Wiener Landtag 21. Wahlperiode 33. Sitzung vom 23. Mai 2024 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. VER-665535-2024-KGR/VL: Gemäß § 120 (4) WStV Einberufung des Wiener Landtages durch Präsident Ernst Woller mit dem Thema "Das Land Wien hat im Rahmen der Länderstellungnahme nach Art. 23d B-VG die Chance, sich für gesunde Ökosysteme und damit für eine intakte Natur als unsere Lebensgrundlage zu entscheiden - Wir brauchen ein starkes EU-Renaturierungsgesetz jetzt." S. 3 3. Mitteilung des Einlaufs S. 3 4. VER-665535-2024-KGR/VL: Debatte zum Verlangen des Grünen Klubs im Rathaus zu unter Punkt 2 genanntem Thema Rednerinnen bzw. Redner: StR Peter Kraus, BSc S. 3 Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc S. 7 Abg. Mag. Angelika Pipal-Leixner, MBA S. 7 Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc S. 9 Abg. Mag. Nina Abrahamczik S. 10 Abg. Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia S. 12 Abg. Mag. Josef Taucher S. 15 Abg. Dr. Jennifer Kickert S. 16 Abg. Nikolaus Kunrath S. 17 Abg. Kilian Stark S. 18 Abstimmung S. 20 (Beginn um 9.02 Uhr.) Präsident Ernst Woller: Einen schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche Sie, die Plätze einzunehmen, die Türen zu schließen und die Zwischengespräche einzustellen. Die 33. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet. Ganztägig entschuldigt sind Abg. Greco, Abg. Huemer, Abg. Korosec, Abg. Ludwig-Faymann, Abg. Spielmann, Abg. Taborsky und Amtsf. StR Peter Hanke. Zeitweise entschuldigt sind Abg. Hursky von 9 Uhr bis 11 Uhr, Abg. Novak ab 14.30 Uhr, Abg. Schmid ab 19 Uhr, Abg. Schober von 9 Uhr bis 11 Uhr und Abg. Schulz ab 13 Uhr. Vom Grünen Klub im Rathaus wurde ein Verlangen auf Einberufung einer Sitzung des Landtages zum Thema "Das Land Wien hat im Rahmen der Länderstellungnahme nach Art. 23d B-VG die Chance, sich für gesunde Ökosysteme und damit für eine intakte Natur als unsere Lebensgrundlage zu entschieden. - Wir brauchen ein starkes EU-Renaturierungsgesetz jetzt." eingebracht. (Abg. Peter L. Eppinger: Bravo!) - Ein schwieriger Satz! In Entsprechung des § 120 Abs. 4 der Wiener Stadtverfassung in Zusammenhalt mit § 8 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien wurde zu dieser Sitzung eingeladen. Die Geschäftsordnung sieht vor, dass in Sitzungen des Landtages auf Verlangen keine Geschäftsstücke behandelt werden. Der Entfall von Fragestunde, Aktueller Stunde und dringlichen Initiativen ist in der Fraktionsvereinbarung festgeschrieben. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Landtagsabgeordneten des ÖVP Klubs der Bundeshauptstadt Wien drei und des Grünen Klubs im Rathaus zwei schriftliche Anfragen eingelangt sind. Wir kommen nun zur Besprechung des Verlangens. Ich eröffne die Debatte. Zur Begründung und als Erstredner hat sich StR Peter Kraus zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm, wobei ich bemerke, dass seine Gesamtredezeit 30 Minuten beträgt. StR Peter Kraus, BSc: Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Herr Landesrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den heutigen Sonderlandtag einberufen, weil ein ganz zentrales europäisches Gesetz derzeit und in den letzten Wochen - Sie haben die Debatten, glaube ich, alle verfolgt - auf der Kippe steht, weil es in Europa aktuell keine qualifizierte Mehrheit hat. Es geht um das EU-Renaturierungsgesetz. Bevor ich jetzt dann auch auf die inhaltlichen Punkte dieses Gesetzes und warum es so wichtig ist, zu sprechen komme, lassen Sie mich noch einmal betonen, warum wir diesen Sonderlandtag heute einberufen haben. Dieser Landtag ist heute die Gelegenheit für alle Parteien, Farbe in Sachen Renaturierung zu bekennen, denn es geht darum, die Blockade der Landeshauptleute, der Landeshauptleutestellungnahme bei diesem so wichtigen Gesetz endlich zu durchbrechen und der Renaturierung den Weg frei zu machen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich möchte auf ein paar inhaltliche Punkte kommen, denn was sich hinter diesem vielleicht sperrigen Namen EU- Renaturierungsgesetz, Nature Restauration Law, verbirgt, ist ein extrem wichtiges Vorhaben der Europäische Union. Das Gesetz ist ein zentraler Bestandteil des Green New Deals der Europäische Union, der ja von mehreren Fraktionen und der Kommission und der Mehrheit der Mitgliedstaaten breit getragen wird. Es ist ein wichtiger Meilenstein und weltweit das erste Renaturierungsgesetz zur Bekämpfung der Biodiversitätskrise