teil der Liesing war, weiß, es ist auch ein besseres Zuhause für uns Menschen, es ist ein Zugewinn an Grünraum am Wasser. Diese neuen Bäume spenden Schatten, Tiere und Pflanzen werden sich ansiedeln, Uferbereiche werden neu gestaltet, und damit werden die Spaziergänger und Spaziergängerinnen, die Radfahrer und Radfahrerinnen, die Läufer und Läuferinnen entlang der Liesing ein Mehr an Lebensqualität haben. Es würde jetzt den Rahmen dieser Frage sprengen, wenn ich weiter in dieser Taktzahl mit allen Beispielen vorangehen würde, aber ein großes möchte ich noch bringen, weil es das größte Renaturierungsprojekt in der Geschichte Wiens ist. Wir haben erst kürzlich den Startschuss für dieses Projekt am Verschiebebahnhof Breitenlee gemacht. Das ist eine Fläche, die mit 90 ha fast so groß wie die Josefstadt ist, mehr als doppelt so groß als 2 Mal die Steinhof-Gründe - für Menschen wie mich, die aus dem Westen sind, ein gutes Beispiel. Das Gebiet ist jetzt schon voller wertvoller Biotope. Das Gebiet ist eine riesengroße Fläche, die im sogenannten Alpen-Karpaten-Korridor von überregionaler Bedeutung ist. Es finden sich dort Neuntöter, Wiedehopfe, Zauneidechsen, Orchideen, mehr als 140 Wildbienenarten. Die Stadt hat die Verantwortung übernommen, dieses Gebiet für die zukünftigen Generationen zu sichern. Wir werden das ankaufen, wir werden es zu einem Natura-2000-Gebiet weiterentwickeln, wir werden dafür Förderungen des Biodiversitätsfonds des Bundes, aber vor allen Dingen auch EU-Mittel, LIFE-Projekte abgreifen, damit wir mit den Renaturierungsarbeiten jetzt beginnen können und 2030 dann der endgültige Zustand eines Lebensraumes für tausende Arten in ganz Wien hergestellt ist. Das Areal in Breitenlee ist damit aber auch ein Leitprojekt für unsere Vision von Wien als Umweltmusterstadt. Es ist eine Stadt, die darauf stolz ist, ein Ort zu sein, in dem ein gutes Leben auch deshalb möglich ist, weil 50 Prozent unserer Stadtfläche von Grünraum bedeckt sind, weil wir an diesem Grünraum qualitativ weiterarbeiten, sodass wir sicherstellen können, dass die vielen Arten, die es in Wien gibt, eine Zukunft haben können und auch eine Rolle für uns Menschen spielen können. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen: 50 Prozent aller geschützten Arten, die es in Österreich gibt, finden sich in Wien, und das ist daher eine besondere Verantwortung für uns. Zugleich ist aber jedes einzelne Beispiel, das ich gebracht habe, auch ein Mehr an Lebensqualität für die WienerInnen, ein Mehr an Natur. Mit Breitenlee schaffen wir ein Musterbeispiel dazu. Wie Sie sehen, wir bereiten uns bestmöglich vor, nicht erst seit vorgestern, sondern seit Langem. Wir haben unabhängig vom bis vorgestern offenen Ausgang bezüglich des Renaturierungsgesetzes in Wien den Startschuss für eine Biodiversitätsoffensive gesetzt. Ich freue mich, davon in den nächsten Jahren häufiger in diesem Haus berichten zu können. Für Wien bedeutet das jedenfalls die besten Grundlagen, dass wir ganz besonders in den kommenden zwei Jahren, wenn es um die nationale Strategie zur Umsetzung geht, einen positiven Beitrag für die Umsetzung dieses wichtigen Gesetzes in ganz Europa leisten können. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Ich möchte jetzt noch die Gäste von der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik bei uns auf der Galerie begrüßen. Herzlich Willkommen in Ihrem Wiener Rathaus! (Allgemeiner Beifall.) Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg. Akcay. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Safak Akcay (SPÖ): Einen schönen guten Morgen, Herr Landesrat! Vielen Dank für die Ausführungen! Ich möchte mich persönlich bei Ihnen einfach für Ihr Herzblut und für Ihren Einsatz in diesem Bereich bedanken. (StR Dominik Nepp, MA: Großartig!) Mich würde aber noch interessieren, welche Möglichkeiten speziell im innerstädtischen Bereich gesetzt werden. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Eine kritische Frage!) Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich danke für die Frage. Vielleicht noch einmal ganz kurz zurück zu vorhin: Alle diese Maßnahmen, beispielsweise der Grüngürtel, der Schutz des Wienerwaldes, haben eine überregionale Bedeutung weit über Wien hinaus. Das heißt, wir Menschen in Ost- und Mitteleuropa profitieren von diesen Lebensräumen, alle profitieren von diesen Lebensräumen. Beispielsweise hat der Wienerwald eine Kühlwirkung von 22 Millionen Klimageräten. An einem heißen Tag wie heute kann man also gar nicht hoch genug einschätzen, wie wichtig diese Naturräume für ganz Wien sind. Natürlich gibt es aber ganz besondere Herausforderungen im dichtbebauten Gebiet. Um das kurz zu machen, möchte ich einfach schnell vier Beispiele bringen, wie wir diese Herausforderungen angehen. Ein Beispiel ist in diesem Haus vor Kurzem beschlossen worden, das ist die Verbesserung und Verstärkung des Wiener Baumschutzgesetzes. Man muss vielleicht an dieser Stelle sagen, das Wiener Baumschutzgesetz ist ein gutes, weil funktionales Gesetz. Seit einem halben Jahrhundert ist es das einzige Gesetz in dieser Größenordnung in einem Bundesland, das sichert, dass Bäume geschützt werden, dass Bäume also nicht gefällt werden und damit ihre Rolle ganz besonders im innerstädtischen Raum spielen können. Die Erweiterung, die Novellierung des Baumschutzgesetzes hat das noch verbessert. Es hat dafür gesorgt, dass noch weniger Bäume gefällt werden, und wenn es aber dazu kommt, dass es einen deutlich effektiveren, also klimawirksameren Ersatz gibt, neben vielen anderen Dingen. Sie haben es ja beschlossen, ich gehe da gar nicht in Details ein, möchte nur an dieser Stelle noch einmal Danke dafür sagen. Ein zweites Beispiel ist der Einsatz für die Fassaden- und Innenhofbegrünung. Unser Pendant, der Wiener Gemeinderat, also auch Sie, haben erst kürzlich eine Erweiterung der Förderungen dazu beschlossen. Die Stadt Wien fördert die Begrünungsmaßnahmen von Fassaden bis maximal 5.200 EUR, von Dachflächen mit bis zu 20.200 EUR und von Innenhöfen mit bis zu 3.200 EUR. Es ist eine erweiterte Förderung, die sehr, sehr gut angenommen wird, und vor allen Dingen im dichtverbauten Gebiet eine wichtige und zentrale Maßnahme ist. Die Wiener Wäldchen kann ich noch erwähnen. Das sind "Tiny Forests" nach der Miyawaki-Methode, also, wenn man so will, Hot Spots der Biodiversität und eines positiven Mikroklimas mitten in dichtverbauten Gebieten, beispielsweise zwischen den beiden Gürteln oder an anderen Stellen. Wir pflanzen ein Wiener Wäldchen nach dem anderen. Die sind nicht nur gekommen, um zu bleiben, sondern um mehr zu werden. Last but not least möchte ich noch auf die extrem erfolgreiche Gratispflanzaktion für die Artenvielfalt hinweisen. Jedes Jahr werden an Wienerinnen und Wiener natürliche Balkonpflanzen verschenkt, Salbei, Thymian, Lavendel war es das letzte Mal, zuletzt am 27. und am 29. Mai, und im Herbst geht es dann mit einem ähnlichen Projekt für Gärten und Innenhöfe weiter. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 2. Zusatzfrage wird von Abg. Guggenbichler gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landesrat! Sie haben jetzt sehr viel darüber gesprochen, und wir reden ja schon seit Jahren im Naturschutzbeirat auch über dieses Thema. Ihre erste gute Entscheidung - dafür will ich mich auch bedanken - war, dass Sie dieses Mal die letzte Sitzung des Naturschutzbeirates nicht gleichzeitig mit einem Spiel der Europameisterschaft angesetzt haben. So war es der Kollegin von den GRÜNEN Otero Garcia auch möglich, teilzunehmen und sich nicht entschuldigen zu lassen, um auf nationale Events zu gehen. Das war eine gute Entscheidung. Sie haben auch sehr viel darüber gesprochen, was Sie schon geplant haben, und ich verstehe aber eines nicht: Jetzt habe ich gestern in der Zeitung vernehmen müssen, dass Ihr Kollege aus Tirol diesen Wiener Weg kritisiert. Für mich ist das vollkommen unverständlich, denn auf der einen Seite behaupten Sie ja doch, in der gleichen Fraktion zu sein und auch bei der gleichen Partei tätig zu sein. Wir haben ja international wirklich ein großes Thema. Wir wurden von den GRÜNEN blamiert. Nicht einmal in Nordkorea ist es, glaube ich, so, dass man ohne Ministerratsbeschluss internationale Verträge machen kann. Dann haben wir noch die Bauernverräterpartei ÖVP, die am Ende des Tages nicht einmal die notwendigen Konsequenzen gezogen hat. Jetzt haben Sie aber erzählt, was Sie nicht alles vorbereitet haben. Man spricht von 150 Milliarden für Österreich in der Umsetzung dieser Verordnung. Wie groß ist der Anteil von Wien? Wenn Sie schon jetzt so genau wissen, was Sie tun, werden Sie wahrscheinlich auch eine Zahl haben. Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Das war keine Frage, aber eine Behauptung, die ich gerne korrigiere. Man spricht von 154 Milliarden für die Europäische Union in den nächsten Jahrzehnten. Wenn man das dann ein bisschen runterrechnet, kommen wir schon auf deutlich kleinere Beträge, Beträge, die aber von großer Bedeutung für die Bundesländer sind. Das ist ja auch der Grund, warum die Bundesländer, und zwar unisono, alle auch gegenüber der Bundesregierung Unterstützung bei der Umsetzung gefordert haben. Das war sowohl bei der ursprünglichen, wenn man so will, ablehnenden Stellungnahme bei der ursprünglichen Verordnung, dem ursprünglichen Verordnungsentwurf der Fall und findet sich aber auch bei allen Stellungnahmen des Landes Wiens, nicht zuletzt auch beim Landtagsbeschluss von Ihnen hier im Haus. Es waren drei Punkte, die wir von der Republik fordern. Das ist zum einen eine klare, gemeinsame Arbeit bei der Klarstellung der Auslegung verschiedenster Punkte in der Renaturierungsverordnung, zum andern ein klares Bekenntnis dazu, dass Ernährungssicherheit und Versorgungssicherheit über allen Punkten zu stehen hat, und last but not least ein klares Bekenntnis der Republik, der Bundesregierung, auch gegenüber der Europäischen Union, für die ausreichende Finanzierung zu sorgen. Ich bin froh darüber, dass es die Ministerin auch bei Ihrer Stellungnahme in der Aussprache vor der Beschlussfassung sogar konkret erwähnt hat. Unsere drei Punkte, die für die Bundesländer sehr wichtig waren, wurden also auch im Umweltministerrat adressiert. Das ist richtig und wichtig und daher für uns auch eine Basis in den nächsten Jahren, ganz besonders in den kommenden zwei Jahren, wo es eben um die Umsetzung dieser oder die Erarbeitung der Strategie geht, ganz genau auf diese Frage hinzuschauen. Jede einzelne Maßnahme, die zu setzen ist, kostet Geld. Ich habe es am Beispiel des Güterbahnhofs Breitenlee gesagt. Da bemühen wir uns um Mittel des EU-LIFE-Projekts. Projekte wie diese sind ein gutes Beispiel für eine funktionierende Europäische Union. In Österreich gibt es unterschiedliche Herausforderungen, ganz besonders die Wiedervernässung von Mooren wird sehr, sehr kostenintensiv sein. Da erwarte ich mir von der Republik natürlich ein klares Bekenntnis dazu, dass sie da einzelne BesitzerInnen von Liegenschaften nicht allein lässt, sondern über Förderungen arbeitet. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Otero Garcia gestellt. Ich erteile ihr das Wort. (StR Dominik Nepp, MA: Die ist eh nicht beim Fußballmatch!) Abg. Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Landesrat! Danke für die Beantwortung der Frage. Ich möchte mich selbstverständlich dem Bekenntnis für Biodiversität und für den Artenschutz anschließen. Wir haben ja bis zuletzt eigentlich auch gemeinsam dafür gekämpft, dass es möglich ist, am Montag diesen historischen Beschluss für das europäische Renaturierungsgesetz zu fassen. Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Es war natürlich bis zum Ende eine Zitterpartie, weil wir natürlich diesen Fehler korrigieren mussten, der leider im April seitens der Landesregierung begangen wurde, dass wir diese einheitliche Länderstellungnahme mitgetragen haben. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Alle anderen Parteien liegen falsch! Nur die GRÜNEN haben recht!) Jetzt ist es aber tatsächlich an der Zeit, anzuerkennen, dass Ihrerseits und auch durch den Bürgermeister und auch durch die Landesregierung alle Anstrengungen unternommen wurden, dass es zu diesem Beschluss gekommen ist. Ich möchte das hiermit ganz offiziell anerkennen und mich auch dafür bedanken, dass es möglich war, dass unsere Ministerin auf europäischer Ebene zustimmen konnte. Ich möchte mich natürlich auch für die Arbeit der MA 22 im Rahmen der Vorbereitung, im Rahmen der Verhandlungen für die Verordnung bedanken. Sie haben heute mehrmals die Renaturierung des Liesingbachs und auch insgesamt erwähnt, wie wichtig Renaturierung ist. Ich möchte einen Punkt nennen, den Sie noch nicht erwähnt haben, nämlich den Wienfluss. Es gibt ja schon seit 30 Jahren Pläne für die Renaturierung des Wienflusses vom Wienerwald bis zum Donaukanal. Das würde eine enorme Lebensqualitätssteigerung für die Wienerinnen und Wiener bringen. Es würde im verbauten Gebiet tatsächlich eine Lebensader schaffen, Biodiversität fördern, eine grüne Verbindung für Arten schaffen. Meine Frage lautet: Wann wird die Stadt Wien diese Renaturierung umsetzen? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich glaube, an dem Beispiel des Liesingbachs hat man eh gesehen, dass die Flussökologie ein großes Thema ist. Um zum Wienfluss zu kommen, ist ja auch, was das Gebiet westlich von Hütteldorf betrifft, in den letzten Jahrzehnten sehr, sehr viel in diese Richtung getan worden. Daran kann man schon erkennen, wie gut ein renaturiertes Flussbett auch für alle Beteiligten ist, also nicht nur für den Reiher oder die Biber, die dort leben, sondern auch für die Wienerinnen und Wiener, die dort vorbeilaufen. Sie wissen aber selbst - und der Liesingbach ist ein gutes Beispiel -, es gibt Voraussetzungen für eine Renaturierung eines Flussgebietes oder eines Flussbettes. Die Voraussetzungen sind im Beispiel des Liesingbachs im Übrigen mit zwei Drittel der Gesamtkosten zu beziffern. Das ist nämlich der Kanal unterhalb des Liesingbachs. Sie wissen, wir haben das hier im Haus auch schon behandelt, dass wir aktuell mit dem Bau des Entlastungskanals für den Wienfluss das größte flussökologische Projekt in der Geschichte umsetzen. Wir rechnen hier mit Kosten von 200 bis 250 Millionen EUR vom Ernst-Arnold-Park bis hinaus in den Westen, um damit einmal eine Grundlage für die Umsetzung der Wasserrahmenstrategie zu setzen, also die Verbesserung des chemischen und ökologischen Zustandes des Wienflusses, was wiederum die Grundlage für alles Weitere sein kann. Es ist jetzt natürlich jedem unbenommen, politische Forderungen daran zu knüpfen, aber ich möchte schon sagen: Aktuell arbeiten wir durch den Kanalbau überhaupt erst an einer deutlichen Verbesserung für die Flussökologie, übrigens auch für den Hochwasserschutz, und damit für die Grundlage, damit Wiener Gewässer in Zukunft auch mögliche weitere Schritte überhaupt erst setzen kann. Ich möchte an dieser Stelle schon sagen, das wäre gar nicht anders möglich. Aktuell ist der Wienfluss, so arg das so ausgesprochen auch klingt, auch ein Kanal, und durch den Wientalentlastungskanal arbeiten wir gerade daran, dass der Wienfluss ökologisch massiv aufgewertet werden kann, auch alle Parameter übertreffen kann, die aktuell erstrebenswerte Grenzwerte sind. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 4. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Olischar gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Guten Morgen, Herr Landesrat! Danke für Ihre bisherigen Ausführungen. Für uns stellen sich natürlich schon auch einige Fragen, wie es jetzt in der Zukunft weitergehen wird, welche Gestaltungsmaßnahmen auch in der Zukunft quasi jetzt auf Grund dieser Verordnung auf Wien warten. Was sich für uns noch nicht beantwortet hat, und ich hoffe, da können Sie vielleicht Aufschluss geben, ist, was es für künftige Infrastrukturprojekte bedeutet. Welche Auswirkungen hat denn die Verordnung auf Infrastrukturprojekte und beispielsweise auch auf Projekte wie den Lobau-Tunnel? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Grundsätzlich kann man sagen, dass wir uns - das ist auch der Hintergrund all dieser Bekenntnisse für die Renaturierungsverordnung gewesen - auch jetzt schon darauf vorbereiten, dass wir eine Herausforderung haben. Das heißt, alle Infrastrukturprojekte, die wir in Wien planen, auch Stadterweiterungsprojekte, die wir in Wien planen, planen wir in der Stadt auch unter den Parametern eines zu schützenden Grünraumes, einer zu schützenden Biodiversität. Das bedeutet, offene Flächen, Ersatzflächen, Wechselkrötenhabitate, et cetera sind immer auch Teil jedes Stadterweiterungsprojektes, jedes Wohnbauprojektes. Ein gutes Beispiel, finde ich, weil es mitten in einem sich dynamisch entwickelnden Stadtteil der Stadt ist, ist der Park der Artenvielfalt. Wir reden hier von einem 110.000 m² großen Gebiet in der Nähe vom Badeteich Hirschstetten. Das entsteht durch den Aushub des wertvollen Bodens dort - es beginnen übrigens jetzt schon im Sommer die Arbeiten daran -, der dort neue Waldflächen, neue Biodiversitätsflächen, et cetera schafft. Es tut also nicht weh, das eine mit dem anderen zu verbinden, es ist aber schon große Arbeit. Ich möchte das an dieser Stelle auch sagen: Das Bekenntnis zur Renaturierungsverordnung ist kein Bekenntnis dazu, dass wir glauben, das geht in Zukunft einfach so mit. Das ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass wir beim Planen der Infrastrukturprojekte der Stadt mitnehmen, was wir tun können, um sicherzustellen, dass die Biodiversität in unserer Stadt gewahrt bleibt. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 2. Anfrage (FSP-823514-2024-KFP/LM) wurde von Herrn Abg. Seidl gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport gerichtet. (Die MA 40 hat laut ihren Aussagen mehr als 1 000 Mitarbeiter. In einer der letzten Anfragen im Jahr 2024 konnten Sie nicht beantworten, wie viele Bezieher der Wiener Mindestsicherung österreichische Staatsbürger sind. Der damalige Grund der Nichtbeantwortung war, dass dies die über 1 000 Mitarbeiter überfordern würde und deshalb nicht beantwortet werden kann. Nun sind einige Wochen seit dieser damaligen Anfrage vergangen. Hatten die über 1 000 Mitarbeiter der MA 40 nun bereits Ressourcen, um die Frage nach der Anzahl der Bezieher der Wiener Mindestsicherung mit österreichischer Staatsbürgerschaft final zu beantworten?) In seiner Vertretung wird Amtsf. StR Czernohorszky die Anfrage beantworten. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Da ich die Anfrage im Namen von Peter Hacker beantworten darf, führt das vielleicht dazu, dass ich etwas langsamer als sonst rede. Es sollen alle etwas davon haben. Insgesamt ist es so, dass Peter Hacker mir versichert hat, dass er genau diese Frage, die Sie hier stellen, bereits mehrmals sowohl schriftlich als auch mündlich beantwortet hat. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM - erheitert: Ja, das klingt nach ihm!) Es sollte auch möglich sein, sich die Frage sozusagen selbst zu beantworten, weil die MA 40 über ein umfassendes sehr aktuelles Informationsangebot zu den Entwicklungen in der Wiener Mindestsicherung verfügt - beispielsweise durch Monatsblätter, Quartalsberichte, Jahresberichte, die in unterschiedlicher Detailtiefe die zentralen Daten und Fakten zum Thema präsentieren. Auch an der Tatsache, dass Informationen zur Staatsbürgerschaft jährlich dem Tabellenband des Jahresberichtes zur Wiener Mindestsicherung entnommen werden können, hat sich seit der letzten schriftlichen Beantwortung durch Peter Hacker im Februar 2024 nichts geändert. Ich darf ein bisschen aus diesem Jahresbericht zitieren. Er ist im September 2023 publiziert worden und bietet breite Informationen zum Thema der Frage. Es ist der Jahresbericht 2022, der Jahresbericht 2023 wird, wie angekündigt, kommenden Herbst veröffentlicht. Ich darf folgende Zahlen aus dem Jahresbericht nennen: 53.349 Wiener Mindestsicherungsbeziehende hatten 2022 die österreichische Staatsbürgerschaft, das sind 40 Prozent aller Mindestsicherungsbeziehenden. Davon sind 15.224 minderjährige Kinder, 3.411 Personen, die zwischen 18 und 25 Jahre alt sind, 20.154 Über-25-Jährige, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, 14.560 sogenannte StadtpensionistInnen, also Personen, die auf Grund ihres Alters, einer Krankheit oder Behinderung nicht arbeitsfähig sind. Ein Blick auf diese Kennzahlen der Armutsmessung zeigt, dass Migrantinnen und Migranten neben alleinerziehenden Frauen die am stärksten armutsgefährdete Gruppe darstellen. Entsprechend sind sie Zielgruppe der Instrumente der Armutsbekämpfung der Wiener Mindestsicherung. Das eine hängt mit dem anderen ursächlich zusammen. Warum Personen mit Migrationshintergrund häufiger armutsbetroffen sind? Erstens, sie weisen unterdurchschnittliche Verdienste auf. Das liegt an den im Schnitt geringeren schulischen und beruflichen Qualifikationen - ich darf anfügen, das hat oft auch damit zu tun, dass die Republik Österreich, was die Anerkennung von Abschlüssen aus anderen Ländern betrifft, ziemlich viel Luft nach oben hat -, an der Konzentration der Erwerbstätigkeit auf Niedriglohnbranchen und -berufe sowie auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse, versperrten Aufstiegschancen und an Formen der offenen und versteckten Diskriminierung. Zweitens, geflüchteten Schutzsuchenden und Asylwerbern und -werberinnen wird es gerade in den ersten Monaten und Jahren erschwert, den Weg auf den Arbeitsmarkt zu finden, da es dabei bürokratische Hürden, zum Beispiel Beschäftigungsbewilligungen, zu überwinden gilt, eigentlich verrückt, das Ziel müsste ja sein, diese Menschen so schnell wie möglich in die Arbeit zu bringen. Dass es in Österreich so ist, dass gerade dort die Hürden besonders hoch sind, halte ich für einen Systemfehler. Dieser Umstand ist jedenfalls auch in den Zahlen der Arbeitslosigkeit sichtbar. 51 Prozent der arbeitslosen Personen in Wien sind ausländische Staatsangehörige, also Personen, die bereits einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben, dieser aber auf Grund prekärer Beschäftigungsverhältnisse und geringer Entlohnung so gering ist, dass sie über die Mindestsicherung aufstocken müssen. Es ist daher enorm wichtig, bereits früh mit Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegrationsmaßnahmen zu beginnen, also von Deutsch- und Orientierungskursen bis hin zu Arbeitspraktika und Vermittlung, beispielsweise durch das Integrationsjahr oder das AMS Jugendcollege, das im Herbst auf 5.000 Plätze ausgeweitet wird. Ziel ist die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt und ein selbstbestimmtes Leben. Ich habe auch noch eine weitere Aufstellung mitbekommen. Weil gerade Ihre Partei die vielfältige Herkunft der Menschen in Wien und Österreich hauptsächlich im Kontext von sozialen Unterstützungsleistungen oder Kriminalität sieht, während Sie - wir alle, würde ich hinzufügen - gleichzeitig unsere Nationalmannschaft anfeuern, möchte ich Sie auf die Herkunft unserer Nationalspieler aufmerksam machen: Guinea, Elfenbeinküste, Deutschland, Nigeria, Kenia, Philippinen, Ghana, Rumänien und Serbien. (Abg. Stefan Berger: Die leisten auch was! - Abg. Wolfgang Seidl: Das sind Leistungsträger!) Zurück zur Frage betreffend die Ressourcen und Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 40, hier die Aufgaben, die diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Stadt erledigen: Vollzug der Wiener Mindestsicherung - 2023 sind 261.955 Anträge gestellt worden -, Administration diverser Energieunterstützungs- und Wohnunterstützungsmaßnahmen, Information, Beratung und Hilfestellung für 29.071 Personen, Genehmigung und Überwachung von bettenführenden Krankenanstalten, selbstständigen Ambulatorien, öffentlichen Apotheken und Röntgeneinrichtungen, Verwaltung von gemeinnützigen Fonds und Stiftungen, Prüfung der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben für Einrichtungen aus den Bereichen Pflege, Menschen mit Behinderung, Häuser für Obdachlose, Tageszentren, betreute Wohngemeinschaften und Heimhilfe. Womit wir bei dem Punkt sind, dass ich finde, dass es ideal ist, dass ich als Personalstadtrat heute die Botschaften überbringen durfte, denn als Personalstadtrat möchte ich die Gelegenheit nutzen, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 40 für diese umfassenden Aufgaben ein herzliches Dankeschön auszudrücken. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Seidl gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ): Danke, Herr Landesrat! Es war eine Antwort, mit der ich, ehrlich gesagt, nicht gerechnet habe. Ich muss ehrlich gestehen, ich war mir nicht ganz sicher, was da jetzt daherkommt. Gestern war die mündliche Anfrage, die dann nicht Herr StR Peter Hacker, sondern sein Namensvetter Peter Hanke beantwortet hat. Der hat zumindest zu allem gesagt, er weiß es nicht. Jetzt haben Sie anscheinend aus dem Büro von StR Hacker diese Antwort vorgeschrieben bekommen. Ja, soll so sein. Wie Sie ja richtig gesagt haben, die Anfrage haben wir im Februar bereits gestellt. Jetzt, heute, am 19. Juni, stelle ich sie zum zweiten Mal, und diese Frage ist ja an sich nicht so kompliziert. Wir haben eine Magistratsabteilung, die über 1.000 Mitarbeiter hat und anscheinend nicht in der Lage ist, uns bis zum 19. Juni zu sagen, wie viele Mindestsicherungsbezieher im Jahr 2023 die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Warum das nicht möglich ist, erfahren wir nicht. Der Herr Stadtrat verweigert auch jetzt anscheinend noch immer die Antwort. Wir werden sie im Herbst wieder stellen, schauen wir, ob ich irgendwann eine Antwort bekomme. Somit erübrigt sich auch jede Nachfrage, denn ich weiß nicht, was sie sonst noch vorgeschrieben bekommen haben. Alles andere werden wir an den zuständigen Landesrat stellen. Danke. Präsident Ernst Woller: Gut, willst du etwas sagen? Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Gerne, es war zwar keine Frage, und ich kann daher auch keine Antwort bieten, aber vielleicht eine Information: Wenn ich das sinnerfassend gelesen habe, sind alle Informationen dem Jahresbericht der MA 40 zu entnehmen. Das kann man daher auch selbstverständlich jederzeit nachlesen. Was ich Ihnen auch mitgegeben habe, ist, dass der kommende Jahresbericht im Herbst erscheinen wird. Es macht sicherlich Sinn, dass man dann beim neuen Jahresbericht weiter nachliest und diese Zahlen selbsterfassend liest. Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Prack gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Landesrat, ich versuche es mit der Frage. Wenn es nicht beantwortbar ist, habe ich natürlich völliges Verständnis dafür, aber ich habe versucht, eine Frage auszusuchen, die durchaus auch für den für Personal zuständigen Landesrat relevant ist. Wir wissen, dass gerade auch im Bereich der MA 40 die "First line Communication" mittlerweile ausgelagert ist. Das heißt, wenn man dort anruft, hat man es nicht mit einem Mitarbeiter der MA 40 zu tun, der oder die sich damit auskennt, was man da für ein Anliegen hat, sondern man wird einmal weitervermittelt. Dann ist es ja so, dass das mittlerweile so organisiert ist, dass es nicht mehr fallzuständige MitarbeiterInnen gibt, sondern man kommt dann immer zu einem Mitarbeiter oder Mitarbeiterin, die sich von vorneweg mit einem elektronischen Akt beschäftigen muss. Meine Frage an Sie ist jetzt: Halten Sie das für eine effiziente und sinnvolle Vorgangsweise? Für die Betroffenen ist es auf jeden Fall immer problematisch, weil sie ihr Problem immer von vorne erklären müssen. Was ist der Hintergrund einer solchen Verwaltungsorganisation, die dazu führt, dass die Betroffenen immer wieder von vorneweg erklären müssen, was ihr Anliegen ist? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Ich kann vielleicht eine grundsätzliche Antwort für die Mitarbeitenden der Stadt Wien als Ganzes, aber auch für die Zielsetzungen der Personalpolitik der Stadt geben. Die Aufgabe eines jedes Mitarbeiters und einer jeden Mitarbeiterin muss immer die bestmögliche Betreuung, das bestmögliche Service und die bestmögliche Hinwendung zu den Wienerinnen und Wienern sein. Sie sind unsere Auftraggeberinnen und Auftraggeber. Ich bin überzeugt, dass das auch für die Planungen der Maßnahmen in der MA 40 gilt, dass es bestmöglich versucht wird, das auch umzusetzen. Ich möchte einfach auf meinen Kollegen verweisen, wenn es um konkretere Fragen darüber geht, wie man das macht. Das Ziel ist ganz sicherlich auch ein Ziel, das die Mitarbeitenden und die Verantwortlichen in der MA 40 nicht nur haben, sondern auch umsetzen. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Korosec gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Einen schönen guten Morgen, Herr Präsident! Herr Landesrat! Ich muss sagen, der Sozialbericht ist immer sehr ausführlich und bietet natürlich sehr, sehr viele Informationen. Herr Landesrat, ich bin aber nicht Ihrer Meinung, die Sie jetzt Kollegen Seidl gesagt haben, dass Sie gesagt haben: Na ja, es kommt eh der Bericht, lesen Sie es dann. Dafür haben wir die Fragestunde, dass man natürlich zwischendurch auch während des Jahres Fragen beantwortet bekommt. Das heißt, zu sagen, dann machen wir nur mehr Berichte, dann brauchen wir keine Fragestunde mehr: Da bin ich nicht Ihrer Meinung, aber das ist natürlich nur so nebenbei bemerkt. Was wir immer wieder von Beziehern von Mindestsicherung hören, ist, dass die Anträge sehr, sehr lange dauern. Jetzt habe ich durchaus Verständnis, Herr Landesrat, dass Sie das vielleicht heute nicht beantworten können und dann eine schriftliche Meldung kommt, weil LR Hacker nicht hier ist, aber an sich: Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer? Das wäre meine Frage. Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Da kann ich Sie nur bitten, das als schriftliche Frage zu formulieren. Ich bin überzeugt davon, da gibt es eine Antwort darauf, die man auch sehr schnell formulieren kann. Präsident Ernst Woller: Damit ist die 2. Anfrage erledigt. Die 3. Anfrage (FSP-834785-2024-KNE/LM) wurde von Herrn Abg. Gara gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz gerichtet. (Als Maßnahme zur Entlastung der Schulen im Zusammenhang mit der Familienzusammenführung von Konventionsflüchtlingen haben Sie Anfang des Jahres Orientierungsklassen angekündigt, bei denen LandeslehrerInnen eingesetzt werden. Hat sich diese Maßnahme aus Ihrer Sicht bewährt?) Ich ersuche den Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter um Beantwortung der Frage. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Ich danke für die Frage bezüglich Orientierungsklassen in Wien. Ich möchte gerne ausführen, wie der aktuelle Stand ist, und auch eine bisherige Bilanz ziehen. Bisher haben sich die Orientierungsklassen auf jeden Fall bewährt. Ich habe mir auch selbst vor Ort einen Überblick verschaffen können und war wirklich begeistert, wie in kurzer Zeit ein neues pädagogisches Konzept für Kinder und Jugendliche auf die Beine gestellt worden ist, die noch keine oder kaum schulische Vorerfahrung haben. Die Einrichtung von solchen Orientierungsklassen war deshalb nötig, weil wir einen sehr starken Familiennachzug haben. Allein zwischen Jänner 2023 und Juni 2024 haben wir etwa 4.400 Kinder im Pflichtschulalter im Zuge der Familienzusammenführung in Wien aufgenommen. Der Anteil der Kinder, die neu nach Wien kommen, ist weiterhin auf sehr hohem Niveau, aktuell zirka 300 SchülerInnen pro Monat. Die größte Gruppe davon sind syrische Staatsangehörige mit arabischer Erstsprache mit sehr unterschiedlichem Bildungsniveau, das wir feststellen können. Es sind Personen dabei, die schon viele Jahre schulische Vorerfahrung haben, wo den Eltern Bildung wichtig ist. Es sind aber auch Kinder und Jugendliche dabei, die noch gar nicht in der Schule waren, beispielsweise weil sie länger in einem Flüchtlingslager waren, wo die Beschulung nicht entsprechend stattgefunden hat. Dadurch, dass so viele Kinder gleichzeitig nach Wien gekommen sind, war es notwendig, eine neue Form zu schaffen, denn die Kinder, die hier sind, haben ein Recht auf einen Schulplatz. Dadurch, dass eine Schulpflicht und eine Bildungspflicht in Österreich bestehen, können sie das Recht auf einen Schulplatz einfordern. Dementsprechend bekommen die Kinder, wenn sie zu uns kommen, einen Schulplatz zugeteilt. Wenn es viele gleichzeitig sind, kann man sich vorstellen, dass es für die Schulen besonders fordernd ist. Deshalb haben wir an einem neuen Konzept gearbeitet. Die Ausgangsidee war eine Orientierungsphase vor der Schule, um dann den Alltag in der Schule besser bestehen zu können, einerseits für die Kinder und Jugendlichen das Ankommen leichter zu machen, aber auch die Schulen zu entlasten. Wir haben geprüft, ob so eine außerschulische Orientierungsphase möglich ist. Das ist nach österreichischem Schulrecht nicht möglich, sondern es muss im Rahmen der Schule organisiert sein. Dementsprechend haben wir im Rahmen der Schule, nämlich als Deutschförderklasse an einem ersten Standort begonnen, solche Orientierungsklassen einzuführen. Ziel der Orientierungsklasse ist die Vermittlung von Grundfähigkeiten und - fertigkeiten. Da geht es um einige Wochen, wo zum Beispiel die Sprache vermittelt wird, Grundregeln des Zusammenlebens vermittelt werden, das Schulsystem erklärt wird. Das geschieht mehrsprachig, um dann, wenn eine Schulreife oder die Fähigkeit, in eine andere Schule zu gehen, festgestellt wird, eine Überführung in eine andere Schule stattfindet. Vor der Orientierungsklasse gibt es ein Vorsprechen der Kinder und der Eltern, die neu nach Wien kommen, um festzustellen, was denn das beste Bildungsangebot für sie ist, und nur diejenigen, die eben in keiner anderen Schule gut aufgenommen werden können, weil es noch zu wenig Erfahrung gibt, kommen in diese Orientierungsklassen. In Orientierungsklassen wird der Unterricht von zwei Lehrkräften geführt, eine Lehrkraft, die Sprachkenntnisse in Arabisch hat, um auch einer Vermittlung in der Erstsprache zusätzlich zu Deutsch stattfinden zu lassen. Fokus sind die Sprache, Grundwerte, Grundkenntnisse. Das Ganze findet natürlich nach gültigen schulgesetzlichen Bestimmungen statt. Es gibt aktuell sechs Orientierungsklassen an zwei Standorten. Was an diesen Standorten abseits von der Bildung der Kinder noch passiert, ist von Beginn an eine intensive Einbindung der Eltern. Ein Erstgespräch muss mit Eltern stattfinden, und auch danach gibt es Elternabende, Elterninformation, um auch die Eltern über die Rechte, aber auch über die Pflichten zu bilden und Ihnen, wenn Sie das österreichische Schulsystem noch nicht kennen, auch Grundzüge des österreichischen Schulsystems zu vermitteln. Dazu gibt es auch in enger Kooperation mit der MA 17 und der Bildungsdirektion im Sprachförderzentrum wöchentliche Informationsveranstaltungen. Wir haben allein seit Ende Februar 932 Schulplatzanfragen von Neuen gehabt, 203 SchülerInnen haben davon eine Orientierungsklasse besucht oder besuchen sie gerade, und 840 Kinder wurden zu einem Vor-Screening- Gespräch mit den Eltern eingeladen. Es ist wirklich gewaltig, was hier gelungen ist. Ich bin sehr stolz, dass das in kurzer Zeit geglückt ist und danke allen Beteiligten, vor allem den Leuten vor Ort, aber auch der MA 17 und der Bildungsdirektion, dass so schnell ein innovatives passendes Angebot erstellt worden ist, das die Kinder unterstützt und die Wiener Schulen entlastet. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Gara gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Landeshauptmann- Stellvertreter! Vielen Dank für die Ausführungen zu den Orientierungsklassen, die ein wirklich sehr wichtiger Schritt sind. Meine Frage dazu ist: Gibt es schon Pläne, wie es im kommenden Schuljahr mit den Orientierungsklassen weitergehen soll? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Die Orientierungsklassen werden auf jeden Fall fortgeführt und auch ausgebaut werden, denn der Bedarf ist weiterhin da. Wir haben aktuell noch immer ein sehr hohes Niveau an Schulplatzbedarf von über die Familienzusammenführung neu Zugezogenen und gehen deshalb davon aus, dass wir auch im nächsten Schuljahr diese Orientierungsklassen weiter aufrechterhalten werden. Es gibt in Wien zwei Bildungsregionen, es gibt in beiden Bildungsregionen Orientierungsklassen, die je nach Bedarf auch noch weiter ausgebaut werden können. Natürlich ist es dafür wichtig, auch das entsprechende Personal zu finden. Zum Glück gibt es sehr motivierte Personen, die auch sehr gerne mit dieser Zielgruppe, mit den Jugendlichen, mit den Kindern, aber auch mit den Eltern arbeiten. Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Malle gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Landesrat! Danke für die Beantwortung. Sie haben gesagt, wie viele Kinder jetzt in den Orientierungsklassen sitzen. Können Sie auch sagen, wie viele Orientierungsklassen es insgesamt gibt und ob auch Kinder schon ins Regelschulsystem überführt werden konnten? Was mich auch interessieren würde, vielleicht können Sie das auch sagen: Welche LehrerInnen unterrichten dort? Wie sind diese ausgebildet? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Es wurden bisher 693 Kinder und Jugendliche seit Februar 2024 in eine Regelklasse zugewiesen, davon gibt es aber welche, die sofort zugewiesen worden sind. Das heißt, dieses Vor- Screening findet auch bei den Orientierungsklassen statt. Dann gibt es SchülerInnen, die nach der Orientierungsklasse dann einer anderen Schule zugewiesen worden sind. Davon sind bereits 103 zugewiesen, die in einer Orientierungsklasse waren und jetzt in einer anderen Schule sind. Die Durchgänge sind auf 8 Wochen konzeptioniert. Wenn wir aber schon davor sehen, die schulischen Fertigkeiten sind gut, wird so früh wie möglich versucht, das Kind auch in eine andere Schule zuzuweisen, denn die Idee ist immer, so inklusiv wie möglich unterrichten zu wollen, was aber natürlich nicht in jedem Fall möglich ist. Aktuell gibt es in Wien sechs Orientierungsklassen an zwei Standorten. Das Ziel ist je nach Bedarf ein weiterer Ausbau. Man kann aktuell noch nicht feststellen, wie hoch der Bedarf im nächsten Schuljahr sein wird. Es gibt ja, wie Sie wissen, auf Bundesebene von Seiten des Innenministeriums und Außenministeriums Maßnahmen, um die Familienzusammenführung - ohne es einmal zu bewerten - und das Verfahren zu verlängern. Wir sehen es aktuell noch nicht. Es wird abzuwarten sein, wie lange diese Praxis anhält und was das für Wien im nächsten Schuljahr bedeuten wird. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Hungerländer gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Guten Morgen, Herr Landesrat! Jetzt haben Sie über das nächste Schuljahr gesprochen. Mich interessiert auch die Planung für die weitere Zukunft. Es war absehbar, dass es zur Familienzusammenführung kommt, es ist auch absehbar, dass es weitergehen wird. Haben Sie für Wien Annahmen, wie sich die Familienzusammenführung in den nächsten Jahren tatsächlich entwickeln könnte? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Es stimmt, die Familienzusammenführung war nicht unerwartet. Wir sind schon vor der Pandemie davon ausgegangen, dass die Zahlen stark steigen werden. Die primäre Informationsquelle war damals tatsächlich das Rote Kreuz, weil die Datenlage auf Bundesebene mehr als unzufriedenstellend war und zum Teil noch ist und Prognosen nicht angestellt worden sind. Daher war unsere Information durch das Internationale Rote Kreuz, das dabei auch beratend tätig ist. Dementsprechend haben wir schon vor der Pandemie gewusst, wie viele ungefähr in der Warteschleife sind, die einen Antrag stellen werden. Durch die Pandemie war das dann gestoppt und verzögert, und nach dem Öffnen der Botschaften und dem Aufnehmen der Verfahren ist es dann relativ schnell auf ein relativ hohes Niveau angestiegen, wobei es aber auch keine direkte Datenweitergabe aus den Ministerien gab. Ich kenne eine Anfragebeantwortung auf eine Anfrage der Abg. Krisper auf Bundesebene, die für mich zusätzliche Daten gewonnen hat. Darüber hinaus war es unser Anliegen, auch von Außenministerium und Innenministerium bessere Daten zu bekommen. Aktuell gibt es zumindest einen Datenaustausch von den Personen, die zum Beispiel eine Einreisebewilligung bekommen haben, und denen, die noch im Verfahren sind. Wir wissen aber nicht, wie viele zum Beispiel bei den Botschaften noch keinen Termin bekommen haben. Diese Anzahl an Personen ist nicht einmal zu schätzen, denn wir wissen es einfach nicht. Annahmen darüber zu treffen, ist auch extrem schwierig. Man kann natürlich die Anzahl der Leute nehmen, die 2020, 2021 hergekommen sind, wie viele Kinder die allerdings haben, ist schwer zu schätzen. Wir arbeiten aber trotzdem natürlich mit Hypothesen und gehen davon aus, dass die Anzahl der Kinder, die dazukommen werden, im ganzen Jahr noch auf dem Niveau bleiben wird. Schauen wir einmal, was die angekündigten Änderungen auf Bundesebene bedeuten werden. Wir sind aber vorbereitet, dass es auf diesem hohen Niveau bleibt, und haben dementsprechende Maßnahmen getroffen, wie zum Beispiel zusätzlichen Schulraum. Unterrichten, weil die Frage noch offen war, tun Lehrkräfte in den Klassen, hier vor allem Deutsch als Zweitsprache. Es sind zwei Personen in der Klasse, daher ist darüber hinaus immer auch eine Person, die der arabischen Sprache mächtig sind. Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Die 4. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Berger gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Stefan Berger (FPÖ): Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, gewissermaßen hat die vorige Fragestellerin schon eine Frage von mir vorweggenommen, aber ich möchte noch einmal nachfragen. Das heißt also, Sie fahren de facto im Nebel, Sie wissen nicht, was im nächsten Schuljahr auf Wien de facto zukommt. Jetzt meine Frage, und vielleicht können Sie das noch näher erläutern. Das heißt, Sie haben bereits Vorsorgemaßnahmen getroffen, Kapazitäten geprüft. Sind das Bestandsobjekte oder müssen beispielsweise wie in den vergangenen Wochen wieder Schulleiter an den unterschiedlichsten Standorten damit rechnen, dass kurzfristig am Sportplatz, im Schulinnenhof oder wo auch immer Containerbauten errichtet werden, oder können Sie da etwas mehr Einblick geben? Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Den Nebel möchte ich ein bisschen präzisieren. Ein bisschen nach vorne können wir schauen, nämlich für diejenigen, die schon im Verfahren sind und eine Einreisebewilligung bekommen haben. Der Nebel wird zusätzlich verdichtet, indem jetzt die Verwaltungspraxis geändert worden ist. Was das für Auswirkungen hat, wissen wir noch nicht. Die Vorsorge nach Schulraum wurde so getroffen, dass das Niveau bleibt, das heißt, alle Maßnahmen, die getroffen worden sind, sind Worst-Case-Szenarien, das heißt, Szenarien, dass die Anzahl der Kinder, die zusätzlich kommen, so hoch bleiben wird. Worst Case - das ist wichtig zu betonen - für Schulinfrastruktur, nicht für die betroffenen Familien oder Kinder, weil dieser Bedarf an Schulinfrastruktur natürlich massiv ist. Wir sind aber dahin gehend für das nächste Schuljahr, für dieses Kalenderjahr vorbereitet. Maßnahmen, die getroffen werden, sind zu schauen: Wo können wir Zubauten beschleunigen, aber wo können wir auch neue Schulen errichten, die noch nicht geplant worden sind? Wo können wir Flächen zumieten und wo waren mobile Klassen notwendig? Das waren jetzt eben fünf Standorte. Diese Debatte haben wir hier eh öfters geführt, das sind die fünf Standorte, die notwendig waren, um dieses Jahr und auch das nächste Schuljahr gut über die Bühne zu bringen. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 4. Anfrage (FSP-589164-2024-KGR/LM) wurde von Frau Abg. Malle gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Integration und Transparenz gerichtet. (Sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Sie haben vor zwei Wochen im Falter-Interview auf die Frage, woher die LehrerInnen für die bis zum Herbst neu errichteten Containerklassen genommen werden, gemeint: "Ja, es wird schwierig, ausreichend Personal zu finden. In den vergangenen Jahren wurden einfach zu wenige Lehrer ausgebildet. Aber gemeinsam mit Studierenden und Quereinsteigern werden wir das schaffen." Deshalb nun die Frage: Wie viel Prozent der Wiener PflichtschullehrerInnen haben aufgeschlüsselt nach Schultyp ihr Lehramtsstudium noch nicht abgeschlossen und studieren derzeit neben dem Unterrichten noch oder stehen als QuereinsteigerInnen in der Klasse?) Ich ersuche um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Vielen Dank für die Anfrage, die ein bisschen dort anschließt, wo wir auch gestern im Gemeinderat schon waren, nämlich der Suche nach Lehrkräften in Wien. Wir haben, um diese Zahl auch hier noch einmal zu nennen, 2.164 Stellen für Lehrkräfte in Wien ausgeschrieben gehabt. Das ist wirklich eine gewaltige Summe, im Vergleich dazu sind es zum Beispiel in Niederösterreich mit ähnlich vielen SchülerInnen 1.002. Das heißt, wir suchen 2.164 neue Kolleginnen und Kollegen, die an Wiener Schulen unterrichten. Dies ist insbesondere deshalb notwendig, weil die Anzahl der SchülerInnen auch stark gestiegen ist, beispielsweise im letzten Schuljahr um 4,61 Prozent oder 4.820 Schülerinnen und Schüler. Die Bewerbungslage - um danach auf Ihre Frage einzugehen - schaut aktuell soweit ganz gut aus. Das heißt, es gibt viele Bewerbungen für die offenen Stellen, und wir sehen, dass auch die unterschiedlichen Schulen gefragt sind. Es gibt also keine Stelle an einer Schule, auf die es keine Bewerbung gibt. Wer sind Bewerberinnen und Bewerber? Es sind fertige Lehramtsstudierende, Personen im Lehramtsstudium und Quereinsteiger, entweder über Sondervertrag oder nicht. Ihre genaue Frage war, wie es sich mit jetzigem Stand aufteilt. Ich kann Ihnen den Stand von Juni 2024 nennen und würde auf die unterschiedlichen Schultypen auflisten. In den Wiener Mittelschulen sind von allen Lehrkräften 6,3 Prozent noch im Studium, 1,8 Prozent sind QuereinsteigerInnen. In den Polytechnischen Schulen sind 8,8 Prozent noch im Studium, 0,2 Prozent QuereinsteigerInnen. An den Sonderschulen sind 5,6 Prozent noch im Studium, 0,5 Prozent QuereinsteigerInnen. An den Wiener Volksschulen sind 7,1 Prozent StudentInnen und 0,04 Prozent QuereinsteigerInnen, auf Grund des gestern besprochenen Themas, dass ein echter Quereinstieg in der Volksschule ja nicht möglich ist, sondern nur mit Sonderverträgen. Die Sonderverträge sind hier als Quereinstieg mitgerechnet. Noch eine Bewertung zum Quereinstieg: Ich finde, es ist eine Bereicherung für die Schulen, für alle Formen. Auch eine Bewertung zu Studierenden, die schon unterrichten: Auch das ist eine Bereicherung für die Studierenden und für die Schulen, wenn es nicht dazu führt, dass das Studium und der weitere Verlauf verunmöglicht wird. Das heißt, zu früh finde ich nicht gut, da arbeiten wir auch dagegen, aber im weiteren Studienverlauf auch parallel schon in einer Schule zu arbeiten, halte ich für gut, weil es die Schulen unterstützt und weil man selber auch Praxiserfahrung sammeln kann. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Malle gestellt. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE): Vielen Dank auch für die Beantwortung dieser Frage. Danke auch für die sehr genauen Zahlen. Wir hätten dann auch zum Quereinstieg eine Frage. Es ist ja so, dass beispielsweise mit Teach For Austria wirklich ein gutes Programm da ist, das auch sehr gut didaktisch und pädagogisch begleitet ist. Wie schaut es bei anderen QuereinsteigerInnen aus, die nicht mit so einem Programm kommen? Ist auch garantiert, dass diese von Anfang an diese professionelle Begleitung haben? Es ist ein sehr sensibler Bereich, vor allem in der Volksschule. Wir unterstützen auch den Quereinstieg, aber nicht, dass man Leute, die unter Umständen pädagogisch-didaktisch nicht ausgebildet sind, auf so kleine Kinder schon - jetzt sage ich es einmal despektierlich - los lässt. Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Auch aus meiner Sicht: Je jünger die Kinder, desto wichtiger sind die pädagogische, didaktische Vorbereitung und auch die Begleitung. Darum bin ich froh, dass wir in der Volksschule mit Teach For Austria den Quereinstieg einmal in einem Piloten angehen, weil dort eine entsprechende Begleitung sichergestellt ist. Sonst ist bei Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern hauptsächlich die Schule dafür verantwortlich, das neue Personal auch einzugliedern und es zu unterstützen. Wie Sie wissen und wie mir auch bewusst ist, ist das für den Schulstandort natürlich eine zusätzliche Herausforderung. Dementsprechend gibt es da sowohl in der Bildungsdirektion als auch im Ministerium Überlegungen, die quereinsteigenden Personen Wien-weit noch intensiver zu begleiten. Die bisherige Bilanz, die wir qualitativ ziehen können, ist eine recht gute. Für mich - das muss ich sagen - ist es sogar eine überraschend gute. Medial wurden ein paar Fälle berichtet, dass irgendwo jemand aufgehört hat. Insgesamt ist die Anzahl der quereinsteigenden Personen, die aufgehört haben, relativ gering, für mich sogar überraschend gering. Das heißt, die allermeisten haben gut ins Schulsystem hineingefunden. Es gibt ja auch eine Vorauswahl, nämlich nach Qualifikation und beruflicher Vorerfahrung. Es kann ja nicht jeder sofort an der Schule unterrichten. Da wird schon darauf geschaut, dass entsprechend qualifizierte Personen an die Schulen kommen. Die bisherige Bilanz aus meiner Sicht: Gut, dass der Quereinstieg ausgebaut worden ist. Verbessern im Sinne von mehr Begleitung kann man, glaube ich, immer. Das wäre im Schulsystem auch sicher sinnvoll. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Zierfuß gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Bitte. Abg. Harald Zierfuß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Vielen Dank für Ihre Beantwortung. Wir haben schon gestern gesagt, wir finden es gut, dass der Quereinstieg gefördert wird und wir neue Leute in den Lehrerberuf hineinbekommen. Die andere Seite der Medaille ist natürlich, wie viele abwandern. Jetzt gibt es in letzter Zeit wieder sehr viele Berichte darüber. Gerade auch der oberste Lehrervertreter der Wiener Pflichtschulen, Thomas Krebs, sagt, dass an Spitzentagen bis zu 20 Lehrer am Tag ihre Dienstverhältnisse auflösen, was ja umgerechnet eine ganze Schule ist, an der Lehrer am Tag kündigen. Können Sie diese Zahl nachvollziehen? Können Sie uns auch einen Eindruck geben, wie sich das in den letzten Wochen und Monaten verhält und wie viele Lehrer in Wien ihren Dienst auflösen? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Wien ist eine riesige Stadt. Allein die Zahl, die ich genannt habe - dass wir 2.100 neue Lehrkräfte suchen -, zeigt, dass es wie in allen Berufen auch da eine gewisse Fluktuation gibt. Wir sehen aktuell keine erhöhten Zahlen, sondern wir sehen eine normale Fluktuation, die in den letzten Jahren dadurch etwas verstärkt worden ist, dass man noch vor einigen Jahren als Lehrkraft in Niederösterreich oder im Burgenland einfach keine offene Stelle hatte. Daher haben viele Personen, die eigentlich dort aufgewachsen sind, dort leben oder gelebt haben, in Wien unterrichtet. Wenn im gleichen Ort eine Stelle frei wird, finde ich es nicht besonders überraschend, dass man dann auch einen wohnortnahen Arbeitsplatz sucht. Diese Dynamik ist aber nicht besonders hoch. Das heißt, wir haben in Wien natürlich eine Fluktuation von Lehrkräften. Wir sehen aber das von Ihnen behauptete Phänomen nicht. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Die 3. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Krauss gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Bitte. Abg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Das kommende Schuljahr naht. Meines Erachtens müssten die Vorbereitungs- und Planungsarbeiten ja bereits weit fortgeschritten sein. Meine Frage: Mit welcher konkreten Zahl an Schülern, die ab Herbst in Containerklassen unterrichtet werden, rechnen sie? Wie viele Lehrer werden in Containerklassen sein müssen? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Diese Frage kann man aus zwei Gründen jetzt noch nicht beantworten. Erstens ist die Planung noch nicht abgeschlossen. Wie viele Schülerinnen und Schüler an welchem Standort genau sein werden, ist noch in Bearbeitung. Das ist auch ein ganz normales Procedere, weil es da im Juni immer noch Veränderungen gibt. Daher ist noch nicht zu sagen, wie viele Schüler genau an welchem Schulstandort sein werden. Zweitens werde ich die Frage nicht beantworten können, denn die Schulen haben die Autonomie, die Räume, die ihnen zur Verfügung stehen, auch so zu verwenden, wie sie wollen. Warum die Frage schwierig zu beantworten ist, ist drittens: Welche mobilen Schulklassen meinen Sie? Wir haben jetzt fünf Schulstandorte, wo wir zusätzliche errichtet haben. Es gibt aber darüber hinaus noch deutlich mehr als 100 aus den 1990er Jahren, wo auch jetzt schon Kinder unterrichtet werden. Die Schulen wollen diesen Schulraum auch sehr gerne behalten und verwenden. Das heißt, auch da steht die Einladung, sich die mobilen Schulklassen einmal anzuschauen. Die sind vollwertig. Was wir machen, ist, den Bestand von mobilen Schulklassen dann zurückzubauen, wenn ein echter Zubau entsteht. Das wird mit den Schulen immer kooperativ erarbeitet. Das heißt, die genauen Zahlen kann man heute noch nicht mitteilen. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Die 5. Anfrage (FSP-834122-2024-KVP/LM) wurde von Frau Abg. Olischar gestellt und ist an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen gerichtet. ("Durch das von der Bundesregierung präsentierte und im Nationalrat beschlossene Wohnbaupaket soll anhand einer Vielzahl von Maßnahmen das Wohnen in Österreich leistbarer werden. Das Land Steiermark sowie das Land Niederösterreich legten bereits als erste Bundesländer aufbauend auf dem Wohnbaupaket der Bundesregierung ein umfassendes Paket für leistbares Wohnen vor. Wann wird - auf Grundlage aktueller Überlegungen und Vorarbeiten in Ihrem Ressort - das Land Wien ebenso ihr auf dem Wohnbaupaket der Bundesregierung basierendes Umsetzungsprogramm für die Schaffung von Eigentum (inklusive der Vergabe von Wohnbaudarlehen an Privatpersonen mit einem Maximalfixzinssatz von 1,5 Prozent und einer Maximalkreditsumme in der Höhe von 200 000 EUR) erstellen und präsentieren?") Ich ersuche die Frau Landeshaupthauptmann-Stellvertreterin um die Beantwortung. Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál: Guten Morgen, lieber Herr Präsident! Guten Morgen, werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Die Stadt Wien begrüßt natürlich alle zusätzlichen Maßnahmen und alle Investitionen in den sozialen Wohnbau, natürlich auch von Seiten des Bundes. Als es dann zu der Ankündigung dieses Wohnbaupaketes kam, dachte ich mir, ehrlich gesagt: Aha, besser spät als nie. Doch danach ist etwas passiert, was ich so bis jetzt noch nie kennen gelernt habe. Ich würde es einmal Informationssperre gegenüber den Ländern nennen. Es gab kein einziges Gespräch, es gab keine einzige Sitzung, keine einzige Einladung zu einem Dialog darüber, wie man gemeinsam wirklich mehr Geld in den geförderten Wohnbau bringen kann, um da einen Anschub zu leisten. Das Paket hat sich also jetzt im Nachhinein leider wirklich als vertane Chance herausgestellt. Denn hätte man vorher mit uns gesprochen, hätten wir schon auf den einen oder anderen Punkt hinweisen können. Selbst danach, nach der ersten Durchschau, als wir probiert haben, mit dem Bund in Gespräche zu kommen, war das nur schwer möglich. Wir haben zum Beispiel mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass sich der Gemeindebau im Bereich der Sanierung kein Geld abholen kann. Der Gemeindebau ist die größte soziale Hausverwaltung in diesem Land. Das wird nach wie vor negiert und überhaupt nicht berücksichtigt. Ich finde es mit einem Wort also wirklich sehr, sehr schade. Ich hätte gerne gemeinsam daran gearbeitet, um noch mehr Geld in den geförderten Wohnbau zu bringen. Was machen wir jetzt? Wir schauen jetzt, was wir hier haben. Wir prüfen das sorgfältig. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Magistrat, die dafür zuständig sind, schauen, welche Handlungsspielräume wir mit dem Paket, das da liegt, haben. Ich muss aber ehrlicherweise sagen: Man hätte es von Seiten des Bundes auch ein bisschen einfacher haben können, wenn man uns mit einbezogen hätte. Wir zeigen in Wien, wie es anders geht. Wir haben jetzt viel in die Novellierung der Neubauverordnung investiert. Wir stellen den gemeinnützigen Bauträgern 115 Millionen EUR mehr zur Verfügung. Wir haben eine Wohnbauoffensive gestartet. Wir zeigen also schon, wie es auch unkompliziert gehen kann. Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Olischar gestellt. - Bitte. Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Danke, Frau Landesrätin, für die Ausführungen. Sie haben jetzt angedeutet, dass Sie trotz Ihrer Unzufriedenheit - wenn ich das so interpretieren darf - schon anfangen, sich Gedanken darüber zu machen, wie Sie damit umgehen werden. Jetzt auch meine konkrete Frage: Wie haben Sie denn auch das Thema Miet- und Eigentumswohnungen in Ihre Pläne mit einbezogen? Was sind denn diesbezüglich die Pläne der Stadt? Wie werden die Mittel aus diesem Paket für Miet- und Eigentumswohnungen verwendet? Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál: Wir schauen uns natürlich auch das genau an. Das betrifft die Vergabe von Wohnbaudarlehen an Privatpersonen für die Eigentumswohnungen. Auch da sind wir ein bisschen enttäuscht - ein bisschen weniger, muss man ehrlicherweise sagen, weil diese Schiene in Wien keine so große Rolle spielt wie in den Bundesländern -, weil die Unterstützung des Bundes nach drei Jahren aufhört und der Rest an den Ländern picken bleibt. Bei uns in Wien spielt das, wie gesagt, eine untergeordnete Rolle. Es sind rund 60 Kleingartenhäuser und Eigenheime im Jahr. Man muss ehrlicherweise sagen: Der Grund für so wenige Eigenheime sind nicht die Fördermittel, die wir in dieser Stadt haben - die würden wir auch zur Verfügung stellen -, sondern es ist vor allem die Höhe des Preises für Grund und Boden, der das massiv erschwert. Wir schauen uns, wie gesagt, an, wie wir das hier leisten können, aber es ist auch für die Verwaltung eine große Herausforderung. Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Prack gestellt. Ich erteile ihm das Wort. Bitte. Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Wir haben im Rahmen einer Dringlichen ja auch schon das grundsätzliche Problem thematisiert, dass Wien nicht die gesamten Einnahmen aus der Wohnbauförderung wieder in die Wohnbauförderung gesteckt hat. Also, in den Jahren 2020 bis 2022 sind von gemeinnützigen Bauvereinigungen - das ist jetzt quasi die Analyse - insgesamt ein bisschen mehr als 600 Millionen EUR, die die Stadt Wien entweder aus Darlehensrückflüssen oder aus Einnahmen der Wohnbauförderbeiträge eingenommen hat, nicht in die Wohnbauförderung gegangen. Meine Frage ist: Wie wollen Sie das verhindern, weil es ja auch eine Voraussetzung des Bundespaketes ist, dass Wien die Ausgaben, die es in der Vergangenheit getätigt hat, weiter tätigt? Dass es ein Hosentaschengeschäft wird - der Bund gibt dem Land Geld für die Wohnbauförderung, dafür gibt das Land weniger Wohnbauförderung aus -, kann es natürlich auch nicht sein. Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung. Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál: Nein, da bin ich ziemlich entspannt, weil wir unser Geld für nichts anderes verwenden als für die Wohnbauförderung. Was vielmehr das Thema ist, ist die Zusätzlichkeit an Wohnungen, die uns Sorge bereitet. Denn wenn man viel baut, tut man sich ein bisschen schwerer, das Geld des Bundes abzuholen, als die Bundesländer, die bis jetzt genau nichts an geförderten Wohnungen gebaut haben, Stichwort Steiermark. Also, das ist vielmehr unser Thema. Die Mittel für die Wohnbauförderung werden auch weiter zur Verfügung stehen. Das ist fix. Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Damit ist die Fragestunde beendet. Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der NEOS-Rathausklub hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Junge Menschen sind Sprachrohr ihrer Anliegen - das Land Wien ist Vorreiter bei Mitbestimmung und Partizipation" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte die Erstrednerin, Frau Abg. Bakos, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass ihre Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Abg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann- Stellvertreter! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und via Livestream! "Junge Menschen sind Sprachrohr ihrer Anliegen - das Land Wien ist Vorreiter bei Mitbestimmung und Partizipation" - das ist der Titel unserer Aktuellen Stunde. Ich möchte mit einem Zitat beginnen: "Es sind Schülerinnen und Schüler, die Bildung und ihre Vermittlung in der Schule erleben. Somit ist es essenziell, auch diese zu hören und sich mit ihren politischen Anliegen auseinanderzusetzen." Dieses Zitat stammt aus einem gemeinsamen Beschlussantrag von uns gemeinsam mit anderen Oppositionsfraktionen noch zu unserer Oppositionszeit im Jahr 2020. Es ist ein Beschlussantrag zum Thema der gesetzlichen Verankerung des Schüler- und Schülerinnenparlaments gewesen - ein Anliegen, das wir als NEOS schon lang verfolgen. Jetzt bin ich sehr stolz, zu sagen, dass wir das damals in der Opposition verfolgt haben und es genauso auch jetzt weiterverfolgt haben und es nicht nur weiterverfolgt haben, sondern jetzt auch in die Umsetzung dazu kommen, sehr geehrte Damen und Herren. Darauf kann man wirklich sehr, sehr stolz sein. (Beifall bei den NEOS.) Unser Ziel war es nicht, das einfach - unter Anführungsstrichen - nur gesetzlich zu verankern. Das ist an sich schon ein großer Meilenstein. Wenn man sich das Österreich-weit anschaut, ist das in dieser Form lediglich in Tirol und in Kärnten der Fall. Sondern es war uns in der Koalition ein großes Anliegen, Österreich-weit auch wirklich das beste Gehör für Schüler und Schülerinnen zu gewährleisten. Das wird durch die geplante Novelle der Geschäftsordnung des Wiener Landtages ermöglicht, die im September kommen soll. Einige von Ihnen wissen es, weil sie selbst immer wieder hier zu Gast sind: Hier, genau in diesem Raum, debattieren und diskutieren nicht nur wir über die Zukunft dieser Stadt und beschließen Anträge, sondern es sind auch Schülerinnen und Schüler, die hier im Rahmen des Schülerparlamentes in diesem Raum sind, ihre Tagungen haben, hier mehrmals im Jahr diskutieren und genauso Anträge beschließen. Was bisher nicht der Fall war und was sehr stark gefehlt hat, war ein Modus, was mit diesen positiv abgestimmten, beschlossenen Anträgen passiert. Was die Schülerinnen und Schüler gemacht haben, ist eine bildungspolitische Tour zu den einzelnen Fraktionen, zu den einzelnen bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprechern zu gehen, was natürlich großartig ist. Ich möchte das nicht mindern. Es hat aber einfach ein Modus gefehlt, um das wirklich auch zu verankern. Diese Reform, die wir im September beschließen werden, stellt jetzt eben sicher, dass sich die Abgeordneten, also wir, wirklich mit diesen Beschlüssen auseinandersetzen müssen. Das ist etwas wirklich Großartiges, weil wir nicht einfach nur von Partizipation und Mitbestimmung sprechen, sondern das auch wirklich mit Leben füllen wollen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Dazu braucht es natürlich einen entsprechenden Rahmen, einen entsprechenden Modus. Wir haben es bereits am Montag kommuniziert: Wir wollen, dass das wirklich auf hoher Ebene passiert, nämlich im Wiener Bildungsausschuss, wo der jährliche Sammelbericht mit allen beschlossenen Anträgen des Schülerparlamentes an den Ersten Landtagspräsidenten übermittelt wird. Der weist ihn dann dem Bildungsausschuss zu. Dort wird dieser Sammelbericht auch gesammelt zur Kenntnis genommen. Darauf bin ich wirklich sehr stolz, weil das wirklich das beste Gehör ist, das man haben kann. Die Landesschülervertretung, die diese Anträge auch nach außen vertritt, bekommt ein fix eingeplantes Rederecht innerhalb einer fixen Redezeit, wodurch sie über ihre Anliegen und Anträge sprechen kann, woraufhin auch im Ausschuss eine Debatte unter den Abgeordneten und der LSV entstehen kann. Das ist genau das, worüber wir sprechen, wenn wir sagen: Wir sind Vorreiter in Sachen Mitbestimmung und Partizipation, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Das ist mir wichtig zu betonen, denn man könnte sich diese Anträge ja auch im Internet anschauen. Sie sind auffindbar. Man könnte jetzt auch sagen: Bleiben wir bei dieser bildungspolitischen Tour zu den einzelnen Fraktionen! Es geht aber immer darum: Wollen wir diese Anträge interpretieren und über die Anliegen einfach nur nachdenken, oder wollen wir, dass Schülerinnen und Schüler, Schülervertreterinnen und -vertreter tatsächlich selbst ihr eigenes Sprachrohr sind? So holen wir aktuelle bildungspolitische Themen vor den Vorhang und bewirken, dass diese gesetzliche Verankerung etwas auch stärkt, nämlich diesen intensiven Austausch zwischen den Volksvertreterinnen und -vertretern, also uns, und den Schülervertreterinnen und -vertretern. Wir bieten damit eine Plattform für einen viel intensiveren Austausch, in dessen Rahmen junge Menschen ihre Interessen auch selbstbewusst vertreten können. Das unterstreicht - das möchte ich in diesem Rahmen auch noch einmal betonen - neben dem Kinder- und Jugendparlament, das wir in dieser Legislaturperiode auch ins Leben gerufen haben, dass junge Menschen - da möchte ich jetzt gewissermaßen auch eine Fußballanalogie bringen - nicht irgendwo auf der Reservebank sitzen, sondern bei uns mitten auf dem Spielfeld stehen, dass sie nicht ein Nebenschauplatz sind, sondern wirklich inmitten unserer Politik stehen. Mit dieser gesetzlichen Verankerung des Schülerparlaments setzen wir einen weiteren Schritt dazu. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Ich habe das Kinder- und Jugendparlament jetzt eh schon erwähnt. Ich möchte das in diesem Rahmen auch noch einmal erwähnen, weil es wirklich ein sehr innovatives Projekt ist, für das wir auch international beachtet werden. Wir werden gefragt, wie wir das machen, wenn sich internationale Delegationen dieses Projekt anschauen, weil wir das auch mit dem Ziel machen, Kinder und Jugendliche nicht nur in den Mittelpunkt unserer Politik zu stellen, sondern wir wollen Wien ja zur kinder- und jugendfreundlichsten Stadt dieser Welt machen. Das ist nicht eine Phrase. Das ist ein großes Ziel, das wir mit jedem einzelnen Schritt verfolgen, den wir hier in dieser Stadt setzen. Warum tun wir das? Warum ist Partizipation von jungen Menschen so wichtig? Es ist wichtig - darüber haben wir erst gestern diskutiert -, weil wir über Demokratiebewusstsein bei jungen Menschen gesprochen haben. Wir haben darüber gesprochen, ob es ein Zugehörigkeitsgefühl von jungen Menschen gibt. Fördert es Engagement? Fördert es Verantwortungsbewusstsein für sich, aber auch für kommende Generationen? Die Antwort ist: Ja, es fördert all diese Dinge. Das Kinder- und Jugendparlament, das dieses Jahr erst vor wenigen Wochen das zweite Mal zu Ende gegangen ist, ist genau dafür da, diese demokratischen Prozesse auch hautnah mitzuerleben und vielleicht auch mitzuerleben, wie es ist, wenn man mit seinem eigenen Anliegen nicht durchdringt, weil es keine Mehrheit hat, dafür aber vielleicht ein anderes Anliegen unterstützen kann, das mehrheitsfähig ist, mitzuerleben, was es bedeutet, Kompromisse zu schließen, und vieles, vieles mehr. Was haben Stadtpolitikerinnen und Stadtpolitiker davon? Denn die Dialogveranstaltung im Rahmen des Kinder- und Jugendparlamentes ist ein großer Punkt. Fast die gesamte Stadtregierung war beim Kinder- und Jugendparlament dabei und hat sich den Fragen der Kinder und Jugendlichen gestellt. Was haben StadtpolitikerInnen davon? Sie erleben nicht nur diese demokratischen Prozesse, sondern sie erfahren hautnah, was denn die echten Anliegen, Bedürfnisse und Wünsche von Kindern und Jugendlichen sind. Genau darum geht es, nämlich um diesen Austausch zwischen den Generationen, um diesen Austausch zwischen Stadtpolitik und dieser jungen Generation, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Mit diesem Wien-weiten Kinder- und Jugendparlament schaffen wir es, dass sie im politischen Diskurs ihr eigenes Sprachrohr sind. Im Kinder- und Jugendparlament werden in eigenen Ausschüssen Themen von Mitbestimmung über Klimaschutz bis zu Stadtplanung debattiert und diskutiert. Sie setzen sich mit der Kinder- und Jugendstrategie auseinander. Sie diskutieren den Fortschritt dieser Strategie und die Erreichung der Ziele. Sie erarbeiten gemeinsame Stellungnahmen zum Umsetzungsstand der Kinder- und Jugendstrategie und erarbeiten Forderungen, die sie auch an die Stadtregierung, an die Stadtpolitikerinnen und -politiker, übergeben. Die PolitikerInnen geben dann im Plenum Antworten auf diese Fragen und Forderungen und stellen sich eben dieser Diskussion. Daneben gibt es die Kinder- und Jugendmillion: 1 Million EUR aus dem Stadtbudget eigens für die Anliegen und Wünsche von Kindern und Jugendlichen reserviert, weil wir der Ansicht sind: Nur so können Kinder und Jugendliche wirklich ihr eigenes Sprachrohr sein, nur, wenn das wirklich ernst gemeint ist. Das ist nur dann der Fall, wenn echte Mitbestimmung tatsächlich auch durch finanzielle, budgetäre Mittel gewährleistet ist. Das Kinder- und Jugendparlament und die Kinder- und Jugendmillion - damit komme ich sozusagen zu diesem größeren Bild, das wir haben, nämlich Wien zur kinder- und jugendfreundlichsten Stadt dieser Welt zu machen - sind lediglich 2 von 193 Maßnahmen der Kinder- und Jugendstrategie, bei der vor einigen Jahren über 22.000 Kinder und Jugendliche mitgemacht haben, aus der unterschiedlichste Maßnahmen und Vorschläge entstanden sind und an deren Umsetzung wir mit Hochdruck arbeiten, um sie mit Leben zu füllen und das Wien der Zukunft zu bauen. Jetzt, fünf Jahre später, ist die Welt nicht mehr dieselbe. Das muss man in dieser Form auch dazusagen. Eine Pandemie und viele Krisen später ist es Zeit, eine neue Kinder- und Jugendstrategie ins Leben zu rufen, an der wir ebenso mit Hochdruck arbeiten, um sie im Juni 2025 hier in diesem Haus zu beschließen. Ich komm' zum Schluss. Warum machen wir all das, all diese Schritte, die ich hier sehr breit ausgeführt habe? Wir machen das, weil junge Menschen zu beteiligen, bedeutet, dass sie bei Entscheidungen, die sie betreffen, mitwirken können und sollen. Insgesamt lässt sich mit all diesen Schritten zeigen, dass wir in dieser Stadt in Sachen Partizipation, Mitbestimmung und Demokratieförderung große Meilensteine erreichen, weil gute Politik nicht von oben herab arbeitet, sondern die Menschen - vor allen Dingen junge Menschen - auf die Reise in eine innovative, generationengerechte und fortschrittliche Stadt mitnimmt - und das immer auf Augenhöhe, aber dafür immer mit Ernsthaftigkeit und Verbindlichkeit. Das zeigen wir mit vielen Maßnahmen, unter anderem auch jetzt mit der gesetzlichen Verankerung des SchülerInnenparlamentes. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Ernst Woller: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner ist Herr Abg. Berger zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Bitte. Abg. Stefan Berger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Landesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Sitzungssaal, auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Eine Aktuelle Stunde der NEOS zum Thema Mitbestimmung, Partizipation von jungen Menschen, und so weiter, und so fort, wie der Titel in etwa lautet. Ich bin froh darüber, dass es durchaus noch Anträge aus der Oppositionszeit der NEOS gibt, die mit Regierungseintritt dann nicht vergessen wurden. Wie die Vorrednerin bereits erwähnt hat, haben wir Freiheitlichen das auch schon in der letzten Periode hier in diesem Haus unterstützt. Der Ausbau des Schülerparlaments, die gesetzliche Verankerung, das Kinder- und Jugendparlament: Das ist alles recht und schön. Wir sind dafür, dass das auch entsprechend gesetzlich verankert wird. Was man natürlich allerdings auch sagen muss: Wenn man sich täglich mit den Problemen konfrontiert sieht, die Kinder und Jugendliche beschäftigen und die sich tagtäglich an unseren Schulen abspielen, muss man schon festhalten, dass das gewissermaßen ein Wohlfühlthema ist. (Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Das ist Demokratie!) Auch wenn es wichtig ist, Kinder, Jugendliche und Schüler, die jungen Menschen in dieser Stadt, miteinzubeziehen, so wundert es mich insbesondere auch auf Grund Ihrer Ressortzugehörigkeit doch gewissermaßen, dass Sie sich hier aktuell als brennendstem Punkt offenbar mehr oder weniger einem Wohlfühlthema widmen. Wenn Sie nämlich das, was Sie hier so loben - Mitbestimmung und Partizipation - auch vollumfänglich so ernst meinen würden, dann frage ich mich, wieso das letzte Kapitel in Ihrem Regierungsprogramm der sogenannten Fortschrittskoalition - das Kapitel direkte Demokratie und Mitbestimmung - noch immer auf seine Umsetzung wartet. Sie haben nämlich in Ihr Regierungsprogramm hineingeschrieben, dass es auch verbindliche Bezirksbefragungen geben soll. Da geht es nicht nur darum, ob in einer Schule oder einem Kindergarten irgendwo ein zusätzlicher Tischtennistisch, eine Schaukel oder was auch sonst immer aufgestellt werden soll, sondern da geht es dann tatsächlich um handfeste Dinge. Da geht es darum, dass die Bezirksbevölkerung wirklich befragt werden soll und auch mitentscheiden soll - und nicht nur mitwirken soll, indem sie ihre Herzensanliegen sozusagen an irgendeine Pinnwand anpinnen darf oder sonst irgendetwas. Wenn Sie das, meine sehr geehrten Damen und Herren - insbesondere an die Adresse der NEOS - tatsächlich so ernst meinen, dann rufe ich Sie dazu auf, auch endlich dieses Kapitel Ihres Regierungsprogramms umzusetzen. Wir Freiheitlichen - ich habe es in der Vergangenheit hier bereits mehrfach gesagt - würden ja noch viel weitergehen. Setzen Sie aber das endlich einmal um, bevor Ihre Regierungsperiode hier in diesem Haus zu Ende ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Wir sind auch absolut dafür, Schüler über ihre Rechte zu informieren. Was wir im Schulalltag allerdings leider Gottes auch sehen, ist, dass sehr gern auf die Pflichten vergessen wird. Das betrifft insbesondere auch die entsprechende Mitwirkung am Unterricht, bei dem das Lehrpersonal nicht vorwiegend mit der Wissensvermittlung beschäftigt ist, sondern sehr oft mit der Konfliktvermeidung in den Klassen, damit alle Schüler nach Unterrichtsende das Schulgebäude wieder unverletzt verlassen. Die Schule ist nicht nur eine Aufbewahrungsstätte, sie ist nicht nur etwas, wo man sozusagen über seine Rechte informiert wird, sondern sie ist auch mit entsprechenden Pflichten verbunden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich erwarte mir von Ihrem Ressort sehr wohl, dass Sie das auch entsprechend mitgeben - nämlich insbesondere die Pflicht, im Bereich der Deutschkenntnisse aufzuholen, weil das eben auch sehr oft Thema ist - und auch darüber informieren, dass man in die Schule keine Messer mitnehmen muss. Das betrifft mittlerweile nicht mehr nur Buben, sondern auch Mädchen. Das sagen ja nicht nur wir. Wenn Sie uns schon nicht glauben, dann fragen Sie Frau Wiesinger, dann fragen Sie Herrn Glattauer. Ich glaube, die sind unverdächtig, irgendwo in freiheitliche Nähe gerückt zu werden. Auch die legen aber die Finger in die Wunden. Ich komme schlussendlich auch schon zu meinem Abschlusssatz. Meine Damen und Herren, es ist in diesen Tagen ein Gerichtsurteil ergangen, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft durch ihren Fachinspektor offensichtlich die Anstellung einer Religionslehrerin bei der Stadt Wien verhindert hat, weil sie das Kopftuch abgelegt hat. Das wäre zum Beispiel ein Thema, das die NEOS hier im Rahmen einer Aktuellen Stunde aufs Tapet bringen könnten. Was hat das insbesondere auch für den Stadtrat Wiederkehr oder für den Landesrat in dieser Funktion zur Folge? Nehmen Sie es jetzt achselzuckend hin, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft mit ihren Fachinspektoren aussiebt? Wird diese Praxis weiterhin stattfinden? Welche Taten setzen Sie, damit dieser Kopftuchzwang hier endlich aufhört? Was haben Sie da zu bieten? Was haben Sie diesbezüglich zu sagen? Das sind Fragen, die uns in diesen Tagen bewegen. Da erwarten wir uns auch entsprechende Antworten. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Ernst Woller: Danke. Als Nächster ist Herr Abg. Öztas zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Bitte. Abg. Ömer Öztas (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der Aktuellen Stunde ist "Junge Menschen sind Sprachrohr ihrer Anliegen - das Land Wien ist Vorreiter bei Mitbestimmung und Partizipation" - ein sehr lobenswerter Titel, wie ich finde. Er ist einerseits lobenswert, weil hunderttausende junge Menschen in unserer Stadt leben, die auch an unserer Gesellschaft teilhaben möchten. Gleichzeitig finde ich den Titel aber auch mutig für die NEOS, weil ich mir denke: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Doch was hat die pinke Regierungsbeteiligung im Jugendbereich in Wien alles vollbracht? Von einer Vorreiterrolle kann hier definitiv nicht die Rede sein. (Abg. Mag. Dolores Bakos, BA: Wer ist denn dann vorne? - Abg. Maximilian Krauss, MA: Wir! - Heiterkeit bei StR Dominik Nepp, MA.) 2019 wurde, wie die Kollegin erwähnt hat, mit 22.500 Kindern und Jugendlichen die Kinder- und Jugendstrategie beschlossen. Das ist eine Initiative der rot-grünen Stadtregierung gewesen. Wir haben dafür auch Preise gewonnen, wie Sie richtig erwähnt haben. Diese Strategie wurde in diesem Haus vor vier Jahren beschlossen, aber bis jetzt ist wenig passiert. Am Anfang ist überhaupt nichts passiert. (Widerspruch von Abg. Mag. Dolores Bakos, BA.) Seit dem Beschluss im Gemeinderat ging die Umsetzung der Strategie schleppend voran. Weder wurden die Maßnahmen umgesetzt, noch wurden sie transparent kommuniziert. In den ersten eineinhalb Jahren wussten wir nicht, was passiert ist beziehungsweise was die Stadtregierung in dem Bereich macht. Wir haben daraufhin unsere Rolle als Opposition wahrgenommen. Sie kennen die Anfragen auch, Frau Kollegin. Wir haben diese 1.500-seitige Anfrage (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Was?) zu allen Maßnahmen an Sie gestellt und haben gefragt, wie die Umsetzung ist. Wo wurden Gelder ausgegeben? Was stand in Umsetzung? Wie wurde es gemacht? (Zwischenruf bei den NEOS.) Als Antwort, Herr Kollege, haben wir einen Zettel (ein Schriftstück in die Höhe haltend) bekommen, der einseitig ist. Darin steht - ich zitiere: "Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt." Genau da. "Die 193 Maßnahmen der Wiener Kinder- und Jugendstrategie befinden sich derzeit in Umsetzung." Das ist, was wir als Antwort auf die 1.500 Fragen bekommen haben. (Zwischenruf von Abg. Mag. Dolores Bakos, BA.) Wir haben aber weiterhin nachgebohrt, sehr geehrte Kollegin, und endlich kam im Dezember 2023, dreieinhalb Jahre nach dem Beschluss hier im Gemeinderat, eine Umsetzungstabelle - diese (ein Schriftstück in die Höhe haltend) -, die im Dezember 2023 veröffentlicht wurde, was auch schon ein halbes Jahr her ist. Da behaupten Sie selbst - das finde ich ja spannend -, dass Sie von 193 Maßnahmen bereits 77 umgesetzt haben. Das sind 40 Prozent. Das ist nicht einmal die Hälfte. Wenn Sie in dem Tempo weitermachen, werden Sie nie fertig. Sie wissen, dass die Strategie 2025 abläuft und wir da auch mehr tun müssen. Die schleppende Umsetzung wird auch von der Kinder- und Jugendanwaltschaft kritisiert. Das werden wir heute auch im Zuge der Diskussion zu den Kinder- und Jugendanwaltschaftsberichten diskutieren. Die schreibt in ihrem Bericht: "Leider wurden die mehrmals geäußerten Empfehlungen der Kinder- und Jugendanwaltschaft von der Stadtregierung nicht verwirklicht." Sehr geehrte Damen und Herren, eine Strategie, die man nicht umsetzt, ist nichts wert. Sie haben versprochen, jedes Kind soll in Wien die Möglichkeit haben, einen Baum zu pflanzen. Das steht in dieser Strategie drinnen. Im Endeffekt wurde daraus: Ein Mal im Jahr darf eine ausgewählte Schulklasse mit dem Stadtrat medienwirksam einen Baum pflanzen. Das ist nicht genau der Sinn und Zweck dessen gewesen, was wir beschlossen haben. Sie haben eine Jugendmillion versprochen, die Sie auch erwähnt haben und die auch lobenswert ist. Jugendliche dürfen jedes Jahr über die Verteilung von 1 Million EUR des Stadtbudgets mitbestimmen. Da waren Sie bei der Umsetzung aber genauso tollpatschig und haben letztes Jahr vergessen, das Geld auszugeben beziehungsweise diese Maßnahme umzusetzen. Sie haben das letzte Jahr übersprungen. Unabhängig davon sind die Beschlüsse vom Jahr 2022 immer noch nicht umgesetzt worden. (Abg. Mag. Dolores Bakos, BA: Das stimmt doch nicht!) Es stimmt. Von den zehn Maßnahmen, die beschlossen wurden, wurden bis jetzt drei umgesetzt. Sie haben ein Wien-weites Kinder- und Jugendparlament versprochen. Sie haben versprochen - Zitat Herr Stadtrat: "Eine ständige Institution mit Beratungsfunktion für die Stadtregierung zu etablieren." Am Ende haben wir de facto ein kompetenzloses Gremium bekommen, das nicht einmal genug Teilnehmer gefunden hat. Sie haben einen Jugend-Check versprochen. Sie haben gesagt, jede Gesetzesvorlage des Landes Wien soll auf ihre Kinder- und Jugendfreundlichkeit überprüft werden. Das haben wir auch begrüßt. Dafür hat sich auch die Europäische Jugendhauptstadt Gent uns als Stadt Wien zum Vorbild genommen. Das Lustige dabei ist: Sie haben das sogar vor uns umgesetzt. Sogar auf europäischer Ebene wurde das umgesetzt. Wir in Wien warten immer noch auf diesen Beschluss. Statt all diese Maßnahmen umzusetzen und den Wünschen der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden, bekommen wir von Ihnen nur Lippenbekenntnisse. Wir schauen eigentlich auf vier Jahre Untätigkeit der NEOS in der Wiener Jugendpolitik zurück und sehen eine Partei - und zwar die NEOS -, die sich für vermeintliche Erfolge abfeiert, die keine sind. Als Tiger gesprungen und als Bettvorleger geendet - das ist die NEOS-Jugendpolitik in der Stadt. (Beifall bei den GRÜNEN. - Heiterkeit bei den NEOS.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Als Nächster ist Herr Abg. Zierfuß zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Bitte sehr. Abg. Harald Zierfuß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier im Wiener Rathaus ja wahrlich nicht zum ersten Mal über das Wiener Schülerparlament. Zum ersten Mal wurde der Antrag nämlich 2016 von unserer Sabine Keri, damals Sabine Schwarz, gestellt, beim ersten Mal noch allein, bei den folgenden - ich glaube, es waren sieben - Malen waren dann noch andere Parteien dabei, immer ein bisschen wechselnd. Sabine wird darauf noch eingehen. Wenn jetzt von der NEOS-Vorrednerin Dolores Bakos ein bisschen die Vorreiterrolle hervorgehoben worden ist, dann muss ich zynischerweise schon sagen: Eine Vorreiterrolle schaut ein bisschen anders aus. Ich würde es eher eine Nachreiterrolle nennen. (Abg. Mag. Dolores Bakos, BA - erheitert: Aber Reiter ist Reiter, oder?) Ich finde aber gut, dass es endlich umgesetzt wird. Wir freuen uns, dass sich der Einsatz von dir, liebe Sabine, und der Druck von uns als Wiener Volkspartei ausgezahlt haben. (Beifall bei der ÖVP.) Wir sind seit 2016 dahinter, weil wir der Meinung sind, dass sich Politik vor allem immer an einer Sache orientieren muss: an den Interessen und Anliegen der Betroffenen unserer Beschlüsse. Das ist auch der Grund, warum damals, 2009, von unserem jetzigen Nationalratsabgeordneten Nico Marchetti das erste Schülerparlament auf österreichischer Ebene eingeführt worden ist. Auf Wiener Ebene wurde es dann auch von uns oder von der Schülerunion weitergetragen. Das ist, glaube ich, die Aufgabe der Politik: Genau diese Anliegen auch zu unterstützen. Ich weiß dank vieler Jahre Schülervertretung in verschiedensten Funktionen selbst, wie wertvoll ein Schülerparlament ist. Ich weiß, es gibt hier drinnen im Raum viele Fans, die auch regelmäßig vorbeischauen. Ich glaube, das ist gut. Wir finden es auch unterstützenswert, das umzusetzen, wenn dann im Herbst dieser entsprechende Vorschlag kommt. Ich freue mich also ganz besonders, dass das hier jetzt ein Vorschuss ist, der, wie ich glaube, sehr handfest wirkt und der auch hoffen lässt, dass dann im Herbst ein entsprechender Beschluss kommt. Ich weiß noch nicht, was dann wirklich kommt. Wenn es hält, was es verspricht, dann werden wir uns dafür auch aussprechen und das auch entsprechend unterstützen. Ich möchte mich an der Stelle auch bei einer Gruppe bedanken, die das dieses Jahr ganz besonders vorangetrieben hat: bei Bundesschulsprecher Marius Hladik, beim Landesobmann der Schülerunion Wien und bei der Schülerunion in Wien generell, die dieses Jahr Unterschriften von hunderten Schülervertretern gesammelt hat, sich mit allen Parteien getroffen hat und das auch noch einmal hervorgestrichen hat. Ich glaube, es ist ein gutes Zeichen, dass die Landesschülervertretungsarbeit ernst genommen wird und junge Menschen, die sich vehement für eine Sache einsetzen, in der Politik auch Gehör finden. Deswegen bedanke ich mich ganz herzlich für den Vorstoß. Wir werden das entsprechend unterstützen und hoffen auch, dass das kommt. Eine Sache möchte ich auch hervorheben, weil auch das die Vorreiterrolle, wie ich glaube, ein bisschen in Frage stellt: Wir haben 2018 auf Bundesebene das Schülerparlament eingeführt, auf einer gesetzlichen Ebene im Schülervertretungsgesetz. Es war damals erstmalig so, dass eine Interessenvertretung im Unterrichtsausschuss ein Berichtsrecht bekommt und dort seitdem auch jedes Jahr einen Bericht abgeben kann. Ich finde es gut, dass das hier auf Wiener Ebene nachvollzogen wird, dass die Vorreiterrolle der Volkspartei ernst genommen wird und die NEOS das dann auch entsprechend etablieren und dem nachkommen. Wir sind gespannt, ob der Vorschlag das auch hält. Wenn es so ist, dann stimmen wir auch zu. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Hanke. Ich erteile ihr das Wort. Bitte sehr. Abg. Marina Hanke, BA (SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wien ist Europäische Demokratiehauptstadt - und das nicht ohne Grund. Wir sind Europäische Demokratiehauptstadt, weil wir tatsächlich Vorreiterin sind, wenn es um Beteiligung, Mitbestimmung und Partizipation geht - vor allem im Bereich der Kinder und Jugendlichen. Ich freue mich sehr, dass wir heute in der Aktuellen Stunde auch einen Blick auf die vielen Angebote werfen können, weil Sie ja, glaube ich, auch schon wissen, dass gerade das Projekt der Kinder- und Jugendstrategie und auch das Projekt "Werkstadt Junges Wien", das wir vor vielen Jahren gestartet haben, auch eines meiner ganz persönlichen Herzensanliegen sind. Es ist aber nicht so, dass Kinder und Jugendbeteiligung sowie Kinder- und Jugendpartizipation in Wien erst seit der "Werkstadt Junges Wien" oder der Kinder- und Jugendstrategie passiert. Ganz im Gegenteil: In dieser Stadt gibt es schon eine sehr lange Tradition, Kinder und Jugendliche mitreden zu lassen und ihnen auch auf Augenhöhe zu begegnen. Sie alle werden wahrscheinlich das eine oder andere Bezirksjugendparlament kennen, wo Kinder und Jugendliche in Wahrheit schon seit Jahrzehnten ihre Stadt aktiv mitgestalten. Wenn man durch die Bezirke geht, wo solche Jugendparlamente stattfinden, kann man eigentlich kaum ein paar Schritte gehen, ohne auf irgendeinen Teil der Stadt zu stoßen, der von Kindern und Jugendlichen gewünscht oder angestoßen worden ist und der somit auch die Stadt gestaltet. Auch andere Programme - wie zum Beispiel das Junge Grätzl als ein spezielles Aktionsprogramm der Grätzloase -, und vieles mehr sind Beispiele, warum wir Vorreiterin sind, wenn es um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen geht. Ich möchte ganz kurz auf meinen Vorredner von den GRÜNEN eingehen, weil ich es eigentlich immer schade finde, wie hier über die Umsetzung der Kinder- und Jugendstrategie gesprochen wird. Ich weiß, dass Ihnen das wirklich ein Anliegen ist. Weil wir in gemeinsamen Terminen sitzen, weiß ich aber auch, dass Sie eigentlich genau wissen, Herr Kollege Öztas, dass sehr vieles bereits umgesetzt worden ist und dass viele Maßnahmen, die in der Kinder- und Jugendstrategie drinnenstehen, wie zum Beispiel die Etablierung von Bildungsgrätzln oder der Zugang zu elementaren Bildungseinrichtungen, der ausgebaut werden soll, Maßnahmen sind, die nie fertig sein werden, weil das einfach Dinge sind, die uns auch in den kommenden Jahren und wahrscheinlich für immer begleiten werden. Das heißt, da gilt es schon, genauer hinzuschauen. Was sind die einzelnen Maßnahmen? Sind das Sachen, die einmal abgeschlossen werden können, oder Sachen, die auch längerfristig in der Umsetzung sein werden? Ebenso finde ich es sehr schade, wie hier über die Umsetzung der Projekte der Kinder- und Jugendmillion gesprochen worden ist. Auch da haben wir schon weit mehr als drei Projekte umgesetzt. Ich denke an "Mein Kopf - mein Kopftuch - meine Entscheidung", "Kostenloses Bluten", die Kletterwand in Floridsdorf, aber zum Beispiel auch an das Projekt "Flopsy", bei dem es um niederschwellige Betreuung von Kindern und Jugendlichen in den Jugendzentren geht, und noch an vieles mehr. Ich glaube, dass es eigentlich angebracht ist, dem Team von Junges Wien, das bei wienXtra angesiedelt ist, aber vor allem auch den vielen Kolleginnen und Kollegen aus den diversen Abteilungen, den vielen engagierten Bezirksrätinnen und Bezirksräten sowie allen Beteiligten, die daran arbeiten, dass diese Maßnahmen umgesetzt werden, und die da schon ganz, ganz viel geleistet haben, ein großes Dankeschön auszusprechen. Auch an dieser Stelle: Vielen Dank, dass Sie die Umsetzung auch möglich machen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wird nie aufhören, sie wird ganz im Gegenteil noch weiter ausgebaut. Als eine Maßnahme der Kinder- und Jugendstrategie ist unter dem Titel "Dialog auf Augenhöhe" auch bereits ein neuer Leitfaden zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen umgesetzt worden, der Bezirke, aber auch Abteilungen und alle, die Interesse daran haben, anleitet, Kinder- und Jugendbeteiligung möglich zu machen, und sie dabei auch unterstützt. Wir wissen auch, dass unser Stadtrat für Demokratie noch ganz viel in petto hat, wenn es um die Entwicklung einer Demokratiestrategie geht - wir haben ein Büro für die Mitwirkung - oder natürlich auch um den Ausbau der Mitbestimmung im Petitionsausschuss et cetera. Da ist viel auf dem Weg. Wir werden auch immer schauen, dass Kinder und Jugendliche gut eingebunden sind und gut mitgestalten können - nicht zuletzt mit der Verankerung des SchülerInnenparlaments und natürlich auch mit dem Weiterarbeiten und dem weiteren Ausbau der Kinder- und Jugendstrategie. Es gibt vieles, was festgehalten worden ist, mit dem wir sicherlich auch noch in Zukunft weiterarbeiten werden und weiterarbeiten wollen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, gehört zu werden, ein Recht darauf gesehen zu werden, ihr unmittelbares Umfeld mitzugestalten und vor allem auch Selbstwirksamkeit zu erfahren. Kinder- und Jugendbeteiligung hat immer viel damit zu tun, Demokratie zu erleben. Es hat aber vor allem viel damit zu tun, wirksam zu sein, damit Kinder und Jugendliche merken, dass auch sie ein wichtiger und nicht wegzudenkender Teil dieser Stadt sind. Sie haben eben ein Recht darauf, ihre Stadt auch so zu gestalten, wie sie wollen. Deswegen ein letztes riesengroßes Dankeschön an alle Kinder und Jugendlichen, die sich beteiligen und mitsprechen und unser Wien zu einem besseren Ort machen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Als Nächster ist Herr Abg. Krauss zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Bitte sehr. Abg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es stimmt: Es hat bereits vor dem Jahr 2020 oft Anträge der Freiheitlichen - manchmal auch gemeinsam mit den NEOS - gegeben, die eine weitere gesetzliche Implementierung des Schülerparlaments beinhaltet haben. Es ist auch gut und richtig, dass es da Fortschritte gegeben hat und dass man in die Umsetzung gekommen ist. Tatsache ist, dass das zwar eine richtige Sache ist. Angesichts der massiven Probleme, die wir im Bildungs- und Jugendbereich haben, ist das allerdings nur eine sehr, sehr kleine Maßnahme und definitiv kein Grund, sich hier in einer eigenen Aktuellen Stunde abzufeiern - vor allem, wenn man sich auf der anderen Seite die vielen gebrochenen Versprechen im Bildungsbereich ansieht, wo es große Baustellen und viel Aufholbedarf gibt und wo wirklich mehr Handlungen und eine andere Politik gefragt gewesen wären. Sich also hier nur für die Einführung dieser einen Maßnahme abzufeiern, ist definitiv zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.) Kollege Berger hat es auch schon ausgeführt: Es gibt größte Probleme im Bildungsbereich, über die wir hier oft diskutieren. Wir haben die höchsten Schulabbrecherraten in Wien. Wir haben in vielen Schulen eine Mehrheit, bei der Deutsch nicht einmal mehr als Umgangssprache verwendet wird, bei der in der Pause und am Schulhof nicht Deutsch gesprochen wird und bei der auch zu Hause kein Deutsch gesprochen wird. (Abg. Ömer Öztas: Was hat das ...) Ja, es stimmt: Die GRÜNEN sind da auch wesentlich mitverantwortlich, denn ihr wart auch zehn Jahre in der Regierung. Von 2010 bis 2020 habt ihr zehn Jahre den Billigen Jakob für die SPÖ gemacht. Jetzt machen es die NEOS auf dem gleichen Niveau, vielleicht noch eine Spur billiger, das muss man ihnen lassen. Das ist aber definitiv kein Ruhmesblatt. (Beifall bei der FPÖ. - Abg. Mag. Josef Taucher: ... Geringschätzung!) Es ist definitiv kein Ruhmesblatt, wie man sich hier in den vergangenen Jahren den jungen Menschen dieser Stadt genähert hat. Wir haben in Wien riesige Probleme in unseren Schulen. Wir haben riesige Probleme im Kindergartenbereich. Das wurde in den letzten Wochen und Monaten hier und auch in der medialen Diskussion etwas unter den Teppich gekehrt. Allerdings bewegt sich natürlich auch dort vieles weiterhin im Argen, und es wurde nichts verbessert. Wir haben zu große Betreuungsschlüssel. Wir haben zu wenige Pädagogen. Wir haben noch immer die Situation, dass die Pädagogen, die in den Kindergärten sind, oftmals zu schlecht Deutsch können, um den Kindern überhaupt Deutsch beibringen zu können. Das Ergebnis ist dann natürlich, dass viele Kinder, obwohl sie in Wien geboren wurden und in Wien die verpflichtenden Kindergartenjahre absolviert haben, bei Schuleintritt nicht einmal dem Unterricht folgen können. Das ist das Ergebnis der rot-grünen Bildungspolitik von 2010 bis 2020. Diese falsche Bildungspolitik, die im Kindergarten beginnt, wo diese falschen Maßnahmen einfach fortgeschrieben wurden, ohne ein echtes Umdenken zu bewirken, ist jetzt in der Verantwortung von Rot-Pink. Auch da gibt es kein Umdenken. Auch da wollen wir Freiheitlichen selbstverständlich Verbesserungen und Veränderungen. (Beifall bei der FPÖ.) Auch bei großen Skandalen, die es in dieser Periode gegeben hat, hat man seitens dieser Regierung und seitens des Kinder- und Jugendstadtrates nichts gehört. Ich denke da beispielsweise daran, dass auch die Jugendkriminalität immer mehr ansteigt, dass es in unseren Schulen immer gefährlicher wird, dass es immer mehr Delikte gegen Leib und Leben gibt, dass es immer mehr Anzeigen gibt, dass immer mehr Lehrer verzweifelt sind und dass auch immer mehr Lehrer von Wien nach Niederösterreich abwandern. Das ist nicht nur so, weil die vielleicht Niederösterreicher sind, wie Sie (in Richtung Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA) in der Früh gesagt haben. Nein, da sind ganz viele Wiener dabei, die angesichts der Zustände an den Wiener Schulen dort einfach nicht mehr unterrichten wollen. Da gibt es nur Schweigen, da gibt es keine Konzepte, da gibt es kein Gegensteuern, weil Sie Ihren Multikulti-Traum sonst natürlich als gescheitert eingestehen müssten. Das tun Sie ja nicht. (Beifall bei der FPÖ.) Auch bei großen Übergriffskandalen wie dem Fall Teichtmeister hat man von unserem Bildungs- und Jugendstadtrat, der selbstverständlich gefragt gewesen wäre, Verschärfungen einzufordern und auch an den Bund zu appellieren, endlich strengere Strafen und strengere Rahmenbedingungen zu implementieren, nichts gehört. Da war Schweigen im Wald, da war der Kinderschutz ganz hinten, da hat man sich für die Betroffenen nicht stark gemacht. Da hat man wie so oft fälschlicherweise sogar den Täterschutz in den Vordergrund gestellt. Das alles sind Dinge, die wir Freiheitlichen nicht gutheißen können. Das alles sind Dinge, die wir besser und anders machen würden. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächster ist Herr Abg. Weber zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Bitte sehr. Abg. Thomas Weber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Hoher Landtag! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn meine Freude mit Ihnen teilen, die heute wirklich riesengroß ist und die ich auch zum Ausdruck bringen mag, dass wir eine Lösung für die gesetzliche Verankerung des Schülerinnen- und Schülerparlaments gefunden haben. Als Abgeordneter in diesem Haus verfolge ich die Arbeit des Schülerinnen- und Schülerparlaments ja schon sehr lang, sehr engagiert und sehr eng. Ich bin bei jedem Schülerinnen- und Schülerparlament oben auf der Galerie dabei - nicht für ein Foto, nicht für fünf Minuten, sondern meistens auch für viele, viele, viele Stunden. Ich möchte Ihnen daher sagen, dass ich mich richtig freue, dass wir das Schülerinnen- und Schülerparlament gesetzlich verankern, weil ich die Leidenschaft, mit der Schülerinnen und Schüler hier zu diesen Themen diskutieren, auf jeden Fall immer sehr eng mitbekomme. Ich möchte an dieser Stelle auch allen Schülerinnen und Schülern wirklich meinen aufrechten Dank und meine große Freude mitteilen, denn das ist euer Erfolg. Ihr habt es über so lange Zeit erstritten, dass das Schülerinnen- und Schülerparlament gesetzlich verankert wird. Herzlichen Glückwunsch und Gratulation zu diesem großartigen Erfolg! (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Ich möchte aber nicht nur den Schülerinnen und Schülern danken. Ich möchte auch unserem Landeshauptmann- Stellvertreter danken. Denn in der Politik ist es so wie im Leben: Viele reden, aber es geht ums Tun. - Du hast das gesetzlich verankert, du hast das ermöglicht und unterstützt. Ich möchte dir daher auch sehr herzlich meinen Dank aussprechen. Ich habe schon gesagt, die Schülerinnen und Schüler leisten hier wirklich großartige Arbeit. Ich meine aber auch, dass die Strukturen, in denen die Schülerinnen und Schüler hier arbeiten, eine Änderung brauchen, nämlich eine Änderung auf Ebene der Bundesgesetze. Für mich ist es völlig absurd und völlig unverständlich, dass nicht jede Schülerin und jeder Schüler die Möglichkeit haben, die Vertretung selbst zu wählen. Die Wahl zur LandesschülerInnenvertretung steht ja an. Nur ein Bruchteil der Schülerinnen und Schüler genießt das aktive Wahlrecht. Wir haben etwa 58.000 Schülerinnen und Schüler im BMHS-Bereich. Wissen Sie, wie viele davon bei der Wahl zur LandesschülerInnenvertretung wahlberechtigt sind? Es sind 45 von 58.000. Im AHS-Bereich und im Berufsschulbereich ist es ähnlich. Im Sinne der Jugendlichen und im Sinne der Schülerinnen und Schüler, die vielleicht zum ersten Mal an einer Wahl teilnehmen können, wäre es also aus meiner Sicht längst an der Zeit, die Direktwahl der LandesschülerInnenvertretung einzuführen. An die Adresse meiner Vorredner von der FPÖ: Ich habe jetzt nicht sehr viele Ideen gehört, die Sie zum Thema Beteiligung ausgebreitet haben. Sie haben gesagt, Demokratie und Beteiligung sind Wohlfühlthemen - Sie haben es so genannt. Demokratie und Beteiligung sind keine Wohlfühlthemen. Demokratie und Beteiligung sind die Grundlage unseres Zusammenlebens, die Grundlage unserer Demokratie und die Grundlage unserer Gesellschaft. Sie haben auch gesagt, es gehe darum, die Schülerinnen und Schüler über ihre Rechte zu informieren. Demokratie und Beteiligung ist mehr als Information. (Beifall bei den NEOS.) Ich möchte aber nach Wien zurückkommen. Als Bundesland haben wir uns das Thema Partizipation und Mitbestimmung groß an die Fahnen geschrieben - und das auch zu Recht, denn überall dort, wo Demokratie gelebt wird, ist sie wehrhaft und beständig. Diese Arbeit beginnt bei den Kindern und Jugendlichen. Wir haben gestern schon sehr ausführlich darüber gesprochen, dass es wichtig ist, die Grundwerte an unsere nächste Generation weiterzugeben, und dass dabei Lehrerinnen und Lehrer in den Pflichtschulen eine ganz besondere Verantwortung haben. Sie dabei zu unterstützen, ist die Aufgabe der eingeführten Fachstelle Demokratie. Das ist ein wesentlicher Baustein, um politische Bildung von Jugendlichen zu stärken, Extremismus entgegenzuwirken und Demokratiefeindlichkeit und Abwertungstendenzen zu begegnen. Am allernachhaltigsten ist das Wirken aber natürlich dann, wenn demokratische Prozesse persönlich erlebbar werden, wenn Jugendliche in Planungs- und Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Da ist natürlich das Thema partizipative Kinder- und Jugendmillion zu nennen, die ein essenzieller Baustein der Demokratieförderung ist. Im Herbst hat es die 2. Runde gegeben. 20 Prozent der Wiener Bevölkerung, Menschen von 5 bis 20 Jahren, sind dabei eingebunden. Kinder und Jugendliche haben viele Ideen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es die Aufgabe der Politik ist, Kindern und Jugendlichen Gehör zu verschaffen. Was haben wir als Politikerin und Politiker davon? Dolores Bakos hat die Frage gestellt. Für mich ist die Antwort ganz klar: Wir haben einen erfrischenden und inspirierenden Blick auf die Welt ohne die Scheuklappen der Erfahrung. Das ist eine wunderbare Sache. Ich kann Ihnen allen nur empfehlen: Gehen sie zum SchülerInnenparlament! Hören Sie sich die Diskussionen an! Lassen Sie sich darauf ein! Es wird Ihre Welt auf eine wunderbare Art bereichern. Abschließend möchte ich noch sagen: Wenn wir wollen, dass unsere hart erkämpften demokratischen Errungenschaften und Rechte auch in Zukunft erhalten bleiben, dann sind Kinder und Jugendliche definitiv der Schlüssel dazu. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke. Als Nächste ist Frau Abg. Malle zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Bitte. Abg. Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Ich bin hier anders als mein Kollege vielleicht für den etwas versöhnlicheren Teil zuständig. Wie wir alle finde auch ich die gesetzliche Verankerung natürlich gut. Super, dass das jetzt umgesetzt ist. Es war eine auch langjährige grüne Forderung. Wir freuen uns jetzt schon darauf, dass wir die Anträge und Forderungen der jungen Menschen dann im Bildungsausschuss diskutieren werden. Das Land Wien ist Vorreiter bei Mitbestimmung und Partizipation. Da möchte auch ich schon kritisch anmerken: Die Bezeichnung Vorreiter ist tatsächlich etwas übertrieben. Es hat lang gedauert, bis das SchülerInnenparlament gesetzlich verankert wird. Im Vergleich zu anderen Bundesländern kommt es wahrlich spät daher. In manchen Bezirken ist die Partizipation der Kinder und Jugendlichen auch nicht gerade so ausgereift, wie das hier vielleicht zu sein scheint. Interessanterweise schaut das in den grün regierten Bezirken ein bisschen anders aus. Es ist keine Frage, dass es in Wien viele Angebote für Kinder und Jugendliche gibt. Da bin ich absolut bei Ihnen, das wurde hier eh auch schon angesprochen. Das ist auch wichtig, damit Kinder nicht nur in Kindergärten und Schulen, sondern auch außerhalb der Bildungsinstitutionen in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit relativ früh die Erfahrung von Mitbestimmung und Partizipation machen können. Da passiert in Wien tatsächlich viel. Das muss man wirklich auch offen und ehrlich ansprechen - allerdings auch nicht erst seit den letzten Jahren. Weil ich gesagt habe, dass dort, wo GRÜNE regieren - Währing, Josefstadt und Neubau sind allesamt grün regiert -, Anliegen der Kinder und Jugendlichen wirklich ernst genommen werden: Es kann nicht sein, dass es davon abhängt, in welchem Bezirk man wohnt, ob Anliegen von jungen Menschen ernst genommen werden. Denn im 11. Bezirk gibt es diese Form der Mitbestimmung und der direkten Partizipation beispielsweise nicht. Wie man sich einbringen kann, entscheidet also quasi der Bezirk, in dem man aufwächst. Bezüglich der Mitbestimmung ist da - apropos Vorreiter - wahrscheinlich Markus Reiter der Vorreiter. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Ganz sicher aber ist es beispielsweise nicht der 11. Bezirk. Es ist aber trotzdem gut, dass hier der Ort ist, an dem die Anliegen dann zusammenkommen können. Das ist tatsächlich super. In Neubau beispielsweise passiert die Mitbestimmung seit dem Start durch "Ich mach' mit in Neubau" seit über 20 Jahren. Das Gute daran ist, dass diese Ideen dort nicht für die Schublade produziert, sondern auch ernst genommen werden. Die Ideen werden tatsächlich zu Anträgen und von der Bezirksvorstehung wiederum auf ihre Machbarkeit überprüft. Tatsächlich wurden auch schon sehr viele umgesetzt. Was in Neubau auch passiert: Neubau evaluiert seine Beteiligungsprogramme im Hinblick auf die Frage, wie Personen angesprochen werden, wie sie erreicht werden und wie man ein Programm auch weiterentwickeln kann. Dann wird es auch weiterentwickelt, denn natürlich kommt nicht immer nur Positives heraus, sondern es gibt eben auch viele kritische Anmerkungen. Darauf reagiert der Bezirk auch parteiübergreifend. Man muss fairerweise auch sagen - ich möchte das hier auch klar sagen -, dass viele gute Initiativen auch von den NEOS im Bezirk kommen. Wir haben da wirklich ein gutes fraktionsübergreifendes Übereinkommen - auch mit den anderen Parteien. Tatsächlich ist es aber so, dass nicht nur in den letzten Jahren viele Ideen kommen. Das war auch schon vor der Zeit der NEOS. Tatsächlich aber kommt auch aus dem Eck viel Initiative. Ich war erst vor Kurzem mit Bildungsstadtrat Wiederkehr bei der Eröffnung eines neuen Programms namens "Parti", durch das Kinder und Jugendliche noch stärker bei Bezirksprojekten mitbestimmen können. Da gibt es eine sogenannte "Lob und Motz"-Wand, auf der man Kritik formulieren kann. Das hätte ich hier übrigens manchmal auch gern. (StR Peter Kraus, BSc: Die Lob- oder die Motzwand?) Beides. (Heiterkeit bei der Rednerin.) Dann kommt auch heraus, wo bei Kindern und Jugendlichen die Themen liegen und was sie tatsächlich brauchen. Das wird viele vielleicht stören, manche nicht. Uns stört es nicht. Das Thema Natur und Grünflächen ist immer ganz oben gerankt. Also das interessiert junge Leute, Kinder und Jugendliche, am meisten. Auch das Thema Mahü - das wird manche Rückwärtsgewandten hier wahrscheinlich auch nicht so wahnsinnig interessieren - wird als positiv gesehen. Weniger positiv werden Umweltverschmutzung und Beleidigung gesehen, ebenso - auch das kann man ansprechen - die Präsenz von SubstanzkonsumentInnen, leider auch auf der Mahü. Das muss man ehrlicherweise auch sagen. Ich war selbst einmal Kinder- und Jugendbeauftragte von Neubau. Ich kann Ihnen sagen, dass Meinungen junger Menschen dort wirklich ernst genommen werden, dass nicht nur unter dem Vorwand der Mitbestimmung schöne Fotos produziert werden und man schnell feststellen muss, dass die Beteiligung nur symbolischer Natur und wenig transparent ist, wie das ganz oft passiert. Hier werden Kinder in Entscheidungen mit einbezogen und sind auch angehalten, sich über Prozesse zu informieren. Dabei hilft Transparenz. Sie hilft dabei, dass sie die Auswirkungen ihrer Beteiligung verstehen. In diesem Sinne der Professionalisierung, der Evaluierung von Mitbestimmungsprojekten und der Transparenz der eigenen Arbeit würde ich mir wünschen, dass es für Kinder und Jugendliche die Möglichkeit gibt, noch mehr mitzubestimmen, egal, in welchem Bezirk sie leben, und dass Wien in diesem Sinne auch ein bisschen Neubau wird. - Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächste ist Frau Abg. Keri zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. Bitte sehr. Abg. Sabine Keri (ÖVP): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Der Landeshauptmann-Stellvertreter ist nicht mehr da. Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Bevor wir diese "Wer hat es erfunden?"-Diskussion weiterführen, möchte ich doch ein bisschen auf die Historie eingehen beziehungsweise die Historie wirklich aufzeigen, weil man sieht, wie wichtig das ist. Wir erleben immer wieder, dass Ideen, die von der Opposition oder auch von Menschen außerhalb der Politik kommen, dann die Ideen der Wiener Stadtregierung werden, wie zum Beispiel die langjährige Forderung und Idee der ÖVP, was den Gratiskindergarten oder auch das fünfte Frauenhaus angeht. Die hat sich dann die Stadtregierung sehr schnell angezogen, und in Wirklichkeit erleben wir jetzt das Gleiche, Frau Kollegin Bakos hat es vorgezeigt. Wir haben im Oktober 2016 das erste Mal einen Antrag eingebracht, das waren meine Kollegin Gudrun Kugler, die jetzt Nationalratsabgeordnete ist, und ich, zum Thema Verankerung des Wiener Schülerparlaments in der Geschäftsordnung nach dem Vorbild Kärntens und Tirols. Es war nicht so, dass die Gudrun Kugler und ich zusammengesessen sind und Ideen gesucht haben, sondern es war so, dass wir Gespräche geführt haben, der damalige Bundesschulsprecher, der im September ins Amt gekommen ist, das Gespräch gesucht hat. So kam diese Idee in die politischen Reihen. Der damalige Bundesschulsprechen hat Harald Zierfuß geheißen. Das ist einmal die Historie, wie sie war. So. Jetzt haben wir das einmal geklärt. (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ. - Abg. Mag. Josef Taucher: Zierfüßlein! - Beifall bei der ÖVP.) Der Antrag ist dann abgelehnt worden, der Harald hat weitere Gespräche geführt, und dann gab es den ersten gemeinsamen Antrag mit allen Oppositionsparteien. Da war federführend bei der FPÖ der Maxi Krauss. Ich habe gar keine Schwierigkeiten, die Namen zu sagen, Frau Bakos. Dann haben wir den Christoph Wiederkehr bei den NEOS gehabt und meine Wenigkeit. Ich kann mich an eine lustige Pressekonferenz im Alten Rathaus erinnern, mit dem Harald Zierfuß und dem Christoph, dem Max und meiner Wenigkeit. Wir haben immer wieder Anträge gemeinsam gestellt, sie sind immer wieder abgelehnt worden. Dann hatten wir eine Verhandlung mit - einige von Ihnen werden ihn noch kennen - Heinz Vettermann von der SPÖ, und dann ist es uns gelungen, die erste Verankerung in der Geschäftsordnung zu erzielen, dass nämlich das Schülerparlament hier tagen darf. Das war bis jetzt nicht verankert, sondern immer so ein Goodwill. Das war ein kleiner, aber ein wichtiger Schritt für die Demokratie. (Beifall bei der ÖVP.) Der Harald ist dann als Gemeinderat und Landtagsabgeordneter hier eingezogen. Ich weiß, dass er eine To-do- Liste hat. Auf dieser To-do-Liste ist auch die Verankerung des Schülerparlaments drauf. Er hat auch im Dezember 2023 einen Antrag gestellt. Der wurde von NEOS und SPÖ abgelehnt. Natürlich gab es da die ersten Signale, das muss man dazusagen, da hat die Frau Kollegin Bakos gesagt, ja, ist gut, da machen wir uns Gedanken, aber wir lehnen es jetzt trotzdem ab. Im Februar hast du (in Richtung Abg. Harald Zierfuß) dann einmal hartnäckig nachgefragt beim Christoph Wiederkehr, der dann etwas in Aussicht gestellt hat, und das haben wir jetzt bei einer OTS gelesen. Ein bisschen möchte ich auf diesen Punkt eingehen. Es gibt ein Mal im Jahr einen Sammelbericht, und der wird im Bildungsausschuss besprochen. Die Landesschulvertreter haben da ein Rederecht. - Kleine Erfahrung aus dem Petitionsausschuss: Bitte, bitte lebt wirklich die lebendige Debatte. Bitte, bitte macht wirklich Regeln, wie das ablaufen darf. Was nicht sein soll, ist, was wir immer wieder bei Petenten und Petentinnen erleben, dass da viel Arbeit dahintersteht und die blumige Antworten kriegen, aber in Wirklichkeit inhaltlich nicht hören, warum es nicht geht, warum es geht. Das ist wirklich ein großer Appell. Denn warum? Gerade bei den Jugendlichen ist es so wichtig, dass sie sehen, was mit ihrem demokratischen Einsatz passiert. Es wäre total schön, wenn Forderungen, Anträge, die bei euch im Bildungsausschuss landen, auch wirklich dann im Alltags- und Schulleben umgesetzt werden. Denn nur so werden die Kinder und die Schüler verstehen, dass Demokratie wirklich ein lässiges Instrument ist für eine ausgewogene Gesellschaft. Danke. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Zu Wort gemeldet ist die Frau Abg. Berger-Krotsch, und ich erteile es ihr. Bitte, Sie sind am Wort. Abg. Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen hier im Saal, liebe Zusehende auf der Galerie und via Livestream! Ich möchte vielleicht ein bisschen pathetisch anfangen. Aber wer mich kennt oder wer meinen Reden vielleicht doch das eine oder andere Mal folgt, wird es wissen, dass ich es von Herzen meine. Ich glaube sehr wohl, dass die Kinder in unserer Stadt einfach der größte Schatz sind. Und diesen gilt es zu heben, diesen gilt es zu pflegen und auszubauen. Das tun wir in dieser Stadt, in der lebenswertesten Stadt der Welt. Unser Motto, das uns in der Koalition treibt, ist, dass wir einfach das Beste für alle Kinder und Jugendlichen wollen. Das ist mir persönlich sehr wichtig, aber eben auch in der Koalition, und ich denke, das ist doch auch gemeinsam in diesem Haus ein sehr wichtiges Anliegen. Wir als SozialdemokratInnen in der Koalition, wir brennen dafür sehr stark und wir rennen dafür unermüdlich. Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu begleiten, sie in der Entwicklung zu unterstützen, damit sie sich entfalten können, das spiegelt sich in unserer Politik in vielen Maßnahmen und Projekten wider. Ich danke meinen Vorrednerinnen, meinen Kolleginnen Marina Hanke und Dolores Bakos, die sehr eindrücklich berichtet haben, was es da alles bereits vorher - zum SIP komme ich noch - gegeben hat und immer noch gibt. Das ist immer schön, neben Rechnungsabschluss und Budgetdebatten geballt in einer Aktuellen Stunde zu sehen, was es eben auch in diesen speziellen Bereichen gibt. Wir begegnen den Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe. Damit sind Mitsprache und Partizipation, die heute das Hauptthema sind, natürlich ein sehr wichtiger und wertvoller Teil in der Ansprache dieser Zielgruppe. Denn Mitsprache ist keineswegs ein Privileg oder wie Sie, Kollege Berger, meinen, lapidar ein Wohlfühlthema. Nein, es ist ein Recht, mitsprechen zu können. Deshalb haben wir es uns groß und fett auf die Fahnen geheftet, auch weiterhin jungen Menschen eine Stimme zu geben, eben auch mit der Einführung der Kinder -und Jugendstrategie, um Wien auch zur kinder- und jugendfreundlichsten Stadt zu machen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Das Schöne dabei - das ist einfach das Um und Auf und das ist auch der Kern dieser ganzen Sache unserer Bestrebungen - ist, dass der Auftrag von den Kindern selbst kommt. Wir haben heute schon gehört von der "Werkstadt Junges Wien": Über 22.500 Kinder und Jugendliche haben uns einen Auftrag gegeben, Themen und Ziele formuliert, um Wien weiterzuentwickeln. Das ist einfach beispiellos in der Geschichte Wiens, und darauf können wir wirklich sehr stolz sein und sind es auch. Ich möchte auch gleich meinen großen Dank allen Kindern und Jugendlichen aussprechen, die sich da so aktiv eingemengt haben und das auch weiter mit vielen, vielen anderen Maßnahmen und Projekten in der Stadt tun. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Vor fast genau vier Jahren haben wir hier gemeinsam die Kinder- und Jugendstrategie 2020 bis 2025 beschlossen. Es erfolgte der Startschuss für die Umsetzung. Wir haben in allen Geschäftsgruppen Schritt für Schritt Maßnahmen gesetzt und ihnen auch ein Werkzeug in die Hand gegeben, sich zu beteiligen, mitzuentscheiden und mitzureden. Das werden wir weiter tun, denn diese Beteiligung ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wir werden Seite an Seite mit den Kindern und Jugendlichen, sei es im ersten Kinder- und Jugendparlament, sei es im nächsten Jugendparlament, sei es im nächsten Durchgang der Jugendmillion, aber auch mit der Zertifizierung von UNICEF zur kinderfreundlichsten Stadt, auch vieles weiter tun. Im Speziellen Kollegin Hanke hat berichtet, was da weiter vorbereitet wird in allen Bereichen. Ich möchte da auch auf das Hauptthema unserer Aktuellen Stunde heute kommen, nämlich zur stärkeren Verankerung des SchülerInnenparlaments. Mit der geplanten Novelle ab Herbst wollen wir ermöglichen, dass die Anträge im Bildungsausschuss behandelt werden. Wir haben im Detail schon die Berichte gehört, wie das ablaufen soll. Wir werden das auch sehr intensiv aufnehmen. Kollegin Keri, was du berichtet hast, sind sehr wertvolle Inputs von deiner Seite. Es ist ein wichtiger und von vielen SchülerInnen breit geforderter Schritt, dem wir jetzt nachkommen. Wer da war - auch der Kollege Weber hat es schon erwähnt -, es wird da viel diskutiert, es wuselt viel mehr als zum Beispiel die letzten beiden Tage unter uns, muss ich sagen. Da war mehr Pfeffer drin bei diesen SchülerInnenparlamenten in der Debatte. Es werden stundenlang Anträge vorbereitet, sie werden diskutiert, abgestimmt, die Debatte, der Meinungsaustausch, das ist alles sehr lebendig. Ich kann nur einladen, auch dabei zu sein. Meine tiefste Anerkennung und Begeisterung für das SchülerInnenparlament! Es hat eine unverzichtbare Rolle für die Stadt, das sage ich nicht nur als Bildungspolitikerin, die sich im Austausch befindet, ich sage das auch als Mutter eines elfjährigen Sohnes, der das im Schulalltag auch schon erlebt. Zum Schluss möchte ich es auch nicht verabsäumen, mich zu bedanken bei den SchülerInnenvertretern, die tagtäglich wertvolle Arbeit für die SchülerInnen machen, aber eben auch bei den SchülerInnenorganisationen, und daher möchte ich es nicht anstehen lassen, auch der AKS Wien sehr intensiv zu danken. Mitbestimmung ist ein Herzstück der lebendigen Demokratie, bauen wir sie weiter aus, damit Wien für die Kinder und Jugendlichen eine lebenswerte Stadt bleibt, vielen lieben Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Landtagsabgeordneten des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien drei schriftliche Anfragen eingelangt sind. Vor Sitzungsbeginn sind von Landtagsabgeordneten des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt, Entschuldigung, des GRÜNEN-Klubs im Rathaus zwei Anträge eingelangt. Den Fraktionen wurden die Anträge schriftlich bekannt gegeben, die Zuweisungen erfolgen wie beantragt. Von den Abgeordneten Prack, Sequenz, Arsenovic, Aslan, Berner und Stadler wurde ein Antrag an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke sowie an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen betreffend "Es gibt keine Ausreden mehr - Leerstandsabgabe jetzt" gerichtet. Das Verlangen auf Dringliche Behandlung dieses Antrages wurde von der notwendigen Anzahl von Abgeordneten unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs. 5 der Geschäftsordnung wird die Besprechung des Dringlichen Antrages vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht beendet, wird die Landtagssitzung zur tagesordnungsmäßigen Behandlung des Dringlichen Antrages unterbrochen. Nach Beratung in der Präsidialkonferenz nehme ich folgende Umstellung der Tagesordnung vor: Die Postnummern 7, 6, 5, 4, 3, 2 und 1 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. Gegen diese Umreihung wurde kein Einwand erhoben, und ich werde daher so vorgehen. Bevor wir die unter der Postnummer 7 vorgesehenen Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates vornehmen, ist über die Art der Abstimmung zu entscheiden. Gemäß § 28 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Wiener Landtag sind Wahlen mittels Stimmzettel vorzunehmen, wenn der Landtag nicht mit Zweidrittelmehrheit anderes beschließt. Ich schlage vor, diese Wahl durch Erheben der Hand vorzunehmen. Ich bitte nun jene Damen und Herren des Landtages, die mit meinem Vorschlag einverstanden sind, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Bevor wir zur Wahl kommen, darf ich recht herzlich die neue Bundesrätin der NEOS, Frau Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik, in unserer Mitte begrüßen. Recht herzlich willkommen hier im Landtag. (Allgemeiner Beifall.) Nachdem Herr Karl-Arthur Arlamovsky mit 9. Juni 2024 sein an zehnter Stelle gereihtes Mandat im Bundesrat zurückgelegt hat, rückt nun das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied, eben Frau Manuela-Anna Sumah- Vospernik, mit Wirkung vom 9. Juni nach. Der NEOS-Rathausklub legt als neues Ersatzmitglied für die zehnte Stelle Frau Angelika Papousek zur Wahl vor. Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle auch hier die Einstimmigkeit fest und gratuliere recht herzlich zur Wahl. (Beifall bei NEOS, SPÖ und ÖVP.) Wir kommen zur Postnummer 6 der Tagesordnung. Sie betrifft den Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtes Wien für das Jahr 2023. Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt recht herzlich unseren Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien Univ.-Doz. Mag. Dr. Dieter Kolonovits in unserer Mitte begrüßen, herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.) Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Amtsf. StR Mag. Czernohorszky, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Präsident, ich bitte um Zustimmung. Präsident Ing. Christian Meidlinger: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Herr Abg. Weber zu Wort gemeldet, und ich erteile es ihm. Bitte, Sie sind am Wort. Abg. Thomas Weber (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident des Wiener Landtags, sehr geehrter Herr Präsident des Wiener Verwaltungsgerichts, Herr Landesrat, hoher Landtag, sehr geehrte Damen und Herren im Stream, auf der Galerie, herzlich willkommen! Ich darf Sie, Herr Präsident des Wiener Verwaltungsgerichts Dr. Dieter Kolonovits, sehr herzlich begrüßen bei uns im Wiener Landtag. Aber ich möchte Sie nicht nur sehr herzlich begrüßen, ich möchte auch feststellen, dass ich das als sehr wichtig finde, dass Sie heute hier bei uns sind und dass Sie auch hier bei uns im Wiener Landtag ein Rederecht haben. Denn, ich sage das immer, dieser Austausch der drei Säulen Legislative, Exekutive und Judikative ist ganz wesentlich und wichtig - wichtig letztendlich auch für uns als Rechtsstaat und für die Sicherung unserer Freiheiten. Die Verwaltungsgerichte haben eine ganz entscheidende rechtsstaatliche Funktion, nämlich indem sie die Rechtmäßigkeit von verwaltungsbehördlichen Vorgängen prüfen und damit sicherstellen, dass die öffentliche Verwaltung gesetzmäßig handelt und auf dem Boden der Gesetze agiert. Sie bieten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich gegen Entscheidungen und Maßnahmen der Verwaltung zu wehren, die sie als rechtswidrig empfinden. Damit schützen Verwaltungsgerichte die Grundrechte und gewähren auch einen effektiven Rechtsschutz. Darüber hinaus tragen die unabhängigen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu Transparenz und zur Verantwortlichkeit der Verwaltung bei. Insgesamt - und ich glaube, diesen Gedanken können wir nicht oft genug wiederholen - stärken Verwaltungsgerichte das Vertrauen in das Rechtssystem und in die Demokratie, indem sie Kontrolle und den Ausgleich zwischen Verwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen. (Beifall bei den NEOS.) Der vorliegende Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023 gibt einen - ich habe ihn wie jedes Jahr selbst gelesen - übersichtlichen und gut lesbaren Einblick in die Arbeit des Gerichts. Er zeigt nicht nur die geleistete Arbeit, sondern auch wichtige Erfordernisse auf, etwa den Bedarf an Dienstposten. Der Bericht erfüllt also eine wichtige Feedback- Funktion an die Verwaltung und vor allem an uns als Gesetzgebung. Neben dem Tätigkeitsbericht liegt mir als Abgeordneter und auch der Öffentlichkeit immer auch die Stellungnahme des Amts der Wiener Landesregierung vor. Aus dieser Form der Rede und Widerrede ergibt sich ein spannender und wichtiger Austausch und Dialog, wobei ich ausführen möchte, was in der Stellungnahme des Amts der Wiener Landesregierung auch immer natürlich betont wird, dass das Amt der Wiener Landesregierung stets bemüht war und ist, die berechtigten Anliegen des Verwaltungsgerichts nach Möglichkeit einer für alle Seiten zufriedenstellenden Lösung zuzuführen. Ich entnehme aus der Stellungnahme des Amts der Wiener Landesregierung die Entwicklung der Ausgaben zum Budgetbereich. 2023 belaufen sich die Gesamtausgaben im Budgetbereich des Verwaltungsgerichts Wien auf 25,2 Millionen EUR, das sind um rund 1,7 Millionen EUR mehr als 2022. Das ist eine Fortsetzung der Steigerung, die wir auch schon von 2021 auf 2022 gesehen haben. Da war es eine Steigerung von 1,4 Millionen EUR. Wenn wir bei den Gesamtausgaben nur auf den Personalbereich schauen, haben wir im Jahr 2023 einen Gesamtbetrag im Personalbereich von 18 Millionen EUR, das ist um rund 1,1 Millionen EUR mehr als im Jahr 2022, auch da haben wir eine Fortsetzung der Steigerung 2021 auf 2022, damals war es eine knappe Million Euro. Bei aller Bedachtnahme der Gebote der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit möchte ich aber auch ganz klar betonen und ausführen, dass das Verwaltungsgericht Wien so wie übrigens jedes andere Gericht auch natürlich budgetär so ausgestattet sein muss, dass die übertragene Verantwortung im Sinne der Rechtsstaatlichkeit und der Bedeutung für unsere Grund- und Freiheitsrechte gut wahrgenommen werden kann. Im Tätigkeitsbericht gibt es viele Zahlen, die sehr übersichtlich dargestellt sind. Ich bin mir sicher, dass viele der heutigen Rednerinnen und Redner viele der Zahlen herausgreifen werden. Ich möchte mich auf einige beschränken. Ich habe mir die Summe der neuen Verfahren angesehen, also die Gesamtbelastung des Gerichts. Das ist einerseits die Summe der neuen Verfahren und der offenen Rechtssachen aus den Vorjahren, diese Zahl ist um 1.244 auf 24.500 gesunken. Das stellt den niedrigsten Wert dar, nicht nur bis 2019 - so weit geht die Tabelle im Bericht -, sondern zurück bis 2016, ich habe die anderen Tätigkeitsberichte auf der Website diesbezüglich durchgeklickt. Die durchschnittliche Verfahrensdauer, auch eine spannende Zahl, wie ich meine, war früher 7 Monate und ist im Berichtszeitraum quer über alle Protokollgruppen auf 6 Monate gesunken, genau genommen auf 184 Tage. Die Anzahl der den Richterinnen und Richtern neu zugewiesenen Rechtssachen belief sich 2023 auf 14.616, sie ist nahezu konstant geblieben zum Jahr 2022 und entspricht einer durchschnittlichen Belastung von 183 Rechtssachen pro Jahr und Richterin/Richter. Wie in allen Jahren davor wird auch heuer wieder im Tätigkeitsbericht darauf hingewiesen, dass die Bewältigung der hohen Zahl an erledigten Rechtssachen nur unter der größten Kraftanstrengung der Richterinnen und Richter möglich war. Ein neues Kapitel für mich als aufmerksamen Leser dieser Tätigkeitsberichte auch der letzten Jahre ist das Kapitel der Amtshilfe. Darin wird berichtet, dass sich das Verwaltungsgericht Wien zunehmend konfrontiert sieht mit einer Verweigerung der Aktenvorlage durch Gerichte, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden in Folge datenschutzrechtlicher Bedenken und dem Fehlen einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Als ich das gelesen habe, war das für mich doch sehr überraschend, aber auch bedenklich. Herr Präsident, vielleicht können Sie in Ihren Ausführungen auch auf den Punkt eingehen. Was heißt denn das konkret? Was hat das für Konsequenzen, wo gibt es da aus Ihrer Sicht einen Bedarf von Seiten der Gesetzgebung? Nicht neu in dem Bericht ist das Kapitel Richterliche Unabhängigkeit. Da geht es um die Erstellung von Besetzungsvorschlägen für das Amt des Präsidenten/der Präsidentin und des Vizepräsidenten/der Vizepräsidentin. Sie führen aus, dass für diese Spitzenfunktion Dreiervorschläge einzuholen sind, die ausschließlich in mit Richterinnen und Richtern besetzten Kommissionen erstellt werden sollen. Dem gegenüber steht in der Stellungnahme des Amts der Wiener Landesregierung der Verweis auf Art. 134 Abs. 2 B-VG, wonach die Ernennung des Präsidenten, der Vizepräsidenten und der übrigen Mitglieder des Verwaltungsgerichts eines Landes der Landesregierung obliegt. Das sind dann doch zwei sehr unterschiedliche Rechtsauffassungen, die wir auch in der Vergangenheit schon gehabt haben. Auch da würde ich Sie bitten, in Ihren Ausführungen auf diese Unterschiedlichkeit und vor allem auch auf den Handlungsbedarf näher einzugehen. Was ich auch immer mache, wenn ich den Tätigkeitsbericht in die Hand bekomme, weil mich die Zahlen jedes Jahr schockieren, ist, zum Thema Sicherheitskonzept zu blättern. Das ist ein Teil des Tätigkeitsberichts, nach dem ich jedes Jahr, wie gesagt, aktiv suche. In den vergangenen Jahren habe ich auch schon zu diesem Thema gesprochen. Da geht es um das Thema Zutrittskontrollen beziehungsweise die Abnahme von gefährlichen Gegenständen. Das Verwaltungsgericht verfügt seit 2014 über ein Sicherheitskonzept, das gewährleistet, dass der Zutritt nur Personen möglich ist, welche durch das Sicherheitspersonal und die Sicherheitsschleuse kontrolliert worden sind. Ich habe dem Tätigkeitsbericht 2023 entnommen, dass im Berichtsjahr bei dieser Sicherheitsschleuse 3.323 gefährliche Gegenstände abgenommen worden sind, darunter waren 46 Schusswaffen. Das ist ein Anstieg um 44 Schusswaffen, und das sind, ehrlich gesagt, Zahlen, die mich persönlich schon sehr schockieren. Wenn ich den Blick nach Deutschland richte, wo Gewalt gegenüber Menschen in der Politik zunimmt, dann ist das etwas, was ich sehr bedenklich finde. Herr Präsident, ich möchte Sie zum Abschluss bitten, dass Sie den sehr herzlichen Dank meiner NEOS-Fraktion entgegennehmen. Danke für den Tätigkeitsbericht und - natürlich auch ganz wichtig - danke für die Arbeit des Verwaltungsgerichts. Die ist für unser Bundesland und für unsere Demokratie in Wien von enormer Bedeutung. Nehmen Sie bitte die Anerkennung und die besten Grüße meiner NEOS-Fraktion und den Dank aus dem Wiener Landtag an Ihre Kolleginnen und Kollegen mit. Ich freue mich sehr auf Ihre Ausführungen, vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und von Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Ellensohn, und ich erteile es ihm. Bitte, Sie sind am Wort. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrter Präsident des Verwaltungsgerichts Dieter Kolonovits! Sie sind hier für das gesamte Team, es sind ungefähr 80 Personen, die bei Ihnen arbeiten - den Ausdruck Vollzeitäquivalent lernt man, glaube ich, erst, wenn man in der Politik ist -, RichterInnen, LandesrechtspflegerInnen, juristische MitarbeiterInnen, Verwaltungs- und Kanzleipersonal und ein Präsident. Sie alle sind nicht nur für den Bericht, sondern für die viele Arbeit, die dahintersteht, verantwortlich. Vielen Dank zuerst einmal für die geleistete Arbeit. (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher.) 2023 ist das 10. Jahr, es waren in Summe 172.000 Aktenstücke, Geschäftsfälle, mit denen Sie sich beschäftigen mussten, und es sind, glaube ich, nur ungefähr 200 auf anderer Ebene als bei Ihnen anders entschieden worden. Das ist ganz wenig. Von 593 Säumnisbeschwerden aus dem Magistrat, weil der Magistrat nicht schnell genug entscheidet, sind 521, das sind 88 Prozent, alleine von der MA 35, das finde ich für uns hier eine interessante Zahl. Ich weiß, dass bei der MA 35 haufenweise fleißige Leute arbeiten, dass das wichtige Arbeit ist, aber da braucht es einfach noch mehr und noch mehr und noch mehr Leute, damit die ihre Arbeit machen können und es nicht so viele Säumnisbeschwerden gibt. Ich rege mich gar nicht auf über die einzelnen Leute, die dort arbeiten. Ich glaube, mit dieser Last an Quantität der Arbeit ist es kein Wunder, dass nicht alles so schnell geht, wie es gehen sollte. Ich möchte aber jetzt nicht die Zahlen besprechen, die hat der Kollege Weber vorher alle durchreferiert, sondern ein konkretes Beispiel. Was macht das Verwaltungsgericht eigentlich und was hat das mit uns zu tun? Ich gehe auf einen Fall ein, der das Verwaltungsgericht mehrfach beschäftigt hat, wo wir dann auch darüber reden müssen, wie man eigentlich Kosten verursacht als Politik oder Landesregierung. Ich nehme die Verschlussakte Volkertviertel, die das Jahr 2023 auch betrifft, aber viel früher anfängt und erst heuer, sagen wir einmal, zwischenabgeschlossen oder vielleicht abgeschlossen wurde. Worum ist es da gegangen? Der "Falter" hat beschrieben, was da passiert ist: Es wurde eine Befragung gemacht, Volkertviertel 2020, damals gab es eine grüne-Bezirksvorsteherin. Die Idee war: Wir machen ein verkehrsberuhigtes Supergrätzl und machen Befragungen, wir fragen die Leute, was sie wollen. Diese Studie hat man gemacht. Der "Falter" schreibt dann und macht einen Vergleich mit dem Vatikan: "Im Kirchenstaate zu Rom gibt es hinter hohen Mauern und dicken Türen verborgen das Vatikanische Geheimarchiv." Der Unterschied zu diesem Vatikanischen Geheimarchiv, und zwar der Art und Weise, wie vom Magistrat mit der Studie Volkertmarkt verfahren wurde, ist: Es heißt zwar Geheimarchiv, aber es ist offen. Also das im Vatikan ist offen, da können Forscher und Forscherinnen hineingehen und alles durchlesen, können Sachen damit machen. Es heißt halt noch Geheimarchiv. Jetzt sind sie darauf gekommen, dass das nicht so ein Spitzenname ist, und ich glaube, es heißt jetzt deshalb Vatikanisches Apostolisches Archiv. Aber nichtsdestotrotz, dort kann man Akten einsehen. Was kann man nicht einsehen in der Stadt Wien? Die Studie zum Volkertviertel. Warum nicht? Weil der neue Bezirksvorsteher im Zweiten gesagt hat: Ja, ich kenne die Studie, die hat meine Vorgängerin in Auftrag gegeben, Mist, die Leute wollen Verkehrsberuhigung, weniger Autos, weniger Lärm, bessere Luft. Das will ich nicht, also werde ich die Studie nicht vorlegen, sondern geheim halten. Fertig. Die Studie wurde bezahlt mit Steuergeld von den Menschen, die arbeiten gehen, die Studie wurde in Auftrag gegeben und niemand konnte sie anschauen. So. Was macht jetzt eine Zeitung? Ein Journalist sagt, ich möchte es wissen. Der geht her und landet dann am Ende bei einem Entscheid des Verwaltungsgerichts, was sich dahinzieht über etwas längere Zeit. Noch einmal: Angefangen hat das am 14. Mai 2021. Dieser "Grätzl-Blattl"-Redakteur verlangt per Anfrage Auskunft über die Studie. Die MA 18 sagt, er soll zur Bezirksvorstehung gehen. Die Bezirksvorstehung teilt dann ein paar Tage später, am 20. Mai 2021, mit, die Studie wird nicht veröffentlicht, weil wir es sowieso nicht so machen. Das richtige Zitat wäre: "Die Studie wurde nicht veröffentlicht, da das Projekt nicht in der Form umgesetzt wird." 17. August: Der Redakteur sagt, Moment, wir haben ein Wiener Auskunftspflichtgesetz, ich würde gerne die Studie lesen. 27. August: Die Bezirksvorstehung sagt, da die Studie noch nicht ganz fertig ist, können wir sie nicht hergeben. - Also eine neue Argumentationslinie, jetzt ist sie nicht fertig. Zwei Monate später sagt der Herr Bezirksvorsteher Alexander Nikolai zu dem Redakteur, "dass wir von zukünftigen Inseratenschaltungen mit sofortiger Wirkung Abstand nehmen beziehungsweise die bereits in Auftrag gegebenen hiermit widerrufen". Außerdem wollen sie keine weiteren Zusendungen mehr von diesem "Grätzl-Blattl", die Bezirksvorstehung will es also auch nicht mehr lesen. - Das kennen wir von woanders - mit Inseraten Wohlwollen erkaufen wollen oder eben umgekehrt sagen, ihr kriegt kein Geld mehr von uns ... 2022: Es geht weiter - Säumnisbeschwerde. Man muss sich vorstellen, wie lange das läuft! Alles, was der will, ist eine Studie, die man in Auftrag gegeben hat, lesen, sonst nichts! In Rom hat er es nicht gefunden, er muss es im 2. Bezirk suchen. 28. Jänner: Säumnisbeschwerde, weil die Bezirksvorstehung wieder nicht weitergemacht hat. 22. März: Statt die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorzulegen, schickt sie der Bezirk an die MA 18 - nächster Fehler, übrigens. Also, der Bezirk ist nicht sehr kooperativ, nennen wir es einmal so. 1. April 2022: Die MA 18 sagt, die Studie muss gemäß Bestimmung des Wiener Auskunftspflichtgesetzes nicht übermittelt werden. Außerdem steht eh alles auf der Website der Stadt Wien. - Falsch, da steht natürlich nix davon. 5. April: Der Redakteur gibt nicht auf - zweite Säumnisbeschwerde, diesmal geht er direkt zum Verwaltungsgericht. 28. April: Die MA 18 argumentiert gegenüber dem Verwaltungsgericht, die Studie sei zum Zeitpunkt der Anfrage in Überarbeitung gewesen und deswegen nicht herausgegeben worden. 5. Oktober: Der Fall wird am Verwaltungsgericht verhandelt, und jetzt sagt der Bezirksvorsteher, ich sehe überhaupt keinen Grund, warum ich die Studie nicht rausgeben soll, selbstverständlich könnt ihr das lesen. Selbstverständlich! (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN.) Also darf er sie lesen! Es ist noch nicht ganz fertig. Jetzt muss man sich vorstellen, dass das alles Geld gekostet hat - dass das Verwaltungsgericht arbeitet und wenn andere Sachen liegen bleiben müssen deswegen, das ist auch nicht praktisch. So. Verschlussakte Volkertviertel geht in die nächste Runde. Jetzt geht ein Bezirksrat her und fragt die MA 18: Wie viel habt ihr eigentlich ausgegeben für die Anwaltskosten, weil ihr glaubt, ihr dürft das geheim halten? Was kostet das so, wenn man einen Anwalt beschäftigt oder eine Anwältin? Auskunft: Das sagen wir euch nicht. Schon wieder! Es geht wieder von vorne los. Achtung, Spoiler: Ich werde die Zahl am Ende sagen, weil das Verwaltungsgericht gesagt hat, so funktioniert das nicht, was ist da los mit dem Rechtsstaat. Aber auch das dauert eine Weile. Also. Das Schräge ist langsam, dass die Auskunftspflicht gegenüber Politikern und Politikerinnen magerer wird als für manche Bürgerinnen und Bürger (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Das stimmt!), das heißt, wir werden in Zukunft Anfragen nicht stellen als Herr Wölbitsch oder Herr Ellensohn, als Klubobleute, sondern als der Herr Wölbitsch, wohnhaft im Bezirk X (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Oder wir fragen unsere Familien!), und der Herr Ellensohn, oder wir fragen einen Bruder oder eine Schwester, die in Wien wohnt. Das fängt überhaupt an, schräg zu werden. Der Wiener Bezirksrat will das wissen, fragt nach und landet beim Verwaltungsgericht, und das entscheidet im Jänner 2024, die MA 18 muss das sagen - Punkt. Sie muss mitteilen, was es gekostet hat, nach § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz. Am 29. Mai, also fast frisch, sind sie herausgekommen, die Kosten der in Anspruch genommenen externen Dienstleistungen, die man gehabt hat, weil man glaubt, man darf das geheim halten, die man verursacht hat, zusätzlich zu der ganzen Arbeit, die man verursacht hat beim Magistrat, beim Verwaltungsgericht - das wissen wir nämlich nicht, was das gekostet hat, weil dazu keine Daten erhoben werden, das kann man gar nicht geheim halten, weil wir das einfach nicht wissen: 12.812 EUR und 50 Cent wurden dafür ausgegeben, um Anwälte zu beschäftigen, die irgendwie schreiben müssen, wenn ihr es so macht, geht es vielleicht schon oder auch nicht, und das rechtlich beurteilen. Was wir nicht wissen, sind die ganzen Kosten, die woanders verursacht wurden, weil man tatsächlich nach dem Auskunftspflichtgesetz nur nach Daten fragen kann, die vorliegen, und nicht nach Daten, die erst erhoben werden müssen. Aber insgesamt zeigt das klar auf, wie viel Arbeit das Verwaltungsgericht hat, wenn andere ihre Arbeit nicht machen wollen. Ich würde mir wünschen, dass wir kein Vatikanisches Geheimarchiv haben, sondern das machen, was sie in Rom auch gemacht haben, nämlich dass es ein Apostolisches Archiv wird. Meinetwegen darf es Vatikanisch heißen oder Vienna Archiv, auf jeden Fall mit einem Zugang wie im Vatikan, wo aus einem geheimen ein ganz normales öffentliches Archiv geworden ist. Das wünsche ich mir auch für Wien, und für das Verwaltungsgericht wünsche ich mir genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die hervorragende Arbeit. Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Taborsky, und ich erteile ihm das Wort. Bitte, Sie sind am Wort. Abg. Hannes Taborsky (ÖVP): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die öffentliche Verwaltung manchmal oder - sagen wir es einmal so - dass die Katholische Kirche manchmal transparenter als die Verwaltung ist, hat der Herr Abgeordnete ganz gut dargestellt, was aber, glaube ich, nicht das Ziel sein sollte. Ich möchte mich da in diesem Zusammenhang sehr herzlich beim Herrn Präsidenten und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesverwaltungsgerichts Wien bedanken für die hervorragende Arbeit, die dort geleistet wird. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) Der Herr Abg. Weber hat schon beschrieben, wie wesentlich die Gewaltentrennung ist. Ich bin selbst als Bundesbeamter - um es neudeutsch zu sagen - ein wirklicher Fan dieser Institution. Denn ich glaube auch, dass es notwendig ist, dass Verwaltung Kontrolle unterliegt, so wie sich gegenseitig auch alle anderen Bereiche wie Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit kontrollieren sollen. Das ist ein wesentliches Merkmal der Demokratie, und die Einrichtung der Verwaltungsgerichte in den Ländern und beim Bund war sicher ein Meilenstein der Verwaltungsreform. Ich kann mich noch erinnern - es war früher durchaus praktisch, dass sich Verwaltungen selbst bestätigt haben, wie ihre Bescheide durch die diversen Instanzen gelaufen sind. Ich glaube, das Recht auf einen Richter tut der Republik und auch der Verwaltung gut, und es hat sich viel an diesem Verwaltungshandeln danach auch geändert. Leider ist diese Reform relativ ohne großen Publicity-Widerhall über die Bühne gegangen. Sie war doch eine der entscheidendsten Verwaltungsreformen dieser Republik der letzten Jahrzehnte und hat viel gebracht für die Bevölkerung auch in Wien. Ich bin sehr froh darüber, und das war, muss man sagen, eines der Produkte des EU- Beitritts. Was anders passiert wäre, wissen wir alle nicht. Das hat, glaube ich, der Rechtsprechung sehr gut getan im Interesse der Bevölkerung. Ein wesentliches Argument haben Sie allerdings gesagt - und da sei mir ein kurzer Sidestep zur Gewaltentrennung erlaubt: Wenn sich auch Minister nicht an diese Sachen halten, wie wir es gerade in den letzten Tagen bewiesen bekommen haben, wenn offensichtlich eine Ministerin glaubt, dass sie ohne gesetzliche Grundlage oder andere Dinge Entscheidungen treffen kann, dann erzeugt das einen entsprechenden Aufschrei. Ich rede jetzt gar nicht vom Inhalt der Entscheidung. Wir erleben es schon zum zweiten Mal, beim Lobau-Tunnel haben wir eine ähnliche Situation gehabt, da gibt es ein Gesetz und die Ministerin sagt, das ist mir eigentlich wurscht, ich mache das ganz einfach nicht. Der Weg eines Ministers durch den Ministerrat und an die Gesetzgebung, ein Gesetz zu ändern, steht ja jedem offen. Aber ich als Beamter hätte selbstverständlich einen Amtsmissbrauch und ein Disziplinarverfahren. Dass eine Ministerin als oberstes Organ in dem Bereich das ein bisschen anders sieht, verwundert mich doch einigermaßen. Das rechtfertigt auch nicht den Inhalt dieser Entscheidung, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Also das ist meine persönliche Ansicht, ich bin sehr froh darüber, dass der Bundeskanzler angekündigt hat, das auch gerichtlich prüfen zu lassen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt zum Wiener Landesverwaltungsgericht. Dieses Jahr markiert das 10. Jahr des Bestehens des Verwaltungsgerichts Wien, wurde schon gesagt, und es ist beeindruckend, zu sehen, wie viel in dieser Zeit erreicht wurde. Das Verwaltungsgericht Wien hat im Jahr 2023 insgesamt 16.300 neue Verfahren verzeichnet und rund 16.600 Fälle abgeschlossen. Diese Zahlen sind bemerkenswert, besonders wenn man bedenkt, dass das Gericht mit einer Pensionierungswelle und krankheitsbedingten Abwesenheiten konfrontiert war, was eine erhebliche Mehrbelastung für die verbliebenen Richterinnen und Richter bedeutet hat. Trotz dieser Herausforderung konnte die Zahl an anhängigen Verfahren weiter reduziert werden. Ein besonderer Schwerpunkt des Berichts liegt auf der Personalentwicklung. Es wurden 13 neue RichterInnen im Jahr 2022 und 2 weitere im Jahr 2023 ernannt. Dennoch bleibt die Zahl der Vollzeitäquivalente unter dem Stand der Vorjahre, was die Dringlichkeit zusätzlicher Ernennungen und die Schaffung von Überhangbesetzungen unterstreicht, um gegen die kommenden Pensionierungen gewappnet zu sein. Das Verwaltungsgericht Wien hat auch erhebliche Fortschritte im Bereich der Verfahrensdauer gemacht. Die durchschnittliche Dauer eines Verfahrens betrug 184 Tage. Ein Beispiel, wie man auch bei schwierigen Fällen doch mit einer gewissen Zeitnähe zu Entscheidungen kommen kann, und ein Beispiel, das man sich in manchen Wiener Verwaltungseinheiten, glaube ich, zum Beispiel nehmen könnte. Es wurde dabei erreicht, die Zahlen des Vorjahres deutlich zu senken. Besonders hervorzuheben ist die Herausforderung des Mangels an Amtssachverständigen. In der Stellungnahme wird dazu auch repliziert, insbesondere im Bereich der Psychiatrie und Neurologie, die Lücke konnte im Berichtsjahr leider nicht vollständig geschlossen werden. Es wurde zwar im Bericht angemerkt, dass man entsprechend eine Nachbesetzung vorgenommen hat, allerdings hat das die Bearbeitung bestimmter Fälle durchaus erschwert, und das Gericht fordert daher weiterhin die Stadt Wien auf, Abhilfe zu schaffen und die notwendigen Ressourcen bereitzustellen. Ein weiteres wichtiges Thema ist die steigende Zahl der Säumnisbeschwerden, insbesonders im Bereich des Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrechts. Die Verwaltung sollte verstärkt darauf achten, die gesetzlich festgelegten Fristen - das ist jetzt der Bezug zu vorher - entsprechend einzuhalten und die Bearbeitung der Anträge zu beschleunigen. Es ist auch im Interesse jener Menschen, die von diesem Verfahren betroffen sind, rechtzeitig zu erfahren, mit welchem Ergebnis sie auf Seite der Stadt Wien rechnen können, und das wäre wichtig, um auch die Arbeitsbelastung des Gerichts zu verringern. Abschließend möchte ich betonen, dass das Verwaltungsgericht Wien eine zentrale Rolle in der Rechtspflege unserer Stadt spielt und seine Aufgaben trotz erheblicher Herausforderungen mit großer Effizienz und Hingabe erfüllt. Es ist daher von größter Wichtigkeit, die Forderungen des Gerichts nach personeller und struktureller Unterstützung ernst zu nehmen und umzusetzen. Ich möchte mich persönlich und im Rahmen meiner Fraktion sehr herzlich bei Ihnen für Ihre Arbeit und für die Aufmerksamkeit hier bedanken und möchte das Verwaltungsgericht Wien als wesentlichen Teil unseres Rechtsstaats und der Rechtsprechung der Stadt Wien in seinen Bemühungen nachhaltig unterstützen - ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP und von Abg. David Ellensohn.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Stürzenbecher, und ich erteile es ihm. Bitte sehr. Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident des Landtages, sehr geehrter Herr Präsident des Landesverwaltungsgerichtes! Sehr geehrter Herr Berichterstatter und Mitglieder der Landesregierung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren jetzt, wenn ich richtig mitgezählt habe, das zehnte Mal den Bericht des Landesverwaltungsgerichtes, wir haben mit dem Berichtsjahr 2023 das zehnte Jahr des Bestehens des Verwaltungsgerichtes feststellen können. Ich finde, diese zehn Jahre haben bewiesen, dass die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit ein wirklich großer Erfolg der österreichischen Gesetzgebung war, wie schon der Kollege Taborsky richtig gesagt hat, eine der größten Reformen zumindest auf Verwaltungsebene, verfassungsrechtlich der Zweiten Republik, wobei ich nicht weiß, ob sie wirklich mit dem EU-Beitritt zusammenhängt. Sicher ist, dass schon im Österreich-Konvent von 2004/2005/2006, der sonst ja nicht so große Ergebnisse gebracht hat, immerhin das Thema dort schon wirklich vorgezeichnet worden ist, wie ich damals selbst feststellen konnte, und man als Nebenprodukt des Österreich-Konvents dann diese große Reform herausziehen konnte. Die Ziele der damaligen Reform waren raschere Entscheidungen, höhere Rechtsstaatlichkeit und eine bürgernähere Durchführung der Verfahren. Ich glaube, alle drei Ziele sind eingetreten, und dafür kann man dem Präsidenten und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesverwaltungsgerichts nur herzlich danken. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Es ist nach einer gewissen Aufregung am Anfang in den ersten ein, zwei Jahren der Bericht auch schon sehr weniger kontroversiell. Wir haben das sinnvolle Prinzip des audiatur et altera pars - immer die zweite Seite auch zu hören -, dass die Landesregierung eine Stellungnahme macht, und die Differenzen sind jetzt schon eher geringer Natur. Beim Vollzeitäquivalent gibt es doch gewisse verschiedene Interpretation, aber wenn das schon das Größte ist, was drinsteht, dann ist es nicht wirklich dramatisch, das muss man auch sagen. Ich will jetzt über das Vollzeitäquivalent und die zwei verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten desselben nicht eingehen, weil es von Haus aus nicht etwas ist - und das ist ja gut so -, was einen wirklich aufregt und was manche Vorredner dazu animiert, nicht mehr zur Sache zu reden oder zum Bericht. Der Kollege Ellensohn macht da ein bisschen Bezirksvorsteher-Bashing und der Kollege Taborsky Ministerinnen- Bashing. Beides hat mit der Sache nichts zu tun, aber weil man es halt irgendwie grad im Herzen trägt, muss man irgendeinen Tagesordnungspunkt nehmen, wo man das herauslässt. Das ist auch nichts dramatisch Schlechtes, aber ich bin immer dafür, dass man zur Sache spricht, und das, was auf der Tagesordnung ist, anspricht. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Na ja, du schweifst manchmal auch ganz gerne ab!) Aber ist okay, ist auch nichts Schlimmes. Wichtig ist auch, dass die Länder mit dieser großen Bundesverfassungsreform einen Teil der Judikative bekommen haben, das ist auch gut. Wie ich schon gesagt habe, ist im Bericht festzustellen, dass wir mit 1. Juli 2022 dort 13 neue Richter bekommen konnten, 2 neue Richter mit 1. Jänner 2023. Insgesamt gibt es 20 Rechtspfleger, 10 juristische Mitarbeiter oder rechtskundige Bedienstete, und die Gesamtzahl der Kanzleibediensteten ist 81. Wenn man die Zahlen mit den Ausgaben, die es gegeben hat, vergleicht - wir müssen natürlich die Inflation berücksichtigen, sie war zwar in den letzten 2 Jahren hoch, aber so hoch auch wieder nicht -, so muss man sagen, dass von 2014 bis 2023 immerhin die Personalausgaben von 12,887 Millionen gerundet auf 18,043 Millionen gestiegen sind. Ich habe jetzt die Inflation und die Lebenserhaltungskostensteigerung nicht genau mitgerechnet, aber überschlagsmäßig würde ich sagen, das ist doch sogar eine höhere Steigerung, als die Inflation in dieser Zeit war. Ich meine, es ist gut, dass wir weitere Steigerungen haben, auch wenn ich im Bericht der Landesregierung gelesen habe - das steht zum Schluss -, dass die Belastung insgesamt abgenommen hat in jüngerer Zeit. Aber da wird sicher der Herr Präsident auch noch dazu Stellung nehmen. Wo es eine Differenz gibt, nicht nur zwischen dem Landesverwaltungsgericht und der Landesregierung, sondern auch mit mir und meiner Fraktion, ist die Interpretation in Punkt 4 Richterliche Unabhängigkeit, wo schon wieder, muss ich dazusagen, die Kritik kommt, dass der Präsident und der Vizepräsident des Landesverwaltungsgerichts von der Landesregierung bestellt werden, und zwar bestellt, ohne - wie es bei den sonstigen Mitgliedern ist - Vorschläge einzuholen. Das, sage ich, ist einfach der Wortlaut des Art. 134 Abs. 2 der Bundesverfassung. Die Bundesverfassung kann auch nicht eine Empfehlung der GRECO außer Kraft setzen, das muss man schon auch dazusagen. Infolgedessen, finde ich schon, sind wir auf sehr sicherem Boden, dass wir auf Basis der Bundesverfassung die Präsidenten und die Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichts Wien ernennen, wie übrigens auch alle anderen Bundesländer, das muss schon dazugesagt werden. Sonst ist anzuführen, dass von allen das Landesverwaltungsgericht Wien am meisten zu tun hat. Auch das ist eine gute Sache, die besonderen Dank bei uns hervorruft. Es wird auch noch ein Mangel bei den Amtssachverständigen angeführt. Grundsätzlich, das durchzieht die gesamte Gerichtsbarkeit, sind in verschiedenen Bereichen zu wenige Amtssachverständige da, das stimmt, weil einfach, glaube ich, die Amtssachverständigen zu wenig Cash kriegen, sagen wir es einmal so. Die kriegen teilweise nicht wirklich das, was sie leisten, und dadurch ist das Angebot nicht sehr groß, und dadurch dauert es wiederum manchmal länger. Ich würde an alle appellieren - das richtet sich in dem Fall eher an den Bund, der viel mehr für Amtssachverständige zuständig ist -, dass man da vielleicht nachbessert. Sonst, würde ich sagen, können wir sehr zufrieden sein mit der Arbeit des Landesverwaltungsgerichtes Wien. Das nimmt eine sehr gute Entwicklung. Man merkt auch an unserer Debatte, dass eine sehr große Zufriedenheit und Einmütigkeit herrschen. Herr Präsident, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlichen Dank und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Abg. Kowarik, und ich erteile es ihm. Bitte. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Berichterstatter, Präsident des Verwaltungsgerichtes Wien! Ich muss mich eingangs entschuldigen, dass ich zu spät gekommen bin zur Debatte. Bitte nicht zu verstehen als Geringschätzung des Themas oder als Geringschätzung des Gerichtes, aber mir geht es offensichtlich genauso wie den Richtern am Verwaltungsgericht Wien, die auch überbordend viel Arbeit haben. Ich habe das auch, und daher bitte ich um Nachsicht, ich konnte erst jetzt eintreffen. Ich habe noch das meiste gehört - Kollege Weber, bitte um Entschuldigung, das konnte ich nicht nachvollziehen, ich bin dann eingestiegen beim Kollegen Ellensohn. Das hat schon ein bisschen etwas mit dem Verwaltungsgericht zu tun, was er uns da erzählt hat, um auf den Kollegen Stürzenbecher einzugehen. Da sieht man, die Arbeit des Verwaltungsgerichtes wäre unnötig gewesen, das hätten wir uns sparen können, wenn die transparenteste Stadt Österreichs oder sogar der Welt oder, ich weiß nicht, des ganzen Weltalls, wie wir uns ja immer selbst titulieren, gemacht hätte, was gesetzlich vorgesehen gewesen wäre. Da hätten wir uns das gespart und das Verwaltungsgericht hätte nicht so viel unnötige Arbeit gehabt. - Wobei, die Arbeit war nötig, das muss man auch dazusagen, weil wenn ein Rechtunterworfener zu seinem Recht kommen will, haben wir genau dazu die Gerichte. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Dazu sind sie da.) Dazu sind sie da, ja. Vielleicht lernt die Verwaltung auch etwas daraus. Der Kollege Stürzenbecher hat uns schon einen geschichtlichen Abriss gegeben, ich stimme mit dem meisten überein. Auch die Vita oder die Entstehungsgeschichte unseres Gerichtes ist korrekt. Es war halt ein sehr schwerer Beginn bei uns in Wien, wir haben das schon oft genug diskutiert, aber das war vielleicht auch ein Zeichen, wie schwer sich der Magistrat getan hat, ein neues Verwaltungsgericht, ich möchte nicht sagen, zu akzeptieren, aber mit denen zusammenzuarbeiten, und inzwischen funktioniert es - mehr oder weniger. Wir haben es im Bericht vorliegen. Wichtig ist - so habe ich das verstanden, aber ich glaube, so unterm Strich meint das auch jeder - unsere Verwaltungsgerichtsbarkeit. Warum ist die so wichtig? Weil eben auch das Handeln der Verwaltungsbehörden einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen soll, mit den Besonderheiten der gerichtlichen Kontrolle, der Unabhängigkeit, Unversetzbarkeit, und so weiter, und so fort. Das ist das Wesentliche, und das ist jetzt gewährleistet, das weisungsgebundene, erstinstanzliche Verwaltungsverfahren. Dann wurde eine unabhängige Entscheidungsinstanz als Rechtsmittelinstanz eingezogen und dann gibt es ja noch die Möglichkeit, zum Verwaltungs- und zum Verfassungsgerichtshof zu gehen. Aber die erste Instanz ist jetzt auch richterlich unabhängig, was natürlich ein Riesenfortschritt ist in rechtsstaatlicher Hinsicht. Es haben schon einige Kollegen vor mir aus dem Bericht berichtet, und ich lese Ihnen jetzt keine Zahlen vor oder nur ganz wenige vielleicht. Die Feststellung, die auch schon getroffen worden ist, ist: Das Gericht funktioniert. Das ist einmal die erfreuliche Feststellung, und das ist auch der wesentliche Dank an den Präsidenten beziehungsweise an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an die Richter, auch an die nichtrichterlichen Beamten und Mitarbeiter des Gerichtes - denen sei gedankt, dass das so gut funktioniert und dass es funktioniert, wie es funktioniert. Die Debatte finde ich wichtig, nicht damit wir uns alle den Bericht vorlesen und zehn Mal wiederholen, dass wir dem Gericht und dem Präsidenten danken - was natürlich auch ganz wichtig ist und ich Gott sei Dank schon gemacht habe. Aber das Wesentliche, glaube ich, an dieser Diskussion kann sein, dass wir aus diesem Bericht herauslesen, was es für Schlüsse für die Vollziehung gibt, was für Schlüsse es auch für uns gibt, die wir hier stehen, nämlich für die Landesgesetzgebung. Das hat ja auch Sinn, warum das im Landtag verhandelt wird. Da gibt es für mich - ich darf das herauspicken - drei Punkte, die interessant sind anzuführen, wie ich mir bei der Herfahrt beim Durchlesen gedacht habe. Das eine ist nichts Neues: Wir haben noch immer eine sehr, sehr starke Belastung der Richter und die verschiedene Interpretation von Vollzeitäquivalenten. Tatsächlich ist die Belastung der Richter - und da bin ich der Überzeugung davon, dass ich das aus dem Bericht herauslesen kann - eine sehr große. Das funktioniert zwar, aber auf Dauer ist das schon sehr wohl ein Problem, wenn man immer zu viel Arbeit hat, unter Anführungszeichen, gerade in so sensiblen Tätigkeiten wie auf einem Gericht, wo es wirklich um wichtige Sachen geht. Es geht überall um wichtige Sachen, aber da ist es natürlich für unser Verständnis des Rechtsstaates ganz entscheidend. Das heißt, das ist natürlich ein Auftrag an die Vollziehung und an die Körperschaft, die verantwortlich ist für dieses Gericht. Der Kollege hat es schon gesagt, jetzt haben wir Länder auch ein Gericht, also hier der wiederholte Appell an das Land als Körperschaft, die Träger ist dieses Gerichtes, für vernünftige Mittel zu sorgen. Der Kollege Stürzenbecher hat es schon angeführt, natürlich sind die Beträge sehr wohl gestiegen, keine Frage, und sicher auch mehr als die Inflation. Das kann man so interpretieren, dass die Verwaltung jetzt mehr Geld zur Verfügung gestellt hat, oder man kann es auch so interpretieren, dass am Anfang viel zu wenig Geld da war. Tatsache ist, es geht nach oben, der Pfeil, die Richtung stimmen, sage ich einmal. Ich darf appellieren, dass man das nicht aus dem Auge verliert und gemeinsam mit dem Präsidenten beziehungsweise mit den Verantwortlichen des Gerichtes im Auge behält, dass die Belastung tatsächlich eine erträgliche und eine auch arbeitsrechtlich berechtigte ist und dass man da nicht die Richter auf Dauer überfordert, was meistens in Krankenständen endet. Das Zweite, was ich vielleicht herausgreifen darf, ist in Punkt 5 des Berichts Amtshilfe, ausgewiesen auf Seite 9. Ich darf zitieren: "Dass sich das Verwaltungsgericht Wien zunehmend mit einer Verweigerung der Aktenvorlage durch Gericht, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden in Folge datenschutzrechtlicher Bedenken und dem Fehlen entsprechender Rechtsgrundlagen in den jeweiligen Materiengesetzen konfrontiert sieht." Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Das Gericht muss natürlich seine Arbeit tun und braucht im Amtshilfeweg, wie alle Behörden das oftmals brauchen, die entsprechenden Informationen. Da sieht man auch, dass aus der EU eben nicht immer alles, was kommt, wirklich gut oder gut durchdacht ist bis ins letzte Detail. Mit der Datenschutz-Grundverordnung wurde aus meiner Sicht vehement übers Ziel hinausgeschossen, und wir haben uns da selber jetzt blockiert. Das Ersuchen, das ich da herauslese, ist, dass es daher auf gesetzlicher Ebene entweder eine generelle Ermächtigung der Verwaltungsgerichte zur Aktenanforderung gibt oder eine entsprechende Befugnis in allen Materiengesetzen erforderlich sein wird. Wie das gesetzestechnisch gut handlebar ist, das gilt es noch zu diskutieren. Da bitte ich vielleicht auch um Vorschläge von Seiten des Gerichtes. Es macht wohl keinen Sinn, wenn wir das in jedes Materiengesetz hineinschreiben müssen, das Verwaltungsgericht darf eh überall hineinschauen. Da bin ich jetzt aber auch überfordert in der aktuellen Situation, sage ich ganz ehrlich. Aber wenn das global möglich ist und wenn der Landesgesetzgeber dazu etwas beitragen kann, dann darf ich Sie bitten, dass Sie uns das auch noch einmal ausführen und wir uns das zu Gemüte führen. Etwas möchte ich noch anführen: Auf Seite 14 findet sich auch ein Thema, das uns leider Gottes immer wieder und immer wieder beschäftigt, nämlich die Säumnisbeschwerden. Damit bekommt das Verwaltungsgericht Arbeit, für welche es eigentlich im ursprünglichen Sinn gar nicht zuständig wäre, nämlich die Grundentscheidung in Verwaltungsverfahren zu treffen, wofür ja eigentlich die Verwaltungsbehörde zuständig wäre. Das Gericht ist die Instanz, ist also die Rechtsmittelbehörde. Hier begeben wir die Rechtssuchenden sozusagen einer Ebene. Man muss gleich zum Verwaltungsgericht gehen, und das Verwaltungsgericht muss in der Sache selbst entscheiden und kann dann nicht rekurrieren oder die Entscheidung selbst begutachten. Das ist aus rechtsstaatlicher Sicht natürlich ein riesiges Problem, das kann sicherlich keiner wollen. Keine Angst! Ich werde jetzt sozusagen nur en passant ein bisschen an das anschließen, was ich gestern Abend auch gesagt habe. Wir sehen ja, welche Behörde das Thema 35 vor allem betrifft. Das ist kein Zufall. Auch diesfalls erkennen wir, wie die derzeitige Situation unsere Infrastruktur überfordert. Andere Bundesländer schaffen es, in Wien schaffen wir das nicht. Die Kurve ist zwar abgeflacht, sie geht aber betreffend Säumnisbeschwerden noch immer nach oben, und das ist ein untrügliches Zeichen, dass wir hier ein großes Problem haben. Ich empfinde das als weiteres Indiz dafür, dass wir es - um Frau Angela Merkel umzuinterpretieren - eben nicht schaffen. Nichtsdestotrotz richte auch ich abschließend noch einmal Dank ans Gericht und die Bitte an die Vollziehung, aufmerksam zu sein, dass das funktioniert. Und der Auftrag an uns lautet, dass wir die im Bericht angeführten gesetzlichen Änderungen reflektieren und entsprechend umsetzen werden. - Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als letztem Debattenredner darf ich nun dem Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien, Herrn Dr. Kolonovits, das Wort erteilen. Bitte. Präsident des Verwaltungsgerichtes Univ.-Doz. Mag. Dr. Dieter Kolonovits: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger! Ich bedanke mich zunächst für das große Interesse, das auch aus den Beiträgen zum Bericht hervorgegangen ist. Ich habe natürlich etwas vorbereitet, was ich dazu sagen möchte. Ich werde aber versuchen, soweit diese nicht in der Rede beantwortet werden, auch auf die Fragen einzugehen, die gestellt worden sind. Zunächst möchte ich aber etwas betonen: Wir haben ein Jubiläum. Das Verwaltungsgericht Wien hat in diesem Jahr am 1. Jänner 2024 seinen 10. Geburtstag gefeiert. Mit dem Berichtsjahr 2023 ist das 10. Jahr des Bestehens des Verwaltungsgerichtes Wien zu Ende gegangen, und daher liegt heute der 10. Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtes vor. In diesen 10 Jahren gingen rund 172.000 Akten beim Verwaltungsgericht ein. Und was natürlich noch schöner ist: Von diesen 172.000 Akten konnten wir bis Ende 2023 rund 165.000 erledigen. Jetzt zurück zum Berichtsjahr 2023. In diesem Jahr betrug der Eingang 16.300 Verfahren und bewegt sich jetzt wieder auf dem Niveau wie im letzten Jahrzehnt. Begonnen haben wir mit 17.000 Verfahren, und das mäandert immer zwischen 17.000 und 16.000. So etwa hat sich das eingependelt. Den einzigen großen Ausschlag gab es mit 18.400 Verfahren im Jahr 2021, das war aber eindeutig auf die Corona-Verfahren zurückzuführen. Jetzt bewegt sich das wieder in dem Bereich, der sich eingespielt hat. Damit liegt der Akteneinlauf unter diesem erwähnten absoluten Spitzenwert von 18.400 Akten im Jahr 2021. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Arbeitslast der Richterinnen und Richter trotzdem sehr hoch war. Warum? Es gab in diesem Jahr eine Besonderheit. Es mussten etwa 1.000 Verfahren den Richtern abgenommen werden. Warum? Weil viele in den Ruhestand getreten sind und weil Elternkarenzen in einem größeren Ausmaß angetreten wurden. Und wenn diese Akten abgenommen werden müssen, dann werden sie natürlich auf die übrigen Richter und Richterinnen verteilt und sind sie natürlich von diesen wie neue Akten zu behandeln. - Ich komme in einem anderen Zusammenhang noch darauf zurück. Bei der Bewältigung dieser Arbeitslast wurden die Richterinnen und Richter von Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern und von juristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt. Die juristischen Mitarbeiter erlangen bei ihrer Arbeit am Verwaltungsgericht Wien vertiefte Kenntnisse in zahlreichen Rechtsmaterien und vor allem auch im Verfahrensrecht. Damit leistet das Verwaltungsgericht Wien einen gewichtigen Beitrag zur Ausbildung von rechtskundigen Bediensteten der Stadt Wien. In diesem Zusammenhang erscheint es notwendig, weitere Kurskapazitäten an der Verwaltungsakademie der Stadt Wien zu schaffen, um eine zeitnahe Dienstausbildung zu ermöglichen, weil die absolvierte Dienstprüfung eine Voraussetzung für das weitere berufliche Fortkommen dieser jungen Juristinnen und Juristen darstellt. Derzeit werden die juristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Verwaltungsakademie leider erst spät zur Dienstausbildung einberufen. Im Berichtsjahr wurden den Rechtspflegerinnen und den Rechtspflegern zirka 1.640 Akten zugewiesen, was eine Belastung von 103 Rechtssachen pro Rechtspfleger entspricht. Das ist natürlich weniger als bei den Richtern, man darf aber nicht vergessen, dass ja im Gesetz vorgesehen ist, dass die Rechtspfleger neben ihrer eigenen Aktenbearbeitung im Schnitt jeweils drei Richtern zuarbeiten müssen. Im Gesetz ist in § 25 genau geregelt, welche Zuarbeit hier unterstützend zu leisten ist. Die Arbeitsbelastung mit eigenen Akten ist im Vergleich zum Vorjahr aber dennoch gestiegen. Diesbezüglich ist auf etwas Besonderes zu achten. Sie wissen sicherlich alle, dass die Wohnbeihilfe neu geregelt wurde. Das ist ja hier beschlossen worden. Und wir sehen, weil der Antragstellerkreis im Bereich der Wohnbeihilfe sehr ausgeweitet wurde, in den Statistiken, die wir im Gericht haben, dass der Aktenanfall im Zusammenhang mit dem neuen Wohnbeihilfegesetz bereits fürs laufende Jahr um 58 Prozent gestiegen ist. Es ist daher angezeigt, die Ausbildung von neuen Kolleginnen und Kollegen bald zu starten, um die Arbeitslast auch in Zukunft bewältigen zu können. Dies vor allem deshalb, weil es bei den Rechtspflegern von der Ausschreibung bis zur Ernennung etwa zwei Jahre dauert und weil vor der Ernennung auch eine mindestens einjährige Ausbildung und auch eine Praxiszeit im Verwaltungsgericht Wien absolviert werden müssen. Abgesehen von diesem Akteneingang ist natürlich auch die Anzahl der Erledigungen von Interesse. Im Hinblick darauf möchte ich auf etwas besonders Erfreuliches hinweisen: Im Jahr 2023 wurden insgesamt 16.600 Rechtssachen entschieden, und der Akteneingang belief sich, wie erwähnt, auf 16.300. Das bedeutet, dass es das 2. Mal in Folge nach 2022 gelungen ist, mehr zu erledigen, als laufend hineingekommen ist. Die Zahl der offenen Akten konnte daher abgebaut werden. Auf Seite 15 des Tätigkeitsberichtes wird allerdings ausgeführt, dass es zu einem Rückgang um 5 Prozent bei den Erledigungen im Vergleich zum Vorjahr gekommen ist. Das habe ich eingangs schon erwähnt. Wie kann man sich das erklären? Dieser Rückgang ist vor allem dadurch zu erklären, dass die Zahl von 1.000 Akten durch Abnahmen wegen Ruhestandsantritten und Elternkarenzen zustande gekommen ist und dass diese Akten den bestehenden Richtern zum normalen Eingang zugeteilt wurden. Diese Verfahren mussten nach der Abnahme wegen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, dass nur der Richter entscheiden darf, der verhandelt hat, in den meisten Fällen neu durchgeführt werden. Damit haben die bestehenden Richter quasi 1.000 Akten mehr bekommen, weil natürlich die Akten nur auf die bestehenden Richter verteilt werden können. Dennoch - und das ist, wie ich glaube, eine sehr große Leistung - betrug die durchschnittliche Verfahrensdauer nur etwa sechs Monate. Die Verfahrensparteien haben also in den allermeisten Fällen bei einer Durchschnittsbetrachtung innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist, die ja sechs Monate beträgt, ihre Entscheidung bekommen. Ausnahmen im Zusammenhang mit schwierigen und komplexen Fällen gibt es natürlich immer. Wenn das Verwaltungsgericht säumig ist, gibt es die Möglichkeit des Fristsetzungsantrages an den Verwaltungsgerichtshof. Im Berichtsjahr 2023 wurden insgesamt nur 24 Fristsetzungsanträge gestellt. Wenn man das in Relation zu unseren gesamten anhängigen Rechtssachen, also den derzeit 24.500 offenen Fällen, stellt, dann ist das ein Prozentsatz von nur 0,1 Prozent. - Diese sehr beeindruckenden Zahlen konnten nur durch den engagierten Einsatz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verwaltungsgerichtes Wien erreicht werden, und ich möchte mich daher bei allen für ihre außergewöhnlichen Leistungen sehr herzlich und auch ganz aufrichtig bedanken. (Allgemeiner Beifall.) Um all diese Rechtssachen zu entscheiden, ist regelmäßig jeweils die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erforderlich. Im Jahr 2023 hat das Verwaltungsgericht Wien 8.200 Verhandlungen durchgeführt, und Sie werden sich vorstellen können, dass deswegen sehr viele gerichtsfremde Personen, Parteien, Parteienvertreter, Beschwerdeführer, Beschuldigte, Sachverständige, und so weiter, das Verwaltungsgericht Wien betreten. Bei der Sicherheitsschleuse, die dankenswerterweise vor einigen Jahren eingerichtet wurde, wurden heuer 3.300 gefährliche Gegenstände abgenommen, darunter 56 Schusswaffen. Diese Zahlen belegen also, dass die Kontrollen durch das Sicherheitspersonal unerlässlich sind, um die Sicherheit am Verwaltungsgericht Wien zu gewährleisten. Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Wien werden von den Rechtsschutzsuchenden in den meisten Fällen akzeptiert und sind damit endgültig. Lediglich rund 6 Prozent der Entscheidungen werden beim Verfassungsgerichtshof und oder beim Verwaltungsgerichtshof - man kann ja, wenn man will, beide Höchstgerichte befassen, wenn es die Rechtslage hergibt - angefochten. Der Verfassungsgerichtshof hat im Jahr 2023 200 Verfahren entschieden, die das Verwaltungsgericht Wien betroffen haben, und nur bei 16 Prozent der angefochtenen Fälle wurde der Beschwerde stattgegeben und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien aufgehoben oder abgeändert. Beim Verwaltungsgerichtshof sind im Berichtsjahr 604 Revisionen betreffend das Verwaltungsgericht Wien abgeschlossen worden. Dort wurde in rund 28 Prozent der Fälle eine Aufhebung durch die Revisionswerber erreicht, und in 0,5 Prozent hat der Verwaltungsgerichtshof in der Sache entschieden - was er ja selten tut - und hat selbst abgeändert. An diesen Zahlen sehen Sie, dass auch bei den angefochtenen Entscheidungen der Großteil aller Fälle nach der Entscheidung der Höchstgerichte endgültig Bestand hatte. In meiner Rede zum letzten Tätigkeitsbericht betreffend das Jahr 2022 habe ich eine Bitte an Sie gerichtet, nämlich dass Sie die Nachbesetzung der frei werdenden Planstellen gut im Blick haben und weiterhin gut im Blick behalten. Es freut mich daher außerordentlich, Sie auf Seite 1 des Tätigkeitsberichtes für das Jahr 2023 hinweisen zu können, wo auf ein Auswahlverfahren für neue Richterinnen und Richter hingewiesen wird. Es erfolgte im Oktober 2023 die Ausschreibung von Richterplanstellen. Bewerbungsfrist war bis 30. November 2023. Und bis zum Beschluss der Ernennungen in der Landesregierung vor Kurzem, nämlich am 16. April 2024, dauerte das gesamte Auswahlverfahren nicht einmal fünf Monate. Es ist mir eine besondere Freude, dass sich einerseits sehr viele motivierte und fachlich höchstqualifizierte junge Juristinnen und Juristen um eine Richterplanstelle beworben haben und dass andererseits die neu ernannten Richterinnen und Richter schon sehr bald, nämlich am 1. Juli, angelobt und ihren Dienst antreten werden. Sie werden uns tatkräftig unterstützen, und das wird sicherlich eine spürbare Entlastung bei den bestehenden Richterinnen und Richtern bewirken. Ich möchte mich für dieses Auswahlverfahren, das jetzt sehr rasch eingeleitet werden konnte, beim Herrn Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien sowie insbesondere auch beim heute hier anwesenden Herrn Stadtrat für Personal, auch in seiner Funktion als Mitglied der Landesregierung, für die sehr gute und sehr fruchtbringende Zusammenarbeit zum Wohle unseres Gerichtes bedanken. (Allgemeiner Beifall.) Es wurden ja auf Grund der Pensionierungen seit dem 1. Juli 2022 13 Personen und am 1. Jänner weitere 2 Personen nachbesetzt, insgesamt also 15, und mit diesen 10 jetzt genannten Personen sind es 25. Im Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis 1. Juli 2024 durften und dürfen wir also 25 Richterinnen und Richter nachbesetzen, und dafür möchte ich mich wirklich sehr herzlich bedanken. Weiters bedanke ich mich auch für die äußerst zügige Durchführung des Besetzungsverfahrens mit Unterstützung durch das Amt der Landesregierung. Dafür möchte ich mich beim Herrn Magistratsdirektor in seiner Funktion als Landesamtsdirektor sehr herzlich bedanken. - All das wurde sehr zügig durchgeführt und hat sehr gut funktioniert. Die neu ernannten Richterinnen und Richter werden gemäß dem richterlichen Dienstrecht in den ersten drei Jahren nach der Ernennung jährlich und danach alle drei Jahre vom Personalausschuss beurteilt. Die Erfahrungen der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass einerseits diese aktuelle Häufigkeit nicht erforderlich ist, es andererseits aber sein kann, dass eine anlassbezogene Beurteilung schon vorher notwendig wäre, was dieses fixe Dreijahresintervall aber nicht zulässt. Aus diesen Gründen - und wir haben das im Tätigkeitsbericht bei den legistischen Anregungen und Vorschlägen angeführt - wäre eine Annäherung der Wiener Regelungen an die Bestimmungen des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes zweckmäßig. Nach der dortigen Regelung erfolgt betreffend einen neu ernannten Richter eine Dienstbeschreibung für das zweite der Ernennung folgende Kalenderjahr. Er darf sich also quasi ein Jahr einarbeiten, nach Ende des zweiten Jahres wird er dann beschrieben, und dann ist das so geregelt, dass der Präsident des Gerichtshofes die Neubeschreibung eines Richters zu beantragen hat, wenn Gründe dafür sprechen, dass die letzte Gesamtbeurteilung nicht mehr zutreffend ist. Es kann aber auch ein Richter jederzeit eine Neubeschreibung beantragen, wenn er der Ansicht ist, dass seine geltende Dienstbeschreibung nicht passt, oder auch aus anderen Gründen, wenn er sich unter Umständen irgendwo bewerben möchte und eine aktuelle Beschreibung haben möchte. An dieser Stelle möchte ich auch auf die Anmerkungen des Herrn Abg. Weber zu einer Frage eingehen, die bei den legistischen Vorschlägen auch genannt ist. Das Thema ist auch von Herrn Abg. Dr. Stürzenbecher angesprochen worden, und die Empfehlung kam von GRECO. In der Bundesverfassung ist es derzeit so geregelt, dass die Personalsenate der Landesregierung, aber ebenso der Bundesregierung, was das Bundesverwaltungsgericht anlangt, Vorschläge machen können. Und das gilt eigentlich auch für den Verwaltungsgerichtshof, nur, dass dort die Vorschläge der Vollversammlung bindend sind. Es können also der jeweilige Personalsenat oder, wenn es keinen gibt, die Vollversammlung der Landesregierung beziehungsweise der Bundesregierung betreffend Bundesverwaltungsgericht oder Verwaltungsgerichtshof Vorschläge machen. Diese Vorschläge beziehen sich auf Richterstellen, und diese sind nicht bindend, beziehungsweise beim Verwaltungsgerichtshof sind sie bindend. Der Wortlaut dieser Bestimmung des Art. 134 besagt, dass das mit Ausnahme des Präsidenten und Vizepräsidenten gilt, und das ist genauso geregelt für den Präsidenten beziehungsweise Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes und auch für den Verwaltungsgerichtshof. In der Justiz hat man vor Kurzem eine Neuregelung für die Auswahl des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes beschlossen. Durch Bundesgesetz wurde ein gerichtsübergreifender Personalsenat geschaffen, und der jetzt neu bestellte OGH-Präsident Prof. Kodek wurde schon nach diesem System bestellt. Es war auch Anlass für die Vollversammlung, sich mit diesem Thema zu befassen und den Vorschlag zu machen, man solle nach diesem Muster auch betreffend die Verwaltungsgerichte so vorgehen. Wenn man allerdings die Kommentarliteratur konsultiert - zum Beispiel eine ganz aktuelle Kommentierung aus dem Jahr 2024 in einem führenden Verfassungskommentar von Korinek und Holoubek, dort kommentiert von Jabloner, dem früheren Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, und Hofrat Faber -, dann stellt man fest, dass diese Kommentatoren meinen, dass diese Textierung im Art. 134 anders als Art. 86 der Bundesverfassung, worauf sich dieses System beim OGH stützt, so etwas ausschließt, dass also die Bundesverfassung solche Vorschläge durch den Personalausschuss oder durch richterliche Gremien ausschließt. - Das ist die Literaturmeinung dazu in diesem Kommentar. In Hinblick auf den Arbeitsanfall möchte ich, unter Berücksichtigung des baldigen Dienstantrittes der 10 neuen Richterinnen und Richter, einen Blick in die Zukunft wagen. Im Berichtszeitraum 2023 standen - wir haben ja angeführt, dass es zahlreiche Ruhestandsversetzungen, zahlreiche Antritte von Mutterschutz, Elternkarenzen und Teilauslastungen gab - etwa 80 Vollzeitäquivalente zur Verfügung. Im Hinblick darauf erhebt sich zunächst die Frage. Was verstehen wir darunter? 80 Richter konnten von der Arbeitskapazität her judizieren. Die anderen sind ausgefallen durch Ruhestand, Mutterschutz, Elternkarenz. Das Gericht hat aber 85 Dienstposten, und 6 Dienstposten können im Überhang geführt werden, insofern kann man also jetzt einmal untechnisch von 91 Dienstposten sprechen. Wir haben das dann ausgerechnet: Wenn 80 Richter mit der Arbeitslast belastet werden können und wir 91 Dienstposten haben, dann fehlen etwa 11 Dienstposten. Das war auch der Grund, warum wir diese neuen Ernennungen im Überhang jetzt durchführen können. Und es ist auch sehr notwendig, denn obwohl diese 15 Richter, die ich genannt habe, 2022 und 2023 ernannt wurden, ist durch diese Elternkarenzen und Pensionierungen die Anzahl der Richter, die judizieren, weiterhin gesunken und befindet sich auf dem Stand 2019 bis 2022. Auch in den nächsten Jahren werden Richterinnen und Richter in größerer Zahl in den Ruhestand versetzt werden. Das ist ja derzeit ein allgemeines Phänomen, unter dem alle Dienststellen leiden, und einhergehend mit der deutlichen Verjüngung der Richterschaft wird es naheliegenderweise vermehrt zu Elternkarenzen und Teilauslastungen zur Pflege von Kindern kommen. Aus diesen beiden genannten Gründen fehlt dann die Kapazität, um die Arbeitslast zu bewältigen. Ich muss daher meine eindringliche Bitte an Sie aufrechterhalten - das ist ja auch von den Vorrednern schon gesagt worden -, dass man diese rasche Nachbesetzung frei werdender richterlicher Planstellen weiterhin gut im Blick behalten muss. Wir haben intern im Gericht verschiedenste Listen, anhand welcher wir rechtzeitig sehen, wann wer den Ruhestand antritt, wann wer eine Teilauslastung beantragt. So rechnen wir die entsprechenden Kapazitäten aus und treten dann ans Amt der Landesregierung heran und sagen: Wir müssten wieder um eine Ausschreibungsgenehmigung bitten. Warum bitten? Weil das ja sozusagen Überhänge sind, die über den normalen Dienstpostenplan hinausgehen. Mit der Neuernennung von Richtern gehen auch Fragen der Raumorganisation einher. Durch die Verkleinerung von Dienstzimmern war es möglich, wie ich bereits letztes Jahr dargelegt habe, all den Richtern, die 2022 ernannt worden sind, ein Dienstzimmer zur Verfügung zu stellen, und das können wir durch diese Umbaumaßnahmen, die wir eingeleitet haben, auch für die Richterinnen und Richter gewährleisten, die mit 1. Juli zu uns kommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Außer diesen stets präsenten Themen des Aktenanfalles und den damit einhergehenden Fragen des Personalbedarfs und der Raumorganisation gibt es noch andere Themen aus dem Berichtsjahr, die angesprochen werden sollten. Zum einen möchte ich zunächst auf das Thema Digitalisierung am Verwaltungsgericht eingehen. Bislang ist leider noch keine Anbindung des Verwaltungsgerichtes Wien an einen elektronischen Rechtsverkehr des Bundes erfolgt. Die Programmierung und die komplexe Anbindung an das bestehende ERV-System, das im Wesentlichen ein System des Bundesrechenzentrums ist, hat länger gedauert, ist nun aber in der Zielgerade. Es finden derzeit verschiedene Testungen statt, und nach dem derzeitigen Stand sollte der ERV jedenfalls im 2. Halbjahr dieses Jahres möglich sein. Dazu wird dann eine eigene Verordnung ergehen, die besagt: Wir haben es jetzt auch technisch geschafft. Das klingt sehr langwierig, aber die Schwierigkeiten ergeben sich eben dadurch, dass der ERV halt eine Bundesapplikation ist, die vom Bundesrechenzentrum durchgeführt wird. Ich habe das schon das letzte Mal erwähnt: Wir quasi als Landesorganisation müssen hier gewisse Umwege gehen, um uns in dieses System einzuklinken. Hinzuweisen ist noch darauf, dass es in mehreren Teilbereichen bereits Schnittstellen zu den elektronischen Akten der Behörden gibt. Hier ist zu beachten, dass das Verwaltungsgericht Wien von der behördeninternen Aktenführung der einzelnen Dienststellen abhängig ist. Im Bereich des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, der ein Viertel der Administrativverfahren ausmacht, kam es deswegen zu einem erhöhten Arbeitsaufwand. Um die Lösung dieses Problems anzugehen, wurden einerseits im Gremium der Behörden-ELAK-Fachgruppe Schritte gesetzt, um Best-Practice-Beispiele zu identifizieren. Andererseits mussten wir wiederum unser Aktenverwaltungssystem sozusagen nachziehen und dieses dem neuen System der Behörde mit einer neuen Schnittstelle anpassen. An dieser Stelle möchte ich etwas Grundsätzliches sagen: Im Hinblick auf die Aktenvorlage durch die Magistratsdienststellen an das Verwaltungsgericht Wien wäre eine Unterstützung durch das Amt der Landesregierung insofern sehr hilfreich, um hier eine Vereinheitlichung zu erreichen. Das Verwaltungsgericht Wien ist quasi als Flaschenhals mit verschiedenen elektronischen Aktenführungssystemen konfrontiert, und daher funktioniert die Vorlage nicht immer einfach und einheitlich. Das Verwaltungsgericht Wien hat auch keine Einwirkungsmöglichkeiten und kann nicht alle Themen mit den Behörden bilateral lösen. Im Hinblick darauf möchte ich betonen, dass es hier immer wieder gute Gespräche und Lösungen gibt. Hervorzuheben ist etwa, dass mit der Magistratsabteilung 37 eine sehr gute Möglichkeit der Vorlage der Beschwerden im Bauverfahren geschaffen wurde, und in zwei Wochen wird es wieder eine Besprechung geben, um dieses elektronische Bewilligungsverfahren auch in Hinblick auf die Beschwerden besser umsetzbar zu machen. Ein weiteres wichtiges Thema sind die Probleme, welchen die Richterinnen und Richter bei der Vollziehung der Gesetze begegnen. Das ist jetzt schon mehrfach angesprochen worden. In diesem Zusammenhang geht es um die Amtshilfe durch die Staatsanwaltschaften und durch die Gerichte. Es ist nämlich tatsächlich so, dass - gestützt auf die Bestimmungen des § 76 Abs. 4 StPO, wo ausdrücklich eine gesetzliche Ermächtigung und datenschutzrechtliche Notwendigkeit formuliert ist - unter Hinweis auf diese Bestimmung, mittlerweile teilweise mit einem Musterschreiben, den Anforderungen von Akten durch Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht gefolgt wird. Das erschwert den Vollzug in administrativen Rechtssachen und auch in Verwaltungsstrafsachen massiv, weil es sehr viele Konstellationen gibt. Etwa bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft sind natürlich rechtskräftige gerichtliche Strafen relevant, aber natürlich auch anhängige Verfahren, weil die Einhaltung der Rechtsordnung durch den Antragssteller beurteilt werden muss. Aus diesen Gründen hat sich die PräsidentInnenkonferenz der Verwaltungsgerichte an das Bundesministerium für Justiz gewandt und diesbezüglich verschiedene Vorschläge gemacht. So könnte etwa die StPO in Hinblick auf eine Ermächtigung für die Aktenvorlage novelliert werden. Alternativ haben wir auch ersucht, dass vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst eine zentrale Grundlage im Verfahrensrecht, etwa im AVG, vorgeschlagen wird. Ebenfalls haben wir uns an das Bundesministerium für Inneres gewandt, denn dieses ist zuständig für jene Materiengesetze, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Staatsbürgerschaftsgesetz, mit denen wir zumindest quantitativ sehr stark befasst sind. Eine Lösung ist freilich für alle Bereiche notwendig. Wenn es zu keiner zentralen Lösung kommt, müsste man im Bereich des Landesrechtes auch die Materiengesetze durchschauen, die relevant sind, etwa das Mindestsicherungsgesetz, die Dienstordnung, das Dienstrecht, die Naturschutzgesetze. Das ist natürlich eine Sisyphusarbeit. Und es gibt auch ein Beispiel: Im Staatsbürgerschaftsgesetz gibt es schon eine solche Bestimmung über die Aktenvorlage gemäß § 39, auf die sich die Richter berufen haben. Die Staatsanwaltschaften haben diese Bestimmung aber auch als im Vollzug nicht ausreichend angesehen. Dazu gibt es auch einen Erlass, in dem festgehalten wird, dass das nicht ausreichend ist. Im Moment ist eine Bestimmung in Behandlung: Es soll ein § 55a AVG vorgeschlagen werden, und man wird sehen, ob sich eine Beschlussfassung ausgehen wird. Eine weitere Herausforderung, mit welcher die Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichtes konfrontiert waren - das wurde auch schon gesagt -, ist der Mangel an Amtssachverständigen, und zwar auch an Amtssachverständigen des Magistrates, obwohl das Primat des Amtssachverständigen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren maßgeblich ist. Wir haben sehr viele Gespräche dazu geführt, leider ist es aber zu keiner Lösung gekommen. Nur ein Beispiel: Es stand dem Verwaltungsgericht kein einziger Facharzt aus dem Gebiet der Psychiatrie und Neurologie zur Verfügung. Amtssachverständige aus diesem Gebiet sind für die Vollziehung der Gesetze, mit denen das Verwaltungsgericht Wien befasst ist, aber unerlässlich. So muss etwa die Arbeitsfähigkeit von Mindestsicherungsbeziehern aus fachärztlicher Sicht beurteilt werden, ebenso sind Fragen der Zurechnungsfähigkeit durch Fachärzte aus dem Gebiet der Psychiatrie zu klären. Die Bestellung von nichtamtlichen Sachverständigen ist im Gesetz quasi als Notlösung beziehungsweise als ultima ratio vorgesehen. Diese führt auf Grund der gesetzlichen Kostentragungsregelungen in Verwaltungsstrafsachen, wenn der Betroffene nicht bestraft wird und durchdringt, zu einer hohen Belastung des öffentlichen Haushaltes, denn dann müssen die Kosten das Verwaltungsgericht Wien und damit die Stadt Wien tragen, und in anderen administrativen Sachen zur Belastung einer Verfahrenspartei. Außerdem erschwert es der Mangel an Amtssachverständigen in vielen Fällen, die gesetzlichen Entscheidungsfristen einzuhalten, weil sich die nichtamtlichen Sachverständigen zunächst in die ganze Struktur der jeweiligen Regelungen einarbeiten müssen und das auch eine gewisse Zeit dauert. Daher meine Bitte, dass die Anzahl der Amtssachverständigen allgemein erhöht wird und dass weiters vor allem diese Lücke auf dem Gebiet eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie, die uns im Moment schwer beschäftigt und die so entstanden ist, dass der einzig verfügbare Arzt in Pension gegangen ist und die Stelle nicht nachbesetzt werden konnte, geschlossen wird. Damit wäre uns sehr geholfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit bin ich am Ende meiner Rede angelangt. Ich bin sicher, dass Sie mit großer Verantwortung, wie Sie das auch bisher getan haben, die Anliegen des Verwaltungsgerichtes Wien behandeln, erörtern und sich dafür interessieren. Damit wird auch weiterhin einerseits ein effizienter, zügiger und rascher, aber auch ein qualitätsvoller Rechtsschutz für die Bevölkerung der Stadt Wien gewährleistet. Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. - Danke schön. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Sehr geehrter Herr Präsident Kolonovits! Vielen herzlichen Dank für Ihre Ausführungen, vor allem aber für Ihre wichtige Arbeit. Ich darf Sie an dieser Stelle ersuchen, Ihrem gesamten Haus den Dank des Wiener Landtags zu übermitteln. - Danke schön. (Allgemeiner Beifall.) Ich darf mitteilen, dass Abg. Berger ab sofort für den restlichen Tag entschuldigt ist. - In dieser Debatte ist niemand mehr zu Wort gemeldet, und diese ist somit geschlossen. Ich erteile dem Herrn Berichterstatter das Schlusswort. Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Werter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Verwaltungsgerichts! Meine Damen und Herren! Es ist bereits alles gesagt worden, aber nicht von jedem. Daher möchte ich nur einen kleinen Gedanken mit Ihnen teilen: Alle Redner haben darauf hingewiesen, dass wir auf ein zehnjähriges Jubiläum blicken können. Ich selber habe die Ehre, acht Mal von den zehn Malen hier als Berichterstatter dabei gewesen zu sein. Ich habe daher einen kleinen Überblick über eine Entwicklung, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte. Es gibt eine Entwicklung zum Positiven in sehr vielen Bereichen. Um einen kleinen Punkt hervorzuheben: Das Budget ist in dieser Zeit, also in diesen 8 Jahren, um 6 Millionen EUR gestiegen. Und man könnte jetzt auch noch viele andere Dinge erwähnen. All das ist jedenfalls die Folge von einem, wie ich glaube, sehr guten Zusammenspiel zwischen diesem Haus, zwischen dem Amt der Landesregierung, zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern und der Landesregierung. Dafür möchte ich allen Genannten von Herzen danken. Ich wünsche alles, alles Gute und bitte, das auch allen Mitarbeitern weiterzugeben. - Alles Gute und bis zum nächsten Mal! (Allgemeiner Beifall.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Danke schön. Wir kommen nun zur Abstimmung, die wir getrennt durchführen, und zwar getrennt in Tätigkeitsbericht und Stellungnahme. Ich bitte jetzt jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichts Wien für das Jahr 2023 zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich darf die Einstimmigkeit feststellen. Der Tätigkeitsbericht ist somit einstimmig angenommen. Nun bitte ich jene Mitglieder des Landtages, die die vorliegende Stellungnahme des Amtes der Wiener Landesregierung zum Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtes Wien für das Jahr 2023 zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich sehe die Mehrstimmigkeit mit den Stimmen der Sozialdemokraten, der NEOS, der GRÜNEN und der FPÖ. Die Stellungnahme ist somit mehrstimmig beschlossen. - Vielen herzlichen Dank. Wir kommen nun zur Postnummer 5. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage des Gesetzes, mit dem das Wiener Bedienstetengesetz - 26. Novelle zum Wiener Bedienstetengesetz und das Wiener Personalvertretungsgesetz - 33. Novelle zum Wiener Personalvertretungsgesetz geändert werden, 2. Dienstrechtsnovelle 2024. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf. StR Mag. Czernohorszky. Ich bitte ihn, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Bitte um Zustimmung. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldungen vorliegen, kommen wir gleich zur Abstimmung, und ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das Gesetz ist somit in erster Lesung einstimmig beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich sehe auch hier die Einstimmigkeit. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ich kann auch die einstimmige Zustimmung zur zweiten Lesung feststellen. Gemäß § 127 Abs. 1 der Wiener Stadtverfassung ... (Zwischenruf.) Nein! Falsch! Bitte um Verzeihung! ... in zweiter Lesung beschlossen. - Das war es auch schon. Danke. Postnummer 4 betrifft den Bericht der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft über ihren Tätigkeitsbericht im Jahr 2023, und ich darf den Wiener Patientenanwalt, Herrn Dr. Gerhard Jelinek, ganz herzlich in unseren Reihen begrüßen. (Allgemeiner Beifall.) Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abg. Wagner, die Verhandlungen einzuleiten. Berichterstatter Abg. Kurt Wagner: Geschätzte Damen und Herren! Ich empfehle Ihnen, den Bericht der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft für das Jahr 2023 zur Kenntnis zu nehmen, und bitte den Herr Präsidenten, die Verhandlungen einzuleiten. Präsident Mag. Manfred Juraczka: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich als Erster Herr Abg. Seidl zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrter Herr Patientenanwalt! Meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich, so wie vermutlich jeder andere Redner auch, zunächst einmal Ihnen, Herr Dr. Jelinek, ganz herzlich für den Bericht danken, den wir heute erhalten haben. Es ist dies ja, wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe, Ihr erster eigener Bericht, denn der letztjährige Bericht war noch ein Doppelbericht mit Frau Dr. Pilz. Das ist also jetzt Ihr erster Bericht, und ich möchte Sie, wie wahrscheinlich auch all meine Nachredner, gleich auch bitten, dass Sie den Dank auch an die Mitarbeiter weitergeben. Wenn ich mich nicht verzählt habe, sind es genauso viele wie vorher, nämlich deren 24. Jetzt zum Bericht: Die Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft ist eine seit 1992 bestehende unabhängige und weisungsfreie Einrichtung zur Wahrung und Sicherung der Interessen von Personen in allen Angelegenheiten des Gesundheitswesens und Pflegebereichs in Wien. Die Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft ist beim Amt der Wiener Landesregierung eingerichtet, nicht aber als Teil oder Abteilung derselben zu verstehen. Damit besteht auch organisatorisch die notwendige Trennung und Unabhängigkeit, auch wenn die Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft nach der Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien als Dienststelle gilt. Ich weiß nicht, ob der Bericht jetzt schon veröffentlicht ist. Am Wochenende habe ich ihn noch nicht gefunden. Ich glaube aber, mich erinnern zu können, dass Sie letztes Jahr gesagt haben, dass Sie das erst nach der Diskussion über den Bericht tun. Ich gehe also davon aus, dass er dann in den nächsten Tagen online sein wird. Die Zuständigkeit der Patientenanwaltschaft umfasst das gesamte Wiener Gesundheitswesen, unter anderem Krankenanstalten, Wohn- und Pflegeheime, Ambulatorien, niedergelassene Ärzte, Rettungs- und Krankenbeförderung, Sozialversicherungen, Krankenkassen, Apotheken und auch die Hebammen. Meine Damen und Herren! Gleich zu Beginn ein paar trockene Zahlen: Es gab im letzten Jahr laut Ihrem Bericht 5.795 telefonische Anfragen, 2.493 schriftliche Eingaben und zusätzlich dann auch 264 Vorsprachen. Ich weiß, dass jede einzelne Intervention natürlich für den Betroffenen sehr viel bedeutet, und ich weiß auch, dass sich gerade an die Gesundheitssprecher, nicht nur von uns Freiheitlichen, sehr viele Personen mit ihren Anliegen wenden. Ich selbst habe den einen oder andern auch an die Patientenanwaltschaft verwiesen, und ich weiß, dass die Menschen dort sehr freundlich und kompetent behandelt werden und auch sehr rasch einen Termin bekommen. Auch dafür mein herzliches Dankeschön! (Beifall bei FPÖ, SPÖ und ÖVP.) Ich nenne jetzt noch kurz ein paar Zahlen, dann bin ich aber schon durch mit dem Zahlenfriedhof. Im Jahr 2023 wurden in insgesamt 252 Schadensfällen finanzielle Entschädigungen in der Höhe von knapp 2,9 Millionen EUR erzielt. Das ist ein bisschen weniger als im Jahr davor. Das finde ich aber eigentlich gut, denn es muss natürlich das Ziel sein, dass wir uns am Ende des Tages vielleicht irgendwann einmal auch die Tätigkeit eines Patientenanwaltes ersparen könnten, wenn das Wiener Gesundheitssystem so top aufgestellt ist, dass wir eben eine Patientenanwaltschaft nicht mehr benötigen. Das ist zwar wahrscheinlich ein Wunschdenke, und keiner von uns hier wird das jemals erleben, das muss aber am Ende des Tages das Ziel sein, meine Damen und Herren. Ich möchte jetzt kurz auf etwas eingehen, was Sie im Bericht auch bemängelt und kritisiert haben, nämlich auf den Ärztemangel im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Wir wissen, dass das ein Thema ist, das nicht nur medial aufschlägt, sondern das uns gerade in der Gesundheitspolitik de facto in Wien tagtäglich begleitet. Wir hatten im Jahr 2023 die Situation, dass acht Kinder- und Jugendpsychiater die städtischen Spitäler verlassen haben und vermutlich auch nie wieder kommen werden, obwohl wir wissen, dass es noch nie so viele Kinder- und Jugendpsychiater gegeben hat wie aktuell. Es gibt laut Wiener Ärztekammer mehr Kinder- und Jugendpsychiater als je zuvor, trotzdem schafft es der Wiener Gesundheitsverbund anscheinend nicht, diese Ärzte davon zu überzeugen, in den städtischen Spitälern zu arbeiten. Im Hinblick darauf sollte man sehr wohl herausfinden, woran das liegt, und sich doch irgendwann einmal auch im Wiener Gesundheitsverbund überlegen, diese Tätigkeit und das gesamte Umfeld attraktiver zu gestalten. Wir können nur darauf hinweisen, und es wäre selbstverständlich die primäre Aufgabe des Gesundheitsstadtrats, diesbezüglich etwas zu unternehmen. Ich vermisse allerdings Ansätze in diesem Zusammenhang. Der Wiener Gesundheitsverbund gibt auch nichts von sich, und somit bleibt das Thema vermutlich ungelöst. Wir müssen halt schauen, wie wir da weiterkommen! Warum habe ich das gesagt? Wir sehen nämlich, dass es im Wiener Gesundheitsverbund diese Probleme gibt, während wir sehen, dass das ein paar Kilometer außerhalb Wiens funktioniert. Vor Kurzem wurde eine Kinder- und Jugendpsychiatrie in Tulln eröffnet, und diese wird heute mit Ärzten und medizinischem Personal bespielt, und zwar tagtäglich. Ein paar Kilometer außerhalb Wiens funktioniert es also, in Wien selbst funktioniert es hingegen nicht! Wie gesagt: Vom Wiener Gesundheitsverbund und auch vom Herrn Stadtrat wird uns, egal, ob in der schriftlichen oder mündlichen Beantwortung von Anfragen, dauernd erzählt, dass man einfach kein Personal findet. - Das mag stimmen, weil der Wiener Gesundheitsverbund eventuell als Arbeitgeber nicht sehr attraktiv ist. Und wenn man sich dann noch ein bisschen in die Materie einarbeitet - und ich habe mir das am Wochenende wirklich angetan und mir das Jobportal des Wiener Gesundheitsverbundes angesehen -, dann stellt man fest: Uns Wienerinnen und Wienern ist ja versprochen worden, dass es im Krankenhaus Nord, heute Klinik Floridsdorf, eine stationäre Kinder- und Jugendpsychiatrie geben wird. Das Spital ist jetzt seit fünf Jahren in Betrieb, diese Station gibt es aber noch immer nicht. StR Hacker erzählt zwar, dass es diese gibt, es ist aber nachlesbar und nachweisbar - egal, mit wem man spricht -, dass es sie nicht gibt. Ich habe mir jetzt einmal angeschaut, wie viele Kinder- und Jugendpsychiater die Klinik Floridsdorf aktuell in ihrem Jobportal sucht. Und ich war ziemlich erstaunt: Sie sucht nämlich keinen einzigen! Einerseits beklagt man sich also, dass man niemanden findet, andererseits sucht man aber im Jobportal niemanden. Ich möchte das jetzt nett formulieren und meine, dass man mit ein bisschen Fingerspitzengefühl sagen sollte, dass man überhaupt niemanden sucht, weil man eh von vornherein weiß, dass keiner kommt, weil die Bedingungen so unattraktiv sind, dass man aber nicht einen solchen Humbug erzählen und sagen sollte: Wir finden niemanden! Ich meine, das kann doch irgendwie nicht sein! Leider Gottes ist das in Wien aber der Fall. Ich habe noch einige Punkte vorbereitet, die allerdings wahrscheinlich beziehungsweise ziemlich sicher erst nächste Woche, wenn beim Rechnungsabschluss Herr StR Hacker auch wieder einmal dabei ist, zur Sprache kommen werden. Dann besteht vielleicht die Möglichkeit, das mit ihm persönlich zu klären. Es gibt nämlich noch sehr viele Dinge, die im Wiener Gesundheitsverbund, nett formuliert, nicht rund laufen und die wir optimieren könnten. Das werden wir aber, wie gesagt, nächste Woche mit dem Herrn Stadtrat persönlich klären. Sehr geehrter Herr Dr. Jelinek! Ihnen sage ich noch einmal ein Dankeschön für den Bericht und wünsche alles Gute. Im Best Case wäre es natürlich am Ende des Tages das Ziel, dass wir uns irgendwann einmal auch die Pflege- und Patientenanwaltschaft ersparen könnten. Als gelernter Wiener befürchte ich allerdings, dass das leider nie der Fall sein wird. - Danke. (Beifall bei der FPÖ) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Prack. Ich erteile es ihm. Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr PatientInnenanwalt! Ich darf heute in dieser Debatte Kollegin Huemer vertreten, die erkrankt ist. Uns liegt der Tätigkeitsbericht der PatientInnenanwaltschaft für 2023 vor, für den ich mich gleich vorab bei Ihnen bedanken will. Man muss leider feststellen, dass der Befund kein besonders positiver ist. Das kann man zunächst an der schieren Anzahl der Beschwerden, die bei der PatientInnenanwaltschaft eingelangt sind, festmachen. Die Zahl der Beschwerden, sowohl betreffend die niedergelassenen ÄrztInnen als auch betreffend die städtischen Krankenanstalten haben zugenommen. Die meisten Beschwerden im niedergelassenen Bereich betreffen übrigens ZahnärztInnen, und im Spitalsbereich betreffen besonders viele Beschwerden die Orthopädie, was auffällig ist, und aber bei Wartezeiten auf einen OP-Termin von derzeit bis zu einem Jahr auch nicht besonders verwunderlich ist. Die Häufung von Beschwerden von Patientinnen und Patienten ist zuallererst die Folge von Personalknappheit. Ich zitiere den Bericht: "Lange Wartezeiten, wiederholte OP-Verschiebungen, Bettensperren und Kommunikationsmängel sind eindeutige Symptome einer zu knappen Personalausstattung." So heißt es auf Seite 23 des Berichtes. Das ist ein dramatischer Befund, sehr geehrte Damen und Herren, denn neben der eingeschränkten Versorgungsleistung, die man dann aus diesem Bericht auch herauslesen kann, erhöht sich durch eine zu knappe Personalausstattung wohl auch die Wahrscheinlichkeit für Behandlungsfehler. Unter Zeitdruck entstehen Fehler, das wissen wir alle. Das ist ein dramatischer Befund, weil auf Grund der langen Wartezeiten eine Mehrklassenmedizin bewirkt wird: PatientInnen, die es sich leisten können, weichen auf Privatspitäler aus. Lange Wartezeiten, wiederholte OP-Verschiebungen, Bettensperren und Kommunikationsmängel. Das klingt zunächst einmal noch abstrakt. Deshalb möchte ich ein paar konkrete Beispiele aus dem Bericht herausgreifen. Es geht darum, dass Spitäler für Mandeloperationen bei Kindern eine Wartezeit von bis zu einem Jahr angeben. Es geht um Fälle wie jenen eines Kindes mit Blinddarmentzündung, das in einem Spital nicht aufgenommen und nicht operiert wurde. Stundenlanges Warten älterer PatientInnen in den Ambulanzen ohne Möglichkeit, etwas zu essen und zu trinken, ist eher die Regel als die Ausnahme. Weiters geht es um Mängel bei der kinderpsychiatrischen Versorgung. Die Abweisung eines suizidgefährdeten Jugendlichen, der danach Selbstmord beging, ist ein besonders drastisches, dramatisches Beispiel in diesem Bericht. In anderen Fällen wird über viel zu frühe Entlassungen und mangelnde Therapien im Spital berichtet. Ein grob mangelhaftes Versorgungsangebot für Long-Covid-Patientinnen wird kritisiert. Es geht um sehr lange Wartezeiten auf MRT-Termine auch in dringlichen Fällen. Lange Wartezeiten, wiederholte OP-Verschiebungen, Bettensperren und Kommunikationsmängel sind eindeutige Symptome einer zu knappen Personalausstattung. Sehr geehrte Damen und Herren! Uns muss klar sein: Wenn das Problem der geringen Personalausstattung im Wiener Gesundheitssystem nicht geregelt wird, dann wird es keine Verbesserung dieses dramatischen Befunds geben. - Ich meine, es würde erstens schon helfen, wenn der Gesundheitsstadtrat bei solchen Debatten anwesend ist, er hat aber auch schon im Ausschuss die Debatte über den Bericht des Patientenanwaltes verlassen. Zweitens würde es helfen, wenn er weniger poltern und ein bisschen mehr ins Tun kommen würde. Wir müssen die Arbeitsbedingungen im Wiener Gesundheitssystem dramatisch verbessern. Wir brauchen attraktivere Arbeitsplätze. Wenn wir das nicht bald angehen, wird sich die Abwärtsspirale, die schon eingesetzt, noch intensivieren und immer schwerer zu bremsen sein. Immer mehr Belastung bei den verbliebenen MitarbeiterInnen führt zu immer geringerer Arbeitsplatzattraktivität. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Arbeitszeitregelungen sind ein zentraler Punkt für attraktive Arbeitsplatzgestaltung, und diesbezüglich ist im WIGEV immer noch deutlich zu wenig passiert. Um auch etwas Positives zu sagen: Die Gesundheitsreform, auf die sich der Bund mit den Ländern geeinigt hat, ist ein wichtiger Wurf, dessen Auswirkungen wir in den kommenden Jahren - also nicht im Berichtsjahr, aber in den kommenden Jahren - zu spüren bekommen werden. Es ist dies ein Schritt in die richtige Richtung und nicht wie die von der FPÖ vorgeschlagene Gesundheitsreform mit der Patientenmilliarde, die quasi nie angekommen ist, was ein Schritt in die falsche Richtung wäre. Der FPÖ-Abgeordnete hat ja die Sitzung nach seiner Rede sofort verlassen. Mit dieser Gesundheitsreform werden die Gesundheitsförderung und die Vorsorge ausgebaut. Nur einige Beispiele: Wir haben gestern den flächendeckenden Ausbau der Frühen Hilfen für Schwangere und junge Eltern diskutiert. Weiters erwähne ich die Influenza-Impfung ohne Selbstbehalt oder die kostenlose HPV-Impfung bis zum 30. Lebensjahr, was übrigens teilweise im Bericht auch gefordert wird. Das Prinzip "Digital vor ambulant vor stationär" wird gestärkt. Gerade wurde auch vom Gesundheitsminister und vom Gesundheitsstadtrat die Erweiterung der Gesundheits-Hotline mit der Nummer 1450 gemeinsam präsentiert. Es werden vermehrt Erstabklärungen bei Beschwerden übernommen und Videoberatungen durch ÄrztInnen angeboten werden. Es wird aber auch der ambulante Bereich durch Fachambulanzen, Tageskliniken und vorgelagerte Einrichtungen erweitert, um den stationären Bereich zu entlasten. Last but not least wird es eine massive Stärkung des niedergelassenen Bereichs geben. Diese Stärkung des niedergelassenen Bereichs ist vielleicht der wesentlichste Punkt, um eine Entlastung der Spitäler zu erreichen. Man sieht das jetzt schon an der doch massiv wachsenden Zahl von geplanten Primärversorgungseinrichtungen. Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Hinsicht hat es einen Dammbruch im positiven Sinn gegeben. Gerade im urbanen Bereich können wir damit die Versorgungsqualität im niedergelassenen Bereich verbessern und Spitäler entlasten. (Beifall bei den GRÜNEN.) Die Gesundheitsreform ist, wie ich es jetzt ausdrücken will, ein wichtiger Lichtblick vor dem Hintergrund dieses durchaus dramatischen Befundes, den es nicht schönzureden gilt. Daher glaube ich, dass wir alle weiterhin viel zu tun haben werden. Man kann sich jetzt auch auf dieser Gesundheitsreform nicht ausruhen. Es gilt vor allem des Personalmangels im Gesundheitssystem und auch im Wiener Gesundheitssystem Herr zu werden. Ansonsten haben wir wirklich ein Problem beziehungsweise wird das Problem, das sowieso schon dargestellt wird, noch größer. Ich habe mich am Anfang schon bei Ihnen im Hinblick auf den vorliegenden Bericht bedankt. Dabei geht es nicht nur um die Arbeit einer einzelnen Person, sondern um die Bemühungen der gesamten Institution PatientInnenanwaltschaft. Insofern bitte ich Sie, Herr Patientenanwalt, auch unseren Dank an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszurichten und beende hiermit meine Ausführungen. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Korosec. Ich erteile es ihr. Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Herr Präsident! Herr Patientenanwalt! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Bericht des Patienten- und Pflegeanwalts, und auch ich bedanke mich am Anfang ganz herzlich bei Ihnen und bei Ihrem Team für die sehr gute und sehr ausführliche Arbeit. Und ich bedanke mich auch für den kritischen Aspekt Ihres Berichts, denn das ist notwendig. Etwas schönzureden, ist recht einfach, man muss aber natürlich den Finger auf die Wunden legen, und das tun Sie. Der Bericht zeigt sehr deutlich auf, dass es in der Gesundheitspolitik beziehungsweise im Gesundheitsbereich in Wien nach wie vor große Missstände gibt. Meine Kollegin hat gemeint, dass es auf Bundesebene jetzt schon eine Reihe von Maßnahmen gegeben hat. - Ja, das ist gut so. Ich bin aber der Meinung, dass in diesem Zusammenhang noch viel mehr folgen muss. Gerade im Bereich des Personals und der Bezahlung - denn die Wertschätzung drückt sich natürlich auch in der Bezahlung aus - ist Gott sei Dank etwas getan worden, wir haben da aber noch sehr viel Nachholbedarf. Jetzt aber Blick auf Wien: Über den Umfang wurde schon gesprochen, das kann ich mir jetzt ersparen. Etwas ist sehr deutlich, dass nämlich in einem Drittel der Fälle Behandlungsfehler behauptet, wenn auch nicht immer gefunden wurden. Ich bin auch ein Optimist, doch ich glaube, ich bin ein relativer Optimist und kann den Optimismus des Kollegen Seidl, der schon geflüchtet ist, nicht teilen, wenn er meint, wir könnten uns die Patientenanwaltschaft und Pflegeanwaltschaft vielleicht einmal überhaupt ersparen. Diese Auffassung kann ich nicht teilen! Es sollte aber von Jahr zu Jahr besser werden. Etwas ist mir aufgefallen: 2,9 Millionen EUR sind heuer für Entschädigung ausgegeben worden. Das ist richtig und notwendig so. Man muss in diesem Zusammenhang aber auch immer wieder feststellen: Ich glaube, 1997 sind die 0,73 Cent festgelegt worden. Das sind jetzt 27 Jahre, und seit 27 Jahren habe auch ich sehr oft und immer wieder gesagt, man sollte das zumindest auf 1 EUR erhöhen. Das ist noch immer nicht passiert. Wir haben das vor 2 Jahren wieder gefordert, und mein Kollege wird heute noch einen entsprechenden Antrag einbringen, denn 27 Jahre später ist die Inflation bei Weitem höher. Hier sollte also tatsächlich etwas geschehen. Dass in einem so sensiblen Bereich wie dem Gesundheitsbereich Fehler vorkommen, lässt sich nicht ganz verhindern. Wir wissen: Überall, wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler. Gerade in diesem Bereich geht es aber nicht um eine Sache, sondern da geht es immer um Menschen. Deshalb sind Fehler in diesem Bereich besonders tragisch, und daher muss man sich hier besonders bemühen. Es wurden tatsächlich sehr, sehr schwerwiegende Fälle aufgezeigt. Es zeigen sich sehr deutlich und in erster Linie systematische Probleme, und im Hinblick darauf muss man sehr wohl eine genaue Analyse einfordern. Mir ist ganz klar, dass die Mitarbeiter in Wiener Spitälern und Pensionisten-Wohnheimen unter sehr schwierigen Bedingungen großartige Arbeit leisten. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.) Herr Dr. Jelinek! Sie kritisieren im Bericht den bestehenden Personalmangel, und Sie sprechen sehr deutlich auch von Mehrklassenmedizin. Ich meine, das ist sehr wohl alarmierend! Ich nenne in diesem Zusammenhang ein paar eklatante Beispiele: Ein Patient mit Kreislaufproblemen und blutigem Durchfall suchte um eine stationäre Aufnahme an. Ihm wurde eine Behandlung im niedergelassenen Bereich mit dem Argument empfohlen, dass sonst im Spital kein Platz für Herzinfarktpatienten wäre. Ein Wachkomapatient lag vier Stunden unbetreut im Wartebereich für Krankenhaustransporte und auf Grund personeller Unterbesetzung und erhöhtem Patientenaufkommen vergaß man in der Leitstelle den Rücktransport. Erwähnt wurde schon die Mandel-OP, Wartezeit ein Jahr. Und besonders problematisch - und mit dem habe ich natürlich in erster Linie zu tun - ist der Umgang mit älteren Patienten, die natürlich oft auch Drehtür-Patienten sind, weil bei ihnen ja sehr oft Krankheiten anfallen beziehungsweise die Krankheit stärker wird. Und viele dieser Menschen sind sehr, sehr einsam. Wir wissen, dass es gerade in Großstädten und in Wien im Besonderen sehr viele Menschen gibt, die allein leben. Und da ist es natürlich ganz besonders wichtig, dass sie das Gefühl haben - und nicht nur das Gefühl haben, sondern dass es auch da ist -, dass ihnen wirklich geholfen wird, dass man sich um die kümmert, vor allem dann, wenn sie entlassen werden. Und da ist auch die Rede von stundenlangem Warten, ohne Essen und Trinken in Notfallambulanzen. Oder bei einem tumorkranken, älteren Patienten wurde vier Mal - das muss man sich einmal vorstellen - das Behandlungsspital geändert, weil nur eine tagesklinische Betreuung möglich war. Weiters wird kritisiert, dass die Palliativabteilung in einem großen Wiener Gemeindespital fehlt, die Palliativabteilung, so unglaublich wichtig für alte Menschen, und deshalb mussten Krebspatienten in Mehrbettzimmern der onkologischen Station versterben. Mehr brauche ich dazu nicht sagen. Jetzt kommt das Entlassungsmanagement. Das Entlassungsmanagement ist unglaublich wichtig, wenn das gut funktioniert, dann ist das Halbe schon gelöst. Und ich muss Ihnen schon sagen, und da freue ich mich auch darüber, ich stehe nicht da, um nur zu kritisieren, ich bekomme auch viele Mitteilungen gerade beim Entlassungsmanagement, wo ich dann angerufen werde von Patienten, die sich bedanken und sagen, ich werde so gut betreut, das hat so gut funktioniert, da ist vorher angerufen worden und ich bekomme schon das Essen auf Rädern. Also in vielen Bereichen funktioniert es. Dort, wo es aber nicht funktioniert, und das ist halt doch noch ein großer Teil, da sind diese Menschen sehr, sehr arm. Ein reibungsloser Übergang in den Alltag sollte eine Selbstverständlichkeit sein, und wirklich zu 100 Prozent. Es handelt sich einfach um ein Managementversagen, was in weiterer Folge, laut Ihnen, Herr Dr. Jelinek, natürlich auch zu Transportwartezeiten führt. Das hat ja alles eine Kettenreaktion. Und da muss ich schon sagen, das ist schon sehr tragisch. Da haben wir zum Beispiel auch einen alleinstehenden Patienten, der wurde im Liegegips nach Hause entlassen, konnte sich nicht selbst versorgen. Offenbar hat man vergessen, etwas zu organisieren, sodass er drei Tage lang keine warme Mahlzeit erhielt. Das muss man sich vorstellen, da muss man sich in so eine Person hineindenken. Eine onkologische Patientin musste auf Grund fehlender Kapazitäten auf eine private Pflegeeinrichtung ausweichen, das angesparte Geld reichte nur für einen Monat. Dann wurde vom FSW ein Platz gefunden, allerdings wieder ohne die benötigte Remobilisierung, die da unbedingt dazugehört. Ein ganz besonders tragischer Fall, ein dementer Patient wurde vom Fahrtendienst nach Abschluss der stationären Behandlung spät abends in das Pensionistenheim zurückgebracht. Es gab nur eine ferngesteuerte Öffnung der Eingangstür. Der Fahrer lieferte den Patienten ab, am nächsten Tag wurde der Heimbewohner tot im Gang liegend vorgefunden. Meine Damen und Herren, das sind alles Fälle, insbesondere der letzte, bei denen unfassbar ist, mit welchem Leid das verbunden ist. Und noch einmal, bei allem Verständnis für Fehler auch im Gesundheitsbereich, hier handelt es sich um systematische Missstände, die von der Stadtregierung zu verantworten sind. (Beifall bei der ÖVP.) Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit das in Zukunft nicht passieren kann. Und da muss man schon sagen, wir haben im Vorjahr einen Antrag zur Optimierung des Entlassungsmanagements gestellt. Das wurde einstimmig von uns allen gemeinsam beschlossen und dem Ausschuss zugewiesen. Im Ausschuss wurde dieser Antrag nie behandelt, er wurde aber von StR Hacker beantwortet: Alles paletti, Entlassungsmanagement ist laut Hacker seit Jahren in Ordnung. Der Bericht heuer zeigt sehr klar auf, Missstände im Entlassungsmanagement sind sehr, sehr stark kritisiert worden. Wir bringen jetzt diesen Antrag wortgleich wieder ein. Ich bedaure, dass der Herr StR Hacker nicht da ist, aber ich werde es ihm schon noch sagen, das muss man wirklich ernst nehmen. Also das enttäuscht mich, jeder, der sich im Gesundheitsbereich ein bisschen auskennt, weiß, wie wichtig das Entlassungsmanagement ist, und dass man da so drübergeht und schreibt, eh alles in Ordnung, was wollt ihr eigentlich, ihr tut nur kritisieren. Ich habe jetzt nur einige Fälle aufgezählt und ich möchte noch einmal sagen: Bei allen Fehlern, die da passieren, geht es nicht um eine Sache, da geht es um Menschen. Und das sollte schon immer allen bewusst sein. (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich nehme an, es wird sowieso gemacht, aber ich sage es trotzdem, ich finde, dass dieser Bericht wirklich eine Pflichtlektüre für uns alle ist, nicht nur für jene Damen und Herren, die im Gesundheitsausschuss sind, sondern das ist wirklich für uns alle sehr, sehr wichtig. Aber ich nehme an, das wird sowieso von allen gelesen. Ich möchte mich jetzt, Dr. Jelinek, nochmals im Namen meiner Fraktion und auch in eigenem Namen sehr, sehr herzlich bedanken. Ich möchte Sie bitten, auch Ihren Mitarbeitern diesen Dank auszusprechen. Hier wird sehr gute Arbeit sehr engagiert und sehr rasch erledigt. (Beifall bei der ÖVP.) Aber ich möchte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Bereich Gesundheit, Pflege, überhaupt im ganzen Gesundheitsbereich tätig sind, wirklich herzlich danken. Die Kritik, die anzubringen ist, hat nichts mit den Mitarbeitern zu tun, sondern mit den politisch Verantwortlichen. Und ich hoffe sehr, dass man es wirklich ernst meint und nicht zur Tagesordnung übergeht und wieder sagt, es ist eh alles paletti. Das ist leider nicht so, und ich erwarte mir Veränderungen. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Abg. Laschan zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg. Dr. Claudia Laschan (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Jelinek! Ich bin sehr froh, dass ich heute wieder einmal zum Patientinnen- und Patientenanwaltsbericht sprechen darf. Ich möchte mich gleich am Anfang von ganzem Herzen für die getane Arbeit bedanken. Ich habe den Bericht mit großem Interesse und großem Vergnügen insofern gelesen, nicht, weil ich mich über die Missstände gefreut habe, sondern weil er so tiefgehend war, weil er so wirklich an den Grundfesten des bisher gelebten Gesundheitswesens gekratzt hat. Und das ist das Wichtige, denn wir müssen in Wirklichkeit aus allem, was wir in dem Bericht gelesen haben, die Schlussfolgerungen ziehen, und ich möchte mich lieber mit den Schlussfolgerungen befassen, was denn die Lösungen wären. Und da ist natürlich das Wichtigste, dass wir eine Finanzierung aus einer Hand bräuchten, wo es nicht dazu führt, dass man sich gegenseitig die Patientinnen und Patienten zuschiebt, wo es nicht diese Überschneidungen gibt, die in Wirklichkeit nur schleppenden Fortschritt möglich machen. Wenn man sich das Gesundheitswesen vor 30 Jahren anschaut, hat sich natürlich einiges zum Besseren verändert, aber viel zu langsam. Wir brauchen in Wirklichkeit eine andere Struktur in verschiedensten Bereichen, und ich möchte über die Verknappung reden, die wir haben. Wir haben Personalknappheit und daher zu knappe Ressourcen. Wir haben zu wenig Geld im System, ich möchte aber gleich dazusagen, ich bin nicht für eine Beitragserhöhung, ich bin dafür, dass wir die strukturellen Fehler und Schwächen zuerst einmal bearbeiten und wirklich umsetzen. Die Gesundheitsreform des Bundes ist eine Reform, ja, aber eine kleine, und hat nicht erreicht, dass wir das, was wir wollen, nämlich Finanzierung aus einer Hand bekommen. Wir haben zusätzliches Geld, aber das ist gebunden für bestimmte Projekte, wir haben nicht diesen Fortschritt, den wir in einem modernen Gesundheitswesen bräuchten. (Beifall bei der SPÖ.) Ich bin der Meinung, dass es zu viele Doppelgleisigkeiten gibt. Und die Patientinnen und Patienten werden alleine gelassen, nämlich auf ihrem Weg im Gesundheitssystem, da sie meistens nicht an der richtigen Stelle landen. Sie lassen sich von der Nachbarin beraten - ich war bei dem Arzt und dort täte ich dir empfehlen, weil der war freundlich und der war gut, geh zu dem hin -, und das ist schon der Anfang des Übels, weil es nämlich meistens die falsche Adresse ist, da die Nachbarin nicht das Gleiche gehabt hat, was man selber hat. Und der Arzt sagt dann, bei mir sind sie falsch. Das ist das Häufigste, was man im Gesundheitswesen immer wieder hört: Bei mir sind sie leider falsch. Und dann geht das los, man ist allein gelassen. Ich möchte nicht das Wort Steuerung verwenden, es soll eine Hilfe für die Patientinnen und Patienten sein, dass man ihnen vorschlägt, wo der geeignete Platz ist, wo man die beste und erste Hilfe bekommen kann. Und da haben wir eine große Auswahl. Aber alles parallel zu machen, führt dazu, dass es auch eine relative Personalknappheit gibt. Ich möchte ein Beispiel bringen, ein Best-Practice-Beispiel aus meiner Sicht, nämlich den Hämatologie- und Onkologieverbund, den Gesundheitsverbund der ÖGK, das ist ein Best-Practice-Beispiel. Wir haben wahnsinnig viele Menschen in Wien und wahrscheinlich auch in ganz Österreich, die eine Anämie, eine Blutarmut haben. Da gibt es viele Ursachen. Die meisten Ursachen sind bei jungen Frauen Eisenmangel, bei älteren auch Eisenmangel, weil das Eisen verloren geht, weil man zum Beispiel einen Polypen im Darm hat. Da sagt man, sie sollen bitte eine Gastroskopie und eine Koloskopie machen. Sehr viele Patientinnen und Patienten werden aber an eine hämatologische Abteilung zugewiesen. Das ist eine Spezialabteilung, die sich nicht mit Eisenmangel beschäftigt, und dann haben wir wahnsinnig viele Patientinnen mit Eisenmangel. Der praktische Arzt - das muss man auch sagen - macht keine Eiseninfusionen, deswegen muss man etwas anderes finden, und in dem Gesundheitsverbund werden zum Beispiel alle, die einen Eisenmangel haben, dann unmittelbar in die Gesundheitszentren der ÖGK geschickt und dort von gleich gut ausgebildeten Leuten wie im Hanusch-Krankenhaus - sozusagen im Hauptkrankenhaus für Hämatologie und Onkologie in dem Bereich - behandelt. Die Qualität dieser Behandlung ist eine gute und in jüngster Zeit ist es sogar gelungen, dass man sogar bei der Anmeldung schon fragt, wie das Blutbild ausschaut und dann schon entscheiden kann - natürlich ist das immer eine ärztliche Entscheidung -, in das Gesundheitszentrum, und der andere Patient, der irgendetwas offenbar Schwerwiegenderes hat, bleibt im Hauptkrankenhaus. Es ist ein kleines Feld, aber ich halte das für ein ideal gelungenes Beispiel. Und das ist nicht etwas, was man erst machen müsste, sondern das gibt es bereits. Wir sind im Hanusch-Krankenhaus entlastet, wir haben zwar die wahnsinnig komplexen Fälle, wenn man das so ausdrücken will - Patientinnen und Patienten sind keine Fälle -, wir haben die komplexeren Situationen, haben aber, da die ganzen Eisenmangelsachen und alles andere woanders behandelt werden - und zwar auch gut - mehr Zeit, uns diesen komplexen Situationen zu widmen. Also ein Best- Practice-Beispiel, und da gibt es sicher viele mehr, das ist jetzt eines, und das sollten wir so machen, das gehört so gemacht. Ich bin der Meinung, dass wir viel brauchen. Vieles gibt es in irgendeiner Form schon, manches noch nicht, aber es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, über 1450 eine Beratung zu bekommen, wo man am besten hingeht. Das halte ich für eine gute Sache, aber wir brauchen natürlich noch viel mehr Digitalisierung, wir brauchen zum Beispiel eine digitale Vernetzung, und da fehlen uns noch ein bisschen die Grundlagen. Herr Dr. Jelinek, das habe ich mir unterstrichen, weil ich es sehr streng gefunden habe, Sie haben die Freiheiten von Wahlärzten einschränken geschrieben und haben das dann natürlich aufgeklärt, was damit gemeint ist, nämlich dass man die Kosteneinreichung für die Patientinnen und Patienten übernehmen sollte und dass es Mindestöffnungszeiten geben sollte. Meiner Meinung nach sollte es auch eine Leistungserfassung und Datenerfassung geben, nämlich zumindest die Diagnosen, natürlich alles anonymisiert, damit auch der große Bereich der Wahlärztinnen und Wahlärzte, und das ist der größere Bereich als der der Kassenärzte, erfassen kann, um welche Erkrankungen es geht und man daraus epidemiologische Ableitungen treffen kann, nämlich, wo brauchen wir mehr in Zukunft, und wo brauchen wir vielleicht weniger. Das ist eine ganz wichtige Sache. Und das Allerwichtigste wäre: Wenn etwa eine ältere Dame beispielsweise in einer Diabetesambulanz in einem Krankenhaus ist, dort alle Monate kontrolliert wird und sozusagen fix verankert ist, aber gleichzeitig bei zwei Internisten ist, der eine für das Herz und der andere etwa für irgendeine Nierenkrankheit, obwohl das eigentlich alles zusammenhängt, dann ist das eine Doppelgleisigkeit. Die Leute gehen da immer wieder hin und niemand weiß, welche Medikamente werden aktuell eingenommen, da nämlich diese Erfassung, diese Dekurse, die wir in die Ambulanzkartei schreiben, natürlich im Computer - das heißt Ambulanzkartei -, nicht für alle einsehbar ist. Und dort würde drinnenstehen, dieses Medikament wurde deswegen abgesetzt und das andere wird jetzt begonnen. Aber das weiß dann der 17. Internist nicht, wo die dann hingeht. Und da wird gefragt, was genommen wird, und dann ist das noch ein Glück, wenn man das auch auflisten kann. Aber meistens ist es nicht so. Und das erlebe ich oft in meiner alltäglichen Praxis in der Ambulanz, dass man dann verschiedene Medikamente gleicher Ordnung hat, dass jemand ein Generikum mit einem völlig anderen Namen einnimmt und das Originalpräparat auch. Das kann ja nicht gesund sein. Das sind dann die Fehler, die aus dieser mangelnden Vernetzung resultieren, und das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, das muss geändert werden. Das wäre zum Beispiel etwas für ein neues Projekt, dass man das angeht und diese Vernetzung ganz schnell umsetzt. Diese Vernetzung ist aber nur dann möglich, wenn es alle machen. Und Gott sei Dank ist es jetzt erreicht worden, dass die Leistungserfassung für die niedergelassenen Kassenärztinnen und Kassenärzte angegangen wird, dass zumindest das ICD-10-System, also die Diagnosen und was ich gemacht habe, festgehalten werden muss. Das halte ich für eine ganz, ganz wichtige Voraussetzung. Wenn man sich da angeschaut hat, was in Estland schon weitergegangen ist, wo alles digitalisiert ist, wo jeder Mensch eine eigene Gesundheitsakte hat und wo ganz klar die Daten geschützt sind, weil man immer sehen kann, welcher Arzt, der mich irgendwo behandelt hat, hat da reingeschaut. Das kann ich selbst sehen und da könnte ich den Arzt ja fragen, wieso er da reingeschaut hat, es war gar kein Anlass. Deswegen funktioniert das dort. Und das muss ja umsetzbar sein, wir sind ja kein Entwicklungsland. Das müsste ja in Österreich auch umsetzbar sein, und ich halte das für eine dringende Notwendigkeit. Und wenn wir über die Ombudsstellen sprechen, natürlich bekomme ich wie alle anderen auch immer wieder Telefonate, wo ich halt dann versuche zu helfen, versuche, einen Rat zu geben, wo man sich hinwenden kann, und so weiter, und so fort. Aber es kommen natürlich auch Beschwerden, wo es meiner Meinung nach oft ein Kommunikationsproblem war, das dann eskaliert ist. Und wenn Menschen dann an die Ombudsstelle schreiben, was ihnen da passiert ist oder wie sie das empfunden haben, und dann als Antwort kriegen, das war nicht so - natürlich höflicher formuliert -, dann weiß ich nicht, wozu wir die Ombudsstellen brauchen, denn der Ärger ist dann noch viel höher, als man hätte nicht geschrieben, hätte sich nicht beschwert und hätte es einfach vergessen. Und das, glaube ich, gehört auch berücksichtigt. Es ist nämlich schon so, dass oft einmal eine Entschuldigung, auch wenn man jetzt nicht grob fahrlässig gehandelt hat, dann hilft. Und ich glaube, man sollte das auch unter dem Aspekt sehen, dass es sich um Patientinnen und Patienten handelt, und das Wort "Patient" kommt ja von Geduld. Das sagt ja schon, was für eine Abstufung da ist, das Medizinpersonal und der arme Patient. Das ist ja so, man kommt ja in ein Spital oder zu einem Arzt, wenn einem was fehlt, nämlich die Gesundheit. Und da ist man in einer automatisch bedauernswerten Situation. Und wenn man dann noch irgendwie angeherrscht oder ungeduldig behandelt wird, dann ist es nicht richtig und dann wäre eine Entschuldigung gescheit. Also ich glaube, dass die Struktur der Ombudsstellen auch verändert werden muss. Entschuldigen wir uns ganz einfach mehr, dann helfen wir uns allen. Einen Punkt hätte ich noch, die MRT-Wartezeiten. Die haben Sie auch erwähnt und darauf hingewiesen, dass es eine Vereinbarung zwischen dem Dachverband der Sozialversicherungsträger und dem jeweiligen Vertragspartner gibt, dass man ein MRT binnen 20 Tagen haben muss, und wenn es dringend ist, binnen 5 Tagen. Jetzt ist es natürlich so, wenn es ganz dringend ist, muss man gleich ins Spital, aber das macht man eh. Wenn etwas ist, wo ein sofortiges MRT notwendig ist, nämlich Verdacht auf Schlaganfall, kommt man ins Spital. Aber wenn zum Beispiel im Auge etwas ist, und da haben Sie ein Beispiel genannt - da hat eine Augenärztin eine Akutzuweisung geschrieben -, dann sollte man meiner Meinung nach mindestens binnen fünf Tagen diese MRT-Untersuchung haben. Und ich frage mich schon, wie das geht, wenn man begründet, man hat zu wenig Platz in der MRT-Ordination, also keine Kapazitäten, und dann kommt einer und sagt, ich zahl mir das aber selbst, dann hat er schon die Kapazität. Das ist für mich jetzt nicht ganz erklärbar, wie man das rechtfertigen soll, der, der zahlt, kommt dran. Das ist natürlich eine Zweiklassenmedizin, und dass wir eine Mehrklassenmedizin haben, ist aber schon lange bekannt, hoffentlich. Wir haben immer wieder gehört, von allen möglichen Leuten, na ja, ist alles toll und großartig und wir haben keine Zweiklassenmedizin. Das ist schon lange nicht mehr so und das liegt nicht nur an der Politik. Es liegt auch daran, dass es einfach überbordende Begehrlichkeiten gibt. Ich rede jetzt auch von Ambulatorien, wo irgendeine Firma, vielleicht irgendwann einmal die Firma Pepsi Cola dann sagt, wir machen ein Gesundheitszentrum in Wien. Das möchte ich nicht haben, das möchte ich gleich auch einmal sagen, dass man das absolut verhindern muss. Das muss man verhindern, denn das führt zu einer Noch-Mehr-Klassen-Medizin und das führt zu einer absoluten Schieflage. Ich halte das für wirklich gefährlich. Und ich halte das auch insofern für Patientinnen und Patienten gefährlich, auch für die, die sich das leisten wollen, denn, wie wir genau wissen, wird in so teuren Bereichen, wo teure Therapien verwendet werden, auch - ich muss das vorsichtig ausdrücken - Schindluder getrieben, indem man eher sozusagen die Bereicherung dieser Institution dem Gesundwerden vorzieht und die Leute einfach ausnimmt. Und das ist auch eine Entwicklung, die nicht gut ist. Zusammengefasst gesagt, wenn man nach Deutschland schaut, das ist nur eines von vielen Ländern, da sind die ganzen öffentlichen Krankenhäuser privatisiert worden, das heißt, gewinnorientiert und das heißt auch, eine Mehrklassenmedizin. Und dort ist es dann aber so, dass auch in den nicht mehr öffentlichen Spitälern, also in den Privatspitälern extrem geschaut wird, welche Untersuchungen mache ich und welche nicht, denn da habe ich nämlich selber Nachteile, wenn ich dort angestellt bin, das hat man uns dort sehr gut erklärt. Der Manager dieses Spitals hat gut erklärt, dass man als Anforderer, wenn ich eine MRT-Untersuchung im Spital anfordere, das gut begründen muss, beziehungsweise, wenn es auch gut begründet ist, man quasi dafür haftet. Das heißt, das Einkommen kann dann weniger sein, wenn man zu viele teure Untersuchungen macht. So ist das in Hamburg. Das möchte ich niemals in Wien erleben. Deswegen, achten wir darauf, dass wir eine öffentliche Gesundheitsversorgung haben, eine ausgezeichnete öffentliche Gesundheitsversorgung, die nicht gewinnorientiert ist, sondern den Menschen, den Patientinnen und Patienten zugewandt, die im Moment sehr viel Geduld haben müssen. Und wir werden alles daransetzen, diese Ziele umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ und von Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Gorlitzer. Ich erteile es ihm. Abg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Dr. Jelinek! Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal ein großes Dankeschön an das Team von der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft und an den Herrn Doktor für seinen sachlichen und auch sehr ausführlichen Bericht. In der Statistik zeigt sich, dass die Fallzahlen etwas zurückgegangen sind, allerdings auf der anderen Seite der Betrag der entschädigten Fälle seit 2019 deutlich gestiegen ist, auf über 2,9 Millionen EUR. Was wir in diesem Bericht der Patientenanwaltschaft sehen, und wir haben das schon einmal miteinander besprochen, ist eigentlich die Spitze des Eisberges. Die Patientenanwaltschaft ist dafür da, rasch und unbürokratisch zu helfen. Das tut sie auch, mit hoher Effizienz. Was auch in diesem Bericht drinnensteht, ist, der Aufwand der zu bearbeitenden Fälle wird auch immer komplexer und benötigt viel Geduld, viel Zeit und auch viel Fingerspitzengefühl. Das ist richtig, denn auch die Medizin wird komplexer, aber auch die Erwartungshaltung der Menschen wird immer mehr und widerspricht allerdings dem Gesundheitsbewusstsein und der Gesundheitskompetenz in unserer Bevölkerung. Das zeigt sich auch in den Zahlen. Nur 22 Prozent der Beschwerden sind berechtigt oder teilberechtigt. Und was einen eigentlich als Mediziner ein bisschen beruhigt, ist, von diesen 8.500 Anfragen und Eingaben betreffen nur 10 Prozent Behandlungsfehler. Und da sieht man auch, wie komplex die Materie ist. 44 Prozent dieser Behandlungsfehler sind noch in Bearbeitung, weil eben die Patienten, um die es da geht, möglicherweise gar nicht fehlbehandelt sind, sondern weil die Komplexität der Behandlung und auch die Polymorbidität, also die Vielfacherkrankungen immer mehr werden, und nur 9 Prozent haben eine entsprechende Entschädigung durch Behandlungsfehler erhalten. Was aber viel öfter vorkommt, und Frau Dr. Laschan hat es schon angesprochen, sind Beschwerden über Wartezeiten, OP-Verschiebungen, Bettensperren und fehlendes Personal. Ja, das ist ein Strukturmangel, den wir als Wiener ÖVP auch immer wieder kritisieren, denn so kommt es zu den Fehlern. Sie schreiben das auch in Ihrem Bericht: Inwieweit ein Personalmangel für Behandlungsfehler ursächlich ist, lässt sich naturgemäß nicht eindeutig feststellen, aber es besteht ein Zusammenhang zwischen Zeitdruck und individueller Fehlleistung. Ja, das stimmt, Zeitdruck, fehlendes Personal, Überlastung führen zu Fehlleistungen. Das sind oft auch strukturelle Probleme, deswegen kommt es zu OP-Wartezeiten. Und es ist immer ein menschliches Schicksal, das dahintersteht. Das ist auch für den Arzt nicht sehr angenehm, wenn man zum Patienten kommt und sagt, leider kommen sie heute nicht mehr dran, sie werden auf den nächsten Tag verschoben. Dann kommen sie am nächsten Tag wieder und sagen das Gleiche. Das ist nicht nur für den betroffenen Menschen sehr unangenehm, sondern auch für das Personal. Strukturelle Probleme sieht man an Beispielen, die in dem Bericht stehen, wie zum Beispiel die eine Patientin, die für eine Dauerkatheteranlage in ein falsches Spital gebracht und dann wieder woanders hingebracht worden ist. Das sind Probleme, die hausgemacht sind. In Wien werden gut funktionierende Abteilungen geschlossen, zum Beispiel urologische Abteilungen, unter dem Vorsatz, dass man sie zusammenlegt und dort durch vermehrte Fallzahlen oder OP-Tätigkeit eine verbesserte Versorgung vorfinden kann. Auf der anderen Seite bauen wir Abteilungen zentralisiert auf, aber stellen dort nicht genug Ressourcen zur Verfügung, damit das auch funktioniert. Das sind klare strukturelle Probleme, die man benennen und die man auch beheben muss. Nur der Herr Stadtrat schaut eigentlich regelmäßig weg. (Beifall bei der ÖVP.) Sie können das übrigens heute nachlesen, da gibt es eine Doppelseite in der "Kronen Zeitung", auf Seite 16, glaube ich, über die HNO-Abteilungen, die nicht funktionieren, oder die Misere in der Unfallchirurgie in ganz Wien, die sicher im Sommer gravierend wird. Übrigens: Orthopädie, Unfallchirurgie, auf diesem Fachgebiet sind die meisten Anliegen 2023 vorgebracht worden. Ich fürchte, der 2024-Bericht wird dort eine deutliche Steigerung sein, denn durch die Schließung des Lorenz Böhlers jetzt im Sommer wird das Krankenhaus Meidling Sommersperre haben, das AKH sperrt ebenfalls zu. Also wir haben jetzt schon, das sehen wir ja schon seit Wochen, einen Engpass bei der Versorgung von orthopädischen und traumatologischen Patienten. Und die Frau Dr. Laschan hat immer gesagt, wir haben eine Zweiklassenmedizin. Ja, wir haben eine Zweiklassenmedizin und die wird auch immer stärker werden, denn, wenn wir im öffentlichen Bereich immer mehr eine Verknappung anbieten, was bleibt einem dann über? Wenn Sie auf eine Hüftoperation acht bis zehn Monate warten, dann werden Sie schauen, was das kostet, wenn Sie im Privatspital operiert werden möchten, da geht es natürlich ein bisschen schneller. Aber wenn wir eine Verknappung im öffentlichen Bereich anbieten, na, dann wird das ganze System in den privaten Sektor abwandern. Und das kann nicht das Interesse der Stadtregierung und von uns allen sein. Zu einem wesentlichen Punkt möchte ich noch kommen, auf den wir von der Volkspartei seit vielen Jahren hinweisen, dass wir die Long-Covid-Patienten, die Langzeitfolgen der Covid-19-Infektion nicht ausreichend versorgen und behandeln können. Auch das haben Sie in Ihrem Bericht sehr genau beschrieben, dass wir einen dringenden Bedarf an mehr Long-Covid-Ambulanzen und an der Verbreitung von Forschungsergebnissen in diesem Bereich haben. Ich möchte auf die Empfehlungen des Wiener Pflege- und Patientinnen- und Patientenanwalts eingehen. Hier wird ein höherer Personalstand bei Ärzten, Assistenten und Pflegekräften gefordert, eine Erfüllung von Teilzeitwünschen und verlässliche Dienstpläne. Eine Erfüllung von Teilzeitwünschen finde ich jetzt besonders lustig. Sie haben heute, glaube ich, ein Statement im ORF abgegeben, der Herr Stadtrat ist schon lange mit dieser Idee schwanger, dass man teilzeitbeschäftigten Ärzten ein Nebenbeschäftigungsverbot ausspricht, das heißt, dass sie nebenher keine Wahlarztordination führen dürfen. Das betrifft ja nicht einmal 1 oder 2 Prozent aller Spitalsärztinnen und -ärzte, die zwischen 10 und 20 Stunden beschäftigt sind. Das wird das Problem nicht beheben und ist an sich eine Nebelgranate, die hier zu Lasten der Wertschätzung aller Ärztinnen und Ärzte in Wien abgeworfen wird. Bezüglich eines effizienteren Ressourceneinsatzes habe ich schon Stellung bezogen, man kann Abteilungen nur zusammenlegen, wenn man gleichzeitig auf der anderen Seite ausreichend Ressourcen schafft. Wir von der Wiener Volkspartei sind gegen Verbote und Zwänge, wie sie der Herr Landesrat, Stadtrat vorhat, wir sind eher für Anreize und Flexibilität für das Personal, dann werden wir das Personal halten und auch weiter motivieren. Ein Punkt fehlt mir ein bisschen in Ihrem Bericht, der war nämlich 2022 ein Schwerpunkt, die Gefährdungsanzeigen. Ich möchte das kurz deswegen ansprechen, weil der Herr StR Hacker vor Kurzem gesagt hat, die Gefährdungsanzeigen sind in Wien zurückgegangen, deswegen geht es dem Personal ja deutlich besser. Das ist sicher der falsche Parameter, um die Zufriedenheit des Personals hier zu reflektieren. Dazu haben Sie leider keine Stellung mehr bezogen, obwohl die Gefährdungsanzeigen auch die Spitze des Eisberges an Problemen im Wiener Gesundheitsverbund sind. Das Problem ist, dass sie oft nicht weiterbehandelt werden oder sogar am Schreibtisch landen. Zuletzt muss man noch den Patientenentschädigungsfonds ansprechen. 0,73 EUR pro Tag werden hier für maximal 28 Tage abgezogen. Die Kollegin Korosec hat schon gesagt, seit über 20 Jahren wurde das nicht angehoben, und wie wir sehen, wie ich eingangs berichtet habe, steigt ja die Notwendigkeit des Finanzbedarfs im Patientenentschädigungsfonds. Das ist auch gescheit. Deswegen stellen wir einen entsprechenden Beschlussantrag, diesen Betrag auf 1 EUR pro Tag zu erhöhen. Zuletzt noch ein Dank auch an den Beirat des Patientenentschädigungsfonds. Der macht das nämlich ehrenamtlich. Sowas gibt's in Wien auch, ehrenamtliche Beiräte, das ist ein bisschen anders als im Kulturbereich. - Und nochmals ein Danke an Herrn Dr. Jelinek und sein Team, ich wünsche Ihnen alles Gute. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Ernst Woller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Konrad. Ich erteile es ihm. Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Pflege- und Patientenanwalt! Ich darf heute unseren Gesundheitssprecher Stefan Gara vertreten und natürlich Ihnen auch im Namen der NEOS-Fraktion ganz herzlich für die vorzügliche Arbeit des vergangenen Jahres danken. Denn mit Ihren umfassenden Berichten schafft die Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft eine fundierte Grundlage für Entscheidungen für die verschiedenen Akteure in der Gesundheitspolitik und im Gesundheitsbereich. Sie stellt ein wichtiges Bindeglied zwischen der Bevölkerung und den politischen Entscheidungsträgern dar und sorgt dafür, dass die Anliegen der Menschen im Gesundheitssystem Gehör finden. Sie vermittelt bei Konflikten, klärt zu Fragen bei ELGA im Rahmen der ELGA-Ombudsstelle auf, und sorgt damit für ein Klima der Kooperation zwischen den PatientInnen und den Akteuren im Gesundheitsbereich. Daher ist die Wiener PatientInnenanwaltschaft aus unserem Gesundheitssystem nicht mehr wegzudenken. Der Gesundheitsbereich ist einer der komplexesten Bereiche in der Regulierung, einerseits, weil er kompetenzrechtlich sehr zersplittert ist, und andererseits auch eine Vielzahl von Akteuren hier auftreten, die sich auch oftmals diametral in den Interessen entgegenstehen. Gute Gesundheitspolitik erfordert daher besonders viel Feingefühl, und die Qualität Ihrer Arbeit zeigt, dass Sie und Ihr Team dieses Feingefühl jedenfalls aufweisen. Ein Blick in Ihren umfassenden Bericht zeigt unterschiedliche Problemfelder im Gesundheitswesen auf. Einerseits geht es um Strukturprobleme. Der Personalmangel führt zu langen Wartezeiten, und der Bericht verweist auch darauf, dass auch im Jahr 2023 zahlreiche Beschwerden ihre Ursache in genau diesem Personalmangel im Spitalsbereich haben. Entscheidend ist die adäquate Behandlung der PatientInnen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Gäbe es ein ausreichendes Angebot an KassenärztInnen, so würden PatientInnen nicht leichtfertig in Spitalsambulanzen stürmen, was eine beträchtliche Entlastung für die Krankenanstalten mit sich brächte. Daher wäre der Bund gefordert, ganz dringend eine einheitliche Finanzierung des Gesundheitssystems aus einer Hand auf die Beine zu stellen. (Beifall bei den NEOS.) Es müsste für ein kostenschonendes, besseres und patientenorientierteres System das extramurale Angebot ausgebaut werden. Es müsste von den Kassen sichergestellt werden, dass flächendeckend Kassenplätze zur Verfügung gestellt werden, aber auch, dass die Leistungskataloge entsprechend attraktiv sind. Es ist Aufgabe des Bundes, die ÖGK hier in die Pflicht zu nehmen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ein modernes ärztliches Berufsleben zu schaffen. Der Bericht stellt auch einen Mangel an Kassenplätzen in der Psychotherapie dar, darunter leiden insbesondere Kinder und Jugendliche, eine Tatsache, die wir NEOS seit geraumer Zeit thematisieren. Mit regelmäßiger und leistbarer Psychotherapie würde vielen jungen PatientInnen ein stationärer Aufenthalt erspart bleiben und andererseits wären die stationären Plätze damit frei für die wirklich schweren Fälle. Nicht zuletzt stellt der Bericht auch fest, dass wir uns viele Kosten im Gesundheitssystem durch Prävention ersparen könnten. Prävention kommt im österreichischen Gesundheitssystem viel zu kurz. Es gibt auch zu wenig Aufklärung über die Gesundheitsthemen an den Schulen, hier bräuchte es auch eine Umgestaltung des Lehrplans. Und es gibt auch keinen Konsens der Versicherungsträger darüber, was eine Präventionsleistung im System ist. Hier bräuchte es die nationale Vereinheitlichung der Präventionsleistungen inklusive der entsprechenden Honorierung. Sie sehen also, in dem Bericht der Pflege- und PatientInnenanwaltschaft werden zahlreiche Verbesserungspotenziale im Gesundheitswesen aufgezeigt. Ich darf Ihnen im Namen meiner Fraktion ganz herzlich dafür danken, und wir hoffen natürlich, dass Sie auch genügend Gehör bei den entsprechenden Entscheidungsträgern dafür erhalten. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Ernst Woller: Ich erteile nun Herrn Patientenanwalt Dr. Gerhard Jelinek das Wort. Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwalt Dr. Gerhard Jelinek: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Vorweg gleich einmal herzlichen Dank für die lobenden Worte, das tut uns natürlich gut. Ich weiß, dass so eine Landtagssitzung sehr anstrengend ist, und ich kann mir vorstellen, dass, wenn ich jetzt aus meiner vorbereiteten Kurzfassung zitiere, Sie die eine oder andere Wiederholung vorfinden werden. Ich bitte Sie um Entschuldigung und werde, soweit es mir möglich ist, improvisieren und etwas weglassen. Bei manchen Dingen schadet es allerdings auch nicht, wenn man sie zwei Mal sagt. Also, ich freue mich, dass ich Ihnen den Jahresbericht 2023 hier präsentieren darf, ein Jahr, das durchaus etliche "Ereignisse", wenn man so sagen darf, im Gesundheitswesen mit sich gebracht hat. Ereignisse sind in dem Zusammenhang nicht immer nur etwas Negatives, sondern, wie ich schon in meinem Vorwort aufgezeigt habe, es hat auch positive Entwicklungen gegeben. Ich zähle dazu Aspekte der Gesundheitsreform, ich meine, dass die Gehaltsabschlüsse durchaus okay waren, ich glaube, dass es gut ist, dass in der Wiener Ärztekammer wieder ein bisschen Ruhe eingekehrt ist, und ich finde es natürlich auch positiv, dass die Auswirkungen von Covid ein bisschen nachlassen. Aber es gibt auch genug Baustellen, die Unverständnis und Sorge bereiten, und natürlich muss sich der Bericht einer Pflege- und PatientInnenanwaltschaft mit diesen Schattenseiten auseinandersetzen. Der Bericht ist von der Gliederung her ziemlich gleich geblieben wie der Vorjahresbericht, wir haben nur versucht, die Statistik noch ein bisschen weiter nach vorne zu bringen, weil manche Leute ja sehr zahlenaffin sind, und die sollen gleich am Anfang ihre Vergleichsbedürfnisse befriedigen können. Was wir auch gemacht haben, ist, noch einmal den Teil mit den praktischen Fällen ein bisschen zu kürzen und zu straffen, weil wir auch das Missverständnis vermeiden wollen, dass man aus diesen von uns zitierten Fällen jetzt einen direkten Schluss auf aktuelle Strukturprobleme zieht. Ich möchte betonen, dass sich manche dieser Fälle schon in früheren Jahren ereignet haben und erst im Berichtsjahr aufgeklärt werden konnten, und es sind in erster Linie Fälle, die wir zitieren, um unsere Arbeitsweise zu veranschaulichen und halt ein bisschen stolz auch zu präsentieren, wo es uns gelingt, besonders viel Entschädigung herauszuholen. Zum Statistikteil wurde ja ohnehin schon von meinen Vorrednern und Vorrednerinnen einiges erzählt. Wir haben einen Rückgang an schriftlichen Eingaben und an Vorsprachen, andererseits ist die Zahl der Beschwerden, die sich auf Behandlungsfehler gestützt haben, gestiegen. Ebenso ist der Wunsch stark gestiegen, Patientenverfügungen zu errichten, die ja auch bei der PatientInnenanwaltschaft und Pflegeanwaltschaft angeboten werden. Mit Anfallszahlen eine Belastung messen zu wollen, ist allerdings in meinen Augen immer etwas problematisch, natürlich kann man Trends daraus ableiten, aber eine Aktenzahl sagt nichts darüber aus, wie komplex ein Fall ist, es hängt oft von der Hartnäckigkeit eines Beschwerdeführers, einer Beschwerdeführerin ab, ob man schnell zu einem Ergebnis kommt. Es hängt aber viel mehr noch davon ab, wie kooperationsbereit, aufklärungswillig die belangte Seite ist, denn, wenn man da sehr schnell Aufklärung bekommt, dann kann man auch schnell etwas tun, ansonsten müssen wir mit unseren Vertrauensärztinnen und -ärzten versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen. Das heißt, manche Fälle lassen sich einfach an und werden dann immer komplizierter. Was man jedenfalls sagen kann, was ich schon erwähnt habe, ist, dass wir im Vorjahr mehr Beschwerden über Behandlungsfehler gehabt haben und dass auch die Entschädigungen, die wir erzielen konnten, mit rund 1,7 Millionen sehr deutlich gestiegen sind. Wenn man dann noch dazuzählt, was wir aus dem Wiener Härtefonds und aus dem Patientenentschädigungsfonds an die Patientinnen und Patienten auszahlen konnten, dann kommen wir auf ungefähr 3 Millionen EUR, und das ist schon ein sehr anständiger Betrag. Es ist uns auch gelungen, obwohl die Fälle, wie ich gesagt habe, doch relativ komplex sind, mehr als die Hälfte der im Vorjahr angefallenen Beschwerden sofort im Anfallsjahr zu erledigen. Nach dem Kapitel Statistik gibt es dann einen relativ breiten Abschnitt mit der Überschrift "Qualitätssicherung" und drei Unterabschnitten, nämlich intramuraler Bereich, extramuraler Bereich und Sonstiges. Wie schon zitiert wurde, haben wir im intramuralen Bereich vor allem die Vorwürfe Personalmangel und Mehrklassenmedizin und die daraus resultierenden Beschwerden, die sich halt auf ewige Wartezeiten auf OP-Termine, mehrmalige Verschiebung von OP- Terminen beziehen, auf Kommunikationsprobleme - man findet keine Ansprechpersonen, die einen ordentlich informieren, was die nächsten Behandlungsschritte sind. Und es geht auch um das immer wieder gerügte Unverständnis von Krankenhauspersonal gegenüber PatientInnen, wenn man meint, die gehören gar nicht ins Spital, aber umgekehrt aus der Sicht der PatientInnen, wenn sie draußen keine Versorgung kriegen, dann gehen sie halt ins Spital. Und wenn sie dann dort noch gerügt oder rausgeworfen werden, weil es heißt, sie seien dort falsch, dann ist das auch nicht der richtige Zugang, wie wir meinen. Es gibt im stationären Bereich jedenfalls dringenden Bedarf an psychiatrischen Abteilungen, an psychiatrischen Behandlungsplätzen, und, was auch schon erwähnt wurde, das Long-Covid Patienten-Behandlungsangebot sollte sich nicht auf den extramuralen Bereich reduzieren. Das hat am Anfang recht gut funktioniert, da hat es Ambulanzen gegeben, wo sich die PatientInnen hinwenden konnten, jetzt ist man jedoch der Ansicht, das können eh die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Unsere Erfahrung beziehungsweise die Erfahrung der PatientInnen ist allerdings, dass das so eine Querschnittsmaterie ist, wo die Allgemeinmediziner nicht die nötigen Expertisen haben, und dann werden die PatientInnen wieder von einem Arzt zum anderen geschickt und müssen sich alles selbst organisieren, was man vereinfachen könnte, hätte man entsprechendes Ambulanzangebot. Ausweg bei diesen Wartezeiten auf OP-Termine ist halt, und deswegen spricht man dann immer von einer Mehrklassen- oder Zweiklassenmedizin, dass man letztlich das Geld aus dem eigenen Börsel nimmt und in die Privatklinik geht. Dort kriegt man dann schnell einen Termin, aber das ist nicht unser Verständnis von einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem. In den Empfehlungen zu diesem Bereich habe ich versucht, mehrere Ansatzpunkte zu finden. Es gibt einerseits natürlich die Möglichkeit, Personalmangel durch Erhöhung des Personalstandes zu kompensieren. Das geht nicht von heute auf morgen, so schnell werden Ärztinnen und Ärzte nicht fertig, aber man muss, glaube ich, schon darüber diskutieren, ob man die StudentInnenzahlen erhöhen soll, oder nicht. Auf der anderen Seite, wenn ich weniger PatientInnen habe, dann brauche ich nicht so viele ÄrztInnen. Das heißt, wenn ich in der Prävention mehr tue, wenn wir nicht so viel Reparaturmedizin machen, sondern für ein gesünderes Leben sorgen - da gehören Präventionsmaßnahmen im Schulalter dazu, Impfangebote, und so weiter -, dann brauche ich natürlich weniger Personal. Und der dritte Ansatzpunkt in meinen Augen ist, dass man die Ressourcen, die man hat, effizienter einsetzt. Das kann durch Arbeitsteiligkeit zwischen ÄrztInnen und Pflegepersonal passieren, das kann durch bessere Nutzungen digitaler Möglichkeiten geschehen. Wahrscheinlich gibt es nicht nur einen Lösungsansatz, sondern man muss alle drei Ansätze kombinieren, um schnelle Ergebnisse zu erzielen. Im extramuralen Bereich ist besonders häufig festzustellen, dass sich die PatientInnen darüber beschweren, dass es zu wenig Kassenärzte gibt und daher die Wartezeiten enorm sind beziehungsweise man in weit entfernte Bezirke ausweichen muss, um noch KassenärztInnen zu finden, nicht nur im Bereich der Allgemeinmedizin, sondern auch im Bereich etlicher Fachrichtungen. Und dann geht es um die schon erwähnten Wartezeiten auf MRT und andere radiologische Untersuchungen. Es ist nicht wundersam, dass da ein Gerät nicht zur Verfügung steht und dann plötzlich bei privater Bezahlung zur Verfügung steht, die haben eh genug Geräte, aber die Kasse finanziert nur eines von diesen vielen Geräten. Und wenn man nachrechnet, dann kommt man zum Ergebnis, es sind in Summe zu wenige Kassengeräte. Die Wiener Bevölkerung ist gestiegen, und wir haben immer noch die Zahl der Kassen-MRT- Geräte wie vor fünf oder vor zehn Jahren. Und da muss man sich, wenn man bei der Landeszielsteuerung diese Verhandlungen führt, einmal überlegen, was ist denn wirklich realistisch. Und ich glaube nicht, dass der Weg ist, zu sagen, na ja, die Ärzte sollen halt nicht so viele MRT-Zuweisungen machen, in anderen Ländern machen sie das auch nicht. Das heißt ja nicht, dass diese MRT-Zuweisungen falsch sind, vielleicht haben wir gewissenhaftere Ärztinnen und Ärzte als andere Länder. Nur deshalb, weil es in Deutschland weniger MRT-Zuweisungen gibt, kann man nicht sagen, dass unsere Ärzte da falsch agieren. Covid 19 hat, wie gesagt, nachgelassen. Man könnte annehmen, jetzt ist es viel leichter, ärztliche Termine zu finden, Medikamente zu bekommen. Die Realität zeigt uns allerdings, das ist nicht der Fall. Dazu hat das Vorjahr auch noch gezeigt, dass diese Impfaktionen, wie sie bei Influenza und Covid vonstattengegangen sind, mehr als mangelhaft waren. Wir haben sehr, sehr viele Patientinnen und Patienten gehabt, die sich beschwert und gesagt haben, sie haben keinen Impftermin bekommen, sie wissen nicht, welche Ärztinnen und Ärzte eigentlich impfen. Hausbesuche hat es überhaupt nicht gegeben. Die Krankenkasse hat, wenn jemand nicht mobil war und gesagt hat, ich möchte zu meinem Arzt transportiert werden, denn ich kann mir die Impfung nur so organisieren, gesagt, das ist kein Krankentransport, wenn man eine Impfung haben möchte, das kann sie nicht zahlen. Also im Bereich der Impforganisation gibt es viel zu verbessern. Was machen die Leute in der Not? Sie zahlen es wieder selber, sie gehen zum Wahlarzt, und auf die Art und Weise finanzieren wir unser Gesundheitssystem zum Teil eben privat. Was auch sehr beklagt wird, sind die langen Wartezeiten bei der PVA, wenn es um Pflegegeldeinstufungen oder die Anerkennung von Berufsunfähigkeit im Zusammenhang mit Long Covid geht Bis da die ersten ärztlichen Untersuchungen stattfinden, kann es oft ein Jahr dauern. Das ist für die Betroffenen eine Katastrophe. Auch hier haben wir versucht, ein paar Verbesserungsvorschläge und Empfehlungen anzubringen, auf die ich jetzt aus Zeitgründen nicht im Detail eingehen möchte. Die Mangelerscheinungen in der Kinder- und Jugendheilkunde sind etwas besonders Bedauerliches, es gibt zu wenig Therapieplätze, Ergotherapie, Logotherapie und Ähnliches. Wir tun uns da als Gesellschaft nichts Gutes, das sind Langzeitfolgen, die uns später sehr, sehr viel Geld kosten werden. Im Kapitel Sonstiges haben wir uns mit Querschnittsmaterien wie Entlassungsmanagement, Krankentransporte, Probleme von Reha-Patienten, PflegeheimbewohnerInnen oder dem Medikamentenmangel beschäftigt. Wir haben auch im Vorjahr wieder einen beträchtlichen Medikamentenmangel im Bereich von gängigen Antibiotika, im Bereich von Paxlovid, dem Covid-Medikament, gehabt, und schließlich haben die Schönheitschirurgen Ozempic als Schlankheitsspritze entdeckt und die DiabetespatientInnen auf diese Art und Weise in die Bredouille gebracht. Wir haben das Thema "verständliche Sprache" angerissen, weil es nicht nur bei ärztlichen Befunden oder in ärztlichen Aufklärungsgesprächen, sondern natürlich auch in Sozialversicherungsbescheiden wichtig ist, dass die Betroffenen verstehen, was man eigentlich von ihnen will und welche Rechte sie haben. Dazu sind die Dauerbrenner seltene Krankheiten, Covid 19 und seine Folgen und Heimbeatmungsgeräte und Sterbeverfügungen aufzuzählen. Was die Heimbeatmungsgeräte betrifft, die wir jetzt schon das dritte oder vierte Jahr im Bericht drinnen haben, gibt es von der Firma Philips diese Respironics-Heimbeatmungsgeräte, deren Schaumstoff sich zersetzt, was massive Gesundheitsprobleme für die PatientInnen mit sich bringen kann. Es hat von Philips vor drei Jahren eine Sicherheitswarnung gegeben, es sind noch immer nicht alle Beatmungsgeräte ausgetauscht und insbesondere weigert sich die Firma Philips, zu kooperieren und den PatientInnen Sicherheitsdatenblätter auszufolgen, um herauszufinden, ob sie ein schadhaftes Gerät oder nicht haben, da hier Langzeitschäden entstehen können. In Amerika hat Philips mittlerweile einen millionenschweren Vergleich abgeschlossen, in Europa sind sie sehr zurückhaltend mit entsprechender Kooperation, und das BASG, mit dem wir immer wieder korrespondieren, nützt unserer Ansicht nach die Kontrollmöglichkeiten, die es hätte, nicht. Im Bereich der Sterbeverfügungen hat es im Herbst 2023 so ausgesehen, als ob das Gesundheitsministerium endlich anerkennt, dass der Mehraufwand, der mit der Errichtung von Sterbeverfügungen bei den Patientenanwaltschaften verbunden ist, auch abgegolten werden muss. Es hat eine Einmalzahlung gegeben und es wurde in Aussicht gestellt, dass im Jahr 2024 eine längerfristige vertragliche Regelung zustande kommen soll. Jetzt haben wir das 1. Quartal schon lange vorbei und das Gesundheitsministerium bietet uns wieder nur eine Regelung für 2024 an, aber nichts Längerfristiges. Auf diese Art und Weise kommen wir nicht weiter. Wir haben errechnet, dass wir mit der Errichtung von Sterbeverfügungen einen zusätzlichen Personalbedarf in der PatientInnenanwaltschaft haben werden, und ich kann nur dann jemanden anstellen, wenn ich den nicht nur heuer, sondern auch nächstes Jahr noch bezahlen kann. Solange das nicht möglich ist, können wir zu unserem größten Bedauern bei Sterbeverfügungen zwar abstrakt beraten und informieren, aber die Errichtung, die mit einem enormen Arbeitsaufwand verbunden ist, können wir immer noch nicht anbieten. Was den Patientenentschädigungsfonds betrifft - dieses Thema ist auch schon angesprochen worden -, halte ich das für eine großartige Einrichtung. Allerdings ist es natürlich ein großes Defizit, dass dieser Beitrag zur Finanzierung seit 25 Jahren nicht valorisiert wurde. Die ARGE der PatientInnenanwaltschaften Österreichs hat im Vorjahr ein Schreiben an den Gesundheitsminister gerichtet, hat darauf hingewiesen, dass es dringend notwendig wäre, eine moderate Anhebung des Beitrages ins Auge zu fassen - die Reaktion war fast null. Man ist also in Zeiten hoher Inflation offenbar nicht gewillt, irgendeine Gebührenerhöhung zu verantworten. Ob das irgendjemanden gekratzt hätte, ob er 73 Cent oder 1 EUR pro Tag im Spital zahlt, steht auf einem anderen Blatt Papier. Im Übrigen gäbe es vielleicht auch andere Finanzierungsmöglichkeiten als Selbstbehalte der PatientInnen. Wenn die Gesundheitsreform - was ja zu hoffen ist - den Effekt erzielt, den man sich verspricht, nämlich dass die Zahl der stationären Patientinnen und Patienten zurückgeht, dann fürchte ich wirklich, dass die Finanzierung des Patientenentschädigungsfonds zum Erliegen kommt und dass dann die Patienten in kostspielige und riskante Prozesse hineingedrängt werden. Jetzt können wir vieles von dem abfedern, indem wir sagen, immer dort, wo die Beweislage schwierig ist, wo es aber trotzdem eine bedauerliche und seltene Komplikation gibt, kommt zu uns, wir haben diesen Patientenentschädigungsfonds, wir können Sie, wenigstens zum Teil, schadlos halten. Was auch noch eine offene Baustelle ist: Derzeit profitieren vom Patientenentschädigungsfonds nur die Patienten von Gemeinde- und von Ordensspitälern, nicht aber die Patienten in Privatkliniken und im niedergelassenen Bereich. Auch da müsste man sich endlich überlegen, dass alle Patientinnen und Patienten gleich sind und man auch da eine Finanzierungsform findet. Die weiteren Kapitel des Berichts stellen unter anderem die ELGA-Ombudsstelle dar. Da hat es im Vorjahr für unsere Arbeit insofern eine Erschwernis gegeben, als man neu geregelt hat, dass man in die E-Medikation nur dann Rezepte einspielen kann, wenn man mindestens ein Mal im Viertelquartal die E-Card steckt. Es gibt da einen Ausweg für die Patienten: Wenn sie ihren Vertrauensarzt ermächtigen wollen, das laufend zu machen, ohne dass sie in die Ordination kommen müssen, dann können sie eine Verlängerung auf ein Jahr beantragen. Das ist wunderbar, das ist toll mit der ID Austria zu erledigen, aber Sie können sich vorstellen, wie viele Leute es schaffen, mit der ID Austria so eine Verlängerung zu bewerkstelligen. Das Exit-Szenario ist, dass man in die ELGA-Ombudsstelle geht, weil wir das auch anbieten, und wir haben entsprechenden Mehraufwand damit gehabt. Wieso das plötzlich nicht mehr so wie während der Corona-Zeit geht, dass die Ärzte das einspielen können, hat sich uns nicht ganz erschlossen. Dafür gibt es auf der anderen Seite weiterhin keine exakte Terminisierung, wann endlich Patientenverfügungen in ELGA eingespeist werden. Das wird von Jahr zu Jahr verschoben. Ich habe es eh schon gesagt, das Interesse daran steigt, es wollen immer mehr Patientinnen und Patienten Verfügungen errichten, nur sind die Ärzte derzeit nicht verpflichtet, irgendwo nachzuschauen, weil es eben keine allgemeine Registrierung gibt, insbesondere nicht bei denen, die bei uns errichtet werden. Wären die Patientenverfügungen in ELGA drinnen, dann wäre es ein Leichtes für den Arzt, nachzuschauen, ob es so etwas gibt oder ob es so etwas nicht gibt. Ja, damit bin ich schon fast am Ende. Zwei kleine Dinge möchte ich noch ansprechen: Das eine ist das Thema Datenschutz. Nach mehreren Besprechungen mit der MA 63 hat die PatientInnenanwaltschaft und Pflegeanwaltschaft jetzt Vollmachtformulare entwickelt, mit denen die Beschwerdeführer der digitalen Verarbeitung ihrer Daten zustimmen, weil das in der DSGVO angeblich so drinnensteht - also nicht angeblich, ich bin Jurist, es steht so drinnen. Jetzt sind diese Vollmachtformulare auf dem letzten Stand und auch die Vereinbarungen, die wir mit unseren Vertrauensärztinnen und -ärzten und mit den Mitgliedern der Heimkommission abschließen. Mein Eindruck ist aber: Wenn man das PatientInnen, die sich bei uns telefonisch melden oder uns ein E-Mail schicken, verkaufen möchte und sagt, sie kriegen jetzt von uns ein Vollmachtformular, das ungefähr eine dreiseitige Belehrung enthält, welchen Datenverarbeitungen sie zustimmen und warum und wieso, dann ist unsere Erfahrung, dass sehr viele PatientInnen den Kontakt abbrechen. Warum? Es ist ihnen zu kompliziert. Das ist nicht niederschwellig. Die Lösung wäre - und deswegen bitte ich Sie da auch um Ihre Unterstützung, ich habe das auch schon mit dem Gesundheitsstadtrat besprochen: Wir bräuchten im WPPA-Gesetz - das ist das Materiengesetz - eine Datenschutzregelung, die in etwa so ausschaut, dass man sagt, wenn sich jemand an uns wendet, ein Patient mit einem Anliegen, und er wird von uns informiert, passen Sie auf, wir werden Ihre Daten speichern, weil wir den elektronischen Akt haben, wir müssen das tun, wir werden Ihre Daten speichern, und er sagt, okay, dann dürfen wir im Rahmen unseres Tätigkeitsbereiches diese Daten speichern, ohne dass wir eine schriftliche Vollmacht brauchen und ein Mordsszenario einhalten müssen, damit wir diese Ermächtigung haben. Ich werde versuchen, so eine Gesetzesbestimmung anzuleiern, und ich hoffe, dass das dann eine Kleinigkeit ist, so etwas aufzunehmen. Das Zweite betrifft nicht den WPPA-Bericht, sondern den Bericht der Wiener Heimkommission, in dem wir uns mit dem Zustand in den Pflegeheimen beschäftigen und sehr viele interessante Initiativen und Entwicklungen festgestellt haben. Was ich Ihnen aber sagen muss: Wann immer ich mit den Mitgliedern der Heimkommission zusammenkomme - und da sind sehr viele Heimträger drinnen -, dann sagen die: Wir müssen etwas mit den Personalressourcen tun, es geht so nicht weiter! Wir haben die besten, neuen - weiß ich nicht - Behandlungsmethoden, wir haben menschengerechte Betreuung von Demenzpatienten, dementen Bewohnerinnen und Bewohnern, und so weiter, wir versuchen, keine Freiheitseinschränkungen zu machen, aber wir brauchen Personal dafür! Es geht nicht, wenn wir in der Nacht für ein ganzes Heim nur zwei Pflegekräfte zur Verfügung haben, dann kommen wir ohne freiheitsbeschränkende Maßnahmen nicht aus! Diese Personalressourcendebatte im Bereich der Pflegeheime muss ganz ernsthaft geführt werden, sonst werden wir immer wieder Fälle haben, die wir nicht wollen, sei es irgendwo ein Brand in einem Pflegeheim oder seien es sonstige Missstände, die wir nicht sehen wollen. Die Volksanwaltschaft kann sich darauf beschränken, die Missstände aufzuzeigen, aber Sie müssen sie lösen. Ich bitte Sie, das Thema ernst zu nehmen. Ich hoffe, ich habe Ihnen mit dieser Kurzfassung ein bisschen Gusto gemacht, das noch genauer zu lesen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Natürlich bedanke ich mich besonders bei meinen MitarbeiterInnen, die heute auf der Galerie sitzen und die ohnehin schon gelobt wurden. (Allgemeiner Beifall.) Es ist ein wirklich sehr, sehr engagiertes Team, das ich nur in höchsten Tönen loben kann. Zum Schluss jetzt noch ein Spoiler der guten Stimmung: Ich verstehe nicht, bitte, wieso es schon wieder zu Leaks dieses Berichts gekommen ist, nachdem ich ihn im Gesundheitsausschuss besprochen habe. Mir wurde gesagt, die Erörterung im Gesundheitsausschuss steht unter dem Gesichtspunkt der Vertraulichkeit und der Verschwiegenheit. Wenn ich dann am Tag darauf schon Presseaussendungen und Presseberichte über den Inhalt dieses Berichts lese, und wenn sich dann Medien an mich wenden und ich herumdrucksen und sagen muss, dass ich der Verschwiegenheit verpflichtet bin und das noch nicht im Landtag diskutiert habe, dann frage ich mich, was der Sinn von dem Ganzen ist. Das ist ein Bericht aus dem Jahr 2023, es ist genauso aktuell, wenn wir ihn heute in den Medien diskutieren und wenn ich heute dazu Stellung nehmen kann. Ich glaube, der Landtag hat diesen Respekt verdient, dass man das erst nachher veröffentlicht. Wenn das aber nicht so sein sollte, bitte ich auch um ein klares Statement, dann stehe ich nicht an, in den nächsten Jahren diesen Bericht halt im Rahmen einer Pressekonferenz vorzustellen, und dann kann ich gleich dazu Stellung nehmen. Ich bitte das noch einmal zu überdenken, ob das wirklich sinnvoll ist. - Danke. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Ernst Woller: Vielen Dank für Ihren Bericht, vielen Dank für Ihre Wortmeldung und auch für die geleistete Arbeit. Zu Wort ist niemand mehr gemeldet, die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter hat das Schlusswort. Berichterstatter Abg. Kurt Wagner: Geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir nur, zwei Bemerkungen zum Schluss dieser Debatte anzuführen. Als Erstes möchte ich mich bei allen, die sich zu Wort gemeldet haben, sehr, sehr herzlich für die zumindest objektive und sehr gut geführte Debatte bedanken. Zweitens möchte ich anmerken - weil es von zwei Rednern eingebracht wurde: Der Herr Stadtrat wäre heute gerne bei dieser Debatte anwesend, aber er hat heute einen nicht zu verschiebenden ärztlichen Untersuchungstermin. Aus diesem Grund ist er nicht da, aber er wird natürlich bei der Rechnungsabschlussdebatte dann dabei sein und Ihnen auch Rede und Antwort stehen. Lieber Herr Patientenanwalt, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Patientenanwaltschaft, nachdem hier der Wunsch geäußert wurde, darf ich Sie beruhigen, die Patientenanwaltschaft wird es weiterhin geben und wird es auch weiterhin geben müssen. Der Oberbürgermeister aus Hamburg, Klaus von Dohnanyi, hat einmal in einer gescheiten Rede an die Hamburger Bürgschaft gesagt: "Am sichersten sind Schiffe im Hafen, aber dafür sind Schiffe nicht gebaut." Die Pflege- und Patientenanwaltschaft ist auch nicht dazu da, dass sie hier lobende Dinge erwähnt, sondern dass sie manche Dinge, die Schwachpunkte sind, aufzeigt und dass sie den Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht und hilft. Ich glaube, Herr Patientenanwalt, 2,9 Millionen EUR sind nicht nichts, das ist ein wesentlicher Bestandteil und hilft den Menschen diesbezüglich auch bei ihrer tagtäglichen Situation im Gesundheitsbereich. Machen Sie so weiter, Ihnen alles Gute! Danke natürlich für Ihre Arbeit für das Jahr 2023, aber ich bedanke mich schon jetzt auch für die Arbeit im Jahr 2024, danke schön. - Ich bitte um Zustimmung zum Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023. (Allgemeiner Beifall.) Präsident Ernst Woller: Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Bericht der Wiener Patienten- und Patientinnenanwaltschaft über ihre Tätigkeit im Jahr 2023 zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig so beschlossen. Wir kommen nun zur Abstimmung über zwei vorliegende Beschluss- und Resolutionsanträge. Der erste Antrag, 4.1, eingebracht von der Wiener Volkspartei, betreffend Optimierung des Entlassungsmanagements im Wiener Gesundheitsverbund lautet auf Zuweisung zum zuständigen Gemeinderatsausschuss. Wer dem zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig so beschlossen. Wir kommen nun zum zweiten Antrag, ebenfalls eingebracht von der ÖVP, betreffend Erhöhung des Betrages für den Wiener Patientenentschädigungsfonds. Es wird sofortige Abstimmung beantragt. Wer diesem Antrag zustimmt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit den Stimmen von GRÜNEN, ÖVP und FPÖ unterstützt und nicht ausreichend unterstützt, daher nicht beschlossen. Wir kommen nun zu Postnummer 3. Ich bedanke mich noch einmal und verabschiede den Herrn Patientenanwalt. Postnummer 3 betrifft den Tätigkeitsbericht 2023 der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien. Ich begrüße die Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal und ersuche Sie, hier bei uns Platz zu nehmen. (Allgemeiner Beifall.) Ich bitte nun den Herrn Berichterstatter, Herrn Lhptm-Stv. Wiederkehr, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Ernst Woller: Zu diesem Tagesordnungspunkt haben sich Abgeordnete zu Wort gemeldet, als erste Frau Abg. Bakos. Abg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Hohes Haus! Zu Beginn möchte ich, auch im Namen meiner Fraktion, Ihnen und Ihrem gesamten Team, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendanwaltschaft, ein großes, großes Dankeschön für Ihre Arbeit, für Ihren Einsatz, für Ihr Engagement, für jeden Meter, Kilometer, den Sie für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt gehen - und das ist nicht selbstverständlich - aussprechen. In diesem Sinn: Danke für Ihre Arbeit im letzten Jahr. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.) Der Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft ist sehr umfangreich dahin gehend, was im kinder- und jugendrelevanten Bereich in dieser Stadt alles passiert und bietet vor allen Dingen durch Ihre wertvolle Arbeit einen guten Überblick, wo es zukünftig noch mehr braucht und worauf wir noch viel mehr Augenmerk richten müssen. Ich habe einen Satz in Ihrem Bericht sehr, sehr schön gefunden, und ich glaube, das ist ein Satz, der mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben wird, weil ich ihn wirklich sehr schön und sehr eindrucksvoll fand, nämlich folgender: "Der Kinder Rechte sind der Erwachsenen Verpflichtung". Das schreiben Sie in Ihrem Bericht, den wir diskutieren, und das fasst eigentlich in einem Satz sehr gut zusammen, worum es in Wahrheit geht. Ich möchte jetzt einige Punkte diskutieren, die in diesem Bericht vorkommen und die ich als ganz besonders wichtig empfinde. Ich möchte aber ganz bewusst mit einem Punkt beginnen, der mir besonders am Herzen liegt, nämlich das Thema der psychischen Gesundheit bei jungen Menschen. Dies deshalb so bewusst, weil Sie in Ihrem Bericht auch schreiben, dass rund ein Fünftel aller 14- bis 20-Jährigen wiederkehrende Suizidgedanken hat und dass das etwas ist, das nicht unter den Tisch fallen gelassen werden darf, sondern etwas ist, das uns alle in diesem Haus massiv beschäftigen muss, wenn so etwas als Fakt im Raum steht. Die Zahl derer, die sich nach einem suizidalen Versuch an der Klinik im AKH gemeldet haben, ist von 67 im Jahr 2019 auf 200 im Jahr 2022 gestiegen - das ist massiv! Der Ausbau der Gesundheitsteams etwa in Form der School Nurses ist daher eine Empfehlung, die wir sehr ernst nehmen, denn gerade dieses Projekt zeigt auch, glaube ich, wie wichtig es ist, dieses Vertrauensverhältnis zum Gesundheitspersonal schon bei den Allerjüngsten in unserer Gesellschaft aufzubauen. Dazu gehört es eben mitunter auch, dass man über psychische Belastungen spricht und dass das ebenso Gesundheitsprävention ist. Ich glaube, das ist etwas, bei dem man nicht müde werden darf, das auch zu betonen. Die School Nurses sind Gesundheitsteams bestehend aus Schulärztinnen und -ärzten, pflegerischem Personal, SchulpsychologInnen, SozialarbeiterInnen, und vielen mehr, die gemeinsam für die Gesundheit junger Menschen Verantwortung übernehmen. Als Stadt werden wir auch weiter darauf schauen, und gleichzeitig muss - das ist heute auch schon gefallen - der längst überfällige Ausbau der ambulanten und stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen voranschreiten und vieles getan werden, weil ich glaube, dass es keine Übertreibung ist, wenn ich sage, dass es diesbezüglich fünf nach zwölf ist. Ähnlich verhält es sich mit einem anderen Themenkomplex, der in Ihrem Bericht vorkommt, nämlich das Thema Klimaschutz und Generationengerechtigkeit. Es ist, glaube ich, auch keine Überraschung, wenn ich sage, es ist eines der drängendsten Themen unserer Gesellschaft. Das Thema war auch eines der großen Wahlmotive bei der Europa- Wahl, und es zeigt, wie wichtig es vor allen Dingen jungen Menschen ist. Die Kinderrechtskonvention genauso wie die Bundesverfassung verpflichten uns alle - auf welcher politischen Ebene auch immer wir uns befinden -, hier entsprechend zu handeln. Bei jeder Maßnahme, gerade auch in diesem Bereich, müssen wir uns immer wieder vor Augen führen und prüfen, ob die Auswirkungen auf die kommenden Generationen, auf Kinder und Jugendliche auch wirklich berücksichtigt wurden, weil junge Menschen ein Recht auf Zukunft haben. Das verlangen sie auch zu Recht laut und vehement ein, ob es vor Gericht ist, ob es auf der Straße ist, ob es bei politischen Entscheidungsträgern und -trägerinnen ist. Dieses zukunftsorientierte Handeln muss uns auch in dieser Stadt leiten. Dafür setzen sich ganz viele ein - und ich sage das jetzt auch wirklich sehr bewusst -, ganz gleich, ob es jetzt in der Regierung als Regierungsfraktion ist oder auch in der Opposition. Ich glaube, da müssen wir alle an einem Strang ziehen, ganz gleich, auf welcher politischen Ebene - Bundes-, Landes- oder Gemeindeebene - wir uns auch befinden, weil es wirklich gilt, hier die Kräfte zu bündeln. (Beifall bei den NEOS.) Es müssen sich wirklich alle - und da nehme ich mich auch persönlich an der Nase -, gleich, auf welcher Ebene, stets die Frage stellen: Tun wir in diesem Bereich wirklich genug? Es ist nämlich keine Zeit, um politisches Kleingeld zu schlagen, die Zeit drängt wirklich, und wir sind es den kommenden Generationen schlicht schuldig. Zu guter Letzt möchte ich noch auf das Thema Partizipation von jungen Menschen zu sprechen kommen. Ich möchte es nicht allzu ausführlich machen, weil wir das in der Aktuellen Stunde schon gemacht haben, aber weil es mir auch noch einmal wichtig ist, zu betonen, dass es ein Recht auf Gehör von Kindern und Jugendlichen gibt und weil all das, was ich auch in der Aktuellen Stunde heute aufgezählt habe, nichts ist, was wir aus Großzügigkeit tun, sondern weil es stets das Recht von Kindern und Jugendlichen ist, hier gehört zu werden. Es freut mich sehr, dass die Kinder- und Jugendstrategie auch aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaft auf einem guten Weg ist. Wir werden uns natürlich die Empfehlungen dahin gehend, aber natürlich auch hinsichtlich der Verbesserung ganz genau anschauen. Ich bin aber zutiefst der Überzeugung, dass wir mit der gesetzlichen Verankerung des SchülerInnenparlaments, mit dem Kinder- und Jugendparlament, mit der Kinder- und Jugendmillion und grundsätzlich mit der Kinder- und Jugendstrategie - wie Sie ja auch schreiben - auf einem guten Weg sind. Ich möchte zu guter Letzt noch auf einige Anträge zu sprechen kommen. Ich möchte zum Antrag der GRÜNEN hinsichtlich der kindgerechten Fremdunterbringung für Vorschulkinder, der auf Zuweisung lautet, sprechen. Diesem werden wir auch zustimmen, weil wir, abgesehen davon, dass ein solches Kleinkinderkrisenzentrum bereits in Planung ist und natürlich langfristig gesehen dieser Ausbau auch geplant ist, derselben Meinung sind. Ich danke dementsprechend auch, dass Sie das hier als Antrag einbringen, dass eben die speziellen Bedürfnisse dieser Zielgruppe ganz besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung erfordern. Deswegen werden wir diesem Antrag auch zustimmen - danke dafür. Dann zum Antrag - ebenso von den GRÜNEN - hinsichtlich des Umsetzungsstandes der Kinder- und Jugendstrategie. Herr Kollege Öztas, wir haben in der Aktuellen Stunde schon darüber diskutiert, aber ich möchte jetzt trotzdem auf diese Anträge zu sprechen kommen. Ich habe es erwähnt, wir sind mit der Kinder- und Jugendstrategie international Vorreiter. Wir sind Pioniere. Es gibt kein vergleichbares Projekt oder vergleichbare Ansätze, bei denen wir uns etwas abschauen könnten. Das heißt natürlich auch im Umkehrschluss: Wir können uns nicht eins zu eins etwas abschauen und diese Schritte sozusagen einfach befolgen, sondern was wir tun, ist, wirklich Pionierarbeit zu leisten. Das bedeutet natürlich, dass wir diese Prozesse in der Wiener Kinder- und Jugendstrategie stets evaluieren, stets verbessern. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass nicht umgesetzt wird, und das möchte ich unbedingt zurückweisen, weil aktuell von den 193 beschlossenen Maßnahmen bereits 2 Drittel entweder vollständig umgesetzt sind oder sich in Umsetzung befinden, 17 Prozent befinden sich in Arbeit und die letzten 17 Prozent in Planung. Jetzt schreiben Sie, warum da noch nicht alle 193 Maßnahmen umgesetzt wurden. Es gibt Maßnahmen, die nie komplett abgeschlossen sein und nie komplett umgesetzt sein werden. Ich möchte das eigentlich auch gar nicht, und ich möchte auch erklären, warum ich das nicht möchte: Weil es Maßnahmen gibt wie zum Beispiel, dass der Dialog zwischen der Polizei auf der einen Seite und Kindern und Jugendlichen auf der anderen Seite gefördert wird. Ich hoffe also, dass eine solche Maßnahme niemals komplett umgesetzt sein wird, weil das bedeuten würde, dass wir damit aufhören, einen solchen Dialog zu führen. Es gibt also Maßnahmen, und ich hoffe, da geben Sie mir recht, bei denen es gut ist, wenn sie nicht vollends umgesetzt sind, sondern eben stets in Umsetzung bleiben. Deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. Im Übrigen werden diese Einschätzungen, was die Umsetzung betrifft - und damit komme ich auch zu Ihrem nächsten Antrag, nämlich jenem hinsichtlich Transparenz der Umsetzung -, von den Expertinnen und Experten der Dienststellen der Magistratsabteilungen getroffen, um diesen Fortschritt zu überprüfen. Aber natürlich nicht von ihnen alleine, sondern immer mit dem Monitoring der Kinder- und Jugendanwaltschaft und - das möchte ich hier auch noch einmal betonen - der Kinder und Jugendlichen aus dem Kinder- und Jugendparlament. Den Antrag zur Transparenz der Kinder- und Jugendstrategie und ihrer Umsetzung habe ich nicht ganz verstanden, denn einerseits schreiben Sie, wir seien intransparent, was die Umsetzung betrifft, andererseits aber schreiben Sie dann sehr wohl die Website hinein, wo eben genau das passiert, wo man genau nachschauen kann, was jetzt eben ganz konkret umgesetzt ist und was nicht. Das heißt, Ihr Antrag ist etwas widersprüchlich, dementsprechend werden wir ihn auch ablehnen. Das Dritte ist die Umsetzung der neuen Kinder- und Jugendstrategie: Auch das - das ist jetzt keine Überraschung, weil ich es in der Aktuellen Stunde auch schon erwähnt habe - ist natürlich bereits längst in Planung und wird ebenso umgesetzt. (Beifall bei den NEOS und von Abg. Mag. Nicole Berger-Krotsch.) Das zu den Anträgen. Ich möchte noch einmal eines ganz klar betonen: Ich habe wirklich jedes einzelne Kapitel gelesen, und ich möchte mich wirklich dafür bedanken, weil jedes einzelne Kapitel eines ist, das man - weil das hier heute schon bei einem anderen Bericht gefallen ist - definitiv als Abgeordneter oder als Abgeordnete lesen sollte. Es ist eben die Aufgabe der Kinder- und Jugendanwaltschaft, mahnend noch einmal vor Augen zu führen, wo es Verbesserungsbedarf für Kinder und Jugendliche gibt und wo man für Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft unbedingt noch etwas tun muss. Ich möchte diesen Rahmen auch noch einmal nutzen, um Ihnen im Namen meiner gesamten Fraktion sehr herzlich für Ihre Tätigkeit als Kinder- und Jugendanwältin in den letzten Jahren zu danken und darf Ihnen alles Gute wünschen. - Danke vielmals für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Ernst Woller: Danke. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Öztas. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Ömer Öztas (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin, auch ein herzliches Willkommen von mir und meiner Fraktion! Zuerst einmal einen Dank an Sie für die bisherige Arbeit, die Sie gemeinsam mit Ihrem Team geleistet haben. Sie wissen, dass uns das Thema der Kinder- und Jugendanwaltschaft seit geraumer Zeit beschäftigt, sogar länger, als ich überhaupt auf der Welt bin, denn 1992 wurden im Zuge des Vertrages über die Rechte des Kindes in ganz Österreich bundesländerspezifische Kinder- und Jugendanwaltschaften eingerichtet. 32 Jahre ist das her, seitdem setzt sich die Kinder- und Jugendanwaltschaft für die Rechte von Kindern und Jugendlichen in ganz Österreich ein. Eingangs möchte ich erwähnen, dass wir es immer noch schade finden, dass das Land Wien die Anzahl der AnwältInnen von zwei auf eins reduziert hat - ich glaube, das war vor zwei Jahren. Wir halten das bis heute für einen politischen Fehler und finden, dass das durch einen Wissensverlust gekennzeichnet ist und in der Außenwahrnehmung weniger Zugänge für Außenstehende zur Verfügung stehen. Wir finden, dass zwei AnwältInnen eine bessere Aufteilung der Themen, ergo auch eine bessere inhaltliche Arbeit bedeuten würden und würden uns das wieder zurückwünschen. Dennoch schauen wir wie jedes Jahr mit Optimismus auf die Berichte, denn diese stellen - zumindest in meinem Arbeitsschwerpunkt ist das so - das Highlight des Jahres dar. Das liegt daran, dass in einem einzigen Bericht so vielschichtige und spannende Inhalte durchleuchtet und reflektiert werden. Die Berichte dienen uns hier in diesem Haus als Maßstab und als Wegweiser für eine gute Kinder- und Jugendpolitik und zeigen, ähnlich einem Seismometer, die Probleme in der Kinder- und Jugendarbeit in unserer Stadt auf. Dabei ist aber eines immer klar: Ohne die gut konzipierten Berichte der Kinder- und Jugendanwaltschaft wären wir in diesem Haus eigentlich aufgeschmissen, weil auch nicht in dem Ausmaß informiert, wie wir es jetzt zum Beispiel sind. Die Berichte stellen für uns alle, die im Kinder- und Jugendbereich arbeiten, eine wichtige Säule in unserer Arbeit dar und sind ein Auftrag an uns Politikerinnen und Politiker. Der diesjährige Bericht gibt dabei viel her, auf über 70 Seiten und in 6 Kapiteln werden die Themen Kinderrechte, Bildung, Soziales, Partizipation, und vieles mehr angesprochen. Es würde den Rahmen sprengen, all diese Themen hier aufzuzählen, sehr geehrte Damen und Herren, deswegen möchte ich nur drei wichtige Aspekte nennen, auf die ich eingehen möchte, die auch im Bericht erwähnt werden. Der erste Aspekt betrifft das Kindeswohl: Gemäß der UN-Kinderrechtskonvention ist das Kindeswohl immer zu berücksichtigen. Das betrifft auch die Gesetzestexte des Landes und des Bundes, das betrifft alle Bereiche des sozialen und gesellschaftlichen Lebens. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft schlägt vor, wie aus dem Bericht ersichtlich ist - wie eigentlich auch am Vormittag erwähnt wurde -, die Überprüfung von Gesetzesvorhaben in Bezug auf das Kindeswohl. Ebenso sei ein Kinderrechte-Mainstreaming empfehlenswert, da es dieses in Wien noch nicht gibt. Deswegen fordern wir GRÜNE auch seit Jahren, dass das Land Wien sich zu den Kinderrechten auch formell bekennt und auch die Kinderrechte in die Landesverfassung aufnimmt. Zweitens, Partizipation: Viele junge Menschen möchten sich aktiv in unserer Gesellschaft engagieren, auch politisch, sei es in der Bezirksgemeinde, auf Landes-, Bundes- oder Europa-Ebene. Ich kann immer und immer wieder nur das sagen, was ich in diesem Haus bereits 1.000 Mal gesagt habe: Nicht die Jugend ist politikverdrossen, sondern die Politik ist jugendverdrossen. Jungen Menschen wird nicht die Möglichkeit gegeben, sich aktiv in unserer Gesellschaft zu engagieren und sich zu beteiligen. Wir müssen jungen Menschen die Möglichkeit zur Verfügung stellen, durch die sie sich nicht nur gehört fühlen, sondern auch wirklich gehört werden. Bei der letzten Wien-Wahl beispielsweise waren 72.000 Jugendliche, die in Wien geboren wurden, hier arbeiten, hier in die Schule gehen, nicht wahlberechtigt. Denken wir allen Ernstes, dass sie sich, indem sie kein vollständiger Teil dieser Gesellschaft sind, zu unserer Gesellschaft auch zugehörig fühlen wollen? Wenn wir sie als Gesellschaft ausschließen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn sie nicht Teil von uns sein möchten. Aus dem Bericht der Anwaltschaft geht auch hervor - was auch sehr spannend ist -, dass ein Drittel der in Wien geborenen Kinder per Geburt nicht automatisch die Staatsbürgerschaft besitzt und somit mit Sekunde 1 ihres Lebens bereits in eine Schublade gesteckt wird. Viele kommen aus dieser Schublade auch gar nicht mehr heraus - das steht im Bericht auch ausführlich drin -, weil sie erst Jahre, nachdem sie aus dem Elternhaus ausgezogen sind, Anträge für eine Staatsbürgerschaft beispielsweise einbringen können, weil die Existenzmittel im Elternhaus unzureichend sind. Da frage ich mich: Was können diese Kinder und Jugendlichen dafür, dass ihre Eltern in der Vergangenheit Fehlentscheidungen getroffen haben? Die Anwaltschaft empfiehlt, was wir begrüßen, die Information zum Thema Staatsbürgerschaft in kindergerechter Sprache und den leichteren Zugang für in Österreich geborene Kinder. (Beifall bei den GRÜNEN.) Beim dritten Punkt, und das wird Kollegin Bakos nicht wundern, möchte ich auf die Kinder- und Jugendstrategie eingehen. Wir haben es bereits heute Vormittag intensiv diskutiert und werden es auch jetzt hoffentlich intensiv diskutieren. Die Maßnahmen der Strategie sind hier im Gemeinderat beschlossen worden und müssen bis 2025, also bis nächstes Jahr, umgesetzt werden. Bis dahin ist aber immer noch ein langer Weg. Die Frau Kollegin hat gemeint, ein Großteil ist umgesetzt worden oder ist in Umsetzung. Das stimmt. Ich schaue mir aber jene an, die umgesetzt wurden, und da sind leider nur 40 Prozent umgesetzt. Die Anwaltschaft hat die Aufgabe, die Umsetzung der Maßnahmen zu überprüfen und jährlich in ihren Berichten darüber zu berichten. Dort kritisiert sie, wie wir, dass die Umsetzung schleppend vorangeht. Als Vergleich habe ich Ihnen die Berichte der letzten Jahre mitgebracht. Im Bericht von 2021 steht drinnen - Zitat: Die MA 13 teilt der Anwaltschaft mit, dass 4 von 193 Maßnahmen umgesetzt wurden. Zum Umsetzungsstand der restlichen 189 Maßnahmen hat die Kinder- und Jugendanwaltschaft keine Informationen. Im Bericht des nächsten Jahres steht drinnen: Die fehlende Kommunikation der Dienststellen mit der Anwaltschaft und die Intransparenz über den Umsetzungsstand wird kritisiert. Und im Bericht dieses Jahr steht drinnen, dass Empfehlungen der Anwaltschaft nicht umgesetzt werden, ebenso, dass die Projekte nicht, wie geplant, partizipativ mit Kindern und Jugendlichen umgesetzt werden sollen, obwohl das im Gemeinderat beschlossen wurde. Für die Umsetzung der Wiener Kinder- und Jugendstrategie wird ein Monitoringsystem eingesetzt. Kinder und Jugendliche müssen überprüfen können, welche Maßnahmen umgesetzt werden und ob die Ziele tatsächlich verfolgt werden. Das steht in der Strategie drinnen. Was wir hier haben, sind Berichte und das ist der Link, den die Kollegin angesprochen hat, den man anklicken kann, die letzte Aktualisierung ist noch vom Dezember. Das heißt, man kann nicht aktuelle Maßnahmen beziehungsweise Umsetzungsstände sehen, das gibt es nicht. Wie in der Aktuellen Stunde auch von mir erklärt, weiß niemand so genau, welche der Maßnahmen tatsächlich umgesetzt wurden, weil - Betonung auf das Wort "tatsächlich" - der letzte Umsetzungsstand eben ein halbes Jahr her ist. Ebenso wissen wir nicht, wie die Maßnahmen umgesetzt wurden. Sie können einfach behaupten, dass sie umgesetzt sind und wir müssen Ihnen das eigentlich nur glauben. Ich möchte aber auch auf einen vierten Punkt eingehen, der in dem Bericht nicht genannt wird, den ich aber dennoch als lobenswert empfinde, denn am Montag findet der Tag der offenen Tür statt. Einige GemeinderätInnen aus diesem Haus sind auch eingeladen, um als Politikerinnen und Politiker gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen zu plaudern und eben in Workshops mit ihnen über Politik niederschwellig zu reden und Politik auch greifbar zu machen. Auch diesem Projekt gebührt ein großes Lob meinerseits. (Beifall bei den GRÜNEN.) Sehr geehrte Damen und Herren, neben all dem Lob und der Bewunderung für die weisungsungebundene Kinder- und Jugendanwaltschaft, die auf die Finger der Stadtregierung schaut, muss ich hier auch nötige Kritik ausüben. Dies besonders an dem Bewerbungsprozess, da wir erst am 1. Juli, das heißt, bald, einen neuen Kinder- und Jugendanwalt bekommen werden. Dieser Prozess ist unserer Meinung nach nicht so verlaufen, wie wir es uns als Opposition gewünscht hätten. Im zuständigen Bildungs- und Jugendausschuss haben wir unzählige KandidatInnen mit Fachkompetenz und Führungskompetenz und Erfahrung gesehen und erlebt, die sich vor dem Ausschuss auch sehr gut bewiesen haben. Uns ist da als Opposition geschlossen bis heute nicht so ganz bekannt, nach welchen Kriterien der künftige, jetzt von der Stadtregierung, von den Regierungsparteien ausgewählte Jugendanwalt ausgewählt wurde. Wir hätten uns mehr Transparenz vom Transparenzstadtrat gewünscht, denn es ist eine Verhöhnung gegenüber allen in diesem Haus, wenn Entscheidungen im Hinterzimmer getroffen und wir als Opposition nicht inkludiert werden. Es ist für uns eine Aktion nach dem Motto "Friss oder stirb!" gewesen. Das ist kein gelebter Parlamentarismus und keine Art und Weise, wie wir in diesem Haus miteinander umgehen sollten. Daher hat die Opposition auch geschlossen gegen den Regierungskandidaten gestimmt. Es ist die Art und Wiese, wie Sie mit der Opposition hier umgehen. Wir haben das bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft auch letztes und die Jahre davor gesehen, als Sie den Posten von zwei auf eine Person gekürzt haben. Da haben Sie uns auch weder informiert noch inkludiert. Sie haben uns einen Tag vor der Sitzung einen Initiativantrag hingeschmissen, der mit nicht nachvollziehbaren Argumenten gefüllt war. Da frage ich Sie, ist das Ihr Demokratieverständnis? (Ruf: Nein!) Nein. Sie haben gesagt, Sie haben seit Beginn der Periode als rot-pinke Stadtregierung mehr Initiativanträge eingebracht - was ich auch sehr spannend finde -, als die rot-grüne Stadtregierung in zehn Jahren zusammen. Nehmen Sie sich doch ein Beispiel an anderen Landtagen und bringen Sie das nächste Mal einen ordentlichen Gesetzentwurf ein, wenn Sie erwarten, dass wir auch zustimmen sollen (Beifall bei den GRÜNEN.), denn dann haben wir auch die Möglichkeit, als Opposition die Anträge im Detail durchzulesen und uns eine Meinung zu bilden! Als Beispiel kann ich Ihnen, genauso wie vor zwei Jahren, das Beispiel im Salzburger Landtag geben. Erst letztens ist wieder das Kinder- und Jugendschutzgesetz geändert worden, und dort wurde es eben nicht in einem Initiativantrag eingebracht, sondern als ordentlicher Gesetzentwurf. Die KollegInnen dort hatten die Möglichkeit, Stellungnahmen von fachkundigen Institutionen, wie zum Beispiel der Volksanwaltschaft, zu verlangen und einzuholen und in den Diskurs einfließen zu lassen, um einen breiteren Diskurs zu ermöglichen. Das ist bei uns nicht passiert. Ich würde mir wirklich wünschen, dass man andere Landtage auch hier im Kontext der Demokratie als Beispiel nimmt. Sehr geehrte Damen und Herren, mit 1. Juli dürfen wir den neuen Kinder- und Jugendanwalt Sebastian Öhner unter uns begrüßen und die bisherige Anwältin verabschieden. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals bei der bisherigen Anwältin für ihre Arbeit, bei ihrem Team und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendanwaltschaft bedanken. Ungeachtet unserer Kritik gratulieren wir als GRÜNE selbstverständlich dem neuen Kinder- und Jugendanwalt. Wir wünschen ihm auch viel Erfolg. Er hat die nächsten fünf Jahre Zeit, die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt zu vertreten. Auch das gehört zu einer Demokratie dazu: Kritisieren, aber dennoch respektvoll miteinander umzugehen. - Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Danke. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abg. Keri. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Sabine Keri (ÖVP): Vielen Dank! Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Liebe Frau Kinder- und Jugendanwältin! Jetzt war ich ganz kurz ganz woanders mit den Gedanken. Zuerst möchte ich mich natürlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz als auch für diesen Bericht bedanken. Ich möchte mich auch bei Ihnen für die strategische Ausrichtung, die Sie der Kinder- und Jugendanwaltschaft in den letzten Jahren gegeben haben, bedanken. Wir erkennen im Bericht, dass es da schon eine strategischere Entwicklung gegeben hat, die teilweise tief in die Thematik geht, manchmal auch nur anreißt, je nachdem, wie die Schwerpunkte gesetzt waren. Wie schon gehört, werden Sie die Kinder- und Jugendanwaltschaft verlassen, somit bleibt es uns, also meiner Fraktion und mir, Ihnen alles, alles Gute für Ihre Zukunft zu wünschen. Wir haben vorhin kurz ein bisschen geplaudert, nochmals vielen Dank für Ihren Einsatz. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.) Der Bericht, auf den ich noch einmal kurz zurückkomme, reißt eben sehr viel rund um die Arbeit der Kinder- und Jugendanwaltschaft an, sodass man sich vorstellen kann, wie viele unterschiedliche Bereiche es gibt. Es wird niemanden wundern, dass ich mich jetzt sehr stark auf das Thema volle Erziehung in der Fremdunterbringung und innerfamiliärer Kinderschutz fokussiere und mich diesem Thema widme. In Ihrem Bericht schreiben Sie - und ich zitiere: "Innerfamiliärer Kinderschutz wird in Wien von der größten Kinderschutzorganisation Österreichs, der Wiener Kinder- und Jugendhilfe, verantwortet." Und "verantwortet" ist genau das Wort, das wichtige Wort, das ich immer wieder bei jeder Debatte betone, denn wenn die Stadt Wien und die MA 11 und die Wiener Kinder- und Jugendhilfe zu dem Befund kommen, dass ein Kind sicherer und friedlicher und liebevoller in einer Fremdunterbringung leben kann, dann muss das auch garantiert sein. Dann muss es sein, dass das Kind zur Ruhe kommt, dass das Kind Vertrauen fassen kann. Das ist eine verdammt große Arbeit und große Aufgabe, die in jedem Fall qualitativ und perfekt sein muss und nicht nur bestmöglich. Es gibt da unserer Meinung nach keinen Millimeter Spielraum. (Beifall bei der ÖVP.) Der Bericht zeigt ganz offen sehr, sehr viele Baustellen auf, auf die ich auch zu sprechen kommen möchte. Sie haben im Jahr 2023 58 Besuche in Wohngemeinschaften, in Krisenzentren durchgeführt. Da möchte ich, weil ich das auch gelesen habe, die zwei MitarbeiterInnen hervorheben, die sich da sehr verdient machen. Ein großes Dankeschön auch von unserer Seite an Claudia Grasl und Peter Sarto, denn sie hören sich die Sorgen und Anliegen der Kinder und Jugendlichen an, fungieren als Sprachrohr, sprechen mit den Sozialpädagogen und den Eltern. Jeder, der sich ein bisschen mit dieser Thematik auseinandersetzt, kann sich vorstellen, was für eine harte Arbeit das ist im Sinne der Emotionen, die man dann sehr wohl auch zurückschrauben muss, um in der Sachlichkeit zu bleiben. Das ist wirklich ein schwerer, schwerer Job. Nun zu den Kritikpunkten, die Sie nennen, und auf die wieder hinzuschauen, ich die Stadtregierung bitte. Es fehlt an Personal, es fehlt so sehr an Personal, dass Wohngemeinschaften geschlossen werden müssen. Über die Gründe der Personalschwierigkeiten haben wir ja schon bei der Debatte der Volksanwaltschaft gesprochen, da möchte ich jetzt auch gar nicht so dezidiert darauf eingehen. Was ich aber schon möchte: Ich möchte die Zitate vorlesen, die man von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übermittelt bekommt. Was bedeutet das für betroffene Kinder, wenn sie aus einer Wohngemeinschaft genommen werden, weil diese zusperren muss, weil es zu wenig Personal gibt? Das Zitat: "Sie wurden auf andere Wohngemeinschaften aufgeteilt, mussten mit anderen Kindern zusammenleben. Auch wenn die alte WG wieder aufsperrte, war sie nicht mehr dieselbe. In Gesprächen wurde dies dann deutlich, wenn sich die Kinder schwer taten, die Namen aller Betreuungspersonen, die sie in den vorangegangenen Monaten kennen gelernt haben, aufzuzählen." - Zitat Ende. Was sagt uns das? Das sagt uns, dass es anscheinend so eine Fluktuation von Personal gibt, dass sich die Kinder nicht einmal mehr merken können, wie die Betreuerinnen oder Betreuer heißen. Was mich besonders erschüttert hat, war der Punkt ehemalige Pflegekinder in Krisenzentren und Wohngemeinschaften. Es geht dabei um Kinder, die wieder aus Pflegefamilien herausgenommen werden und in Krisenzentren oder Wohngemeinschaften unterkommen müssen. Die Kinder verlassen oder müssen diese Pflegefamilien wieder verlassen, weil es verschiedene Gründe gibt. Entweder sind die Pflegeeltern mit der Situation oder mit den Kindern überfordert, oder es gibt auch Mängel in der Pflegeaufsicht und einiges anderes mehr. Ich möchte hier mit einem Zitat schließen. Mit ehemaligen Pflegekindern in Einrichtungen zu sprechen, ist erschütternd. - Nein, das kann ich jetzt nicht, da muss ich gerade aussteigen, das geht gerade zu nahe. Ich bitte Sie (in Richtung Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA), dass Sie das dann vielleicht kurz replizieren. Die Pflegeeltern sind ein besonderer Pfeiler in dem Kinderschutzsystem. Die Pflegeeltern sind das, was sie brauchen. Diese brauchen Unterstützung, und sie brauchen aber auch eine Schulung, denn es gibt ganz viele Brüche bei den Kindern - Vertrauensbrüche. Sie verlieren zum einen ihre Familie, sie verlieren die Pflegefamilie als nächstes oder die Krisenpflegefamilie, sie verlieren ihre Vertrauenspersonen in den Krisenzentren, und dann verlieren sie wieder die Pflegefamilie oder die Krisenpflegeeltern, und das ist für eine Kinderseele einfach zu viel. Es ist gut, dass es jetzt die Qualitätsstandards bei der Arbeit der Pflegeeltern gibt, aber ich glaube, dass wir da ganz, ganz viel mehr brauchen. Wir brauchen nicht nur Qualitätsstandards, sondern wir brauchen wirklich Menschen, die diese Arbeit als Berufung sehen und nicht als Beruf. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte jetzt gerne auf den Antrag der GRÜNEN zu sprechen kommen, sie bringen einen Antrag zur Fremdunterbringung für Vorschulkinder ein. Dem werden wir nicht zustimmen, auch nicht der Zuweisung, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund, nämlich weil wir eine andere Strategie verfolgen. Wir sind der Ansicht, dass Kinder, die drei Jahre bis sechs Jahre sind, eigentlich die jüngsten bis sechs Jahre nicht in Krisenpflegezentren untergebracht werden sollen, schon gar nicht in solchen, die überfüllt sind, sondern dass wir da wirklich alle Anstrengungen setzen müssen, dass sie entweder in dem innerfamiliären Kreis oder bei Krisenpflegeeltern oder bei gut geschulten Pflegeeltern untergebracht werden können und eher in dem Familienspektrum bleiben sollten und nicht in überbelegten Krisenpflegezentren. Eine große Bitte habe ich - der neue Kinder- und Jugendanwalt ist leider nicht da -, nämlich dass Sie diesen Fokus bei der Arbeit rund um die MA 11 und die innerfamiliäre Kinderschutzarbeit, wie Sie es nennen, schon auch belassen, weil es ganz wichtig ist. Sie sind für mich die einzige Stelle, die das wirklich aus dem Blickwinkel des Kindes beurteilt, und das ist so wertvoll für unsere Arbeit, weil es hier wirklich unsere Aufgabe ist, im Sinne der Kinder und der Sicherheit der Kinder zu arbeiten. Ich muss aber leider schon auch einen Kritikpunkt anbringen: Wir haben schon einmal darüber geredet, dass mir ein bisschen auch die Eigeninitiative fehlt, wenn es um Fälle geht, die bewegen. Wir haben einmal darüber geredet, es war die Situation im 22er Jahr, dass zwei Mädchen aus einer WG ausgerissen sind, weil sie Drogen kaufen wollten, und dann vergewaltigt wurden. Darüber haben wir im Bericht überhaupt nichts gelesen. Wir haben darüber auch geredet, haben gesagt, dass das, wenn wir hier bei solchen Fällen sehr wohl den Blickwinkel der Jugendlichen vermittelt bekommen, zum Beispiel etwas ist, das auch ein "learning" für jeden von uns ist: Was muss man ändern? Da geht es also nicht um Verurteilung, sondern um die Fragen, wie. Wie kam es dazu? Warum fühlt man sich so, dass man da ausreißen muss? Wir haben eine Anfrage gestellt, die Antworten waren nicht sehr gewinnbringend. Deswegen, glaube ich, ist es total wichtig, wenn sozusagen bei Einzelfällen eine neutrale Stelle da auch von außen, aus Eigeninitiative hinschaut. Hierzu bringen wir auch einen Antrag ein. (Beifall bei der ÖVP.) Auch ich muss jetzt einmal etwas zu der Ernennung von dem neuen Kinder- und Jugendanwalt sagen. Wenn die Stadt Wien eine Ausschreibung mit dem Hinweis macht, den Anteil an Frauen in diesem Berufsfeld erhöhen zu wollen, und sich dezidiert an Frauen wendet, und es dann deutlich mehr Bewerberinnen als Bewerber gibt, die in der Ausbildung nicht hintanstehen, die auch in der Präsentation gut waren, und dann wird es aber ein Mann, dann muss ich jetzt die Verantwortlichen hier fragen: Wenn die Stadt Wien sich als die Frauenstadt deklariert, wenn die Stadt Wien sagt: "Wir sind die Stadt der Frauenförderung!", was braucht man dann, wenn so ein derartiges Gefälle ist, indem wirklich viel mehr Frauen als Männer waren, dass eine Frau das Rennen macht? Das bitte ich wirklich einmal zu erarbeiten. Weil: Das war schon etwas, wo ich mir gedacht habe, das verstehe ich überhaupt nicht. Das kann ich nicht verstehen, denn die Frauen sind wirklich in keinster Weise mit ihrer Ausbildung hintangestanden, und trotzdem wurde es ein Mann. Ein weiterer Punkt, aber das ist unsere Meinung: Es wäre natürlich spannend gewesen, auch jemanden in dieser Rolle zu haben, der eine sozialpädagogische Berufserfahrung hat, um einfach die Kindessicht noch besser überbringen zu können, um die Ängste zu erkennen. Das wäre einmal eine sehr interessante Antwort. Für uns hat Herr Öhner die Rolle sehr technisch und rechtlich angelegt. Das ist auch sein gutes Recht, aber uns fehlen da noch ein bisschen Antworten über seine Pläne oder Ziele. Seine Ziele hat er uns ja gesagt, er will die Kinder- und Jugendanwaltschaft mehr öffnen, er möchte eine bessere Erreichbarkeit, aber wie er das machen möchte und wie sein Weg dort hin ist, die Antworten darauf ist er uns schuldig geblieben. Das heißt, ganz offen gesagt, ich glaube, dass auf beiden Seiten da noch relativ viel Arbeit auf uns zukommt, was das Vertrauen angeht, aber wir werden natürlich sehr professionell agieren. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Ernst Woller: Danke. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Schulz. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Benjamin Schulz (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen und liebe Zuseher! Ich möchte zu Beginn meiner Wortmeldung natürlich ebenfalls mit einem großen Danke für den Bericht, aber vor allem auch für diese engagierte und großartige Arbeit für Ihr Team und vor allem für Sie starten, und im Namen meiner Fraktion ein großes Danke ausrichten. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Sie legen uns jährlich einen umfassenden Bericht vor, der aufzeigt, wo dringender Handlungsbedarf besteht, aber auch, welche Maßnahmen sinnvoll sind, erfolgreich umgesetzt worden sind beziehungsweise was für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt noch weiter getan werden muss. Darüber hinaus liefern sie wertvolle Anregungen und Empfehlungen, sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene, um das Leben für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt, in diesem Land zu verbessern. Dafür möchte ich mich herzlich bei Ihnen bedanken. Der Jahresbericht ist, wie gesagt, nicht nur umfassend, sondern an einigen Stellen auch sehr kritisch, und dies ist für unsere politische Arbeit enorm wichtig. Sie nehmen sich der Kinderrechte und des Kinderschutzes an, um diese in allen Bereichen der Stadt zu wahren, zu verbessern und vor allem auch auszubauen. 2023 stand ganz im Zeichen von 75 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die Erklärung garantiert jedem Menschen die gleichen Rechte, unabhängig von Herkunft, Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Geschlecht, Vermögen, Religion, sexueller Herkunft. Gerade in Zeiten wie diesen ist es umso wichtiger, klar zu machen, dass Menschenrechte unteilbar und universell sind. Wie Sie auch in dem Bericht anführen, hat das Jahr 2023 für die Kinder- und Jugendanwaltschaft eine Veränderung mit sich gebracht. Es wurde ein Organisationsprozess eingeleitet, und man arbeitet auch in entsprechenden Kleinteams. Durch die Übersiedlung in Räumlichkeiten besteht auch die Möglichkeit, Workshops für Schülerinnen und Schüler und darüber hinaus auch Info- und Lehrveranstaltungen sowie Diskussionsrunden zu kinderrechtlichen Themen abzuhalten. Dabei möchte ich das gemeinsame Bestreben in den Vordergrund rücken, nämlich dass wir tagtäglich in Wien daran arbeiten, Wien zur lebenswertesten Stadt der Welt zu machen, vor allem auch für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt. Ich möchte auf einige Themenbereiche eingehen, die mir wirklich besonders am Herzen liegen und bei denen wir Politikerinnen und Politiker auf keinen Fall wegschauen dürfen. Einsteigen möchte ich mit einem Danke, dass Sie als Kinder- und Jugendanwaltschaft seit Beginn der Corona-Pandemie ganz essenziell darauf schauen, wie es unseren Kindern und Jugendlichen geht und auch speziell einen Blick auf die damit verbundenen Auswirkungen auf die Kinder, auf die Jugendlichen werfen. Ich glaube, dass es auch in diesem Jahr und in den folgenden Jahren mit Sicherheit große Auswirkungen für die Kinder und Jugendlichen gibt, und umso wichtiger ist es, sich die Frage zu stellen, was die Jugendlichen brauchen, wie wir den Kindern unter die Arme greifen können und wie es vor allem unseren Kindern und unseren Jugendlichen geht. Dabei wird es um Fragen von psychischer Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gehen, genauso wie über die Bildungslaufbahn und die Ausbildungslaufbahn. Gerade in Zeiten multipler Krisen gilt es, besonders darauf zu achten, wie wir den Kindern und Jugendlichen in diesem Land unter die Arme greifen und sie noch besser unterstützen können. Sie haben in Ihrem Bericht auch angeführt, dass die derzeitige Situation sehr besorgniserregend ist, dass es seit 2018 bei Unter-18-Jährigen eine Steigerung an suizidialen Gedanken gibt und die Anzahl an selbstverletzenden Handlungen stark gestiegen ist. Ich möchte auch die Umfrage der Österreichischen Gewerkschaftsjugend heranziehen, die das widerspiegelt, die mehr als 1.500 Lehrlinge, Jugendliche gefragt hat, wie es ihnen in der Corona-Pandemie gegangen ist und wie es ihnen auch mit den Auswirkungen geht, und die Ergebnisse sind wirklich schockierend. Viele haben Schlafstörungen, Essstörungen, sehr viele denken auch daran, sich selbst etwas anzutun. Das ist ein Zustand, den wir als Politikerinnen und Politiker so nicht hinnehmen dürfen. Wir müssen tagtäglich daran arbeiten, diesen Jugendlichen und diesen Kindern unter die Arme zu greifen. (Beifall bei der SPÖ.) Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe setzt diesbezüglich in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Medizinischen Universität Wien ein gemeinsames Forschungsprojekt um. Wie der veröffentlichte Suizidpräventionsbericht 2023 deutlich zeigt, war im Jahr 2022 der vollzogene Suizid die zweithäufigste Todesursache bei den 15- bis 19-Jährigen. Daher will sich die Wiener Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam mit der MedUni Wien konkret proaktiv diesem Thema widmen. Durch die Vermittlung von Fachwissen rund um dieses Thema soll mehr Selbstsicherheit im Berufsalltag von Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen bewirkt werden. Wir sind hier alle gemeinsam gefordert, auf Landes-, aber auch vor allem auf Bundesebene, geeignete Mittel zur Verfügung zu stellen und vor allem ein geeignetes Budget zur Verfügung zu stellen, um allen Kindern und allen Jugendlichen in dieser Stadt, in diesem Land unter die Arme zu greifen. Diese Aufgabe und die damit verbundenen Empfehlungen auch von Ihrer Seite nehmen wir als Fortschrittskoalition sehr, sehr ernst. Ein weiteres sehr wichtiges Thema ist es, die Kinderrechte im digitalen Raum zu wahren beziehungsweise zu schützen. In Ihrem Bericht ist angeführt, dass laut einer finnischen Studie 40 Prozent der TäterInnen, die Missbrauchsdarstellungen gesehen haben, ein Kind aktiv kontaktieren. 70 davon geben an, den Kontakt zu Kindern online beziehungsweise über Social Media zu suchen. Wir müssen uns die Fragen stellen: Wie gehen wir mit Kinderrechten auch im digitalen Raum um? Wie können wir Kinder und Jugendliche auch bei Entscheidungsprozessen, die online stattfinden, mitnehmen? Wie können wir auf alle Fälle darauf schauen, dass Kinder auch kindergerechte Informationen zu den unterschiedlichsten Themen bekommen? Es geht vor allem auch um den Schutz und die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen. Wir als Fortschrittskoalition werden mit Sicherheit ein starker Bündnispartner, wenn es darum geht, die Kinderrechte auszubauen, vor allem auch im digitalen Raum. Im Bereich der Inklusion, gleiche Rechte für Kinder mit Behinderungen und ihre Familien, wurden im letzten Jahr viele Schritte zur Verbesserung auf den Weg gebracht. Dennoch braucht es auch dahin gehend weiterhin entschiedene Maßnahmen, um benachteiligte Menschen, aber vor allem auch benachteiligte Kinder und Jugendliche mitzunehmen und sie noch besser einzubinden. Vor allem im Bildungsbereich liegt Österreich, und so ehrlich müssen wir manchmal auch sein, oftmals auch hinter den Standards, da müssen wir insgesamt selbstkritisch sein und dafür sorgen, dass alle Menschen und vor allem auch die Kinder eingebunden werden und niemand zurück gelassen wird. In diesem Zusammenhang möchte ich der Gemeinderätlichen Kommission für Inklusion und Barrierefreiheit, allen voran der Vorsitzenden Stefanie Vasold und der Stellvertreterin Astrid Rompolt, sehr herzlich für die Arbeit danken, auch dem gesamten Gremium. Ich bin mir sicher, dass ihr euch diesem Thema in den nächsten Wochen und Monaten sehr stark widmen werdet. - Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.) Zum Thema Wohngemeinschaften: Danke - das ist auch schon genannt worden - an die Vertrauenspersonen der Kinder- und Jugendanwaltschaft, Claudia Grasl und Peter Sarto, die sich dieses wichtigen Themas annehmen und sich die Sorgen und Anliegen der Kinder und Jugendlichen auch wirklich zu Herzen nehmen. Gemeinsam wird mit den Verantwortlichen nach kindergerechten Lösungen gesucht. Insgesamt fanden im Jahr 58 Monitoringbesuche statt, davon 10 in Krisenzenten und 48 in Wohngemeinschaften beziehungsweise bei privaten Trägern. Die Stadt Wien hat durch viele großartige Projekte und Maßnahmen, wie Anstellung von noch in Ausbildung befindlichen Personen oder auch durch finanzielle Unterstützung von Ausbildungseinrichtungen beziehungsweise Übernahme der Ausbildungskosten, eine deutliche Verbesserung in diesem Bereich erreichen können. Dabei ist jedoch anzumerken, dass trotz vieler Interventionen bisher vom Bund keine Erhöhung der Anzahl der Ausbildungsplätze an den Fachhochschulen oder eine bundesfinanzierte Ausbildung für Sozialpädagoginnen und - pädagogen in Wien geschaffen beziehungsweise in Aussicht gestellt wurde. Insofern erwarten wir uns da auch in diesem Bereich endlich Maßnahmen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und ausreichende Ausbildungsplätze sicherzustellen. Weiters hat die Verringerung der zu großen Kinderanzahl in Krisenzentren in der Wiener Kinder- und Jugendhilfe eine hohe Priorität. Es wurden im letzten Jahr viele verschiedenen Maßnahmen gesetzt, um eine Verbesserung der Situation zu erzielen. Zusätzlich ist ein Kleinkindkrisenzentrum in Planung, welches von der Wiener Kinder- und Jugendhilfe selbst angeboten wird, um so für eine Entlastung der Krisenzentren zu sorgen. Auch die ambulanten Angebote werden massiv ausgeweitet und ausgebaut, sodass auch da von einer positiven Veränderung und von positiven Auswirkungen auf die Unterbringungszahlen trotz massiven Bevölkerungszuwachses ausgegangen werden darf. Abschließend möchte ich noch - Herr Kollege Öztas ist jetzt leider nicht mehr im Saal - kurz auf die Kinder- und Jugendstrategie näher eingehen, wo mehr als 22.500 Kinder und Jugendliche mitgewirkt haben, mehr als 1.300 Werkstätten stattgefunden haben, wo sie ihre Wünsche und Vorstellungen auch einbringen haben können. Daraus entstand nämlich die Wiener Kinder- und Jugendstrategie, die wir im Gemeinderat im Juni 2020 beschlossen haben. Auf der Website "www.jungeswien.gv.at/ziele" kann man permanent den Status der einzelnen Maßnahmen nachverfolgen. Aktuell sind 77 Maßnahmen erledigt, 33 in Arbeit, 50 in laufender Umsetzung und 33 Maßnahmen haben den Status in Warteschlange. Wir haben mit der Kinder- und Jugendstrategie, mit der "Werkstadt Junges Wien", mit dem Wiener Kinder- und Jugendparlament sehr viele Prozesse, die eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt garantieren und sicherstellen. Ich glaube, wir sind dahin gehend auf einem sehr, sehr guten Weg, gerade auch, was die Kinder- und Jugendstrategie betrifft. Gerade auch in den vielen Bezirken arbeiten wir überfraktionell zusammen, diese Forderungen und Maßnahmen umzusetzen. Dahin gehend einen großen Dank an die Magistratsabteilungen, an die Dienststellen, an alle Beteiligten, die dafür sorgen, diese Maßnahmen umzusetzen und diese Projekte der Jugendlichen zu verwirklichen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Abschließend nochmals vielen Dank für diesen Bericht, vielen Dank für Ihre Arbeit, für Ihre unermüdliche, professionelle Arbeit, Ihrem Team und natürlich auch Ihnen im Namen meiner Fraktion. Ich wünsche Ihnen alles, alles Gute und viel Erfolg. Ich freue mich schon auf den neuen Kinder- und Jugendanwalt Sebastian Öhner, freue mich auf die Zusammenarbeit und wünsche Ihnen allen alles Gute. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung. Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Berner, und ich erteile es ihr. Bitte. Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Wunderschönen Nachmittag! Es ist heiß - hier herinnen nicht so. Wir haben schon ganz viel über den Bericht gesprochen, und trotzdem hoffe ich, dass ich noch ein bisschen etwas Neues dazu beitragen kann. Am Beginn steht natürlich auch zuerst ein Dank, ein Dank an Dunja Gharwal und Ihr Team dafür, dass Sie sich wieder ein Jahr lang eingesetzt haben und dass Sie das auch weiterhin tun. Danke, dass ihr auch so viel umgebaut habt und Neues probiert. Ich finde, das kann man auch mit einem Applaus unterstützen. Herzlichen Dank. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.) Es ist eine harte Arbeit, und immer, wenn man auf Missstände hinweist, ist es meistens nicht so, dass das sehr angenehm ist, wenn man mit dem Finger in die Wunde fährt, aber ich bin dankbar, dass ihr das macht, und ich bitte euch, diese Kraft weiter zu behalten, wie auch immer man sich jetzt verändert. Danke. Zweitens möchte ich mich auch besonders bei Peter Sarto und Claudia Grasl für die unermüdlichen Monitoringbesuche bedanken. Es ist eine noch härtere Arbeit, direkt in die WGs zu gehen, direkt in die Krisenzentren zu gehen, direkt mit vielleicht gar traumatisierten Kindern oder zumindest auch mit den Betreuungspersonen zu sprechen. Das ist immer sehr belastend. Wir haben es auch vorhin bei der Rede von meiner Kollegin gehört, und ich möchte mich wirklich bedanken, dass Sie das machen, denn ohne Kontrolle kann da nichts verbessert werden. Es geht nicht darum, irgendjemanden zu blamen, sondern einfach darzustellen, wo man noch genauer hinschauen muss. Herzlichen Dank also ganz speziell an Claudia Grasl und Peter Sarto. Ich würde mir auch einen Applaus für sie wünschen. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.) Weil so viel gesagt worden ist, werde ich jetzt meine Rede ein bisschen anders anfangen, als ich es vorbereitet habe. Ich werde zuerst einfach nur sagen: Ja, es braucht dringend einen Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Das haben alle gesagt, und ich werde es hier noch einmal wiederholen. Wir müssen es leider jedes Jahr sagen, wir werden es auch noch 100 Mal sagen, aber wir werden uns auch dafür einsetzen, dass das passiert. Ja, es braucht mehr Inklusion auf vielen Ebenen. Wir GRÜNE haben dazu in letzter Zeit viele Anträge gestellt. Ich finde es super, wenn Sie, Herr StR Wiederkehr, das auch ernst nehmen und vielleicht auch aus dem Bericht ernst nehmen und sehen, wie dringlich es ist. Es braucht mehr Inklusion in dieser Stadt, vor allen Dingen, dass Kinder frühzeitig auch ins Bildungssystem inkludiert werden können und nicht wegen besonderer Bedürfnisse herausgehoben werden. Das ist in anderen Bundesländern möglich und sollte in Wien auch möglich sein. Ja, dieser ganze Bereich braucht mehr Ressourcen, mehr Beachtung, mehr Personal und mehr "hands-on" von Seiten der Politik, damit wir wirklich nicht nur schöne Worte haben, sondern auch tatsächlich eine Veränderung beibringen. Wir alle wissen, es gibt schon lange Schwierigkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe. Gut, das will niemand beklatschen. Ich weiß, es ist auch nicht so angenehm. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Wir haben von Verantwortung geredet. Ich werde mich jetzt vor allen Dingen um das Monitoring in den Krisenzentren bemühen, weil sich hier ein Bild zeigt, das wir leider auch schon aus den letzten Jahren kennen, aber man muss es hier noch einmal verstärken. Es gibt nach wie vor einen Personalmangel, es gibt nach wie vor Pflegeverhältnisse, die nicht im richtigen Verhältnis stattfinden, und es gibt eine systematische Überlastung von Krisenzentren, die allen und auch der Kinder- und Jugendanwaltschaft Sorge bereiten. In Wien können rund 2.400 junge Menschen bis 21 aus unterschiedlichen Gründen nicht bei ihren Eltern, nicht in den klassischen Familien leben. Diese Kinder werden öffentlich betreut und in die öffentliche Obsorge genommen. Wir haben auch das schon gehört: Öffentliche Obsorge heißt, wir alle oder die Stadt übernimmt die Verantwortung für diese Kinder, und wir können das im Moment nicht ausreichend in einer ausreichend qualitätsvollen Weise machen. Das ist frustrierend, zu lesen, weil wir alle ja wollen, dass diese Kinder auch in einem guten Umfeld aufwachsen und vor allen Dingen, dass wir die Spirale von Gewalt und Vernachlässigung und Armut durchbrechen können. All diese Spiralen kann man durchbrechen, wenn man die Kinder frühzeitig in ein gutes Umfeld bringt. Ich bitte Sie darum, deshalb diese Wünsche auch der Kinder- und Jugendanwaltschaft ernst zu nehmen. Worum geht es? Auch das haben wir gehört, ich werde es trotzdem kurz auflisten: Erstens, es gibt Schließungen von WGs auf Grund von Personalmangel. Das ist eine Katastrophe. Es sind schon jetzt die WGs überbelastet, und trotzdem werden welche geschlossen, obwohl wir zu viele Kinder und nicht zu wenige haben. Das kann nicht weiter sein. Wie kann es sein, dass wir niemanden finden, der da arbeiten will? Es kann sein, dass es an den Arbeitsbedingungen liegt. Bitte, bitte, nehmt die Wünsche ernst, die aus der Personalvertretung kommen! Nehmt es ernst, dass man über Stundenradeln, über Dienstzeiten, über Zugänglichkeiten, über Nachtdienste noch einmal redet und eine Form findet, sodass auch mehr Leute bereit sind, sich diesem schweren Beruf zu öffnen. Es gibt ganz viele engagierte Menschen, die bereit sind, sich sozial zu engagieren, und die auch bereit sind, für das soziale Leben in dieser Stadt ihre Arbeitskraft zu geben, aber sie brauchen Rahmenbedingungen, die sie nicht so ausbrennen lassen, dass sie nach drei Jahren wieder fliehen. Wir hatten vor Kurzem eine Veranstaltung mit einer Diskussion zum Thema Jugend und Schwierigkeiten in der Jugend. Der Saal war gefüllt von Menschen um 25, die sich für soziale Arbeit interessiert haben und gesagt haben, sie kriegen keine Stellen für die Ausbildung. Wie sie dann vom Podium mehr aus dem Arbeitsalltag gehört haben, waren sie auch ein bisschen desillusioniert - sagen wir es einmal so. Ich glaube, das muss aber nicht sein. Wir haben genug Menschen, die sich gerne sozial und solidarisch engagieren. Bitte, versucht, die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass das für alle besser werden kann. Zweitens, was auch schon angesprochen worden ist: Es ist eine Katastrophe, wenn Pflegekinder, die schon in Pflegefamilien sind, wieder in Krisenpflegezentren kommen, statt dass man gleich einen fixen Platz für sie findet. Die haben schon einige Male den Ort gewechselt, die haben schon einige Male Beziehungsabbrüche erlebt. So etwas führt zu einer neuen Traumatisierung. Das muss in Zukunft verhindert werden. Jeder weiß, dass, wer aus einer Krisenpflegefamilie kommt, eindeutig einen langfristigen WG-Platz braucht, der braucht nicht eine Krisenbetreuung. Drittens gibt es leider in den Krisenzentren selbst kaum eine Verbesserung. Nach wie vor ist es so, dass alle Krisenzentren, die monitorisiert worden sind, zu viele Kinder vor Ort hatten. Statt acht Kinder waren immer zehn bis zwölf Kinder dort, immer lauter traumatisierte Kinder aus schwer belasteten Familien, die schon ganz viel erlebt haben und die dann in eine große Gruppe mit anderen traumatisierten Kindern ein besseres Leben finden sollen. Wie soll das funktionieren? Wie sollen SozialarbeiterInnen einzeln auf diese Kinder zugehen können und mit denen entwickeln können, was eigentlich deren Zukunft sein kann? Das geht sich nicht aus. Wenn da zehn bis zwölf Kinder sind, heißt das, dass man nur das Notwendigste erfüllen kann. Das heißt, sie kriegen zu essen, sie kriegen ein warmes Bett, und damit ist es dann aber schon. Das ist eine Katastrophe, das kann Wien 2024 nicht bestehen lassen. Das finde ich wirklich nicht in Ordnung. Ich habe dazu auch ein Beispiel, das ich vorlesen möchte. So schaut es jetzt in den Krisenzentren aus. Dieses Beispiel kommt aus eurem Bericht, ich denke, damit ist es auch freigegeben, dass es hier öffentlich vorgelesen werden kann. Ein 5-jähriges ukrainisches Mädchen, das nicht deutsch spricht, kommt in eine Einrichtung und ist dort gemeinsam mit delinquenten 13-jährigen Jugendlichen zusammen, die den ganzen Tag, Tag und Nacht, einen Security-Dienst brauchen, damit sie nicht übergriffig sind. Wie soll sich dieses 5-jährige Kind dort wohlfühlen, wo niemand mit ihr sprechen kann und wo sie die ganze Zeit in Angst lebt? Außerdem ist in derselben Kriseneinrichtung auch noch ein autistischer Junge, der 14 Jahre ist und seit einem Jahr auf ein Pflegschaftsverfahren wartet, ohne dass er eine ordentliche Ansprechperson hat, ohne dass er sich auf eine Beziehung einlassen kann. Das sind katastrophale Zustände. So etwas hätten wir uns früher nicht gedacht, dass Wien in dieser Form mit Kindern umgeht. Das ist nicht eine Obsorge, auf die wir uns einlassen wollen, und das ist nicht eine Obsorge, die diese Kinder schützt. Das geht nicht. Deshalb bitte ich, dass wir uns um diesen Ausbau von Krisenzentren mehr bemühen. Das ist ein Hintergrund: Wir haben unseren Antrag geschrieben, bevor wir diesen Bericht gelesen hatten. Deshalb haben wir einen Antrag gestellt, der sich ganz besonders um die Unterbringung von Kindern im Vorschulalter, nämlich zwischen drei und sechs Jahren bezieht. Warum? Weil derzeit Krisenzentren ab drei für Kinder zugänglich sind, weil wir nicht genug Pflegefamilien und nicht genug Krisenpflegeeltern haben. Das ist ein anderes Thema, über das werden wir noch später reden, das will ich heute in dem Antrag gar nicht sagen. Der Antrag bezieht sich nur auf Vorschulkinder, dass es nicht mehr passiert, dass Vorschulkinder gemeinsam mit pubertierenden, traumatisierten Kindern zusammen untergebracht werden. Das ist gefährlich, das ist schwierig, und es kann kein Sozialarbeiter und kein Betreuer schaffen, diese "range" ordentlich zu behandeln. Deshalb haben wir ausführlich geschrieben, warum das wichtig ist, weil sechsjährige Kinder Peers brauchen, weil sechsjährige Kinder andere Beziehungen als größere brauchen. Sie brauchen stabile Beziehungsleute, sie brauchen weniger Wechsel in der Betreuung, und deshalb ist es dringend notwendig, da eigene Unterbringungen zu finden. An die ÖVP speziell sage ich, es geht nicht darum, dass es unbedingt WGs werden, der Antrag heißt kindgerechte Fremdunterbringung. Man kann sich auch über neue Pflegefamiliensysteme etwas überlegen, man kann sich auch überlegen, wie man zu mehr Pflegeeltern in dieser Stadt kommt. Vielleicht muss man mit anderen Bundesländern reden. Es gibt viele Möglichkeiten, wie man mit Fachexpertise an diesem Thema arbeiten kann. Ich bitte Sie, das ernst zu nehmen. Sie haben gesagt, Sie wollen das gerne zuweisen, aus diesem Grund muss ich meinen Antrag zurückziehen und jetzt den neuen Antrag auf Zuweisung einbringen. Ich freue mich sehr, wenn das weiter besprochen wird und wenn Sie wirklich in dieses Thema hineingehen. Danke für das Ernstnehmen dieser Sache. Damit bin ich fast am Ende. Verantwortung war das Thema der ÖVP. Verantwortung ist das, was ich auch gerne hier sagen will. Ich glaube, wir alle sehen, es gibt eine Verantwortung, wir alle sehen, es ist wichtig und es wäre gut, wenn wir uns auch hier nicht zu sehr nur darauf verlassen, dass vielleicht der Bund mehr machen könnte, sondern schauen: Hier in Wien ist auch noch Luft nach oben. Das ist zwar traurig, aber es ist andererseits auch schön, denn das heißt, hier in Wien können wir etwas verbessern, ohne dass wir vom Bund abhängig sind. Wir wissen nicht, wie sich der Bund weiterentwickelt, wir hier in Wien können Mittel in die Hand nehmen, wir hier in Wien können Strukturen verbessern, und ich bitte Sie, das ernst zu nehmen und das auch zu tun. Herzlichen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Maximilian Krauss, und ich erteile ihm das Wort. Abg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Anwältin! Auch von unserer Seite vielen Dank für den Bericht, vielen Dank auch für Ihre Tätigkeit in den vergangenen Jahren. Wir Freiheitliche haben ja auch einige Male Dinge kritisiert, wünschen Ihnen allerdings natürlich trotzdem persönlich alles Gute auf Ihrem weiteren Weg Es wurden ja auch schon von meinen Vorrednern viele Punkte angesprochen, die in diesem Bericht kritisiert werden, ob es Frau Berner war, die jetzt von einem erschreckenden Beispiel von dem ukrainischen Mädchen erzählt hat, ob es allgemein andere Punkte im Bereich der Pflegekinder sind: Da gibt es massiven Aufholbedarf für die Stadt, und ich hoffe, dass man auch tätig werden wird und diese Zustände, die, wenn man den Bericht liest, ja wirklich in vielen Bereichen schockierend sind, auch raschest beheben und verbessern wird. Ein paar Worte möchte ich auch noch zu meinem Vorredner, zu Abg. Schulz von der SPÖ sagen, der erzählt hat, dass der Gewerkschaftsbund eine Studie unter 1.500 Lehrlingen gemacht hat, und das Ergebnis war, dass es jetzt bei Lehrlingen auf Grund der Corona-Krise noch mehr psychische Probleme gibt, Essstörungen gibt, Schlafstörungen gibt. Tatsache ist natürlich, dass die SPÖ, dass die Fraktion des Abg. Schulz maßgeblich in Wien für diese ganzen Probleme der jungen Menschen und bei Lehrlingen mitverantwortlich war, weil Sie es waren, die in Wien die meisten Schulschließungen hatten, die die meisten Lockdowns verhängt haben, die die meisten Tage die Kinder und Jugendlichen zu Hause eingesperrt haben. Wenn jetzt genau Sie kritisieren, dass das zu psychischen Problemen geführt hat, dann sind Sie die Verantwortlichen dafür und dann sollten Sie das hier nicht kritisieren. Sie können das Problem und Ihren Fehler erkennen, aber dann sollten Sie sich als Regierung bei den jungen Menschen in dieser Stadt für diese Politik des Einsperrens, der Lockdowns, der Schulschließungen entschuldigen und dann Besserung geloben und nicht hier nur kritisieren und sagen, dass das schlimm ist. Ja, es ist schlimm, aber Sie sind dafür verantwortlich. (Beifall bei der FPÖ.) Zum neuen Kinder- und Jugendanwalt, der heute, glaube ich, leider nicht anwesend ist, möchte ich sagen, dass es zwar ein neuer Prozess war, wie er bestellt wurde, mit einem Hearing, mit unterschiedlichen Kandidaten im Ausschuss, tatsächlich sich allerdings dann am Ende der Kandidat, der von den Regierungsfraktionen vermutlich im Vorhinein ausgemacht war, durchgesetzt hat. Er wurde, glaube ich, ausschließlich mit den Stimmen der Regierungsfraktionen gewählt. Ich bin mir nicht sicher, wie sinnvoll es ist, einen ganzen Tag ein Hearing durchzuführen, wo dann alle Abgeordneten, auch die der Oppositionsparteien, abstimmen können, aber am Ende es ohnehin ein geschlossenes Votum der Regierungsfraktionen gibt, das bereits davor festgestanden ist. Ob man so einen Prozess braucht oder nicht, ob das nicht vielmehr Scheinpartizipation ist, sei dahingestellt. Nichtsdestoweniger wünschen wir auch dem neu gewählten Kinder- und Jugendanwalt alles Gute für sein Amt. Wir hoffen, dass er es tatsächlich so ausüben wird, dass er der Stadtregierung auf die Finger schaut, dass er auch Dinge im Kinder- und Jugendschutz ansprechen wird. Auch da hat Kollege Schulz angesprochen, dass es im Internet große Probleme gibt. Es gab auch in der vergangenen Periode große Missbrauchsfälle, ich denke an den Fall Teichtmeister. Da braucht es definitiv eine starke Stimme für die Kinder, für die Jugend, die dieser Stadtregierung auch auf die Finger schaut und dort Dinge kritisiert, wo es sie zu kritisieren gibt. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Gremel, und ich erteile ihm das Wort. Bitte sehr. Abg. Mag. Marcus Gremel, MBA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Landesrat! Liebe Kinder- und Jugendanwältin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte mich an sich heute zu diesem Bericht nicht zu Wort melden, weil mein Kollege Schulz ja eh alle inhaltlichen Punkte schon hervorragend vorgebracht hat. Ich kann mich da nur anschließen. Es sind nur jetzt schon ein paar Aussagen hier gefallen, die ich so nicht im Raum stehen lassen möchte, und zwar bezüglich der Bestellung des neuen Kinder- und Jugendanwalts, nämlich von Sebastian Öhner. Ich muss ehrlich sagen, mich haben schon die Presseaussendungen, die es nach der Verkündung seiner Bestellung gegeben hat, wirklich schockiert. Ich finde, das ist echt ein, sage ich mal, trauriger Zugang, wie man das Sprachrohr für Kinder und Jugendliche in unserer Stadt in seinem Amt willkommen heißt. Ich meine, man haut gleich einmal hin und sagt, der ist ein Regierungskandidat, wie heute der Kollege Öztas es geframt hat, stellt seine fachliche Qualifikation in Frage, ohne ihn auch nur einen Tag an seinen Taten zu messen. Das finde ich eine Abkanzelung, die sich Kollege Öhner wirklich nicht verdient hat. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Abg. Nikolaus Kunrath: Das ist absurd!) Frau Kollegin Keri, Sie haben darauf hingewiesen, dass es mehrere oder einige - sehr viele haben Sie, glaube ich, gesagt - qualifizierte, sehr qualifizierte Personen im Hearing im Ausschuss gab. Da kann ich Ihnen nur recht geben: Frauen wie Männer. Ich habe ja die Bewerbungsunterlagen genauso wie alle anderen Ausschussmitglieder im Vorfeld bekommen und genauestens studiert. Ich schätze einmal, das haben eh alle Kolleginnen und Kollegen so getan. Auch ich hatte vor dem Hearing mehrere Personen sehr ähnlich eingeschätzt. Ich teile also Ihre Ansicht, dass die formale Qualifikation bei mehreren auf einer sehr ähnlichen Ebene, wenn auch mit unterschiedlichen Ausformungen, sehr gut gewesen wäre. Ich persönlich kann nur sagen, mich hat Herr Öhner im Hearing am meisten überzeugt, und zwar mit Abstand. Ich war wirklich von diesem Auftritt beeindruckt, den Sebastian Öhner dort an den Tag gelegt hat, und ich möchte auch in Abrede stellen, dass da inhaltlich nichts gekommen wäre und dass das nur technischer Natur oder von mir aus überwiegender technischer Natur war. Nein, das war es nicht. Natürlich ist er Jurist und hat diese Kenntnisse auch hervorgestrichen. Es ist übrigens auch nicht so schlecht, einen Juristen oder eine Juristin in dieser Position zu haben, wiewohl ich mir auch andere Berufsgruppen gut vorstellen hätte können. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Das ist keine Schande!) Na, überhaupt nicht! Er hat sehr wohl schon eine ganze Reihe von inhaltlichen Anliegen in den Bewerbungsunterlagen, aber auch im Hearing skizziert. Ich kann das jetzt hier nicht alles wiedergeben, weil ich es mir auch nicht auswendig gemerkt habe, aber was mir jedenfalls noch im Kopf ist, ist, dass er dafür sorgen möchte, dass die Kinder- und Jugendanwaltschaft noch stärker dort präsent ist, wo auch Jugendliche unterwegs sind, dass er ganz konkrete Überlegungen hat, wie man auch den digitalen Raum noch stärker bespielen kann, und dass er sich ganz stark vorgenommen hat, auch die Expertise, die in der Kinder- und Jugendanwaltschaft ja auf großartigste Weise in den vielfältigsten Bereichen, die Kinder und Jugendliche betreffen, vorhanden ist, proaktiv in die verschiedenen Systembereiche der Stadt hineinzutragen und so auch noch mehr für Kinder und Jugendliche zu erreichen. Das hat er sehr breit dargestellt, und ich finde es echt schwierig, jetzt so zu tun, als wäre da nichts gekommen. Herr Kollege Öztas und ein bisschen auch Herr Kollege Krauss unmittelbar vor mir haben das Verfahren an sich kritisiert. Herr Kollege Öztas hat es wortwörtlich als intransparent bezeichnet. Ich weiß nicht, wo ich bin, ehrlich gesagt. Wir haben eine gesetzliche Regelung, die ganz klar regelt, wie die Bestellung der Kinder- und Jugendanwaltschaft zu erfolgen hat, dass sich Bewerberinnen und Bewerber melden können, dann im Ausschuss einem Hearing unterzogen werden und dann vom zuständigen Stadtrat ein Dreiervorschlag an die Landesregierung weitergeht. Wir haben alle die gleichen Informationen bekommen, wir haben alle Bewerbungsunterlagen gehabt, haben sie gesichtet, haben uns sogar, damit das auch irgendwie vergleichbar ist, gemeinsam die Fragen überlegt, die wir jeder einzelnen Person gleich stellen. Dann haben wir abgestimmt, und das Ergebnis war nun einmal, wie es ist. Jetzt kann man glauben oder vermuten oder unterstellen - was auch immer -, dass das ein abgekartetes Spiel war und dass sich die Regierung eh schon vorher geeinigt hat. Ich sage Ihnen jetzt noch einmal: Nein, das war nicht so, nämlich überhaupt nicht. (Abg. Anton Mahdalik: Sicher nicht!) Sie können mich jetzt der Lüge bezichtigen oder es mir nicht glauben. Geschenkt, das ist mir eigentlich wurscht. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Offensichtlich!) Nur, herzugehen und den neuen Kinder- und Jugendanwalt gleich einmal mit diesem "framing" vollzuladen und ihm nicht eine Minute zu geben, um ihn an seinen Taten zu messen, finde ich wirklich, wirklich unverdient. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Frau Kollegin Keri, wenn Sie auch dieser Meinung sind oder auch diese Befürchtung haben, dass wir uns das eh alles davor ausgemacht hätten, was, noch einmal, nicht der Fall ist, und daher noch ein bisschen Vertrauensarbeit, wie Sie es genannt haben, gemeinsam mit Kollegen Öhner bewältigen müssen, finde ich es schade. Ich finde, Misstrauen hat er sich nicht verdient. Ich würde mir eher erwarten - und das ist an sich auch üblich für solche Positionen -, dass man einmal mit einem Vertrauensvorschuss startet und dann schaut, wie sich die gemeinsame Zusammenarbeit entwickelt. Das würde ich mir jedenfalls wünschen, und ich bin sehr davon überzeugt, dass Herr Kollege Öhner das mehr als verdient hat, auch auf Grund seiner langjährigen, erfolgreichen Arbeit als Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendanwaltschaft, als ausgewiesener Kinderrechtsexperte, als toller Jurist. Dunja, ich will nicht so grantig schließen. Ich habe es dir davor schon persönlich gesagt, ich sage es jetzt an dieser Stelle auch noch einmal und ich bin mir ganz sicher, auch im Namen meiner ganzen Fraktion. Ich möchte mich bei dir bedanken, wirklich sehr herzlich für deine Arbeit in den letzten fünf Jahren bedanken. Du hast mich in deiner Arbeit extrem beeindruckt, jeder Austausch mit dir, jeder inhaltliche Austausch war für mich extrem befruchtend. Warum? Weil du nie den Blick nur auf Einzelfälle gerichtet hast, sondern immer die systemische Frage gestellt hast und mir selbst damit vielleicht auch ein bisschen Scheuklappen weggenommen hast und mich dazu motiviert hast, mich grundsätzlichen Fragen in verschiedenen Systemen dieser Stadt zu nähern. Dafür ein herzliches Dankeschön. Ich wünsche dir alles Gute für deine Zukunft. Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Vielen Dank. Zu Wort gelangt nun Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, und ich erteile es ihr. Bitte, liebe Dunja. Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter! Werte Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Geschätzte Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene in Wien! Die Präsentation unseres Jahresberichts ist für mein Team und mich persönlich immer ein Höhepunkt des Jahres. Sie würdigt die einzigartige Arbeit und das Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien. Zudem zeigt sie, dass sich die Umsetzung der Kinderrechte unserer Stadt stetig und nachhaltig verbessert. Naturgemäß beschäftigt sich der Bericht auch mit Versäumnissen der Stadt und des Bundes. Es gibt immer noch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, denen Grundrechte verweigert werden. Diese Versäumnisse mögen systemischer oder struktureller Natur sein, individuell oder auch politisch, dennoch dürfen wir diese nicht hinnehmen. Wenn wir mit Kindern und Jugendlichen sprechen, müssen wir einfach besser werden. Das ist unser gemeinsamer Auftrag, auch in diesem Haus. Ich möchte heute auszugsweise einen Rückblick auf unsere Aktivitäten geben und darüber hinaus einen Ausblick auf zukünftige Herausforderungen skizzieren. Bildung, Inklusion, Monitoring von Wohngemeinschaften und Krisenzentren sowie das Jugenddepartement der Justizanstalt Josefstadt, die Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Unterstützungsleistungen für ehemalige Heimkinder waren die intensivsten Themen im letzten Jahr. Seit meinem Amtsantritt 2019 habe ich Inklusion als zentrales Schwerpunktthema definiert. Inklusion bedeutet für uns, dass alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihren individuellen Bedürfnissen und Hintergründen, gleiche Chancen und Zugang zu Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe erhalten. Fünf Jahre später können wir einen stärkeren politischen und institutionellen Willen erkennen, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Es gibt zahlreiche Bekenntnisse und Absichtserklärungen, die die Wichtigkeit der Inklusion betonen. Im Bildungsbereich sehen wir Bestrebungen, auf die vielfältigen Bedürfnisse aller Kinder und Jugendlichen einzugehen. Die Idee ist, ein Bildungssystem zu schaffen, wo Kinder und Jugendliche dabei angeleitet werden, die beste Version ihrer selbst zu entdecken und damit die Zukunft zu erobern. Jedoch bleiben die konkreten Taten hinter den ambitionierten Zielen zurück. Obwohl wir den politischen Willen und die institutionelle Unterstützung haben, mangelt es an der praktischen Umsetzung und an nachhaltigen Maßnahmen, die tatsächlich im Alltag der Betroffenen ankommen. Es fehlen ausreichende Ressourcen, spezialisierte Fachkräfte und angepasste Strukturen, um den inklusiven Ansprüchen wirklich gerecht zu werden. Die Umsetzung von Inklusion im Bildungssystem steht oft vor bürokratischen Hürden und mangelnder Finanzierung. Zudem sind viele Bildungseinrichtungen in pädagogischer Hinsicht noch nicht genügend auf die Vielfalt der Bedürfnisse vorbereitet. Deshalb ist es entscheidend, dass die Kinder- und Jugendanwaltschaft als Ombudsstelle und Menschenrechtsinstitution sich weiterhin dafür einsetzt und konkrete Schritte fordert, um Inklusion nicht nur als theoretisches Ziel, sondern als gelebte Praxis zu verankern. Es braucht ein gemeinsames Engagement von Politik, Institutionen, Bildungseinrichtungen und der Gesellschaft, um die nötigen Veränderungen zu bewirken und sicherzustellen, dass alle Kinder und Jugendlichen in ihren unterschiedlichsten Bedürfnissen und Fähigkeiten unterstützt und gefördert werden, denn eine inklusive Bildungslandschaft ist ein wesentlicher Bestandteil für ein selbstbestimmtes Leben. Gerade Kindergärten und Schulen sind auch in Kinderschutzperspektive wichtig und relevant. Das pädagogische Personal sieht die Kinder und Jugendlichen jeden Tag, sie sind die Sensoren des Kinderschutzes. Sie sehen, wenn sich Kinder immer mehr zurückziehen, sie hören, wenn Freundschaften abgebrochen werden, oder erfahren, wenn die Schule geschwänzt wird. PädagogInnen sind daher die wichtigsten PartnerInnen im Kinderschutz. Kinderschutzkonzepte sind verpflichtend und müssen bereits von jeder elementarpädagogischen Einrichtung und mit Schulstart 2024 von jeder Schule vorgelegt werden. Ziel ist es, dass Lehrkräfte Hinweise auf innerfamiliäre und außerfamiliäre Gewalt erkennen können, ihre Wahrnehmungen mit den Kinderschutzbeauftragten teilen, damit diese entsprechende Maßnahmen einleiten können. Kinderschutzbeauftragte sind dabei Anlaufstelle, Dreh- und Angelpunkt der Kommunikation und Vertrauensperson für Kinder und Jugendliche am jeweiligen Standort. Darüber hinaus sind Kinderschutzkonzepte auch im informellen Bildungsbereich zunehmend ein Thema. Sportvereine, Kunst- und Kulturbetriebe, Fahrtendienste, Schwimmbäder, und viele mehr sind mit Kinderschutzkonzepten, der Schulung ihrer Mitarbeiter und ihrer Kinderschutzbeauftragten befasst. Um diesen außerfamiliären Kinderschutz in Organisationen, Vereinen und Betrieben besser zu erfassen, braucht es auch politischen Mut, entsprechende gesetzliche Grundlagen zu schaffen, denn Kinderschutz gelingt nur gemeinsam. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, hinzusehen, zuzuhören und der jeweiligen qualifizierten Person am Standort beziehungsweise in einem Kinderschutzzentrum die eigene Wahrnehmung über einen Verdacht einer möglichen Kindeswohlgefährdung zu berichten. Das Thema Bildung hat uns im letzten Jahr in vielen Facetten beschäftigt. Wir als KIJA haben uns viele Fragen gestellt. Wie wird die kindgerechte Schule Wirklichkeit? Wie können Lehrpläne der Zukunft gestaltet werden, wenn wir doch die Herausforderung der Zukunft nur vermuten können? Wie gehen wir mit Gewalt im öffentlichen Raum um? Partizipation ist hier ein wesentlicher Faktor, um Gewalt in all ihren Formen zu reduzieren. Kinder und Jugendliche, die sich informieren können, gehört werden und mitentscheiden können, können sich besser ausdrücken und mitteilen. Sie können Konflikte konstruktiv lösen, haben mehr Vertrauen, wenn ihre Anliegen ernst genommen werden. Dieses Wissen hat uns in unserer Arbeit auch in diesem Jahr begleitet, ob beim Austausch mit Dienststellen, Vereinen und internationalen Organisationen, in Weiterbildung zum Thema Kinderschutz, bei der Aktualisierung der Wiener Mobbingbroschüre gemeinsam mit den befassten Organisationen, beim Einbringen von Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen oder bei der Mitgestaltung der Konferenz Kinderrechte als Chance und Auftrag im Klimaschutz. Um Bildungsangebote erfolgreich und qualitätsvoll sicherzustellen, müssen auch psychosoziale und medizinische Unterstützungsangebote bedarfsgerecht und flächendeckend ausgebaut werden. Der Pilot der Gesundheitsteams an Bildungsstandorten, besser bekannt als Projekt "School Nurses", hat eindrucksvoll gezeigt, wie multiprofessionelle Zusammenarbeit gelingen kann und welche präventive Wirkung sie entfaltet. Prävention bedeutet vorbeugen und umfasst Maßnahmen und Strategien, die darauf abzielen, das Eintreten unerwünschter Ereignisse oder Zustände zu verhindern. In unserer Gesellschaft hat sich Prävention in verschiedenen Bereichen als Standard etabliert: Unfall-, Sucht-, Sicherheits-, Gesundheitsprävention sind gebräuchliche Begriffe. Bei genauer Betrachtung erkennen wir jedoch die unzureichende Ausrollung von gesundheitspräventiven Maßnahmen und Strategien. Ich schließe mich hier den Empfehlungen des Patientenanwaltes an. Prävention muss bereits im Kindergarten beginnen. Es ist wichtig, dass Kinder schon früh Wissen darüber erwerben, wie gesunde Ernährung funktioniert, warum regelmäßige Bewegung und Sport bedeutungsvoll sind und wie psychische Gesundheit gestärkt werden kann. Da sind insbesondere auch die Gesundheitskassen gefordert, ihren Beitrag zu leisten und das multiprofessionelle Arbeiten im Team zu ermöglichen. An Bildungsstandorten sind Kinder und Jugendliche jeden Tag erreichbar. Warum also nicht die Leistungen der Krankenkassen dort anbieten, wo die Adressatinnen und Adressaten bereits sind? In der sozialen Arbeit sprechen wir gerne davon, die Betroffenen dort abzuholen, wo sie sich befinden. Gemeint ist damit ihre psychosoziale Verfasstheit. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es auch um die physische Präsenz der Menschen geht. Denken Sie nicht nur an Streetwork oder an Parkbetreuung und ähnliche Angebote, Kooperation gelingt immer dort, wo sich Betroffene sicher und wohl fühlen, also an ihren vertrauten Orten. Diese Logik kann nicht nur in Bildungseinrichtungen bedeutungsvolle Veränderungen hinsichtlich der Gesundheitsprävention und Gesundheitsvorsorge darstellen, sondern auch in anderen städtischen Dienstleistungen. Beispielsweise zeigt das ambulante Angebot Home-Treatment, das gemeinsam mit dem PSD und dem AKH durchgeführt wird, eine hohe Nachfrage. Oder denken wir an die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Ambulante Angebote auszubauen, mit den Familien in ihrem vertrauten Umfeld zu arbeiten und kontinuierliche Beziehungsangebote zu setzen, stärkt Familien. Darüber hinaus gilt es, die Selbstwirksamkeit von Familien im Lernen voneinander sichtbar zu machen. Gruppen- Settings, Multifamilientherapie, Peer-Arbeit, und vieles mehr sind Formate, die auf Empowerment setzen und lösungsorientiert ausgerichtet sind. Der Fokus liegt auf den Fähigkeiten der Menschen und darauf, diese auszubauen, die Gemeinschaft zu stärken und den Zusammenhalt zu fördern. Vorbehalte verschwinden dadurch, Vertrauen wächst, und Unterstützung wird gegeben und angenommen. Gerade im urbanen Raum zeigt sich das zunehmende Bedürfnis der BewohnerInnen nach Grätzlgemeinschaft, Grätzlarbeit, verkehrsberuhigten Grätzlzonen und mehr Grünflächen und Erholungsräumen. Gemeinsam die Stadt gestalten, aufeinander schauen und füreinander da sein: Das gelingt nur durch entsprechende Moderation. Das ist das Herzstück verantwortungsbewusster Nachbarschaften, und genau dieser Community-Ansatz wird sich auch im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe als nachhaltiges Konzept durchsetzen. Eine unserer wichtigsten Aktivitäten unmittelbar mit Kindern und Jugendlichen ist das schon angesprochene Monitoring von Wohngemeinschaften und Krisenzenten, die ich nach wie vor bevorzugt als Schutzwohnungen bezeichnen möchte. Gerade, wenn wir Kinder und Jugendliche in Wohngemeinschaften kennen lernen dürfen, wird uns bewusst, wie verunsichert diese junge Menschen hinsichtlich ihres eigenen Könnens, ihrer Selbstwirksamkeit und Selbsterhaltungsfähigkeit sind. Sie alle sind durch unterschiedliche Gewalterfahrungen und schließlich Gefährdungsabklärungsprozesse gegangen und mussten sich der Tatsache stellen, nicht mehr in ihrer Ursprungsfamilie leben zu können. Diese Entscheidung wurde zu ihrem Schutz getroffen, einem Schutz vor Gewalt und Vernachlässigung, den die Familien nicht bieten konnten. Lassen Sie mich hier ein bisschen präziser werden: Die fachliche Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung wird niemals leichtfertig getroffen. Die Kolleginnen und Kollegen der Kinder- und Jugendhilfe prüfen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten akribisch, ob ein gelinderes Mittel zur Anwendung kommen kann. Unter gelinderem Mittel verstehen wir ambulante Angebote innerhalb der Familie, also zu Hause im gewohnten Umfeld. Doch gerade da fehlen nach wie vor zeitnahe und hochfrequente Angebote. Im Kinderschutz dürfen wir Familien nicht monatelang sich selbst überlassen, weil Unterstützungsmaßnahmen limitiert sind. Der bedarfsorientierte Ausbau der ambulanten Angebote ist daher entscheidend für die qualitätsvolle stationäre Fremdunterbringung, also die Arbeit in den Wohngemeinschaften in Wien. Unsere Aufgabe ist es, das Augenmerk verstärkt auf die oftmals selbst sehr bedürftigen Eltern zu legen und mit ihnen gemeinsam Unterstützungsformate zu kreieren, die das selbstbestimmte Leben der Familie im Sinne der Kinderrechte ermöglicht, denn der erste Tag der stationären Fremdunterbringung der Kinder ist auch der erste Tag der Arbeit an der Rückführung der Kinder zurück in die Familie. Wie bedeutungsvoll die Arbeit im Rahmen des Monitorings ist, sehen wir nicht nur in der Kinder- und Jugendhilfe und in privaten Trägern von Wohngemeinschaften, sondern auch durch den Besuch des Jugenddepartments der Justizanstalt Josefstadt. Wir haben dort zwei Sprechtage installiert. Wir führen das unangekündigte Monitoring weiter, das wird in einem Dreierteam bespielt. Die Sprechtage sind so stark gefragt, dass wir mittlerweile zwei Zweierteams in die Josefstadt schicken müssen. Die Situation für die Jugendlichen in der Josefstadt hat sich auch hinsichtlich der pädagogisch geschulten Justizwachebeamten verbessert. Eine Gefährdung dieser positiven Entwicklung ist zu befürchten, da die Justizanstalt Gerasdorf geschlossen wurde und die Justizanstalt Simmering mit dem Ausbau des Jugenddepartments noch nicht begonnen hat. Die Josefstadt wird daher als Zwischenlösung für die jugendlichen Insassen verwendet, und wir vermuten einen Verlust der Qualität an diesem Standort für die Burschen und auch die Mädchen - es sind verhältnismäßig immer mehr Burschen als Mädchen. Die Biographie von ehemaligen Insassen begleitet uns auch im Rahmen unserer Tätigkeit mit ehemaligen Heimkindern. Die massiven Gewalterfahrungen vieler ehemaliger Heimkinder hat eine lebenslange Auswirkung auf ihre konstruktive Gestaltungsmöglichkeit genommen. Nach wie vor sind wir für viele Betroffene Anlaufstelle, um Unterstützung hinsichtlich psychotherapeutischer Angebote zu erhalten oder Beratung bei der Beantragung ihrer Heimopferrente oder Invaliditätspension in Anspruch zu nehmen. In Zusammenarbeit mit dem PSD und dem fachlichen Austausch mit dem Weissen Ring gelang uns, in den letzten fünf Jahren ein Konzept zu entwickeln, diesen Menschen voller Respekt für ihre Lebensgeschichte zu begegnen. Das ernsthafte und authentische Interesse an ihrer Wahrnehmung des Erlebten beschreiben die Betroffenen entscheidend für das Vertrauen in staatliche Institutionen. Ich möchte mich daher auch dieses Jahr verstärkt für eine transparente und kontinuierliche Entschädigungsleistung für diese Personengruppe aussprechen. Kinder und Jugendliche, die in der stationären Fremdunterbringung Gewalt und Missbrauch erlebt haben, haben einen Rechtsanspruch auf Entschädigung. Die gesetzlichen Rahmen im Sinne dieser Kinder und Jugendlichen zu gestalten, obliegt auch den jeweiligen Ländern. Geschätzte Kinder und Jugendliche! Werter Landtag! Ich habe euch/Ihnen einen Auszug aus meiner Arbeit skizziert. Lassen Sie mich noch ein wenig ausholen, wo die Reise der Kinderrechte hingeht. Als Kinder- und Jugendanwaltschaft haben wir uns neu organisiert. Wir sind ein wachsendes Team mit unterschiedlichen Professionen. Gesamt verstehen wir uns als Ombudsstelle und haben auf Grund der wachsenden Themenbreite sach- und anlassbezogene Teams. Jedes Teammitglied hat unterschiedliche Spezialisierungen und Netzwerkwissen. Die Fallarbeit wird von der Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchgeführt. Darüber hinaus sehen wir auf Grund unseres Institutionswissens strukturelle und systemische Probleme. Diese werden von den Kolleginnen und Kollegen in der Grundlagenarbeit sowohl rechtlich als auch soziologisch aufbereitet und an die jeweiligen Institutionen herangetragen. Wir haben im letzten Jahr umfangreiche Positionspapiere, Analysen und Stellungnahmen erarbeitet und federführend mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft Österreich publiziert. Diese Arbeitsweise zeigt, dass die Kinderrechte nicht mehr in den Kinderschuhen stecken. Wir haben uns den zukünftigen Herausforderungen unserer gemeinsamen Welt mit kinderrechtlicher Argumentation genähert. Für die Zukunft stehen einige zentrale Themen und Konzepte im Fokus unserer Arbeit. Das sogenannte Kinderrechte-Mainstreaming, also die systematische Integration von Kinderrechten in alle politischen und administrativen Entscheidungsprozesse. Dies bedeutet, dass die Bedürfnisse und Rechte von Kindern unabhängig vom jeweiligen politischen Handlungsfeld stets berücksichtigt und gefördert werden, die wirkungsorientierte Folgenabschätzung als Methode zur systematischen Bewertung der potenziellen Auswirkung politischer Entscheidungen und Maßnahmen auf Kinder und Jugendliche in der Legistik. Dies ermöglicht es, die langfristigen Folgen für junge Menschen besser zu verstehen und sicherzustellen, dass ihre Interessen geschützt werden. "Child-friendly budgeting" stellt eine kinder- und jugendfreundliche, gezielte und transparente Zuweisung von öffentlichen Geldern sicher und prüft, dass die finanziellen Ressourcen tatsächlich den Bedarfen von Kindern und Jugendlichen zu Gute kommen. Dies umfasst Investitionen in Bildung, Gesundheit, soziale Dienste, Transport, Wohnen, Städteplanung, und vieles mehr. Die Nutzung kollektiver Intelligenz und Zusammenarbeit, um innovative Lösungen für die Herausforderungen im Bereich der Kinderrechte zu entwickeln, bedeutet, Wissen und Erfahrung aus verschiedenen Bereichen und von verschiedenen AkteurInnen zu bündeln und gemeinsam zu nutzen. Das ist unsere Arbeitsweise, die wir gerne mit den Abteilungen der Stadt Wien und darüber hinaus teilen. Nicht zuletzt entscheidend ist die kontinuierliche Überprüfung und Evaluierung unserer Ansätze und Maßnahmen in Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Effizienz. Dies umfasst die kritische Auseinandersetzung mit bisherigen Erfahrungen, das Lernen aus Fehlern und das Anpassen von Strategien, um die bestmöglichen Ergebnisse für Kinder und Jugendliche zu erzielen. So arbeiten wir beispielsweise gemeinsam mit dem Familienministerium im Rahmen des Kinderrechte-Boards an einem Kinderrechtemonitoring-Organisationsgesetz. Die Zukunft hält für die Kinderrechte noch viel bereit. Ich darf mit Stolz sagen, die KIJA Wien ist hierfür gut vorbereitet. Kooperationen mit der MA 23, Wirtschaft, Arbeit und Statistik, im Rahmen des Innovations-Calls ermöglichen uns, im neuen Büro unzählige Workshops mit Jugendlichen abzuhalten und Partizipationskonzepte wie einen Jugendbeirat oder andere Beteiligungs- oder, besser gesagt, Gestaltungsformate für Jugendliche innerhalb der Magistrate attraktiv zu machen. All das gelingt nur mit einem hervorragenden Team, liebe Kolleginnen und Kollegen, die für die Kinderrechte brennen, die leidenschaftlich argumentieren und verhandeln, die nicht locker lassen und immer wieder hartnäckig Fragen stellen. Ich bin unglaublich stolz und fühle mich überaus geehrt, dieses Team angeführt zu haben und in dieser Transformation in eine dynamische und zukunftsorientierte Menschenrechtsorganisation begleitet zu haben. Liebes Team, wir haben das gemeinsam geschafft, weil ihr alle großartig seid und fachlich hervorragend arbeitet. Ich bin euch dankbar für das Vertrauen, das ihr mir geschenkt habt, dass diese Reise voller Veränderungen gelingen wird: Digitalisierung der Dienststelle, Strukturänderungen, personelles Wachstum, Umzug und schließlich die Einführung des Tages der offenen Tür, um unsere Arbeit und Wirken mit der Stadt zu teilen. An dieser Stelle lade ich Sie ganz herzlich für nächsten Montag zu unserem Tag der offenen Tür zwischen 10 und 16 Uhr ein. Sie alle sind herzlich willkommen. Liebes Team, ihr seid die Superheldinnen und Superhelden der Kinder- und Jugendanwaltschaft, immer für die Kinder und Jugendlichen im Einsatz. Ich bedanke mich inständig für diese wunderbare Zusammenarbeit und diese unvergessliche Zeit. Gerade, weil dieses Team so beseelt von seiner Arbeit und den Anliegen der Kinder und Jugendlichen ist und die Zukunft heute beginnt, freue ich mich ganz besonders über die Wahl des neuen Kinder- und Jugendanwaltes Sebastian Öhner. Ich darf sagen, ich habe für die KIJA alles und noch mehr erreicht, als ich mir vorgenommen habe. Ich habe hart und bestimmt verhandelt, und ich habe gezeigt, dass der gewaltfreie Dialog zu Veränderung und Erfolg führen kann. Ich bin sehr stolz und dankbar, dass ich diese Arbeit für die Kinder und Jugendlichen dieser Stadt erbringen durfte. Es ist eine besondere Ehre, für diese wunderschöne Stadt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner zu arbeiten, und es erfüllt mich noch immer mit Demut, zu wissen, den Kinderrechtsbereich weiterentwickelt zu haben. So wie das Kindeswohl ein dynamischer Begriff ist, sind es aber auch die Kinderrechte. Daher ist es wichtig und richtig, an diesem Punkt Platz zu machen. Lieber Sebastian, ich bin überzeugt, dass diese Reise für die KIJA mit dir erfolgsgekrönt weitergeht. Ich habe dich als loyalen Kollegen, besonnenen Verhandler, humorvollen Teamplayer und unaufgeregten Bürozimmergenossen in den letzten Jahren kennen lernen dürfen. Wir alle schätzen deine Sachlichkeit, deine Leidenschaft für die Kinderrechte und deine Beharrlichkeit, die Dinge vollständig und richtig zu machen. Ich wünsche dir eine wunderbare aufregende und intensive Zeit als Kinder- und Jugendanwalt. Sei einfach du! So kennt dich das Team, so schätzen dich die Kolleginnen und Kollegen der Stadt und darüber hinaus. Ich möchte mich an dieser Stelle auch von Ihnen, geschätzte Abgeordnete und werte Stadtregierung, verabschieden und für die sachliche und professionelle Zusammenarbeit bedanken. Es ist nicht selbstverständlich, dass Menschenrechtsorganisationen weisungsfrei und kritisch ihre Wahrnehmungen publizieren dürfen. Es ist nicht selbstverständlich, dass MenschenrechtlerInnen ihre Stimme erheben und für die Menschenrechte, in unserem Fall die Kinderrechte, arbeiten dürfen, ohne eingeschüchtert, bedrängt oder bedroht zu werden. Dass dies in Wien möglich ist, zeigt, wie wichtig der demokratische Dialog ist, wie bedeutungsvoll die Wahrung und Stärkung der Grundsäulen der Demokratie sind und in Wien gelebt werden. Bleiben Sie mit den Kindern und Jugendlichen im Gespräch, denn Kinder haben immer recht. Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, GRÜNEN und NEOS.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Vielen Dank für den Bericht und auch von dieser Stelle noch einmal alles erdenklich Gute für die Zukunft. Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort. Ich mache nur auf die 16 Uhr Grenze aufmerksam. (Allgemeine Heiterkeit.) Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Für mich als Berichterstatter geht sich das aus. Als Berichterstatter darf ich sehr herzlich Danke für den Bericht sagen. Danke für diese intensive Diskussion hier im Landtag über Kinderrechte und Jugendrechte. Ich finde es schön, dass es hier eine gemeinsame Leidenschaft für diese Kinder- und Jugendrechte gibt. Ich möchte auch vorab klarstellen, dass ich als Berichterstatter erlebt habe, dass die Bestellung des neuen Kinder- und Jugendanwalts transparent nach genau den Kriterien abgelaufen ist, die auch gesetzlich vorgesehen waren. Der Gemeinderatsausschuss hat beraten, hat abgestimmt, Sebastian Öhner war der bestqualifizierte Kandidat. Ich durfte als Stadtrat aus den ersten drei Kandidaten auswählen. Zum Glück hat sich meine Meinung mit der des Ausschusses gedeckt, und so habe ich auch Sebastian Öhner nominiert, der ein hervorragender Kinder- und Jugendanwalt sein wird, alle Qualifikationen mitbringt und deshalb als Bestqualifizierter von mir auch der Landesregierung vorgeschlagen wurde. Ich finde es wichtig, das als Berichterstatter auch hier in diesem Haus klarzustellen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Gleichzeitig möchte ich dir, liebe Dunja, für diese wunderbare Rede, für das, was du uns mitgegeben hast, Danke sagen, aber - viel wichtiger noch - für deine Tätigkeit in den letzten Jahren, vor allem für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt, aber auch für die Stadt insgesamt. Genauso wie deine Rede warst auch du in deiner Arbeit nämlich immer in einer Haltung der Dankbarkeit, in einer Haltung der Demut. Ich habe es immer sehr schön gefunden, so mit dir zusammenzuarbeiten, denn dir ging es nie um dich, dir ging es um die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt. In diesem Sinne hast du auch sehr, sehr viel vorangebracht, weil du es einerseits geschafft hast, Einzelfälle konsequent zu begleiten, aber gleichzeitig auf systemischer Ebene auch mit mir und mit anderen in der Stadt so zu verhandeln, dass etwas vorangegangen ist. Das sind das wirkliche Talent und die Kunst, nämlich etwas voranzubringen, das dann auch Wirksamkeit in der Gesellschaft entfaltet. Du hast zwei Themen angeführt. Kinder und Jugendschutz: Ich glaube, in diesem Bereich sind wir als Wien wirklich Vorreiter geworden, auch dank deiner konsequenten Arbeit in diesem Bereich, und es schauen viele anderer Bundesländer und internationale Städte mittlerweile nach Wien. Ein zweites Themenfeld, das du heute erwähnt hast, ist Inklusion, Kinder mit Behinderung. Dabei ist etwas vorangegangen, aber noch nicht alles. Darum gibt es mein Versprechen, dass wir als Stadtregierung, auch nachdem du aufhörst, weiter konsequent daran arbeiten werden, um Kindern mit Behinderung die Inklusion zu ermöglichen. Da werden dein Geist und deine Haltung auf jeden Fall auch in Zukunft in diesem Haus weiterwirken und weitere Maßnahmen gesetzt werden. Deine Zeit war von sehr vielen Krisen - Corona, internationale Herausforderungen - geprägt. Die haben wir alle bei den Kindern und Jugendlichen gemerkt. Ihr wart, du warst immer ein Sprachrohr, und nicht nur ein Sprachrohr, sondern auch eine Anlaufstelle für die Kinder und Jugendlichen. Dafür von meiner Seite im Namen der Stadtregierung, aber auch des Landtages - der Dank wurde ja auch schon ausgedrückt - ein herzliches Dankeschön und alles, alles Gute für deine nächsten Schritte in deinem Leben. Danke sehr. (Beifall bei SPÖ, NEOS, ÖVP und GRÜNEN. - Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA überreicht Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA Blumen.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Vielen Dank. Wir kommen somit zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Tätigkeitsbericht 2023 der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig ... (Abg. Wolfgang Irschik: Nein! Her Präsident, nein!) Entschuldigung, doch nicht, okay. Es ist mehrstimmig gegen die Stimmen der FPÖ so beschlossen. Es liegen Beschluss- und Resolutionsanträge vor. Ich lasse zunächst über den Antrag der ÖVP abstimmen: Rolle des Kinder- und Jugendanwaltes proaktiv wahrnehmen. Die sofortige Abstimmung wird verlangt. Wer für diesen Antrag ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Stimmen der Volkspartei, Freiheitlichen und GRÜNEN nicht die notwendige Mehrheit. Dieser Antrag ist damit abgelehnt. Wir kommen zum Beschluss- und Resolutionsantrag der GRÜNEN: Jugendlandesrat Wiederkehr setzt seit 1.303 Tagen die Wiener Kinder- und Jugendstrategie nicht vollständig um. Sofortige Abstimmung wird verlangt. Wer für diesen Antrag ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind die GRÜNEN allein und daher nicht die notwendige Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt. Der nächste Antrag ist zurückgezogen und neu eingebracht. Es geht um den Antrag der GRÜNEN: Kinderrechte, Fremdunterbringung für Vorschulkinder. Da wird jetzt die Zuweisung des Antrages an das Mitglied der Wiener Landesregierung verlangt. Wer für diesen Antrag auf Zuweisung ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit GRÜNEN, Sozialdemokratie, NEOS und Freiheitlichen die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit zugewiesen. Wir kommen zum nächsten Antrag, eingebracht von den GRÜNEN: Transparenz über den tatsächlichen Umsetzungsstand der Kinder- und Jugendstrategie. Die sofortige Abstimmung wird verlangt. Wer für diesen Antrag ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Er findet mit den Stimmen der Freiheitlichen und der GRÜNEN nicht die notwendige Mehrheit, daher ist dieser Antrag abgelehnt. Der letzte Antrag zu diesem Kapitel, eingebracht von den GRÜNEN: Die Jugend braucht eine Perspektive. Auch da wird die sofortige Abstimmung verlangt. Wer für diesen Antrag ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind die GRÜNEN allein, und damit findet dieser Antrag nicht die ausreichende Mehrheit und ist abgelehnt. Ich gebe bekannt, dass Abg. Taborsky ab 16 Uhr und Abg. Gorlitzer ab 17 Uhr entschuldigt sind. Wir kommen zu Postnummer 2. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage des Gesetzes, mit dem das Gesetz über die äußere Organisation der öffentlichen Pflichtschulen und öffentlichen Schülerinnen- und Schülerheime im Lande Wien geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Lhptm-Stv. Wiederkehr. Ich bitte ihn, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Da es zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung gibt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig beschlossen. Ich schlage vor, die zweite Lesung zu dieser Gesetzesvorlage gleich vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Ebenfalls einstimmig. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Dieses Gesetz ist somit auch in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. Postnummer 1 betrifft eine Vereinbarung gemäß Art.°15a B-VG über die Etablierung einer gebietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank. Ich bitte den Herrn Berichterstatter Abg. Stürzenbecher, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Ich ersuche um Zustimmung zur vorliegenden Vereinbarung. Präsident Ing. Christian Meidlinger: Vielen Dank. Zu Wort ist niemand mehr gemeldet, damit kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die dieser Vereinbarung die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig der Fall. Es gibt keine Anträge, und damit haben wir es geschafft. Wir sind beim Dringlichen Antrag. Wir kommen nun zu dem Verlangen, dass der von den Abgeordneten Prack, Sequenz, Arsenovic, Aslan, Berner, Stadler eingebrachte, an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke sowie an die Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen gerichtete Dringliche Antrag betreffend "Es gibt keine Ausreden mehr - Leerstandsabgabe jetzt!" vom Antragsteller mündlich begründet werde und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfinde. Eine Verlesung des Dringlichen Antrages wird nicht gewünscht. Für die nun folgende Begründung des Verlangens auf die dringliche Behandlung dieses Antrages, sieht die Geschäftsordnung gemäß § 38 Abs. 3 eine Redezeit von 20 Minuten vor. Zur Begründung des Verlangens erteile ich nun Herrn Abg. Prack das Wort. Bitte. Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Das war ja eine Punktlandung! Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Fast 16 Uhr, zwei Minuten hätte ich noch Zeit. Dann hätten wir es doch noch verlesen können, oder? In der Rüdigergasse steht ein schönes altes Zinshaus. Dieses Zinshaus steht fast vollständig leer. Gerade einmal zwei Wohnungen sind noch bewohnt, der große Rest der Wohnungen steht seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten leer. Der Eigentümer hat es mittlerweile geschafft, fast alle MieterInnen auszumieten oder rauszuekeln, um das deutlicher zu sagen. Die verbliebenen MieterInnen kämpfen noch um ihre Wohnungen, und die Methoden des Eigentürmers gleichen dem Alphabet der Ausmietung: Klagen, Verwahrlosung des Hauses, Lärmbelästigung, Einmietung von problematischen Personen, und so weiter, und so fort. Fast alle Wohnungen stehen leer, und der Eigentümer kann sich alle Zeit der Welt nehmen, bis er auch den letzten Mieter und die letzte Mieterin rausgeekelt hat, denn der Eigentürmer muss für den Leerstand gar nichts zahlen - keinen Cent. Nach sechs Monaten Leerstand nichts, nach drei Jahren nichts, nach zehn Jahren Leerstand nichts. Das ist ein Skandal höchster Güte, sehr geehrte Damen und Herren. Wir brauchen eine Leerstandsabgabe, die so einen spekulativen Leerstand bestraft. Für die MieterInnen ist dieser Zustand eine Katastrophe. Der Eigentümer spekuliert auf höhere Verkaufserlöse durch Parifizierung oder hohe Wertsteigerungen durch Verkauf eines dann sogenannten bestandsfreien Gebäudes, und die MieterInnen bleiben auf der Strecke. Eine Leerstandsabgabe würde dieses Geschäftsmodell mit einem Schlag deutlich unattraktiver machen, also machen wir eine Leerstandsabgabe, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Nach dem grünen Modell würde der Eigentümer für die leerstehenden Wohnungen genau das bezahlen, was er durch Miete einnehmen könnte. Für die zirka 20 Wohnungen wären das bei einer durchschnittlichen Größe von 75 m² zirka 120.000 EUR pro Jahr. Das ist dann über die 5 Jahre, über die diese Wohnungen leerstehen, ein ganz schöner Brocken Geld. Da überlegt man sich dann zwei Mal: Lässt man Wohnungen so lange leerstehen? Für die verbliebenen MieterInnen in der Rüdigergasse wäre die Leerstandsabgabe ein besserer Schutz, für die Menschen, die dringend Wohnungen suchen, würden in der Rüdigergasse Wohnungen verfügbar werden. Jetzt gibt es, sehr geehrte Damen und Herren, wirklich keine Ausreden mehr, eine Leerstandsabgabe einzuführen, deswegen muss sie jetzt aus unserer Sicht auch kommen. Im November 2021 haben die Vizebürgermeisterin dieser Stadt und der Finanzstadtrat dieser Stadt einen Brief an insgesamt vier Ministerien geschrieben und gefordert, dass eine verfassungsrechtliche Grundlage für eine Leerstandsabgabe auf Landesebene zu schaffen ist. Salzburg, Tirol und die Steiermark haben längst Leerstandsabgaben eingeführt. In Wien hat man sich auf den Standpunkt gestellt: Ganz oder gar nicht. Jetzt ist ganz möglich, also gibt es jetzt keine Ausreden mehr, sehr geehrte Damen und Herren. Es gibt keine Ausreden mehr. 40 Jahre, nachdem das Wiener Wohnungsabgabegesetz durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde, ist der Bann gebrochen. Die Länder haben die Kompetenz für die Leerstandsabgaben übertragen bekommen. Ich erspare Ihnen jetzt, vorzurechnen, wie viel sozialdemokratische Regierungschefs das nicht zustande gebracht haben. Nur ein Hinweis: Die Aufzählung beginnt mit Fred Sinowatz und endet mit Christian Kern. (Beifall bei den GRÜNEN.) Die Landeskompetenz für Leerstands- und Zweitwohnsitzabgaben ist ein großer Schritt. Auf diese Reform haben wir 40 Jahre lang warten müssen, und es hat die Durchsetzungskraft der GRÜNEN gebraucht. Es ist ein weiterer wohnungspolitischer Meilenstein nach der Abschaffung der Maklergebühren. Auch das hat 20 Jahre gedauert, bis die GRÜNEN den Bann gebrochen haben. Die Länderkompetenz für die Leerstandsabgabe, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine gute Nachricht für die Menschen und eine gute Nachricht für die Natur. (Beifall bei den GRÜNEN.) Warum ist die Leerstandsabgabe eine gute Nachricht für die Menschen? Weil eine Leerstandsabgabe das Wohnungsangebot deutlich erhöhen kann und damit mehr für leistbare Wohnungen sorgt. Wir haben in Wien zirka 100.000 Wohnungen ohne Wohnsitz. Da sind natürlich Büros dabei, da sind Ordinationen dabei, da sind Wohnungen dabei, die auf Airbnb vermietet werden, aber eine erkleckliche Anzahl dieser Wohnungen steht leer. Und diese Wohnungen, sehr geehrte Damen und Herren, werden uns im Wohnungsangebot im Moment geraubt. Leerstand ist aus unserer Sicht Wohnungsraub, und diesen Wohnungsraub an jungen Menschen, an Familien müssen wir jetzt beenden, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Eine Leerstandsabgabe ist auch eine gute Nachricht für die Natur, denn jede bestehende Wohnung, die wieder vermietet wird, ist eine Wohnung weniger, die auf der grünen Wiese gebaut werden muss. Leerstand ist eben auch Bodenraub, und mit diesem Bodenraub an den zukünftigen Generationen müssen wir ebenfalls aufhören, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Es gibt jetzt keine Ausreden mehr, das Bundesland Wien hat jetzt die volle Kompetenz für die Leerstandsabgabe, so wie es sich der Finanzstadtrat gewünscht hat, so wie es sich die Wohnbaustadträtin gewünscht hat. Mit der Kompetenz kommt aber auch die Verantwortung, und wir fordern Sie daher auf: Legen Sie endlich ein entsprechendes Gesetz vor! Ich muss hier auch noch eine Vermisstenanzeige machen. Vielleicht ist es nicht der richtige Ort, aber bei der Polizei ist es wohl auch schwierig. Der Vermisste wird seit 19. Jänner 2024 vermisst, ist nicht mehr gesehen worden. Gesucht wird das Wiener Zweitwohnungsabgabegesetz. Im Herbst noch großmündig angekündigt, warten wir heute auf den Tag genau mittlerweile fünf Monate auf den überarbeiteten Entwurf. Der 19.1. war das Ende der Begutachtungsfrist. Dann hat es sehr lange gedauert, bis die Begutachtungsstellungnahmen veröffentlicht worden sind. Jetzt gibt es immer noch keinen überarbeiteten Entwurf, nichts, keine Reaktion auf die Stellungnahmen, nichts mehr gehört. Vielleicht liegt es daran, dass die Verfassungskonformität im Begutachtungsverfahren massiv in Zweifel gestellt wurde. Die Unterscheidung zwischen Nicht-WienerInnen und Wienern ist wahrscheinlich mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar, und diese Unterscheidung ist ja auch - das habe ich schon mehrfach kritisiert - inhaltlich absurd. Wir unterscheiden jetzt zwischen der Wochenpendlerin aus dem Burgenland, die die Abgabe dann zahlen muss, und dem Bezirksvorsteher mit Zweitwohnsitz im Kleingarten, der die Abgabe nicht zahlen muss. Das ist sozial ungerecht und rechtlich nicht haltbar, sehr geehrte Damen und Herren. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das ist insgesamt ungerecht!) Vielleicht liegt es auch daran, dass die NEOS den Entwurf nicht genau genug gelesen haben und jetzt das Gesetz blockieren. Ob die Abgabe nämlich bestimmte leerstehende Wohnungen auch betrifft, ist unklar. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie mich KollegInnen von den NEOS in der letzten Debatte zum Nachdenken gebracht haben. Jedenfalls ist der vorliegende Entwurf denkbar ungeeignet, um dem Problem des Leerstandes konsequent entgegenzutreten. Insofern ist es vielleicht auch gut, dass er vermisst wird. Vielleicht sollte man den Vermissten auch gar nicht mehr suchen, sehr geehrte Damen und Herren. Bringen wir doch lieber gleich eine ordentliche Leerstandsabgabe auf den Weg. Es gibt, wie gesagt, keine Ausreden mehr. Jetzt können wir eine Wohnungsplattform einführen, um Menschen auch diese Angst zu nehmen, dass sie ihre Wohnungen nicht vermietet bekommen und dann eine Leerstandsabgabe zahlen müssen. Wir können eine Abgabe einführen, die mobilisiert. Das war auch immer wieder eine Kritik seitens der Wiener Landesregierung. Es gibt keine Ausreden mehr, das nicht zu machen. Die MieterInnen in der Rüdigergasse kämpfen noch. Sie kämpfen noch, aber sie brauchen Ihre Unterstützung, sehr geehrte Damen und Herren. Eine solche Unterstützung wäre die Leerstandsabgabe - gegen den Wohnungsraub, gegen die Spekulation, für mehr Wohnungsangebot. Das schöne alte Zinshaus in der Rüdigergasse steht fast völlig leer, und das muss nicht sein. Das Haus in der Rüdigergasse könnte ein Zuhause für junge Menschen oder Familien sein, die dringend eine Wohnung suchen. Bekämpfen wir den Wohnungsraub und machen wir diese Wohnungen wieder verfügbar, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Wer raubt wem was?) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Ich danke dem Herrn Abgeordneten für die Begründung. Ich eröffne die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt. Zur Besprechung des Dringlichen Antrages hat sich Frau StRin Pühringer zu Wort gemeldet, und ich erteile es ihr. Bitte. StRin Mag. Judith Pühringer: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehende via Livestream! Mit den Worten, ein zentraler Moment ist jetzt, es steht viel auf dem Spiel, heute geht es darum, ein Zukunftsprogramm auf den Weg zu bringen, hat die Ökonomin Clara Moder die 14. Armutskonferenz heuer in Salzburg eröffnet. Die Armutskonferenz gilt als eine der wichtigsten Foren für die Zivilgesellschaft und beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit gesellschaftlich relevanten, herausfordernden Themen unserer Zeit. Eine wirkliche Besonderheit der Österreichischen Armutskonferenz ist, dass bei dieser Konferenz nicht nur die Wissenschaft, nicht nur die Politik, nicht nur die Wirtschaft, nicht nur soziale Organisationen teilnehmen, sondern - und das ist ganz zentral - dass Menschen, die selbst von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, an dieser Konferenz teilnehmen. Diese Stimmen von unten, die man bei der Armutskonferenz hört, sind immer auch so etwas wie ein Seismograph unserer Gesellschaft. An diesen Stimmen können wir die Krisen, in denen wir gerade stecken, die Krisen, in denen wir gerade sind, ein Stück weit besser ablesen. Warum? Weil Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, diese Krisen immer als Erste spüren und oft am stärksten von diesen Krisen betroffen sind. Wir können also, wenn wir diesen Stimmen zuhören, auch am besten lernen, was es an gemeinsamen Anstrengungen braucht, welche politischen Lösungen es braucht und welche Schwerpunkte es braucht. Eines der dringlichsten Themen, von denen die Menschen bei der Armutskonferenz vor zwei Monaten in Salzburg gesprochen haben - ich kann Ihnen nur empfehlen, sich dieses Zukunftsprogramm, das dort gemeinsam entwickelt wurde, genauer anzuschauen -, ist das Thema Wohnen, sehr geehrte Damen und Herren, das Menschenrecht auf eine leistbare, auf eine ökologisch nachhaltige und auch auf eine würdevolle Wohnmöglichkeit. Das ist zentral, sehr geehrte Damen und Herren. Der Sozialbericht 2024 wurde heute schon öfter erwähnt, und ich finde es auch gut, sich den genauer anzuschauen, ihn tatsächlich zu lesen und politische Maßnahmen von diesem Sozialbericht 2024 abzuleiten. In diesem Sozialbericht 2024 kann man nachlesen und kann man sehen, dass in armutsgefährdeten Haushalten, also in Haushalten, wo Menschen leben, die von Armut und sozialer Ausgrenzung gefährdet sind, 39 Prozent aller Personen von einer hohen Wohnbelastung betroffen sind. Das heißt, sie müssen einen Anteil von 40 Prozent oder mehr des Haushaltseinkommens für Wohnkosten, für das Thema Wohnen aufwenden. Auch für 22 Prozent der Gesamtbevölkerung - auch das steht im Bericht - ist das Thema Wohnen, sind die Wohnkosten im letzten Jahr zu einer schweren Belastung geworden und haben deutlich zugenommen. Ein weiterer Seismograph neben diesen Stimmen von unten ist die Anzahl der Delogierungen, die Anzahl der Räumungsklagen, und da sehen wir im letzten Jahr einen drastischen Anstieg in Wien - und das trotz des vom Sozialministerium ausgebreiteten Wohnschirms. Der Wohnschirm hat geholfen und auch der unablässige Einsatz - das möchte ich an dieser Stelle sagen - der vielen Trägerorganisationen in der Wohnungslosenhilfe, in der Wohnungssicherung. Weil diese Stellen, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnungslosensicherung, der Wohnsicherung extrem großartige Arbeit in dieser Stadt leisten, möchte ich an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wohnungslosenhilfe in Wien, der Wohnungssicherung in Wien ganz herzlich für ihre großartige Arbeit danken, sehr geehrte Damen und Herrn. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.) Ja, es gibt unglaublich viel zu tun, weil die Belastungen hoch sind. Das beginnt bei den Mieten, das betrifft auch die Nebenkosten, das betrifft die Energiekosten, das betrifft die Kaution, das betrifft Reparaturen und betrifft längst viele Einkommensgruppen, nicht nur armutsbetroffene Menschen, sondern betrifft ganz, ganz viele Menschen. Die Belastungen sind oft nach außen nicht sichtbar, die sieht man oft nicht. Wir erfahren aber davon, wenn wir diesen Menschen zuhören. Wir haben an dieser Stelle schon öfter von unserer Initiative "Zu Hause zu Teuer" gesprochen. Wir wollen eine Volksbefragung in Wien für günstiges und grünes Wohnen einleiten. Wenn wir mit Menschen auf der Straße sprechen oder auch Mails bekommen, dann hören wir diese Stimmen und wir hören zum Beispiel viele junge Menschen, die sagen: Eigentlich würde ich gerne ausziehen. Eigentlich möchte ich nicht mehr bei meinen Eltern wohnen, aber es ist schwierig, eine Wohnung zu finden. Wenn Sie sich die Preise anschauen - ich habe das ganz aktuell gemacht: Ein Preis für ein 14 m²-Zimmer in einer Wohngemeinschaft bewegt sich im Moment bei 500 EUR, und ich frage Sie alle: Wer soll sich das noch leisten? Wie sollen sich das junge Menschen in Wien eigentlich noch leisten? Wir erhalten natürlich auch Zuschriften oder wir sehen auch Häuser - die Rüdigergasse hat mein Kollege Georg Prack gerade angesprochen -, wo Menschen nach einem Besitzerwechsel damit konfrontiert werden, dass leere Wohnungen befristete Wohnungen werden, teure Wohnungen werden, dass leere Wohnungen einfach in Airbnb- Wohnungen umgewandelt werden. Viele Menschen müssen ausharren, weil sie sich eine andere Wohnung gar nicht leisten könnten, weil sie Mietverträge haben, die zum Leben reichen, aber weil sie sich gar nicht leisten könnten, sich nach einer Alternative umzuschauen. Wir hören auch von einer Alleinerzieherin, die nach langer Krankheit endlich wieder einen 25-Stunden-Job hat, für diesen 25-Stunden-Job 1.170 EUR bekommt, wobei sich aber in Summe die Fixkosten für die Wohnung und die Kosten für ihre Kinder in beinahe derselben Höhe bewegen und sie im Dschungel der Beihilfen, Wohnbeihilfe, Mietbeihilfe, schlicht verzweifelt. Das sind die Stimmen, die wir hören, wenn wir genau zuhören. Das sind die Stimmen, die zum Teil untergehen, und das darf in Wien nicht sein, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wir müssen meiner Meinung nach alles dafür tun, damit Menschen wieder die Flexibilität bekommen, sich das Wohnen in ihren eigenen vier Wänden leisten zu können und dass es auch ausreichend Angebot dafür gibt. Und es soll ein angemessener, ein würdevoller Wohnraum sein, also ein Wohnraum, der weder überbelegt noch schimmlig ist, noch klein ist, noch eng ist, noch zu dunkel ist oder weit weg von öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir haben gerade horrende Beispiele in den Medien gesehen, was Überbelegung bedeutet, was Schimmel bedeutet, in welchen Zuständen Menschen in Wien leben müssen. Wohnen ist ein Menschenrecht, und Wien als Menschenrechtsstadt ist daher besonders gefordert, dieses Menschenrecht auf gutes, qualitätsvolles Wohnen hochzuhalten, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Nein, das ist nicht das erste Mal, dass wir in diesem Rahmen über das Thema Wohnen sprechen. Es wird auch nicht das letzte Mal sein, und wir werden auch nicht locker lassen. Wir haben das schon oft angesprochen, liebe Kolleginnen und Kollegen der rot-pinken Stadtregierung, wir haben mehr als ein Mal appelliert, wir haben viele Lösungsvorschläge, zum Beispiel bei der Wohnbeihilfe, bei der Mietbeihilfe angeboten, und wir haben auch angeboten, uns zusammenzusetzen, um gemeinsam zu guten, tragfähigen und auch konkreten Lösungsvorschlägen zu kommen. Daher fordern wir Sie als politisch Verantwortliche in dieser Dringlichen Anfrage (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic: Antrag!) erneut auf: Wien braucht für dieses Thema, auch für das Thema, dass Wohnraum, leistbarer Wohnraum dem Wohnungsmarkt einfach entzogen wird, dass das Wohnraub für die Wienerinnen und Wiener ist, vor allem für die, die sich Wohnraum nicht so einfach leisten können, daher ganz dringend eine Leerstandsabgabe. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wir haben an dieser Stelle von Ihnen sehr oft gehört: Das geht nicht, das muss der Bund regeln, der Bund muss die Regelungen schaffen. Der Bund hat die Weichen gestellt, der Bund hat alle Maßnahmen getroffen, damit es jetzt zu einer Verländerung kommen kann. Insofern ist jetzt Wien tatsächlich am Zug, diese Veränderung umzusetzen und endlich eine Leerstandsabgabe einzuführen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Mit einer Leerstandsabgabe können wir auch dazu beitragen, das Problem der akuten Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit in Wien endlich anzugehen. Wir haben derzeit 12.000 Menschen in Wien, die davon betroffen sind, 1 Drittel davon ist unter 30 Jahre alt, ein weiteres Drittel davon sind Frauen und junge Mädchen. Dazu kommen auch zahlreiche Frauen in prekären Wohnsituationen, man nennt das versteckte Obdachlosigkeit. Viele Frauen sind zwar untergekommen, aber sind nicht würdevoll untergekommen, sind in versteckter Obdachlosigkeit, weil sie von Partnern abhängig sind. Genau diesen Menschen müssen wir zusätzlich zum bestehenden Hilfenetz, das in Wien gut ausgebaut ist, Wohnraum anbieten, zusätzlichen Wohnraum anbieten, und den können wir mit einer Leerstandsabgabe auch aktivieren, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wie? Indem wir Wohnungen im Rahmen von Housing First zur Verfügung stellen. Wien kann da wirklich Geschichte schreiben. Vielleicht als Erinnerung: Gestern ging ein zweitägiges FEANTSA-Forum zu Ende. Das ist eher für die Eingeweihten in der Wohnungslosenhilfe: FEANTSA ist eine sehr wichtige europäische Plattform zur Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Europa. Die haben in Wien jetzt eine zweitägige, sehr große Veranstaltung gehabt, und im Zuge dessen wurde auch ein wichtiges Projekt in Österreich vorgestellt, nämlich das Projekt "zuhause ankommen", das Sozialminister Johannes Rauch umgesetzt hat, auf ganz Österreich ausgerollt hat, ein Projekt, an dem auch Wien beteiligt ist - darüber freue ich mich sehr -, wo über 2.000 Menschen am Ende der Obdachlosigkeit stehen, weil Housing First ermöglicht hat, dass Wohnungslosigkeit beendet wird, und zwar ab Tag 1 und nicht erst am Ende einer Betreuungskette. Vielleicht noch zur Erinnerung: Housing First bedeutet, dass Menschen nicht erst am Ende einen Schlüssel bekommen, sondern am Beginn des Betreuungsverhältnisses einen Schlüssel bekommen, einen Mietvertrag bekommen, eine Wohnung bekommen und somit Wohnungslosigkeit von Tag 1 an beendet werden kann. Dieses Projekt arbeitet eng mit gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften zusammen, dieses Projekt trägt dazu bei, dass der Immobilienmarkt insgesamt inklusiver gestaltet wird, zugänglicher gemacht wird. Warum spreche ich das hier an? Weil wir mehr davon brauchen, weil wir viel mehr Wohnungen für Housing-First-Angebote brauchen. Warum ist das ein Stück weit historisch? Warum kann Wien hier tatsächlich Geschichte schreiben? Weil Wien hier vorangehen kann und als erste europäische Metropole Wohnungslosigkeit beenden kann, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das geht mit der Leerstandsabgabe?) Ja, das hat sehr viel mit der Leerstandsabgabe zu tun, weil die Leerstandsabgabe genau diese leeren Wohnungen aktivieren kann und wir sie für Housing First zur Verfügung stellen können, natürlich. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das war nicht die Frage! Wie soll das gehen? Konkret?) Die Leerstandsabgabe ist also ein ganz wesentlicher Beitrag zur Beendigung der Obdachlosigkeit, einer von sechs Punkten, die wir vorgestellt haben. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich wiederhole es gerne noch einmal: Bisher war immer die Ausrede, wir können es nicht einführen, weil die Bundesländer quasi nicht die Kompetenz dazu haben, eine Leerstandsabgabe einzuführen. Jetzt haben die Bundesländer die volle Kompetenz für eine Leerstandsabgabe übertragen bekommen, jetzt gibt es keine Ausrede mehr. Es kann nicht sein, dass tausende Wohnungen über Monate beziehungsweise Jahre leerstehen. Es kann nicht sein, dass ein wirksames Instrumentarium einfach ungenutzt bleibt. Viele Bundesländer sind vorausgegangen. Wohnen muss für alle in Wien leistbar sein, dauerhaft sein, inklusiv sein, nachhaltig sein und menschenwürdig sein. Es ist Zeit, dass wir neue Wege für neue Herausforderungen beschreiten. Ich bin der Überzeugung, dass die Leerstandsabgabe ein ganz, ganz wichtiger Baustein, ein wichtiges Instrumentarium ist. Setzen wir uns also zusammen, es geht rechtlich, führen wir es endlich ein und gehen wir es gemeinsam an, die Leerstandsabgabe in Wien endlich umzusetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Vielen Dank. Die Restredezeit ist knapp sieben Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Kowarik, und ich erteile ihm das Wort. Bitte. Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Wiener Landesregierung! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren den Dringlichen Antrag der GRÜNEN zur Leerstandsabgabe. Die Sozialisten in allen Parteien - ich glaube, so nennt es Christian Ortner immer -, dieses Mal der ÖVP, haben es also ermöglicht: Jawohl, wir haben die bundesverfassungsgesetzlichen Möglichkeiten eingeräumt, dass die jeweiligen Bundesländer Leerstandsabgaben beschließen können. Bezeichnend war vor allem die Argumentation von Kollegen Prack, der immer gesagt hat: Raub und Menschenrechte. Meine Damen und Herren, ich habe offensichtlich einen anderen Zugang zu Menschenrechten. (Abg. Georg Prack, BA: Das glaube ich auch!) So wie ich das verstanden habe und auch auf der Universität Wien gelernt habe, sind Menschenrechte Grundrechte, die für alle Menschen gelten, und Grundrechte sind Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber dem Staat. Das sind Grundrechte, so werden sie definiert: Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber dem Staat, zum Beispiel gegenüber staatlichen Repressionen im Eigentumsrecht. Da sind wir schon beim Thema. Sie verziehen das Gesicht, Herr Kollege. (Abg. Georg Prack, BA: Vor diesem Hintergrund darf man keine Steuern mehr einheben!) Geradezu ein Grundrecht, ein wesentlichstes Grundrecht ist aus meinem Verständnis das Eigentumsrecht, das Recht, geschützt vor Eingriffen des Staates in das, was ich mir erwirtschaftet habe, was ich mir legal erworben habe und was mir gehört, zu sein. (Abg. Georg Prack, BA: Damit darf man keine Steuern mehr einheben!) Genau das Gegenteil ist da der Fall. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Genau das Gegenteil ist da der Fall, und Sie sagen Raub. Ich weiß schon, es ist eine Metapher, ich hoffe, Sie meinen es nicht ernst. Was ist denn Raub? Es ist im Strafgesetzbuch nachzuschauen. (StR Karl Mahrer: § 142!) - 142 StGB, danke, ein Polizist weiß das natürlich. Das ist der Eigentumseingriff mit Gewalt. Jetzt stellen wir uns einmal eine Leerstandsabgabe vor. Nummer 1 war einmal Grundrechte. Nummer 2, was wir von den Vorrednern in keinster Weise gehört haben - was auch verständlich ist, und ich werde Ihnen gleich sagen warum -, ist eine konkrete Ausformung, wie Sie sich das vorstellen. Sie haben das mit keinem Wort angeführt, Frau Kollegin - mit keinem Wort, wirklich. (StRin Mag. Judith Pühringer: Doch, wir haben das schon mehrfach vorgestellt!) Ich komm dazu, das ist ein guter Hinweis. Sie nehmen Bezug auf Vorbilder, Salzburg, Tirol und Steiermark. (StRin Mag. Judith Pühringer: Wir haben ein Wiener Modell!) Meine Damen und Herren, haben Sie sich das angeschaut, was da in Salzburg und Tirol und in der Steiermark die Rückmeldungen der Gemeinden waren? Das Ganze ist ein Bürokratiemonster, in Details in Wirklichkeit nicht umsetzbar, und der Output für die einzelnen Gemeinden ist so gering beziehungsweise frisst sich durch den Aufwand auf, das zu erheben, dass das eine wohnpolitische Lenkungsmaßnahme gegen null ist. Lesen Sie nach. Wenn Sie es mir nicht glauben, reden Sie mit den Bürgermeistern. Sie brauchen nur ORF und Leerstandsabgabe googlen, dann können Sie das nachlesen. Da brauchen Sie nicht den Kowarik dazu, aber ich darf Sie darauf hinweisen. Bezeichnend, wie gesagt, ist, dass Sie jetzt mit keinem einzigen Wort konkret darauf eingegangen sind, wie das genau ausschauen soll. (StRin Mag. Judith Pühringer: Wir können es Ihnen jedes Mal wieder neu vorstellen!) Mir haben Sie es noch nie vorgestellt. Ich hätte mir heute erwartet, dass Sie das machen. Dazu haben wir einen Dringlichen Antrag, dazu diskutieren wir im Landtag. Das ist im besten Fall Austausch von Argumenten oder in Vorwahlzeiten halt Propaganda vor sich hertragen. Das kann man auch machen, ist okay. Mich hätte Ihr konkretes Modell wirklich interessiert, das sage ich jetzt ganz ehrlich. Die Beispiele aus Salzburg und Tirol sind - fragen Sie die Leute, die das umsetzen müssen - Flops, nichts anderes, sind Bürokratiemonster und Flops. (Abg. Georg Prack, BA: Das sehen Sie so!) Gut, wir nehmen es zu Kenntnis. Noch einmal: Die lenkungspolitische Wirkung der Leerstandsabgabe geht gegen null, aber - und da steigen mir die Grausbirnen auf - ich habe einen liberalen Zugang zum Eigentumsrecht, keinen sozialistischen. Das mag uns unterscheiden, ist halt so. Mein Gott, wir sind in einer pluralistischen Gesellschaft, jeder kann seinen eigenen Zugang zum Thema haben. Die Geschichte und Erfahrung zeigen halt, dass sozialistische Modelle im realen Leben meistens mit Unfreiheit zu tun haben und liberale Modelle eher mit Freiheit zu tun haben. Ich fühle mich eher zum Zweiteren hingezogen. Jeder, wie er das denkt, man kann ja auch irren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Gut, weiter: Wir haben schon versucht, diese Leerstandsabgabe in einigen Bundesländern umzusetzen. Die ÖVP ist wie immer die ÖVP, ein bisschen dafür, ein bisschen dagegen. Wir ermöglichen es zwar als Bundesverfassungsgesetzgeber gemeinsam mit den GRÜNEN und der SPÖ, glaube ich, die NEOS waren dagegen, wenn mich nicht alles täuscht, wir waren auch dagegen - Gott sei Dank. In den Bundesländern ist es ja auch teilweise eingeführt worden, wo es natürlich auch eine ÖVP-Regierung gibt, wo die ÖVP da also wesentlich mit tut. Ich weiß nicht, was ich heute von der Frau Kollegin hören werde, ich nehme an, eher eine kritische Wortmeldung. Ich hoffe es, aber wir werden uns das anschauen. ÖVP halt - soll so sein, wir sind es ja gewohnt. Jetzt kommen wir noch einmal zu den Details. Wie wollen Sie denn das umsetzen? Wollen Sie zum Beispiel auch besteuern? Wir sind ein Hochsteuerland, das dürfte auch den GRÜNEN bekannt sein. Jetzt haben wir noch eine Abgabe. Das ist nicht mein Zugang, wirklich nicht mein Zugang. Jemand, der sich auf legale Art und Weise Eigentum geschaffen hat, weil er es erworben hat, weil er es gekauft hat, weil er es sich erwirtschaftet hat, weil er es geschenkt bekommen hat, weil es die Eltern angeschafft haben, weil er es in einer Verlassenschaft bekommen hat - das kommt ja auch immer wieder vor -, wird also bestraft für - das sind Sie mir schuldig geblieben: für welchen Tatbestand? Weil er das für sich aufhebt, vielleicht, weil er noch berufstätig ist und sich die Wohnung aufheben will, wenn er einmal in Pension geht, dass er dort wohnen will und das derweil nicht vermieten will? Ich weiß schon, es ist unbestritten, dass es ganz wichtig ist, dass wir für viele Menschen viel Wohnraum haben. Das ist schon richtig, aber die Erfahrung zeigt auch, dass, wenn man etwas vermietet, man es nicht immer im besten Zustand zurückbekommt. Auch das ist ein Aspekt, der von Ihnen nie betrachtet wird, den aber sehr viele - ich nehme an, auch einige Ihrer Wähler, das sind ja nicht die ärmsten Leute - sicherlich auch so sehen. Wollen Sie jemanden bestrafen, mit einer Abgabe für eine Wohnung besteuern, die er für seine Kinder aufbewahrt? (StRin Mag. Judith Pühringer: Nein, der kann sie ja inzwischen vermieten!) Ich will das nicht, ich sage es ganz ehrlich, ich will das nicht. Wollen Sie jemanden bestrafen, mit einer Steuer, mit einer Abgabe besteuern, der eine Wohnung hat, die unsaniert ist, weil er sie unsaniert gekauft hat, der es sich einfach nicht leisten kann, sie zu sanieren? Wird der bestraft? Was ist die Leerstandsabgabe? Sie ist in Wirklichkeit ein bisschen - so sehe ich das zumindest - ein Ablenken vom Versagen in der Bundesregierung. Es ist nicht einfach, das gebe ich zu, ich habe es auch schon öfter hier gesagt: Wir warten auf ein neues Mietrecht. Das wäre in dem Zusammenhang vielleicht schon wichtiger, das hätte wahrscheinlich wirklich wohnungspolitisch einen Lenkungseffekt. Das glaube ich sofort. (Lhptm-Stv.in Kathrin Gaál: Stimmt!) Da kann man trefflich darüber streiten, in welche Richtung das geht, aber da haben Sie nichts zusammengebracht, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Da hat sich die ÖVP nicht bewegen lassen, oder wie auch immer. Ich sitze nicht unterm Tisch bei Ihren Verhandlungen, möchte ich auch nicht, aber das wäre vielleicht interessant. Das würde wohnungspolitisch sehr wohl einiges bewegen und nicht - ich nehme Ihre Worte, Herr Kollege - der Raub an Wohnungseigentümern oder an Liegenschaftseigentümern. Da haben wir einen ganz anderen Zugang. Wir sagen, Frau Stadträtin, lassen Sie sich am besten mit dieser Leerstandsabgabe so lange Zeit, bis sie dort versinkt, wo sie hingehört, in der Mottenkiste der Geschichte. Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Arapovic. Ich erteile es ihr hiermit. Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Liebe Stadträtin! Das Thema Leerstandsabgabe hatten wir schon ein paar Mal hier und wir NEOS haben auch immer eine klare Positionierung zu diesem Thema. Wir sagen eigentlich ganz klar Nein. Das sage ich noch einmal: Nein zur Leerstandsabgabe. (Beifall bei den NEOS.) Ich finde, dass wir wirklich auch gute Gründe dafür haben. Die GRÜNEN nennen diesen Dringlichen Antrag: "Es gibt keine Ausreden mehr - Leerstandsabgabe jetzt!" und begründen das, wie Herr Kollege Kowarik auch schon vorhin gesagt hat, auch mit den eingeführten Leerstandsabgaben in den Ländern Salzburg, Tirol und Steiermark. Ich bin immer dafür, dass wir Vergleiche ziehen, ich bin immer dafür, dass wir schauen, was es für die Lösungen gibt, die schon implementiert wurden. Ich bin immer dafür, dass wir schauen: Was machen die anderen? Was kann man sich abschauen? Ich bin immer dafür, dass wir auch über die Grenzen von Österreich hinweg schauen und uns wirklich international vergleichen und nach Lösungen suchen und sie auch übernehmen, wenn sie funktionieren. Was sagen uns die Leerstandsabgaben, die jetzt in den Bundesländern Tirol, Salzburg und Steiermark eingeführt wurde? Da kann ich auch noch ein paar Zahlen dazu nennen. Herr Kollege Kowarik hat das nicht genannt, aber das ist wirklich jetzt schon auch seit längerer Zeit in der Umsetzung, und die Zahlen sprechen für sich. Die Zahlen sprechen davon, dass sowohl in Salzburg als auch in Tirol als auch in der Steiermark die Leerstandsabgabe, die eingeführt wurde, einfach nicht zu dem geführt hat, wozu sie eingeführt wurde. Wir sagen, es geht um die Mobilisierung von leerstehenden Wohnungen für den Wohnungsmarkt. Das ist gut so. Andererseits kann man auch sagen, okay, man kann auch die neuen Steuern einführen, damit die Gemeinden weiteren Wohnraum finanzieren. Das ist auch legitim. Aber das bringt es nicht! Alle, die die Leerstandsabgabe eingeführt haben, sagen ganz klar - die Zahlen sprechen tatsächlich für sich -, dass der Aufwand viel mehr ist, als es bringt. (Abg. Georg Prack, BA: Das ist ein Blödsinn!) Das ist auch in den kleinen Gemeinden so, ich habe jetzt zum Beispiel Ebenau rausgesucht. (Abg. David Ellensohn: Wer sagt das?) Das ist eine Gemeinde von 1.500 Bewohnerinnen und Bewohnern. Da muss man sich vorstellen, das ist eine Gemeinde, wo die soziale Kontrolle eigentlich im Verhältnis zu Wien sehr gut funktioniert. In Wien haben wir diese soziale Kontrolle tatsächlich nicht so wie in einer Gemeinde wie Ebenau. Das heißt, man kennt irgendwie die Wohnungslage, man kennt die Leerstände. Was sagt man? Von 80 potenziellen Fällen sind tatsächlich 2 zur Zahlung herangezogen worden. Warum? Weil die Ausnahmen so vielfältig sind. Die Menschen haben so viele Gründe, warum sie diesen Leerstand haben. Das dürfen wir auch nicht vergessen. (Abg. Georg Prack, BA: Das hängt damit zusammen, wie man Ausnahmen definiert! Das kann Wien ja anders machen!) Wir dürfen nicht vergessen, dass sich Lebensumstände von Menschen verändert haben, und darauf muss man eingehen. (Beifall bei den NEOS.) In Tirol wurde 2023, also voriges Jahr, eine Selbstmeldepflicht eingeführt, und man schätzt den Leerstand auf zirka 70.000 Wohnungen. Wie viele Meldungen hat es gegeben? 