und der Klimakreise. Diese zwei Krisen - die Klimakrise auf der einen Seite, die Artenkrise auf der anderen Seite - hängen nicht nur ursächlich zusammen und bedingen sich - man spricht von einer Zwillingskrise -, sondern sie müssen auch gemeinsam bekämpft werden. Da aktiv zu werden, heißt also nichts anderes, als dass wir unsere Lebensgrundlagen in Europa retten und sichern, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Eine intakte Natur, die auch ausreichend Platz in Europa, in unseren Ländern, in unseren Städten hat, ist Grundvoraussetzung für eine gute Lebensqualität, ist Grundvoraussetzung für unsere Generationen und für die nächsten Generationen, damit wir alle gesund und sicher auf diesem Kontinent leben können. Es geht um die Rettung der Natur. Laut Europäischer Umweltagentur sind 81 Prozent der Habitate, also der Lebensräume, in schlechtem oder in sehr schlechtem Zustand. Mehr als eine Millionen Arten sind vom Aussterben bedroht, und das bedroht eben nicht nur die Grundlage unserer Existenz, die Natur, in der wir alle leben, das bedroht auch ernsthaft unsere Ernährung, es bedroht die Landwirtschaft, es bedroht unser Trinkwasser, also alles das, was wir für ein gesundes Leben brauchen. Das sind die Gründe, warum wir alle ein Interesse an Naturschutz haben sollten, sehr geehrte Damen und Herren. Alle! (Beifall bei den GRÜNEN.) Es gibt auch eine Reihe von internationalen Verpflichtungen - lassen Sie es mich vielleicht einmal von hier ableiten -, die auch Österreich, die auch die Europäische Union eingegangen sind, von denen wir die Renaturierung ableiten können. Das Kunming-Montreal-Abkommen sagt, dass wir das Artensterben global bis 2030 aufhalten, dass 30 Prozent der Ökosysteme wiederherzustellen sind. Wir haben im IPCC-Weltklimarat die Festlegung, dass 30 bis 50 Prozent der kohlenstoffreichen Ökosysteme, das sind Moore und Wälder, renaturiert werden sollen. Warum ist das so wichtig? Das bindet auch CO2. Sie sehen wieder, auch die Renaturierung und der Klimaschutz hängen zusammen. Die CO2-Speicherung, die davon ausgeht, ist auch fest in den Klimazielen der EU verankert, und zwar im Ausmaß von rund 10 Prozent der notwendigen Emissionsminderungen. Das alles sind die Gründe, warum sich auch 170 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem Appell an die Politik, an uns alle, gewandt haben. Sehr geehrte Damen und Herren, diesem Appell sollten wir folgen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Warum aber besprechen wir dies alles eigentlich heute im Wiener Landtag? Das ist ja schon eine Frage, die man, glaube ich, stellen muss. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Ja, wir sind dagegen!) Das EU-Renaturierungsgesetz - das haben Sie, glaube ich, die letzten Tage auch mitbekommen - hat ja aktuell unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union keine Mehrheit. Vielleicht werfen wir auch jetzt einmal kurz einen Blick aus der Kategorie "Was bisher geschah." auf eine kleine "timeline", wie es zum EU-Renaturierungsgesetz kam und wo es derzeit steht. Im Juni 2022 hat die Kommission die Verordnung über die Wiederherstellung der Natur das erste Mal veröffentlicht. Es gab dann im November 2022 die einheitliche Stellungnahme durch die Landeshauptleutekonferenz, die sich gegen den Entwurf ausgesprochen hat. Sie alle haben davon dann wahrscheinlich das erste Mal am 1. Februar 2023 erfahren, als diese Stellungnahme dem Europa-Ausschuss auch zur Kenntnis gebracht wurde. Damals, am 1. Februar 2023, haben die GRÜNEN als Einzige gegen diese negative Stellungnahme gestimmt. Alle Parteien haben für die negative Haltung gestimmt. Die Konsequenz ist eindeutig, ich werde das heute noch ein paar Mal betonen: Eine einheitliche, einstimmige, negative Stellungnahme unter den neun Landeshauptleuten bedeutet, dass sich die Ministerin auf europäischer Ebene enthalten muss oder gegen das Vorhaben stimmen muss. Sie ist in ihrem Abstimmungsverhalten dann gebunden. Am 12. Juli kommt das Ganze ins Europäische Parlament. Eine sehr knappe Mehrheit spricht sich für das Gesetz aus: 336 zu 300 - SPÖ, GRÜNE, NEOS und Othmar Karas dafür, ÖVP, außer Karas, und FPÖ dagegen. In weiterer Folge - Sie kennen das - gibt es dann die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene, wo man versucht, auf die Bedenken einzugehen. Auch diese sind am 29. November 2023 dann abgeschlossen. Auf sehr, sehr viele Punkte, die wahrscheinlich auch heute wieder in der Debatte fallen werden, wurde eingegangen, es wurde nachgebessert. Am 29. November billigt dann der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments den Kompromiss, die Abänderung. Im Februar 2024 kommt die abgeschwächte oder die Kompromissversion des Renaturierungsgesetzes ins Europäische Parlament. Es gibt eine bisschen deutlichere Mehrheit: 329 dafür 275 dagegen. Bei den österreichischen Abgeordneten wieder SPÖ dafür, GRÜNE dafür, NEOS dafür, Karas dafür, ÖVP ohne Karas dagegen, FPÖ auch dagegen. Jetzt könnte man eigentlich glauben, gut, an dieser Stelle ist es klar, auf die Bedenken wurde gehört, es wurde inhaltlich etwas substanziell verändert. Das ist seit Februar 2024 klar. Am 3. April treten die Landeshauptleute wieder zusammen und beschließen dort die gleichlautende negative Stellungnahme vom letzten Jahr und bleiben bei ihrem Nein, und damit ist das Renaturierungsgesetz weiterhin blockiert, sehr geehrte Damen und Herren. Ich möchte jetzt aber ein bisschen genauer hinschauen, denn es gibt neun Landeshauptleute von zwei Parteien. Ich möchte eigentlich mit der ÖVP beginnen, weil mir in den letzten Wochen und Monaten wirklich aufgefallen ist, dass die ÖVP permanent Informationen rund um das Renaturierungsgesetz verbreitet, die einfach nicht stimmen, die falsch sind. Ich gebe Ihnen drei konkrete Beispiele. Erstens die Außernutzungsstellungen: Johanna Mikl-Leitner hat es im Juli 2023, glaube ich, das letzte Mal gesagt. Ich werde jetzt Johanna Mikl-Leitner immer ein bisschen als Zeugin aufrufen, sie ist halt unsere Landesnachbarin. Nirgendwo in diesem Gesetz steht irgendetwas über Außernutzungsstellungen. Es ist sogar so, dass die Mitgliedstaaten, in Österreich in weiterer Folge die Länder, weil sie dafür zuständig sind, selbst planen sollen, wo sie denn überhaupt renaturieren wollen und wo nicht. Dass die EU jetzt Außernutzungsstellungen vorschreibt, ist also einfach inhaltlich falsch, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Der zweite Punkt, auch mehrfach von der ÖVP gekommen: Enteignungen, es würde um Enteignungen gehen. Auch Enteignungen stehen nicht in diesem Gesetz (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Na geh! Man weiß, wie es gemeint ist!), das ist nicht im EU-Gesetz drinnen. (Zwischenruf von Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc und Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Da fühlen sich jetzt gleich mehrere angesprochen. Man weiß, wie es gemeint ist. Es ist nichts von Enteignungen drinnen. Es wundert mich schon immer, dass die Leute, die bei Autobahnen und bei Straßenbau überhaupt kein Problem mit Enteignungen haben, wenn es um die Natur geht, auf einmal ein Problem mit Enteignungen haben. (Abg. Mag. Heidemarie Sequenz: Wiener Neustadt! - Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Wie schaut es mit ... aus?) Eines sage ich Ihnen schon: Wenn Sie enteignen und betonieren wollen, kann man das nicht essen, aber Enteignung, landwirtschaftliche Flächen und Renaturierung, das ist das, was wir in Zukunft brauchen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ende April hat die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner dann, glaube ich, in der "ZIB", wenn ich mich richtig erinnere, auch noch etwas vollkommen Absurdes gesagt. Sie hat nämlich gesagt, das Renaturierungsgesetz schade der Landwirtschaft, und man müsse dann den Regenwald abholzen, wenn man dann dort mehr produzieren muss, weil man dann irgendwie Lebensmittel importieren muss. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist aus zwei Gründen vollkommen falsch. Erstens, die Bedenken hinsichtlich der Landwirtschaft. Auf die ist in diesem Gesetzentwurf mehr als nur eingegangen wurden. (Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Das ist nicht richtig!) Es ist richtig! Der umstrittene Indikator für vielfältige Landschaftselemente - ich nehme einmal an, das ist das, was Sie meinen. Oder meinen Sie etwas anderes? (Zwischenruf von Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc.) Okay. Also dieser umstrittene Indikator ist nicht mehr verpflichtend. Das ist einmal das Erste. Zweitens, es wurde sogar eine Notbremse für den Fall, dass es Probleme mit der Lebensmittelsicherheit gäbe, eingebaut, dass die Kommission dieses EU-Renaturierungsgesetz aussetzen muss. Es ist also sogar extra eine Notbremse eingebaut. Als zweiten Grund möchte ich schon noch betonen: Wenn wir bei immer mehr Tieren, auch Bestäubern - und Sie wissen, dass die Landwirtschaft von dieser Biodiversität extrem abhängig ist -, diese Biodiversitätskrise haben, dann ist nicht die Rettung der Natur, sondern die Zerstörung der Natur das Problem für die Landwirtschaft, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Einen Punkt muss ich der ÖVP schon lassen: Sie waren mit der Ausnahme von Othmar Karas - das haben wir zuvor gehört - wenigstens konsequent dagegen. Egal, ob es Abänderungen gab, egal, ob es 170 WissenschaftlerInnen gab, egal, ob es Stellungnahmen von Umwelt-NGOs gab, egal, ob auf Bedenken eingegangen wurde: Die ÖVP war und ist dagegen. Ich will Ihnen das auch hier ganz klar und wirklich sehr deutlich sagen: Ich finde das auch für unsere Landwirtschaft, ich finde das für unsere Lebensqualität, ich finde das absolut falsch. (Beifall bei den GRÜNEN.) Darum auch noch einmal an die ÖVP insgesamt adressiert, vielleicht in einer ein bisschen anderen Sprache: Es ist nie zu spät zur Umkehr, und wenn man den Geist der Bewahrung der Schöpfung wirklich ernst nimmt, dann ist man auch für ein EU-Renaturierungsgesetz, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN. - Heiterkeit bei Abg. Stefan Berger und Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Bei der SPÖ sieht das ein bisschen komplexer aus. Wir haben zum einen - ich habe es vorhin schon angesprochen - im Europaparlament seitens der SPÖ-Abgeordneten, auch Andreas Schieder, eine eindeutige Zustimmung bei beiden Abstimmungen zum Renaturierungsgesetz. Wir haben dann aber gleichzeitig auf der Ebene der Landeshauptleute, Landeshauptmann und Bürgermeister Ludwig gemeinsam mit den anderen Landeshauptleuten von SPÖ und ÖVP, zwei Mal die Zustimmung zur ablehnenden Länderstellungnahme, die letzte jetzt im April, die nach wie vor die aufrechte Länderstellungnahme ist. Wir haben das schon damals betont, als sie dann im Gemeinderatsausschuss und auch hier beschlossen wurde: Diese Länderstellungnahme hat es schon in sich. Ich möchte jetzt nur zwei Zitate daraus bringen, damit Sie auch wissen, was in dieser Länderstellungnahme, die noch immer aktuell gültig ist, steht. Das erste ist: "EU-gesetzliche quantitative Vorgaben für die Schaffung von bestimmten Anteilen von Grünflächen in städtischen Gebieten sind absolut überzogen und unverhältnismäßig." (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Genau!) Das ist einmal die erste Stellungnahme, deren zumindest Kenntnisnahme auch Sie alle zugestimmt haben. Die zweite: "Wie die Kommission eine derart massive Priorisierung der Klimaschutzinteressen vorsehen kann, ist unverständlich." Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns einig: Wenn wir hier heute sagen, wir sind für Renaturierung, dann kann das nicht die Stellungnahme sein, hinter die sich auch das Land Wien stellt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Alles, was ihr nicht wollt, darf nicht sein!) Im April dieses Jahres haben trotz vieler inhaltlicher Änderungen auch die Landeshauptleute noch einmal zugestimmt, und ich möchte auch noch einmal kurz aus dem Protokoll der Landeshauptleute zitieren, denn es steht ein wichtiger Punkt drinnen, der das jetzt auch alles so kompliziert macht. Im Protokoll steht: Die Ministerin wird an ihre verfassungsrechtliche Verpflichtung erinnert, bei der anstehenden Schlussbestimmung im Rat, also bei der Abstimmung auf europäischer Ebene, der EU, die Verordnung abzulehnen. Dort sind wir gerade, und, sehr geehrte Damen und Herren, es geht darum, dass wir diese Blockade jetzt endlich überwinden. (Beifall bei den GRÜNEN.) Das war im April. Ich möchte nochmal betonen, zu diesem Zeitpunkt waren alle Änderungen im EU- Renaturierungsgesetz bereits bekannt. Die SPÖ und die NEOS stellen heute einen Antrag, in dem sie das auch richtigerweise betonen. Sie sagen, nach den Trilogverhandlungen war klar, auf die Bedenken wurde eingegangen. Trotzdem hat man im April dieser Stellungnahme zugestimmt, und das ist die Schwierigkeit, die wir haben, denn Länderstellungnahmen sind eben, wenn sie einstimmig sind, für die Ministerin bindend. Eine einzige Stimme unter den Landeshauptleuten, ein Widerspruch dort hätte bedeutet, dass die Blockade im April bereits gelöst gewesen wäre, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Es ist mir aber schon wichtig, das auch zu sehen und zu betonen: Wir sehen schon, es beginnt sich etwas zu bewegen. Es beginnt sich etwas zu bewegen, weil 170 WissenschaftlerInnen einen offenen