913. Was für ein Mehraufwand für 913 Wohnungen im ganzen Land Tirol! (Abg. Georg Prack, BA: Weil es eine Selbstmeldung ist! Dann muss man das halt anders machen!) Genau, weil es eine Selbstmeldung ist. Ich kann nur wiederholen, was ich auch schon oft hier gesagt habe, dass es ganz essenziell ist, die Gründe für diesen Wohnungsleerstand einmal zu verstehen und diese Gründe gezielt anzugehen. Das Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen hat 2018 in Vorarlberg eine Studie gemacht, und aus dieser Studie ist herausgekommen, warum der Leerstand eigentlich so gelebt wird oder warum es den gibt. Der Grund, der am häufigsten genannt wurde, waren einerseits die Mietrechtsregelungen, andererseits wollte man einfach nicht irgendwie Komplikationen mit den Mieterinnen und Mietern haben. Das haben die Menschen geantwortet, die Wohnungen haben, die nicht vermietet wurden. Dann haben sie auch gesagt: Na ja, aber finanzielle Hürden für die Wohnung, die ich vermiete, für die Mieteinnahmen habe ich ja auch, und das muss sich irgendwie für mich auch rentieren. Das waren die Gründe. Diese strukturellen Probleme müssen wir angehen. Daran müssen wir arbeiten, wenn wir wollen, dass leerstehende Wohnungen für den Wohnungsmarkt auch mobilisiert werden. (Beifall bei den NEOS.) Ganz ehrlich, wir sind aber auch nicht so, wir schauen es uns an. Wir sagen jetzt nicht, keine Leerstandsabgabe, weil sie irgendwie nicht in unsere Politik hineinpasst. (Abg. Georg Prack, BA: In Salzburg!) Wir sind auch sehr bemüht, wir schauen uns tatsächlich auch an, welche anderen Lösungen es gibt. Ich habe es auch vorhin schon gesagt, wir scheuen nicht davor, über die Grenzen von Wien zu schauen und zu schauen, was die anderen Länder haben. Wir haben uns auch die Alternativmodelle von Vorarlberg angeschaut. Dort gibt es seit Jahren ein Modell, das sich "Sicher Vermieten in Vorarlberg" nennt. Dieses Modell ist eigentlich von Grund auf recht gut aufgezogen, weil es darum geht, dass die Gemeinden gemeinsam mit den gemeinnützigen Wohnbauträgern die Mieten und die Sicherheit für die Vermieter übernehmen. Seit 2016 gibt es das Modell, in den ersten 2 Jahren wurden 30 Wohnungen vermietet, und seitdem es das Modell gibt, also in den letzten 8 Jahren, wurden so 235 Wohnungen vermietet - also auch überschaubar. Ein weiteres Beispiel war in Salzburg 2016, das hieß "Salzburger Mietgarantie". Sie wurde nach zwei Jahren abgestellt, weil es einfach nichts gebracht hat. Noch einmal zum Schluss und zusammengefasst: Was brauchen wir? Wir brauchen Evidenz. Wir brauchen evidenzbasierte Daten zum Leerstand, warum es diesen gibt, warum die Wohnungen leerstehen, aber auch Belege dafür, wenn wir Maßnahmen setzen, dass diese auch wirken. Das ist das Wesentliche, dass die Maßnahmen wirken. Was wir nicht brauchen: Wir brauchen kein Mehr an Bürokratie, ohne entsprechenden Ertrag oder entsprechende Ziele zu erreichen. Abschließend möchte ich nur noch betonen, dass es uns wirklich nicht um eine symbolische Maßnahme geht, sondern wirklich um wirkungsvolle und nachhaltige Lösungen. Das könnte auch schon die Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein, sich diese Lösungen anzuschauen, denn so, wie es momentan ausschaut, wird diese Bundesregierung bis zur nächsten Wahl das eigentlich nicht mehr schaffen. Danke vielmals. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Frau Abgeordnete, Ihre Restredezeit beträgt 13 Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Olischar. Ich erteile es ihr. Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich tatsächlich bei sehr, sehr vielen Punkten, die meine Vorrednerin Kollegin Arapovic und auch Kollege Kowarik hier angesprochen haben, anschließen, denn genau diese Punkte sehen wir bezüglich einer Leerstandsabgabe auch sehr, sehr kritisch. Tatsächlich wollte ich genau auch diesen Punkt ansprechen, der mir persönlich auch in meinem Themenbereich Stadtplanung per se wichtig ist, wo wir ständig mit Instrumenten, mit Maßnahmen zu tun haben, die gesetzt werden, aber dann nicht evaluiert werden oder davor noch nicht einmal das Ziel klar ist, was diese Maßnahmen überhaupt bewirken sollen. Denselben Eindruck habe ich da auch. Es wird nach neuen Steuern, nach neuen Abgaben, nach eigentumsfeindlichen Maßnahmen geschrien, statt dass man zuerst erhebt, wie viel Leerstand es überhaupt tatsächlich gibt (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Laut Greenpeace nicht so viel!), und dann auf der anderen Seite, warum es den Leerstand gibt. (StRin Mag. Judith Pühringer: Die sind aber dafür! Die sind für eine Leerstandsabgabe!) Erst, wenn ich weiß, warum es Leerstand gibt, kann ich auch entsprechende Maßnahmen setzen, um dem entgegenzuwirken. Nur pauschal eine Steuer, eine Abgabe einzuheben, ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und NEOS.) Ich will mich bei vielen Punkten jetzt nicht wiederholen, denn Selma, du hast das eigentlich wirklich in vielen Punkten auch sehr gut umschrieben, auch den Vergleich, wo diese Maßnahme schon gesetzt wurde, was daraus geworden ist. Deswegen, glaube ich, ist es tatsächlich eine Maßnahme, die für Wien nicht besonders sinnvoll ist. Natürlich ist eben auch das Thema Eigentum, wie es Kollege Kowarik skizziert hat, ein ganz wesentlicher Faktor, warum für uns diese Maßnahme nicht die passende ist. Ich glaube schon auch, um das Feld auch noch um einen Blickpunkt oder auch ein Szenario zu erweitern: Was würde denn passieren, wenn wir, wenn die Stadt, wenn die Politik zunehmend Maßnahmen trifft, die schädlich fürs Eigentum sind, wo es sich dann für einzelne, für kleine Wohnungsbesitzer mit ein, zwei Wohnungen nicht mehr auszahlt, sich darum zu kümmern, es nicht mehr attraktiv ist, sich Eigentum zu schaffen? Ich glaube, die Zahlen zeigen auch, dass Wien jetzt nicht unbedingt das Bundesland ist, wo Eigentum mit knapp 18 Prozent so großgeschrieben wird. Aber was passiert denn dann, wenn mehr und mehr sagen, für mich zahlt sich das nicht aus, es wird unattraktiv, die Bürokratie wird zu hoch? Was passiert dann? Dann werden diese Wohnungen weitergegeben, weiterverkauft, wie auch immer. Und wer kauft diese Wohnungen? Es werden dann mehr und mehr aus dem privaten Eigentum an die Großen kommen. Ich glaube nicht, dass das eine Struktur ist, die wir in Wien haben wollen, wenn wir eigentlich stolz darauf wären - unsere Ziel wäre das ja schon -, dass Eigentumsschaffung für jeden persönlich möglich ist, wir nicht die Leute dazu drängen, ihr persönliches Eigentum an Große weiterzuverkaufen und dann quasi die meisten Wohnungen im Besitz von wenigen sind, sondern dass wir schauen, dass wir wieder ermöglichen, die Eigentumsbildung für jeden persönlich auch schaffen zu lassen und Anreize zu setzen, dass das möglich wird, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.) Einen Punkt möchte ich auch noch erwähnen, der jetzt zwar mit dem Leerstandsthema per se nicht unmittelbar etwas zu tun hat, aber weil Sie es auch angesprochen haben: Das Thema Wohnraumschaffen generell, also diese Mobilisierung von Wohnraum. Wir haben es erst gestern diskutiert, und ich habe das auch in meinem Beitrag zur Widmung rund um den Währinger Gürtel dargelegt, dass es genau auch solche Maßnahmen braucht, um Wohnraum zu schaffen. Das ist natürlich auch, sich um den Bestand zu kümmern und Maßnahmen zu setzen und im konkreten Fall Widmungen oder Widmungsentwicklungen zu ermöglichen, wo auch im Bestand nachverdichtet werden kann. Das ist aus meiner Sicht ein Potenzial, das viel zu wenig genutzt wird. Dass gerade da die GRÜNEN beispielsweise gestern bei diesem Flächenwidmungsentwurf zugestimmt haben, wo wir den Bestand quasi auf seinem Status quo einfrieren, wo keine Entwicklungsmöglichkeit oder nur noch sehr eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeit besteht, wo nicht nachgerüstet werden kann, wo nicht zusätzlich Wohnraum geschaffen werden kann, das verstehe ich dann wieder nicht. Wenn man sich dann auch die Zahlen anschaut, dass die geschaffenen Wohneinheiten laut AK-Studie zwischen den Jahren 2018 und 21 nur zu 2 Prozent in der Bestandsentwicklung stattgefunden haben und 98 Prozent der geschaffenen Wohneinheiten auf der grünen Wiese, dann muss ich sagen, läuft auch ein bisschen etwas falsch, sehr geehrte Damen und Herren. Denn nur, weil jetzt eine Widmung per se ist, dass man sagt, ja, man kann auch einen Stock draufsetzen und dann werden vielleicht in dem einen Haus noch ein, zwei Wohnungen zusätzlich geschaffen, ist es ja nicht allein. So eine Weiterentwicklung des Bestandes bringt ja auch ganz viel mit sich, denn wenn man schon so ein Objekt angreift, indem man es aufstockt oder weiterentwickelt, löst es natürlich auch eine zusätzliche Sanierung aus. Natürlich schaut man sich dann dieses Gebäude oder dieses Objekt auch im Gesamten an. Ich glaube, das sind die Anreize, sich zu überlegen, wie kann ich Qualität sichern, wie kann ich mobilisieren, wie kann ich Anreize schaffen, wie kann ich den Bestand weiterentwickeln, wie kann ich dadurch Wohnraum schaffen, und nicht durch eigentumsfeindliche Maßnahmen zusätzliche Steuerabgaben einzuführen, ohne zu wissen, warum es eigentlich den Leerstand gibt, was es eigentlich bringt und wie es konkret umgesetzt wird. Deswegen sehen wir das kritisch und lehnen das ab. (Beifall bei ÖVP und NEOS.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Die Restredezeit ist 13 Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Stürzenbecher. Ich erteile es ihm. Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Wohnungen sind für den Menschen da - das ist ein Satz. Und ein noch schönerer Satz, der von Caritas- Präsident Landau stammt, ist: Eine Wohnung ist die zweite Haut des Menschen. Ich finde das insofern sehr gut, als es natürlich die Bedeutung der Wohnungen und der leistbaren Wohnungen in unserem Sinne für die Menschen sehr plastisch darstellt. Ich glaube, in Wien sind wir wirklich in aller Bescheidenheit, die uns auszeichnet, durchaus in der Lage, selbstbewusst darzulegen, was die Wohnsituation in unserer Stadt ist. Wir waren gerade jetzt mit dem Finanzausschuss in Rom, Kollege Ornig war auch dabei, und wir zwei sind dort mit unserem Stadtrat Hanke und dem Bürgermeister, Vizebürgermeister und dem Stadtrat von Rom am Podium gesessen. Was haben die dort unter anderem gesagt? Es war nicht Wohnen der Schwerpunkt, sondern der U-Bahn- Bau, aber nebenbei haben sie schon ausgedrückt, dass Wien die führende Stadt im Wohnbau in der ganzen Welt ist. Das ist auch von dort gekommen. Als ich noch Wohnbauausschussvorsitzender war, war ich in Dresden, in Frankfurt, in Berlin. Überall habe ich über das soziale Wohnbaumodell Wiens referiert, und überall war man beeindruckt, und es kommen ständig, jede Woche Delegationen aus anderen Ländern. Warum sage ich das? Nicht, um uns jetzt da besonders gut darzustellen, sondern es ist schon so, dass wir ein Modell haben. Der Schwerpunkt von dem Ganzen sind natürlich die Gemeindebauten und der Schwerpunkt ist die Wohnbauförderung bei den gemeinnützigen und gewerblichen Wohnbauträgern, denn dadurch sind schon einmal 60 Prozent der Wiener Bevölkerung im sozialen Wohnbau im weiteren Sinn. Das ist sozusagen schon einmal eine Basis für das Ganze, und deshalb ist es auch möglich, dass bei uns die Mieten, auch wenn sie im Einzelfall vielleicht noch immer für manche zu hoch sind, niedriger sind und leistbarer sind als in jeder anderen Großstadt Europas und als in den anderen großen Städten Österreichs, und darauf können wir stolz sein. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Abg. Georg Prack, BA: Das stimmt ja nicht! Das sind 60 Prozent der MieterInnen, nicht der Bevölkerung!) Schon auch, da reden wir dann extra noch, ich werde es dir vorrechnen. Tatsache ist auch, dass wir da eben durchaus etwas vorzuweisen haben. Man darf aber nie zufrieden sein, ein erfolgreiches Modell ist wie ein Fahrrad: Entweder man fährt vorwärts oder es fallt um. Deshalb müssen wir uns natürlich auch im sozialen Wohnbau und in der Wohnpolitik ständig weiterentwickeln. Vom Grundsatz sind wir als Sozialdemokraten jedenfalls einmal für alle Maßnahmen, die gegen einen Leerstand sind, um die Spekulation mit Betongold zu bekämpfen. Das heißt, vom Prinzip her ist eine Leerstandsabgabe durchaus etwas Diskussionswürdiges, was man auch machen kann, aber in der geeigneten Form, wobei es insgesamt - das muss man auch dazusagen - eher ein kleines Rädchen im großen Uhrwerk der Wohnbaupolitik ist. Was da manche in Salzburg oder in Tirol hineingeheimnissen, wo ja einmal wirklich nicht die Spezialisten des sozialen Wohnbaus zu Hause sind - zumindest bisher, in Salzburg wird es sich hoffentlich durch unseren Bürgermeister ändern, habe ich jetzt gemeint. Tatsache ist aber schon, dass die Leerstandsabgabe etwas ist, was wir in Wien schon einmal im Jahr 1985 eingeführt haben. Das ist für verfassungswidrig erklärt worden, und wir haben uns dann umorientiert. Jetzt hat man die Verfassung bis zu einem gewissen Grad in dieser Hinsicht geändert, und wir werden genau prüfen, was das für Auswirkungen hat. Es ist so, dass wir durchaus mehr Wohnungen mobilisieren wollen. Man muss aber auch dazusagen, dass natürlich der Leerstand selbst nach Greenpeace ... Die haben da wirklich sehr hohe - ich würde einmal sagen - Schätzungen, glaube ich. Worauf diese Schätzungen beruhen, weiß ich nicht, aber Kollegin Arapovic hat es ja ausgeführt, aber nehmen wir einmal an, das stimmt. Greenpeace sagt, in Österreich stehen 230.000 Wohnungen leer, im Durchschnitt 4,7 Prozent, in Kärnten am meisten mit 5,6 Prozent. Selbst nach Greenpeace ist er in Wien mit 3,4 Prozent am geringsten. Das ist aber jetzt einmal nur ein Punkt im großen Puzzle dieser an sich sehr komplexen Sachen. Ich bin ja nicht gegen die Leerstandsabgabe, aber es eine sehr komplexe Sache, und hier einen Schnellschuss zu machen, weil man glaubt, dann ist alles gut, wäre natürlich überhaupt nicht richtig. Das ist nicht unsere Art. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Wir müssen uns jetzt sehr genau die neue Rechtslage anschauen, unsere Abgabenexperten, aber natürlich auch unsere Verfassungsrechtler. Uns ist es nicht wurscht, wenn uns dauernd von dieser Seite unterstellt wird, uns sind die Eigentumsreche wurscht. Uns sind alle Grundrechte wichtig. Die Grundrechte sind wichtig, genauso auch das Eigentumsrecht, aber genauso wissen wir, dass Eingriffe in Grundrechte gerechtfertigt sind, wenn es sachlich gerechtfertigt ist, wenn das Positive, das aus einem Grundrechtseingriff erfließt, wesentlich größer als das Negative ist, das durch den Grundrechtseingriff passiert. Das muss aber auch der Fall sein. Ein schwerer Grundrechtseingriff, wo dann, wie es ein bissel schon meine Vorredner gesagt haben, wenig rauskommt, bringt aber nicht viel, das muss man auch sagen, sondern das muss genau geprüft werden. Man muss genau schauen, was da drin ist, man muss sich auch den Datenschutz anschauen, denn man muss ja wirklich einmal erheben, wie viel Leerstand es gibt. Da muss man das Zentrale Melderegister mit dem andern Register abklären, das es da gibt. (Abg. Georg Prack, BA: Das fordern wir seit Jahren!) Das habe ich jetzt nicht da, ich glaube, Wohnungsregister. Da gibt es zwei verschiedene Register, die du abklären musst und dann kannst du auf datenschutzrechtlicher Grundlage und nachdem man auch einmal den Leerstand definiert hat ... In dem Antrag der GRÜNEN, der wirklich noch sehr unausgereift ist, ist ja auch keine ordentliche Definition beinhaltet. (Abg. Georg Prack, BA: Das ist ja keine Gesetzesvorlage!) Dann kann man vielleicht einmal schauen, was man machen würde. Wir sind aber jedenfalls auch dafür, wenn man eine Leerstandsabgabe nach einer langen, genauen Prüfung einführen würde, dass man sie in einem engen Zusammenhang mit gesamtwohnpolitischen Maßnahmen sehen muss. Wir haben ja zum Beispiel jetzt nach dem Finanzausgleich 2024 eine Bund- Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der Grundsteuer. Das wäre zum Beispiel etwas, was ja eine viel höhere Dimension als eine Leerstandsabgabe hätte. Das muss dann auch aufeinander abgestimmt werden. Wir wollen das aber natürlich auch im Mietrecht, und ich hoffe, dass ab Oktober andere Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat sind. Es wären im Mietrecht sehr viele wichtige Sachen, damit man endlich ein Generalmietrecht für alle Wohnbereiche hat, wo nicht mehr diese Unterscheidungen vor 45, nach 45 sind - das ist alles derart kompliziert und unsachlich. Dann: Klare Obergrenzen, Einschränkung der befristeten Vermietung, Deckelung der Valorisierung - das sind alles ganz wichtige Sachen, und dann natürlich, dass man genug Geld für die Wohnbauförderung hat, wie wir sie jetzt haben, dass dort für viele Bundesländer wie in Wien die Zweckwidmung auch wieder eingeführt wird. Hier haben wir ja de facto die Zweckwidmung bei der Wohnbauförderung, aber in vielen Bundesländern ist das nicht der Fall. Wenn man das alles in einem Großkonzept macht, können wir uns natürlich eine passende Leerstandsabgabe gut vorstellen, aber dort sind wir noch länger nicht. Ich glaube, es ist ein Schnellschuss da nicht zielführend, wir brauchen, richtig gesagt, dann keine symbolischen Lösungen, wo man irgendeine Maßnahme mythologisiert und so tut, als würde ich jetzt alle Probleme lösen, wobei sie, wenn überhaupt, nur ein kleines Detail in einer großen Lösung sein kann. Ich meine, auch die Erfahrungen in den Bundesländern, die wir bisher auf Grund der alten Rechtslage - das stimmt - gemacht haben, waren nicht besonders positiv. Wir denken in Wien sehr sachlich und auf Basis von Evidenz und wissenschaftlichen Erkenntnissen nach, wie wir bestmögliche Lösungen machen. Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Leerstandsabgabe, aber wenn, dann wären wir für eine, die wirklich wirkt, die grundrechtskonform ist und die wirklich in ein Gesamtkonzept hineinpasst. In diesem Sinne: Wir werden den Wiener Weg des sozialen Wohnbaus, der Wohnbaupolitik fortsetzen. Der war bisher erfolgreich und wird weiter erfolgreich sein. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Abg. Mag. Josef Taucher: Bravo, Kurti!) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Die verbliebene Restredezeit ist neun Minuten, für den Fall, dass Sie sich vielleicht noch klarer positionieren wollen. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Margulies. Ich erteile es ihm. Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrte Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es war spannend, bislang zuzuhören. Ich finde, es war eine interessant geführte Diskussion ohne irgendwelche Tiefschläge, wo auch unterschiedliche Ansätze zum Tragen kommen, unter anderen der unterschiedliche Ansatz zu Eigentum. Ich will Ihnen nur vielleicht ganz kurz aus dem Deutschen Grundgesetz § 14 zitieren. Er ist ja ganz kurz, der 1. Artikel lautet: "Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch Gesetze bestimmt." Und der 2. lautet: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebraucht soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Das ist etwas was mir tatsächlich in unserer Verfassung fehlt. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Ja!) Ich sage das jetzt ganz bewusst, denn niemand ist gegen Eigentum, aber Menschen, die tatsächlich das Glück haben, Eigentum zu besitzen - sei es, weil sie es geerbt haben, sei es aus eigener Arbeit, sei es, weil sie es geschenkt gekriegt haben, aber es für jeden Menschen im Großen und Ganzen ein Glück ist und es hilft, wenn man Eigentum besitzt, als wenn man keines hat. Diesen Vorteil haben Menschen, ganz egal, warum sie zu Eigentum gekommen sind, und dass Eigentum verpflichtet und gleichzeitig dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll, ist ein wirklich schöner Satz im Deutschen Grundgesetz. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Jetzt kommen wir zum Thema Wohnen und Eigentum an Wohnungen und Häusern: Im Unterschied zum Eigentum an Bildern, zum Eigentum an Geld, zum Eigentum an vielen anderen Sachen und Dingen gibt es etwas, was das Thema Wohnen ganz massiv von allen anderen unterscheidet: Grund und Boden sind beschränkt. Wir haben in Österreich knapp 80.000 km², nicht alles davon kann verbaut werden, eigentlich nur ein kleiner Teil. Wir wissen, wie groß Wien ist, wir wissen, wie momentan gewidmet ist. Das ist der beschränkte Rahmen, in dem sich das abspielt, und wenn man das in einer schönen Schwarz-weiß-Überlegung sieht und sagt, wenn am Ende des Tages Grund und Boden einer Person gehört, das wäre das Eigentum dieser Person und niemand könnte diese Person verpflichten, Wohnungen zu bauen und diese auch herzugeben, dann gibt es die Stadt nicht, denn dann kann niemand dort wohnen, sondern der, der das Eigentum hat, entscheidet. Das wollen wir alle nicht, das ist ja absurd, weiß ein jeder von uns. Das heißt, Eigentum an Wohnungen, Eigentum an Wohnraum, an Häusern ist etwas, das geregelt gehört. Ich hoffe, soweit können sie auch noch zustimmen. Das wird auf vielfältiger Ebene geregelt, nicht nur durchs Mietrecht, Wohnrecht, das beginnt bei Flächenwidmungen, Bebauungsplänen, et cetera, wo im Übrigen der Staat oder die Stadt Eigentümern von Grundstücken durch Umwidmungen manchmal Millionen an Euro schenkt - einfach herschenkt. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Das steht im baulichen Vertrag!) Da habe ich noch nie gehört, dass es dann eine Verpflichtung gäbe, dass bei denjenigen, die das Glück gehabt haben, weil ihr Grundstück umgewidmet worden ist und davor war es 50.000 EUR wert und plötzlich ist es 10 Millionen EUR wert, dann von der ÖVP oder von den NEOS gesagt wurde: Hey, die sollen jetzt etwas davon abgeben, denn eigentlich ist es ein Glück oder ein Zufall oder das Interesse der Allgemeinheit, weil man eigentlich Infrastruktur braucht. (Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Aber Abzonen und keine Entschädigungen sind okay?) Abzonen mit keiner Entschädigung ist in Wien schon ewig lange nicht vorgekommen, kann ich mich nicht erinnern. Es gibt Abzonen mit Entschädigung, und selbst das passiert so gut wie nie. Wir können uns danach unterhalten, wo in Wien abgezont wurde. (Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Im 22. Bezirk, und im 18. Bezirk wurde es auch gemacht!) Wenn es über ewige Zeit als Bauland gewidmet war und nicht wirklich gebaut wurde. Ich komme aber gerne später darauf zurück. Ich will nur kurz bei der Frage Grundrecht Eigentum bleiben: Was muss man damit machen? Der nächste Punkt ist, wenn es um die Bereitstellung von Infrastruktur geht, und zwar um Schulen und Kindergärten. Das alles richtet sich danach, was wo wie und wann gebaut wird. Jetzt befinden wir uns in der Stadt, wo wir eigentlich nicht darüber reden, ob irgendwo zusätzlich ein Einfamilienhaus gebaut wird. Sondern im Großen und Ganzen reden wir über Stadtentwicklungsgebiete - manchmal freifinanziert, manchmal eben sozial gewidmet -, wo tausende oder zumindest hunderte Wohnungen gebaut werden. Wir brauchen die Infrastruktur in der Umgebung. Sollen wir jetzt, wenn wir die Infrastruktur in der Umgebung mitplanen, davon ausgehen, dass jede zehnte Wohnung leersteht, weil es eine Vorsorgewohnung ist - das wäre ja absurd -, oder sollen wir davon ausgehen, dass die Wohnungen, die wir bauen, tatsächlich belegt werden, weshalb wir die Infrastruktur zur Verfügung stellen müssen? (Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Es gibt mehrere Gründe ...) Ja, aber die Gründe für den Leerstand sind doch mittlerweile von vielfältigster Seite erhoben worden. Die werden ja auch genannt. Zum Teil will man nicht vermieten, weil die Wohnung weniger wert wird, wenn man sie vermietet, man will nicht vermieten, weil man nicht weiß, wie man den Mieter herausbringt, und so weiter. (Widerspruch von Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc.) Jetzt sind wir einmal ganz ehrlich: Wenn der- oder diejenige - Ihr Beispiel, Kollegin Olischar -, in einer Wohnung wohnt und diese als Eigentumswohnung nutzt - voll super - und eine zweite als Vorsorgewohnung hat, dann gibt es im Mietrecht keine Hindernisse, dass man eine Person, an die man diese Wohnung vermietet, nicht mehr herausbringt. (Anhaltender Widerspruch von Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc.) Das stimmt doch gar nicht. Man meldet Eigenbedarf an, und die Person muss nach einer Kündigungsfrist ausziehen. So ist es. Das ist das gängige Mietrecht. Da muss man nicht irgendwie etwas Neues machen. Das Problem ist: Wann immer NEOS und ÖVP von einer Veränderung des Mietrechts reden, dann reden sie davon, dass es für die Mieter schwieriger wird und dass es für die Vermieter leichter wird, die Mieterinnen und Mieter herauszubekommen. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Aber umgekehrt immer nur, dass es für die Vermieter ... Ihr seid genauso einseitig! Das ist das Problem!) Kollege Wölbitsch, eine kurze Frage an Sie: Was ist in den letzten fünf Jahren passiert? Sind die Mieten günstiger geworden, oder sind sie teurer geworden? Sind die Wohnungspreise gesunken, oder sind sie explodiert? Sind die Grundstückspreise gesunken oder explodiert? (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Ja, eh, aber die Frage ist ... - Zwischenrufe bei der ÖVP.) - Wenn Sie mich alle miteinander gleichzeitig mit Zwischenrufen eindecken, verstehe ich Sie nicht. Einer nach dem anderen, wäre nett. (Heiterkeit bei GRÜNEN und ÖVP.) Die Grundstückspreise sind also gestiegen - und zwar massiv, weit mehr als die Inflation -, weil eben nicht unbeschränkt Grundstücke vorhanden sind. Die Grundsteuer ist niemals mitgestiegen. Sie haben seit 40 Jahren verhindert, dass es eine Neufeststellung der Einheitswerte gibt, egal, mit wem Sie in einer Regierung waren. (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Stimmt nicht!) Sie haben verhindert, dass man aus der Grundsteuer zumindest ein bisschen mehr Geld herausziehen kann. In der Zwischenzeit sind die Wohnungspreise, die Mietpreise und die Grundstückspreise allein in den letzten 20 Jahren in Wien um das 20-Fache gestiegen. Also, so ein schlechtes Geschäft kann es nicht sein, eine Wohnung oder ein Haus zu besitzen. Ich kenne wirklich niemanden, der damit arm geworden ist. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Reden Sie einmal mit Zinshausbesitzern, die ...) Es gibt echt Zinshausbesitzer, die ... Die haben es dann aber verspielt. Das sind dann eher die, die ins Casino gegangen sind und dann kein Geld gehabt haben. Ansonsten kann man mit einem Zinshaus nicht arm werden. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Aber jetzt wird es polemisch!) Ich nehme jedes Zinshaus, von dem jemand glaubt, er kann es nicht erhalten und wird damit arm. Ich nehme es geschenkt und zeige dann das Gegenteil. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Nein, das macht dann eh die Deutsche Wohnen!) Ich möchte aber zurückkommen: Natürlich hat es in den Bundesländern, wo die Leerstandsabgabe bislang nicht funktioniert hat, Schwierigkeiten gegeben. Es waren ja leider die rechtlichen Voraussetzungen nicht ganz geschaffen, damit es gescheit funktionieren kann. Was meines Erachtens immer noch fehlt - vielleicht bin ich da aber nicht auf dem allerletzten Stand -, ist die mögliche Verschneidung von Melderegister und Wohnungs- und Eigentumsregister. Das ist natürlich notwendig. Wenn man das verschneidet, hat man - zack - alle Wohnungen und Gebäude, wo niemand gemeldet ist. Dann kann man diesen Menschen einen Brief schreiben: Entschuldigung, warum steht es seit sechs Monaten leer? Denn davor muss man es ja nicht machen. Unterliegt es der Leerstandsabgabe, ja oder nein? Was sind Ihre Einwendungen dagegen, dass es nicht der Leerstandsabgabe unterliegt? - Einfach. Dann kann man ein Verfahren machen, und man wird die erwischen, bei denen es einmal sechs Monate länger leersteht. Manche werden sagen: Es ist meine Zweitwohnung - fällt nicht darunter. Manche werden sagen: Ich saniere seit einem Jahr - fällt nicht darunter. Diejenigen aber, die das mit Absicht machen, die das als Großkonzerne machen oder die die Leute in Spekulationshäusern heraushauen wollen, erwischt man. Denen sagt man: Hey, eure Leerstandsabgabe wird fällig. Wenn für die dann die Leerstandsabgabe in einer Höhe fällig wird, bei der sie es sich nicht leisten können oder wollen, diese über einen längeren Zeitraum zu zahlen, dann mobilisieren wir - wie Georg Prack gesagt hat - Wohnraum, den wir nicht neu bauen müssen, und erwischen genau die Richtigen. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Wie willst du das unterscheiden?) Wie will man das unterscheiden? Ich frage Sie eine andere Frage: Wenn wir jetzt von einem Spekulationshaus in Wien hören und lesen und gleichzeitig ein Haus daneben sehen, wo möglicherweise auch drei oder vier Wohnungen leerstehen, dann wissen wir beim Hineingehen, welches das Spekulationshaus und welches das gut geführte Wohnhaus ist, wo vielleicht jemand ausgezogen ist und wo wir davon ausgehen können, dass in fünf, sechs Monaten wieder ... (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic - erheitert: Die GRÜNEN wissen das! - Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Das machen wir bei Wiener Wohnen auch!) Das machen wir gerne auch bei Wiener Wohnen. Jeder Leerstand - lassen Sie mich ausreden -, der bei Wiener Wohnen nicht der Sanierung, einer Übergangsphase nach dem Tod eines Menschen oder einer Übergangsphase, bevor jemand anderer wieder eintritt, geschuldet ist, ist ein Leerstand zu viel und gehört beseitigt. Darüber müssen wir doch nicht reden. Ich glaube, darüber muss man nicht einmal mit den KollegInnen der Sozialdemokratie reden. Das ist selbstverständlich. (Beifall bei den GRÜNEN.) Deshalb gibt es ja auch einen natürlichen Leerstand. Den gibt es ja tatsächlich: Menschen übersiedeln, Menschen werden krank, Menschen sterben, alles Mögliche. Es ist kein Wunder, dass bei 40 Jahren des Wohnens eine Wohnung in Summe möglicherweise ein Jahr lang leersteht. Das gehört dazu. Das ist aber nicht das, was besteuert wird. Besteuert wird, wenn Wohnen absichtlich verhindert wird, indem gebaute Wohnungen und Häuser leerstehen gelassen werden, um in Wirklichkeit einen größeren Reibach zu machen, indem man sie entweder später verkauft oder ... (Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Wie viele sind es? Was schätzt ihr?) Ich schätze, dass in Wien, wenn man den natürlichen Leerstand abzieht, ungefähr 5 Prozent aller Wohnungen unter diesen Leerstand fallen würden. Es ist nicht so wenig, was da hereinkommen würde. Das merkt man auch, wenn man vor allem in der Nacht offenen Auges durch die vielen, vielen Neubausiedlungen geht - vor allem auch dort, wo der freifinanzierte Wohnbau tätig ist. Da sieht und erkennt man unendlich viele leerstehende Wohnungen. Der zweite Bereich ist: Dort, wo es viele leerstehende Wohnungen gibt, ist genau dort, wo es Sanierungsgebiete gibt und wo die Vermieter - wie von meinem Kollegen Prack schon mehrmals geschildert und vom ORF aufgezeigt - auf Biegen und Brechen versuchen, einerseits Leute herauszubringen und andererseits - um Altmieter herauszubringen - gern auch möglichst viele Migranten und Migrantinnen zu möglichst hohen Tarifen in ihre Wohnungen hereinzubringen, damit die Häuser schneller kaputt werden und die Häuser schneller leer werden. Denn es ist ja die eigentliche Dramatik beim Thema Wohnen, dass jedes leere Gebäude in Wien mehr einbringt als ein voll vermietetes. (Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Man könnte fragen, warum! - Widerspruch bei ÖVP und NEOS.) Nein, daran merkt man, wie kaputt der Markt ist. Wie viel Miete sollen denn die Leute noch zahlen? Sie können es sich doch schon jetzt in Wien fast nicht mehr leisten. (Zwischenruf von und Heiterkeit bei Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic.) Was glauben Sie denn? Ist den Vermietern für Mieterinnen und Mieter eine Rendite von 4 Prozent tatsächlich zu wenig? Anscheinend schon. Nicht allen, ich will ja eh viele ausnehmen. Wir haben Gott sei Dank Gemeindewohnungen, wir haben soziale Wohnungen, und wir haben tatsächlich auch viele private Vermieter und auch Unternehmen, die ihre Mieterinnen und Mieter ganz anständig behandeln und trotzdem sehr viel verdienen wollen. Es gibt momentan ganz, ganz viele Vermieter - das wissen Sie möglicherweise auch -, die versuchen, Altmieter herauszubekommen, weil sie der Meinung sind, diese wohnen jetzt schon 30, 35 oder 40 Jahre in der Wohnung und zahlen im Verhältnis, wenn sie sich die neuen Mieter anschauen, die das Dreifache zahlen, viel zu wenig Miete. Das versuchen sie, indem sie einfach Kündigungsklagen zustellen und hoffen, dass die Leute vergessen, vor Gericht eine Einwendung zu machen. Wenn sie das vier Wochen vergessen haben, haben sie Pech. Dann sind sie aus der Wohnung draußen, und man kann nicht einmal mehr etwas machen. Da gibt es genug alte Leute, bei denen das geht. Das ist etwas, wo wir aufpassen müssen. Da bin ich im Übrigen auch sehr froh - das sage ich gleich dazu -, dass automatisch gerichtlich eine Meldung direkt an die Stadt Wien geht, wo Unterstützung angeboten wird, wenn man davon betroffen ist, sodass man dringend eine Einwendung, et cetera macht. Das geht automatisch. Das finde ich richtig. Das finde ich gescheit. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic: Rechtsstaat!) Um jetzt aber, da meine Zeit zu Ende geht, zur Leerstandsabgabe zurückzukommen: Wenn wir gemeinsam versuchen, das mit dem Melde- und Wohnungsamt zu verschneiden, dann ginge das auch relativ problemlos. Ich bin überzeugt: Wenn wir einmal erkennen, dass Wohnen nicht so zu behandeln ist wie vieles andere Eigentum, weil es eben ein beschränktes Gut ist, und dass es auch nicht darum geht, jemandem das Eigentum wegzunehmen, aber diese Wohnung einer Nutzung zuzuführen, wofür der Eigentümer mit der Miete ja auch entschädigt wird - so niedrig sind die Mieten in Wien nicht -, dann könnten wir, glaube ich, auch einmal von dieser ideologischen Differenz wegkommen, dass man irgendwen enteignen will. Nein, das stimmt nicht. Was wir wollen und brauchen, ist, auch in Wien langfristig den sozialen Frieden sicherzustellen. Das geht nun einmal nur, wenn die Wohnungslosigkeit nicht zu hoch und am besten gar nicht vorhanden ist und wenn Mieten in einer Relation zum Einkommen stehen, die sicherstellen, dass die Armut in Wien zurückgeht und nicht weiter steigt. - Ich danke. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Vielen Dank. Die Restredezeit beträgt vier Minuten. Als Letzte ist Abg. Karner- Kremser zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Bitte. Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS (SPÖ): Hohes Haus! Wir diskutieren die Leerstandsabgabe ja nicht zum ersten Mal. Es ist heute auch schon sehr viel gesagt worden. Deswegen denke ich, dass ich mich relativ kurz halten kann. Ich möchte gern auf Frau LRin Pühringer zurückkommen. Sie haben die Armutskonferenz angesprochen, die auch ich für ein wirklich sehr, sehr wichtiges Element halte. Ich glaube, dass die Menschen dort auch vorgebracht haben, dass sie mit den Wohnkosten große Probleme haben. Ebenso haben sie Probleme mit den Energiekosten und auch mit den Lebenshaltungskosten. Denn nicht umsonst beklagen die Sozialmärkte, dass die Schlange der Leute, die dort einkaufen, immer länger und länger wird und dass es mittlerweile für viele ein Problem ist, am Ende des Monats noch genug Geld zu haben. Umso mehr betrifft es mich, dass Sie als Regierungspartei zugeschaut haben, als die Inflation in Österreich bei 9,7 Prozent war - und das nicht nur für einen Monat oder für zwei Monate, sondern über einen sehr langen Zeitraum, viel, viel länger, als es das in Europa war. (Widerspruch von StR Mag. Judith Pühringer.) Nein, Sie hätten die Möglichkeit gehabt. Es wurde ja auch immer wieder vehement verlangt, dass es einen Mietpreisdeckel für alle Österreicherinnen und Österreicher gibt, der die Inflation nachhaltig gesenkt hätte. Das haben Sie nicht gemacht. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Sie wissen schon: Das geht mit der ÖVP nicht!) Ja, genau, Herr Margulies, genau das ist der Punkt: Das geht mit der ÖVP nicht. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM - erheitert: Genau, das geht mit uns nicht!) Ich befürworte sehr: Frau Minister Gewessler hat sich jetzt für das Renaturierungsgesetz ins Schwert gestürzt. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich bei einer Inflation von 9,7 Prozent für alle Österreicherinnen und Österreicher vor die Medien stellen und sagen: Liebe österreichische Bevölkerung, das geht sich nicht mehr aus. Wir halten das nicht aus, dass ihr 9,7 Prozent an Inflation zu tragen habt. Deswegen lösen wir diese Koalition auf und wählen neu. Dann schauen wir, ob wir es nicht durch eine andere Möglichkeit besser machen können. Das wäre Ihre große Chance gewesen. Das haben Sie aber nicht gemacht. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Wie in Deutschland! Hat super funktioniert! - Heiterkeit bei und Zwischenruf von Abg. Georg Prack, BA.) Sie brauchen nicht zu lachen, Herr Prack, weil alles, was dann gekommen ist, sind Ersatzmaßnahmen gewesen: holprig und stolprig. Sie sehen auch anhand der Leerstandsabgabe ... (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Weil euer Mietrechtsgesetz Schrott war! Was sollen wir denn tun? - Abg. Mag. Thomas Reindl - in Richtung Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Hättet ihr es geändert! Ihr seid in der Regierung!) Auch das ist ja heute schon gefallen: Wir hätten gern nicht nur eine Worthülse gehabt, die Leerstandsabgabe heißt, sondern wir hätten gern ein Generalmietrecht gehabt. Ja, auch das hätten wir gern gehabt. (Beifall bei der SPÖ.) Was wir bekommen haben, ist eine Worthülse, die Leerstandsabgabe heißt, bei der nichts dahinter ist. Jetzt habe ich gerade gehört, als ich da hinten in der Reihe gesessen bin, Sie hätten eh einen Vorschlag, wie man das alles machen könnte. Jetzt frage ich mich: Warum steht in ihrem Paket nicht drinnen, wie man es umsetzt? Denn wenn Sie die Medienberichte verfolgen, dann gibt es in den letzten Monaten und Jahren kein einziges Printmedium, das seriös berichtet, das Ihre Leerstandsabgabe abgefeiert hat. Der letzte Artikel im "Standard" war bezeichnend, finde ich. Der beschreibt, wie Sie dort in Innsbruck sitzen und mit der Erhebung des Leerstands nicht weiterkommen, weil Sie nicht wissen, wie Sie es tun sollen. Das ist ja auch hier heute schon öfters gefallen. Der Leiter des Referats in Innsbruck sagt, mit dem Gesetz geht es nicht. In den "Salzburger Nachrichten" sagen Sie Ende Mai, Sie werden es aufheben, weil es nicht durchführbar ist. Die GRÜNEN in der Steiermark sagen, das ist völlig daneben, es geht nicht. (Abg. Georg Prack, BA: Das steirische Gesetz hat ...) Das heißt, jeder, der es derzeit macht, sagt: So geht es nicht. (Abg. Georg Prack, BA: Was hat das mit ...) Trotzdem haben Sie es nicht mit Leben gefüllt. Sie haben nicht gesagt, wie Sie es machen wollen. Sie sind in der Bundesregierung gesessen und hätten die Möglichkeit gehabt, zu sagen, wie Sie es tatsächlich umsetzen wollen. Das haben Sie aber nicht getan. (Anhaltende Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Sie hätten auch die Möglichkeit, zu sagen, Wohnen wird billiger. Das haben Sie auch nicht getan. Sie haben einen Wohnschirm gemacht, der ja tatsächlich hilft. - Frau Pühringer, Sie haben aber auch nicht erwähnt, dass Wiener Wohnen schon viel früher einen Delogierungsstopp gemacht hat, dass es Ratenzahlungen eingeführt hat und dass die MA 40 viele Ersatzleistungen für alle Mieterinnen und Mieter in Wien übernommen hat, die in eine Notlage gekommen sind. Das haben Sie leider nicht erwähnt. Deswegen ist das jetzt meine Aufgabe, es zu erwähnen. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Abg. Georg Prack, BA: Weil es nicht Aufgabe der Bundesregierung ist!) Sie haben auch ein Wohnbaupaket geschnürt, das durchaus Kapazität hat. Sie haben es aber vorher nicht in Begutachtung geschickt. Sie haben vorher auch keine Rücksprache mit den Ländern gehalten. Deswegen kann zum Beispiel Wiener Wohnen überhaupt nichts für die Sanierungen abholen. (Abg. Georg Prack, BA: Dann teilt es anders auf!) Das heißt, Sie schnüren Pakete und schießen sie heraus. Es ist aber immer nur ein Teil davon brauchbar. Ähnlich ist es mit der Leerstandsabgabe. Es ist jetzt, glaube ich, eh auch schon gefallen. Mein Kollege Kurt Stürzenbecher hat es gesagt: Wir schauen uns das an. Wenn es machbar ist, werden wir es uns überlegen, aber so, wie es im Moment ausschaut und wie es sich auch in allen anderen Bundesländern darstellt, ist es derzeit nicht möglich und nicht umsetzbar. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Die verbliebene Restredezeit beträgt 13 Minuten. Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Prack. (Abg. Mag. Thomas Reindl: Na geh! Das Vizekanzler-Sprachrohr!) Ich erteile es ihm. Bitte. Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Erstens ist der Dringliche Antrag keine Gesetzesvorlage. Wir haben unser Modell medial mehrfach präsentiert. Man kann es auf unserer Website nachlesen. Ich werde das aber gern allen KollegInnen des Wohnbauausschusses per E-Mail zukommen lassen. Dann können Sie sich selbst ein Bild machen. Ich wusste nicht, dass man bei einem Dringlichen Antrag eine fertige Gesetzesvorlage präsentieren muss. Das war bisher auch nicht der Fall. (Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS: Nein, das hätten Sie vorher machen sollen!) Zweiter Punkt: Die Bezugnahme auf die diversen Länder-Leerstandsabgaben in den Bundesländern sind insofern ein bisschen schwierig, als sie versuchen mussten, mit der verfassungsrechtlichen Grundlage, wie es sie bisher gab, umzugehen, und eine in der Höhe schon sehr niedrige Leerstandsabgabe normiert haben, weil sie mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs zum Wiener Wohnungsabgabegesetz umgehen mussten. (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic: Wenn die Höhe ...) Jetzt haben wir die verfassungsrechtliche Grundlage und können eine deutlich stärkere Höhe annehmen. Damit würde eine Leerstandsabgabe eine deutlich mobilisierendere Wirkung haben als die Abgaben, die bisher normiert sind. (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic - erheitert: Und dadurch wird es mehr sein? Jetzt ist sie niedrig, und dann wird es mehr sein? - StR Mag. Judith Pühringer: Das haben die NEOS ...) Frau Arapovic, Sie haben schon mitbekommen, dass das Gesetz, das Sie da gerade vorhin bezüglich Salzburg kritisiert haben, von Ihrer eigenen Partei mitbeschlossen worden ist. Also, ich finde es schon ein bisschen lächerlich, wie hier quasi Kindesweglegung betrieben wird. Ähnliches gilt übrigens auch für die ÖVP, die hier dauernd von Eigentumsfeindlichkeit spricht und tut, wie wenn es das Schlimmste wäre, was man auf der Welt erfinden könnte, während drei Bundesländer, drei Landeshauptleute der ÖVP, eine Leerstandsabgabe eingeführt haben. Irgendwie müssen Sie sich also schon entscheiden: Ist es aus der Hölle oder ist es irgendwie doch etwas, was man machen kann? (Abg. Thomas Weber - erheitert: Ja, es ist aus der Hölle!) Okay, es ist aus der Hölle, obwohl Ihre Landesschwesterparteien das gemacht haben. Was lernen wir aus den bisherigen Leerstandsabgaben? Eine Selbstmeldung wie in Innsbruck ist keine gute Idee. Wir brauchen eine Verschränkung des Wohnungsregisters mit dem Melderegister, um automatisiert eine Leerstandsabgabe vorschreiben zu können. Dann kann man sich mit einer Ausnahme befreien. Was lernen wir noch? Wir brauchen eine Höhe, die ausreichend Druck auslöst, damit Leute ihre Wohnung vermieten. Drittens müssen wir an der Datengrundlage arbeiten. Das betrifft vor allem das Wohnungs- und Gebäuderegister. Das ist im Übrigen auch in Wien nicht ajour. Das ist ein Problem, an dem gearbeitet wird. Das ist übrigens das, was in Innsbruck so lang dauert. Das ist auch das, was in Salzburg so lang dauert. Wir brauchen aber ein Wohnungs- und Gebäuderegister, das ajour ist - nicht nur, damit wir eine Leerstandsabgabe einheben können, sondern wir brauchen es auch, damit wir wissen, welchen Wohnungsbestand wir haben, zum Beispiel zum Dekarbonisieren dieses Wohnungsbestandes. Es ist also bitte nicht nur eine Verwaltungsaufgabe, damit wir eine Leerstandsabgabe einheben können. Das müssen wir sowieso machen. Diese Gewaltanstrengung brauchen wir jedenfalls auch für die Leerstandsabgabe. Ein Lenkungseffekt entsteht also auch mit der Höhe. Das mit den Grundrechten muss man, finde ich, noch ansprechen. Es gibt kein Grundrecht auf Steuerfreiheit. Das ist eine völlig absurde Argumentation, die Herr Kowarik im Endeffekt gebracht hat, wenn man das zu Ende durchdenkt. Dann könnte man bei jeder Abgabe, die zum Beispiel beim Autokauf oder bei sonst irgendetwas entsteht oder die man hat, wenn man Auto fährt, argumentieren, dass sie nicht zulässig ist. Das ist absurd. Das ist wirklich absurd, wie da argumentiert wird. Zuletzt noch zu den Zahlen: Greenpeace hat eine Zahl von mobilisierbaren Wohnungen angegeben und diese relativ niedrig angesetzt. Wir haben insgesamt 100.000 Wohnungen ohne Wohnsitzmeldung in Wien. Das ist jede 10. Wohnung in Wien. Das ist niedrig im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Es ist aber immer noch extrem viel. Mehr wissen wir aktuell nicht, weil es keine Leerstandserhebung gibt. Herr Stürzenbecher hat ja gesagt: Jetzt müssen wir das endlich einmal gescheit erheben. Darauf warten wir jetzt halt auch schon seit Längerem. Darauf haben wir auch schon öfter hingewiesen, weil das beste Argument für eine Leerstandsabgabe aus unserer Sicht ist, dass wir endlich korrekte Zahlen haben, wenn wir eine Leerstandserhebung machen. Derzeit haben wir irgendwelche Schätzungen. Wir haben keine Information darüber, was ... (Abg. Mag. Thomas Reindl: Darf man das mit der Hauptmeldung verknüpfen?) Ja, man darf. Man muss auf landesgesetzlicher Ebene eine gesetzliche Grundlage schaffen. (Abg. Mag. Thomas Reindl: Aha! Man muss eine schaffen! Das glaube ich nicht!) Auf landesgesetzlicher Ebene braucht es eine gesetzliche Grundlage für die Verknüpfung der Daten aus dem Melderegister mit den Daten des Wohnungs- und Gebäuderegisters. Diese gesetzliche Grundlage braucht es, vollkommen richtig. Das ist in einzelnen Bundesländern gemacht worden. In anderen gibt es das Modell der Selbstmeldung. Wir haben also 100.000 Wohnungen ohne Hauptwohnsitzmeldung. Wenn nur die Hälfte davon spekulativer Leerstand ist, dann haben wir allein in Wien 50.000 Wohnungen, die leerstehen. Das ist eine große Stadt. Wenn wir diese Wohnungen mobilisieren, dann müssen wir für 5 Jahre in Wien keinen Wohnbau machen. Das ist also ein massives Potenzial, das es zu heben gilt. Deswegen plädiere ich noch einmal an Sie: Setzen wir uns zusammen! Ich schicke Ihnen unser Modell. Machen wir endlich eine Leerstandsabgabe! (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Herr Abg. Ellensohn zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Bitte. Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich eigentlich nur gemeldet, weil ich mich ausnahmsweise so geärgert habe, dass ich mir gedacht habe, das geht so nicht. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Wenn du dich jedes Mal meldest, wenn du dich ärgerst!) Die NEOS regen sich also über das auf, was sie in Salzburg selber ... (Zwischenrufe von Abg. Thomas Weber.) Nein, irgendjemand muss zwischendurch schon bei der Wahrheit bleiben. Die NEOS regen sich auf und sagen: Es ist ein Wahnsinn, was in Salzburg beschlossen wurde. Das haben sie selbst beschlossen. Als Nächstes kommt jemand von der SPÖ heraus und sagt: In der Steiermark funktioniert die Leerstandsabgabe nicht. Von wem wurde sie beschlossen? Die GRÜNEN sind in der Steiermark nicht in der Regierung. Das waren sie auch nicht. (Abg. Martina Ludwig-Faymann: Was regen Sie sich auf?) Da kommt die Stadtregierung in der Hoffnung, dass sich niemand auskennt, hier heraus und zeigt in Wirklichkeit mit dem Finger auf sich selbst. Denn die SPÖ sagt: Wir sind eigentlich doof in der Steiermark. Sorry. (Beifall bei den GRÜNEN. - Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Martina Ludwig-Faymann.) Dazu komme ich gleich. Ich habe noch ein bisschen Zeit übrig. Was immer besonders gut ist, ist diese Geschichtsklitterung. Ich glaube, dass die Sozialdemokratie im sozialpolitischen Bereich viel geleistet hat - im letzten Jahrhundert. Ich - oder vermutlich meine Eltern - habe mich über diese Gratisbücher in der Schule total gefreut, auch dass man mit dem Bus in die Schule fahren kann, denn mein Vater hat nicht in die Schule gehen dürfen, weil der Bus etwas gekostet hätte. Das hätte schon genügt, um nicht zu gehen, weil sich das niemand leisten konnte. Wir schon. Irgendwann - nicht in dem Jahrhundert, sondern irgendwann - hört man hier herinnen, Sie haben sogar mit dem sozialen Wohnbau in der Stadt aufgehört. Sie haben, als Sie in Wien allein regiert haben, sogar mit dem Bauen von Gemeindewohnungen aufgehört. (Abg. Martina Ludwig-Faymann: Was? - Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Die Bildungskategorie sozialer Wohnbau gibt es seit zwei Jahren! Blödsinn!) Nicht nervös sein, mein Gott. - Wenn die SPÖ redet, höre ich meistens: Kreisky und Dohnal. Ich finde, die haben viel gemacht. Das ist alles richtig. Das passt schon. Es ist aber halt wahnsinnig lang her. (Heiterkeit bei Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM.) Dann gehen wir auf die nähere Zeit ein. In den letzten 50 Jahren haben Sie 40 Jahre lang den Bundeskanzler gestellt und schreien durch die Gegend, die GRÜNEN hätten in den 4 Jahren, in denen sie mit der ÖVP regiert haben - mit 14 Prozent - das Mietrechtsgesetz ändern müssen. Was war denn mit der Abschaffung der Maklergebühren? (Ruf bei der SPÖ: Nichts!) Das steht seit Ewigkeit in jedem Papier der SPÖ, wenn man es lesen kann. Wer hat es wirklich gemacht? Die Bundesregierung ohne SPÖ. Die Ausrede war immer die ÖVP. Nur haben es ÖVP und GRÜNE zusammen geschafft. SPÖ und ÖVP haben darüber geredet. Die SPÖ hat immer gesagt: Das geht nicht, das geht nicht. Ich habe den Eindruck, dass da nicht sehr viel Engagement dahinter war. Das sind aber nur einmal die Maklergebühren. Wie oft habe ich gehört: Die Sozialleistungen gehören eigentlich valorisiert. In jedem Papier der Sozialdemokratie lese ich das seit Jahrzehnten. Warum geht es nicht? Na, wir als Sozialdemokratie stellen zwar den Bundeskanzler. Wir sind die größte Partei. Wir regieren seit 40 von 50 Jahren, aber wir machen es als Sozialdemokratie nicht. Dann kommt eine Regierung mit ÖVP und GRÜNEN und setzt sich hin. Natürlich geht das nie einfach, aber wir haben es gemacht. Dazu muss man eh nicht sagen, dass die GRÜNEN es allein gemacht haben, denn allein kann man es ja nicht machen. Wissen Sie, wie viel das für Leute Wert ist, die das Geld brauchen? Wissen Sie das? (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Waltraud Karner-Kremser, MAS: Sie haben 9,10 Prozent Inflation zu verantworten!) Wir hier herinnen verdienen ja alle viel. Wissen Sie, wie viel Geld das ist? In meiner Verwandtschaft gibt es eine Menge Leute, die über diese Erhöhungen froh sind, und anderswo noch mehr. (Zwischenruf von Abg. Martina Ludwig-Faymann.) Sie werden auch welche kennen. Sie haben das selber nicht geschafft. 40 Jahre lang Kanzler, keine Valorisierung. (Abg. Martina Ludwig-Faymann: ÖVP und dann geht es!) Man wird ja nicht fertig mit dem Aufzählen: Die Valorisierung der Sozialleistungen, die Abschaffung der Maklergebühren, ein ganzer Haufen anderes hatten wir schon. (Abg. Mag. Josef Taucher: Ihr seid so super!) Es bringt nur nichts, wenn man da herausgeht, weil der Nächste herausgeht und wieder so tut ... In der Steiermark waren wir nicht dabei, aber vermutlich werden Sie irgendwann herauskommen und sagen, wir haben das valorisiert. Das werden wir irgendwann hören. (Heiterkeit bei den GRÜNEN. - Abg. Martina Ludwig- Faymann: Reicht schon!) Es ist ja wurscht. Es erzählt einfach jeder irgendetwas. Ich bleibe jetzt bei den Fakten. In Salzburg gibt es eine Leerstandsabgabe, die unter anderem von den NEOS eingeführt wurde. (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic: Funktioniert sie?) In der Steiermark gibt es eine Leerstandsabgabe, die unter ... Es funktioniert allerhand nicht, was Sie angreifen, Herrgott noch einmal. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Markus Ornig, MBA: Gleich wie bei Ihnen! - Heiterkeit bei den NEOS.) Sie merken aber schon, dass es witzig ist, wenn man sagt: Wir als NEOS haben einmal in Österreich außerhalb von Wien regiert, und dort haben wir es schlecht gemacht. In der Steiermark haben wir es mit der Leerstandsabgabe auch verkackt. (Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Man kann das evaluieren!) Können wir uns nicht auf Folgendes einigen: Sind Wohnungen am freien Wohnungsmarkt momentan sehr teuer? Sind sie in Wien eventuell so teuer, dass man den Leuten helfen sollte? Sollte man jetzt überlegen, was man tun kann, damit es für die Leute günstiger wird? Oder zeigen wir alle mit dem Finger auf Salzburg und sagen, die NEOS haben es schlecht gemacht? Es war eine schlechte Arbeit dort, kein Wunder, dass sie für diese Leistung aus dem Landtag hinausgeflogen sind. (Abg. Mag. Dolores Bakos, BA: Es ist überall ... - Abg. Markus Ornig, MBA: Nur, wie Sie es machen, über eine grüne Alleinregierung ...) Die SPÖ sagt, in der Steiermark können wir es auch nicht. Dann überlegen wir uns doch trotzdem - samt denen, die ein Interesse daran haben, dass sich die Leute die Wohnungen leisten können -, was man machen kann. Warum wird eine Leerstandsabgabe jetzt ... (Anhaltende Zwischenrufe von Abg. Martina Ludwig-Faymann.) Gerade noch, dass Sie sich nicht bekreuzigen. Es ist wie bei Dracula oder bei irgendsoetwas. Ich weiß nicht. Also wirklich. Ich habe den Eindruck, die SPÖ glaubt, es ist ein Untergang, wenn man eine Leerstandsabgabe einführt. Ich verstehe nichts mehr. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Martina Ludwig-Faymann: Sie steigern sich ja so rein!) Ich fühle mich wirklich in die Zeit zurückversetzt, als man als GRÜNE in der Koalitionsverhandlung dafür kämpfen musste, dass die Kindermindestsicherung erhöht wird, während vis-à-vis die SPÖ sitzt und mir sagt, das ist nicht notwendig, und ich sitze dort und habe geglaubt, es ist ein Homerun, wenn man so etwas macht. Dann haben wir gesagt, man sollte vielleicht wieder Gemeindewohnungen bauen. Damit haben Sie aufgehört, als Sie in Wien allein regiert haben. Da habt ihr es wieder gebraucht, dass euch ein Koalitionspartner das einredet. Jetzt haben wir eine Leerstandsabgabe. Dass die NEOS offensichtlich wirklich glauben, es ist - ich weiß nicht - Teufelswerk, eine Hölle - alle möglichen Worte sind hier gefallen -, das lasse ich mir noch einreden. (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic: Das haben wir nicht gesagt!) Dass sich aber die SPÖ mit Händen und Füßen gegen eine Leerstandsabgabe wehrt (Abg. Martina Ludwig- Faymann: Stimmt ja nicht!) und dauernd erklärt, warum es nicht geht und wie es nicht geht ... Sie müssen ja nicht überlegen, wie es nicht geht, sondern Sie müssen nur überlegen, wie Sie die neuen Regelungen, die es jetzt gibt und die die Bundesregierung beschlossen hat, nützen, um hier eine Leerstandsabgabe einzuführen, um am Ende die Wohnungen am Wohnungsmarkt günstiger zu machen. Das ist das Ziel. Das könnten wir alle haben. - Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Die verbliebene Redezeit sind 13 Minuten. Zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Arapovic, die auf eine Restredezeit von 13 Minuten zurückgreifen kann. Einen Moment, das muss ich jetzt einstellen. Los geht's. Bitte. Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS): Herr Vorsitzender! Die Debatte ist jetzt wirklich sehr hitzig geworden. Was ich schon sagen möchte: Es ist einfach, mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu sagen, ihr habt das dort und dort beschlossen. Ich habe vorhin die Zahlen vorgetragen, die für sich sprechen. Das ist die Evidenz. Auf Grund dieser Evidenz können wir dann weitere Entscheidungen treffen. Da geht es einfach nicht darum, ob ich irgendwann - anno, ich weiß nicht, wann - irgendetwas in einem anderen Bundesland beschlossen habe, wenn ich jetzt Zahlen vorliegen habe, die sagen, es hat nicht funktioniert. (Abg. Georg Prack, BA.: ... wie die Evidenz entsteht!) Die Zahlen sagen nicht, Herr Kollege Prack, dass die Leerstandsabgabe niedrig ist und die Wohnungen deshalb nicht für den Wohnungsmarkt mobilisiert wurden beziehungsweise die Einnahmen gering waren. Die Zahlen sagen: Es sind wenige Wohnungen. Sie schlagen jetzt vor - weil Herr Kowarik vorhin gesagt hat, es kommen keine Vorschläge von Ihnen: Na, dann erhöhen wir diese Leerstandsabgabe, und dadurch werden es mehr Wohnungen! (Abg. Georg Prack, BA.: ... wie die Zahlen entstehen!) Jetzt, da die Zahl der Leerstandswohnungen niedrig ist und wir wirklich so wenige Wohnungen haben, in denen Leerstand gemeldet ist, sollen es durch die Erhöhung der Leerstandsabgabe mehr Wohnungen werden? Also, das müssen Sie mir wirklich erklären, denn das verstehe ich wirklich nicht. - Danke schön. (Beifall bei NEOS, SPÖ, ÖVP und FPÖ. - Abg. Georg Prack, BA: 100.000 Wohnungen ohne Wohnsitz!) Präsident Mag. Manfred Juraczka: Wir haben am Ende von zwei aufreibenden Tagen noch eine sehr interessante Debatte zusammengebracht. (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic - zu ihrem Sitzplatz zurückkehrend: Das hat sich ausgezahlt!) Zu Wort ist jetzt niemand mehr gemeldet. Die Debatte über die Besprechung des Dringlichen Antrages ist somit beendet. Diesen Antrag weise ich zur weiteren Behandlung dem Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke sowie der Frau Amtsführenden Stadträtin der Geschäftsgruppe für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen zu. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf dem schriftlichen Wege bekannt gegeben. Die Sitzung ist hiermit geschlossen. Vielen herzlichen Dank. (Schluss um 17.34 Uhr.) Landtag, 21. WP 19. Juni 2024 34. Sitzung / 21