Brief geschrieben haben, weil Umweltschutz-NGOs aktiv geworden sind, weil wir einen Sonderlandtag hier in Wien beantragt haben, weil einfach auch eine breite Öffentlichkeit zu Recht sagt: Renaturierung ist etwas, das wir für unsere Lebensqualität brauchen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Sie verwechseln da etwas, Herr Kollege! Ihre Meinung ist nicht die der breiten Öffentlichkeit!) Sehr geehrter Herr Kollege, ich nehme den Zwischenruf gerne auf, aber wenn Sie die Medien die letzten Wochen und Monate gesehen haben und wie dort auch über das EU-Renaturierungsgesetz diskutiert wurde, dann ist das, glaube ich, eine breite Öffentlichkeit. Und es zeigt noch etwas: Es zeigt, wie relevant Europa ist und wie relevant auch Wien in Europa ist. Ich nehme das sehr ernst, aber ich weiß, dass das die FPÖ nicht so ernst nimmt. (Beifall bei den GRÜNEN.) Jetzt geht es also um die Klarheit hinsichtlich der Länderstellungnahme. Ich weiß, wir haben dazu die letzten Wochen unterschiedliche Dinge gelesen und gehört: Die negative Stellungnahme vom April, die noch immer aufrecht ist, wir haben einen Brief von Lhptm Ludwig und Kaiser, die sagen, sie sind bereit, diese Haltung auch noch einmal zu überdenken. Das finde ich richtig und gut. Wir haben mehrere Statements seitens der Stadt, vom Landesrat, vom Bürgermeister, die auch sagen, sie sprechen sich inhaltlich für diese Renaturierung aus. Das finde ich gut. Wir haben gestern einen Tweet von Bgm Ludwig, der auch eine neue Länderstellungnahme ankündigt. Ich kenne die Länderstellungnahme oder den Vorschlag für eine neue Länderstellungnahme jetzt noch nicht, daher kann ich dazu auch noch nicht mehr sagen. Sie sehen aber, es bewegt sich etwas. Mir ist jetzt wichtig, dass wir in dieser Bewegung aber zusätzliche Klarheit schaffen. Warum ist diese zusätzliche Klarheit so wichtig? Wir und ich ganz persönlich haben schon einmal erlebt, wie Andreas Schieder in der "Pressestunde" behauptet hat, Leonore Gewessler habe es sich ja einfach ausgesucht, in Brüssel gegen das Renaturierungsgesetz zu stimmen. Es gab daraufhin einen Fakten-Check des "profil" (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Na, Gott sei Dank! - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Wer checkt die Fakten?), der eindeutig belegt hat und mehrere Verfassungsjuristen zitiert hat, wie beispielsweise Kollegen Bußjäger, der Ihnen vielleicht mehr liegt als meine Rede. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Diese Rede ist schlecht, ehrlich!) Gut, Herr Bußjäger hat gesagt, eine einzige Stimme hätte diese Blockade lösen können, und die Aussage von Andreas Schieder damals, jetzt einfach Leonore Gewessler den Schwarzen Peter zuzuschieben, sie hätte sich einfach ausgesucht, sie enthält sich, ist falsch. (Beifall bei den GRÜNEN.) Der zweite Punkt ist der heute vorliegende Antrag von SPÖ und NEOS, dem wir natürlich zustimmen werden, weil jeder Schritt, der jetzt in die richtige Richtung geht, wichtig ist. Abschließende Klarheit darüber, ob und vor allem wie, über welchen Weg Wien seine Zustimmung zur negativen Länderstellungnahme zurückziehen wird, fehlt mir aber noch immer. Denn eines ist mir schon wichtig, noch einmal zu betonen: Wir sind in dieser Situation, die mehrere Juristen jetzt als juristisches Neuland beschreiben. Da wird es dann immer gefährlich, denn da gibt es dann ganz viele Gründe, wie Juristinnen und Juristen das unterschiedlich bewerten. Hätte Wien aber vor einem Monat im April beim Treffen der Landeshauptleute gesagt, wir sind hier anderer Meinung, wir haben gesehen, auf die Bedenken wurde eingegangen, wir widersprechen der einstimmigen Stellungnahme, dann wären wir heute gar nicht in dieser Situation, das Renaturierungsgesetz wäre jetzt schon durch und die Blockade der Landeshauptleute wäre jetzt schon durchbrochen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Weil es mir wirklich auch darum geht, dort Kritik zu üben, wo sie notwendig ist, aber auch zu sehen, was sich bewegt und was vielleicht gemeinsam gelingt: Die Bundes-SPÖ hat gestern ein Sujet mit dem Titel Klimablockierer gepostet, und darauf waren Mikl-Leitner und Leonore Gewessler, das in einer Situation, wo die aufrechte Blockade der Landeshauptleute eigentlich immer noch beschlossen ist, auch wenn ich anerkenne, dass es inhaltlich Bewegung gibt und dass es hier ganz klare Aussagen gibt. Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ - und das meine ich wirklich sehr ernst -, ich bin bereit, diesen positiven Meinungsschwung, diese positive Veränderung in der Position des Landesrats, des Landeshauptmanns, der SPÖ, der Koalition zu sehen, ich bin bereit, gemeinsam für die Sache zu kämpfen, aber dann nehmen Sie bitte auch ernst, wer die wahren Blockierer sind und wer in der Sache gemeinsam mit Ihnen kämpft. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich habe schon an mehreren Punkten gesagt, es geht heute um Klarheit. Meine Kolleginnen und Kollegen der Grünen Fraktion stellen heute auch einen Antrag, der dahin gehend formuliert ist, dass alle rechtlichen Möglichkeiten zu ergreifen sind, damit sich Wien eben für ein Renaturierungsgesetz ausspricht und dass die Zustimmung zur negativen Stellungnahme, die aktuell faktisch noch am Tisch liegt, so schnell wie möglich zurückgezogen werden kann. Es geht darum, den Fehler vom April, als alle neun Länder der negativen Stellungnahme zugestimmt haben, zu korrigieren. (Abg. Mag. Thomas Reindl: Ihr seid mit der ÖVP zusammen, und wir sind schuld!) Darum geht es. Wir müssen den Fehler vom April korrigieren, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich will mich nicht zu sehr zu lange juristisch ... (Abg. Mag. Thomas Reindl: Ihr bringt das in der Regierung nicht zusammen! Das ist der Punkt!) Sehr geehrter Herr Abgeordneter, es geht hier um die einheitliche Länderstellungnahme. Wir kommen gar nicht an die Frage, ob eine Ministerin zustimmen darf, solange sie von einer einheitlichen Länderstellungnahme gebunden ist. Meine rechtliche Auffassung und die rechtliche Auffassung, die ich auch teile und die viele teilen, ist, dass MinisterInnen im Rat unabhängig sind, außer sie sind von einer Landesstellungnahme gebunden. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Thomas Reindl: Die ÖVP stimmt nicht zu in der Regierung!) Ich möchte jetzt eigentlich noch etwas zur Lösung beitragen. Herr Reindl, sind Sie bereit dafür? (Abg. Mag. Thomas Reindl: Beim Lobau-Tunnel war es ja egal!) Ah, Sie wollen jetzt über den Lobau-Tunnel reden, das ist nicht unbedingt Renaturierung, Herr Reindl, aber gut. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Es gibt - und darauf will ich hinaus - mehrere Ableitungen, die man vielleicht für die Landeshauptleutekonferenz treffen kann, wenn wir schon sagen, es ist juristisches Neuland. Eine, die immer wieder getroffen wird, ist beispielsweise die Herleitung, ab wann etwas einstimmig ist und wann nicht. Da gibt es Regeln, die aus der Art. 15a- Vereinbarung zwischen Bund und Ländern in EU-Angelegenheiten übernommen werden. Man könnte auch ableiten, dass ein Land eine Sitzungseinberufung vom Vorsitz verlangen kann. Jetzt lese ich in den Medien, Johanna Mikl- Leitner will eine Sitzung einberufen. Wann die stattfindet, weiß ich noch nicht. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Das kann man hier auch nicht lösen!) Ich hoffe allerdings, dass sie rasch stattfindet. Es sind auch Umlaufbeschlüsse möglich. Ich möchte das auch nur zur Diskussion stellen, ob das eine Möglichkeit ist oder nicht. Ich weiß, mehrere JuristInnen haben in den letzten Tagen gesagt, dass vielleicht sogar ein einfaches E- Mail oder eine Willensbekundung, die dem Bund gegenüber sozusagen sichtbar ist, bedeuten würde, die Einstimmigkeit ist nicht mehr zu erkennen. Sie sehen, es gibt hier also sehr, sehr viele juristische Interpretationen. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Sind das die Vorarlberger?) Mir geht es darum, dass Wien wirklich alle Möglichkeiten nutzt, alle juristischen Möglichkeiten nutzt, um den Weg für das Renaturierungsgesetz frei zu machen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Unterm Strich geht es doch darum, dass wir der Natur nach vielen, vielen Jahren und Jahrzehnten von Naturzerstörung wieder den Platz zurückgeben, damit wir in einem gesunden Einklang mit unserer Umwelt ... (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Wie wollen Sie das in der Realität umsetzen?) Wie wollen Sie das in Realität umsetzen? Auch darauf komme ich und kommen meine RednerInnen dann noch. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Redet nicht mit euren Kollegen, redet mit den Genossen!) Es geht darum, dass wir der Natur, der Biodiversität den Platz wieder zurückgeben. Es gibt viele gute Beispiele in Wien, wo das bereits passiert. Denken Sie an die Renaturierung des Liesingbachs, denken Sie an die Renaturierung des Wientals, die wir aus unserer Sicht auch weiterziehen können. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Das haben wir ohne Verordnung geschafft!) Denken Sie an die Lancet-Studie, die gesagt hat, Wien hat schon überschattete Bereiche, aber wir brauchen doppelt so viele Straßenbäume. Auch das wäre in der EU- Renaturierungsverordnung vorgesehen, Baumkronen zur Beschattung von Städten, und so weiter, und so fort. Hören wir auf 170 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, hören wir auf die neun Umweltanwaltschaften der neun Bundesländer, die sich einstimmig für das Renaturierungsgesetz ausgesprochen haben, hören wir auf die Appelle aus den NGOs. Sehr geehrte Damen und Herren, heute geht es um Klarheit. Schaffen wir Klarheit für die Renaturierung in Europa, in Österreich und in Wien. Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Sie sind uns aber noch schuldig, zu sagen, wie sich das in Wien ausgehen soll!) Präsident Ernst Woller: Zu den folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für den Erstredner jeder Fraktion 20 Minuten beträgt. Die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Guggenbichler. Ich erteile es ihm. Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Mein Vorredner hat gesagt, es geht um Klarheit. Ich werde Klarheit schaffen, das ist überhaupt kein Problem. Klar ist, dass in Vorarlberg die GRÜNEN in der Landesregierung sitzen und eine Sondersitzung besser in Bregenz stattfinden sollte, weil sich dort der Landeshauptmann ganz deutlich gegen die Einführung des Renaturierungsgesetzes ausspricht. (Abg. Wolfgang Irschik: Na schau!) Sie wissen das auch ganz genau, auch in Vorarlberg haben die GRÜNEN jetzt einen Wahlkampf. Klar ist auch, dass es eine Kompetenz ist, die die Ministerin zu machen hat, und Sie versuchen hier, keine Ahnung, ein Stück schwarz-grüne Regierungsmediation auf den Wiener Landtag auszubreiten. Klar ist auch, dass das die schlechteste Rede war, die Sie jemals gehalten haben, weil der Bürgermeister eh vor zwei Tagen gesagt hat, er wird zustimmen. Deswegen war Ihre Rede auch so schlecht, weil Ihnen die ganze inhaltliche Grundlage gefehlt hat. Klar ist auch, dass ihre Wahlkampfmanagerin Olga Voglauer, die in Kärnten ja schon sehr erfolgreich die GRÜNEN aus dem Landtag hinausgeführt hat, wahrscheinlich im Jänner ... (Heiterkeit bei den GRÜNEN. - Abg. Dipl.- Ing. Martin Margulies: Jetzt redest du irgendwas!) Die hat wahrscheinlich gesagt: Ja, jetzt machen wir eine lustige, junge, fesche Spitzenkandidatin, die setzen wir ein, die wird eine Klimakampagne machen, und 14 Tage vor der Wahl machen wir halt in Wien einen Sonderlandtag zum Thema Renaturierung, weil das wichtig ist. Jetzt hat der Bürgermeister gesagt, er spricht sich anders aus. Die gesamte Grundlage, die Sie heute ansprechen wollten, ist nicht mehr da. Sie wollen Klarheit, ich sage Ihnen auch, klar ist, wir haben die Wienzeile teilweise renaturiert, wir haben den Liesingbach teilweise renaturiert, wir haben dafür keine Verordnung gebraucht. Weil Sie auch angesprochen haben, es geht nicht um Enteignung: Klar ist auch, die GRÜNEN haben eine große Freude mit der Enteignung, wir wissen es auch, was den Wohnungsbau betrifft. Es muss also nicht direkt im Gesetz stehen, dass es am Ende des Tages rauskommen kann. (Beifall bei der FPÖ.) Wir haben auch über Biodiversität geredet. Klar ist auch, wenn die Frau Kollegin Otero Garcia es vor einigen Jahren vorgezogen hätte, im Naturschutzbeirat über Biodiversität zu reden, wo wir das nämlich stundenlang auch immer ansprechen, statt auf ein Europameisterschaftsfußballspiel zu gehen, dann hätten wir wahrscheinlich auch mehr Know-how in dem Grünen Klub, was das betrifft. Das ist auch klar. Gut, was ist noch? Na ja, das ist eigentlich eh alles, was ich euch zu dem Thema sagen wollte. (Heiterkeit bei der FPÖ und Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM.) Das ist die Klarheit, die ich hier schaffen wollte, und es gibt auch eine Klarheit, weil Sie gesagt haben, Sie wollen genau wissen, wie wir dazu stehen: Klar ist, dass die Freiheitlichen gegen diese Verordnung sind. Deswegen darf ich diesen Antrag einbringen: Der Wiener Landtag spricht sich gegen das vorgelegte Renaturierungsgesetz aus. Klar ist auch, dass es schade ist, dass die GRÜNEN keine gute Kampagne machen, aber da kann ich euch nicht helfen. Das tut mir leid. (Beifall bei der FPÖ. - Abg. Anton Mahdalik: Super! - Abg. Wolfgang Seidl: Perfekt!) Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Pipal-Leixner. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Angelika Pipal-Leixner, MBA (NEOS): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer im Saal und via Livestream! Ich bin ja ein großer Fan der EU, vor allem einer EU, die große Themen angeht, die Probleme anpackt, die für ganz Europa gelöst werden müssen und nicht nur in Österreich oder in Wien allein. Dazu gehören vor allem Themenfelder, die UnionsbürgerInnen aus allen Mitgliedstaaten gemeinsam in einem breiten Partizipationsprozess der Konferenz zur Zukunft Europas 2021 erarbeitet haben. Darin sind Themenfelder wie Grundrecht im digitalen Raum und Bekämpfung von Desinformation, Verringerung der Treibhausgasemissionen und Ausbau der erneuerbaren Energie und eben auch Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt der Landschaft, Gewässer und Moore enthalten. Die Kommission hat zur Umsetzung dann das Renaturierungsgesetz, um das es heute geht, vorgeschlagen, ein ganz wichtiger Teil des European Green Deal. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission wurde dann bereits abgeändert, sodass die neue Fassung von einer Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments angenommen werden konnte. Dieses Renaturierungsgesetz ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wie die Europäische Kommission und wie die progressiven Abgeordneten im Europäischen Parlament Verantwortung übernehmen und ein Gesetz auf den Weg bringen, das die Mitgliedstaaten verstärkt dazu bringen soll, Natur für künftige Generationen zu reparieren. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.) Denn derzeit sieht es nicht gut aus. 80 Prozent der Lebensräume sind in keinem guten Zustand. Wir müssen aktiv renaturieren, damit diese Naturräume und die Tiere und Pflanzen, die sie ja zu dem machen, was sie sind, nicht unwiederbringlich verloren gehen. Leider wartet das Gesetz noch immer - es wurde schon von dem Vorredner gesagt - auf einen Beschluss im Rat der EU-UmweltministerInnen. Es gibt vereinzelt Mitgliedstaaten, darunter leider auch Österreich, die sich noch nicht zu einer Zustimmung durchringen konnten. Was Österreich betrifft, lag das eben an dieser gemeinsamen ablehnenden Stellungnahme der Landeshauptleute. (Beifall bei den GRÜNEN. - Heiterkeit bei den NEOS.) Die bezog sich allerdings auf eine ältere Textfassung, wie wir wissen. Viele Einwände der nun veralteten Stellungnahme zu dieser früheren Fassung gehen mittlerweile ohnehin ins Leere. Meines Erachtens sollte die Stellungnahme die Ministerin also jetzt gar nicht mehr binden können. Ich begrüße daher den Vorstoß der Landeshauptleute von Wien und Kärnten, wieder Bewegung in die Sache zu bringen, und ersuche eindringlich alle Beteiligten, der Ministerin zu ermöglichen, im Rat nun tatsächlich für das Renaturierungsgesetz zu stimmen. (Beifall bei NEOS und GRÜNEN.) Die Bedenken oder Ängste der Stakeholder muss man natürlich ernst nehmen, aber statt sie zu befeuern, wie das ÖVP und FPÖ gerne tun, muss man sie ausräumen, denn nach einem Beschluss im Rat der EU-UmweltministerInnen liegt es an den nationalen Regierungen, also auch der Österreichischen Bundesregierung, die Details zur Umsetzung auszuarbeiten. Das EU-Gesetz gibt nur die Ziele vor, ob jetzt damit Wälder aufgeforstet, Flüsse renaturiert oder Moore wieder vernässt werden und welche Flächen, welche Lebensräume wo dafür ausgewählt werden, ist in Österreich zu entscheiden, und das muss auch nicht zwangsläufig das Auflassen von landwirtschaftlichen Flächen bedeuten. Dafür wird ein Dialog zwischen Bund und Ländern, zwischen Stakeholdern aus Land- und Forstwirtschaft, mit ExpertInnen aus der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft notwendig sein, um Zielkonflikte auszuräumen, die es natürlich gibt, zum Beispiel zwischen der Renaturierung, der Ernährungssicherheit oder der Herstellung von erneuerbarer Energie. (Beifall bei den NEOS und von Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky.) Diese Zielkonflikte müssen wir auflösen, werden wir auflösen können. Was auch ganz klar ist: Die Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen muss natürlich mit der Freiwilligkeit der jeweiligen Grundstückseigentümerinnen und - eigentümer ohne Enteignung und mit positiven Anreizen funktionieren. Wir sehen ja jetzt auch schon tagtäglich, dass es funktioniert. Wenn in Österreich renaturiert wird, passiert das immer mit Freiwilligkeit, und das wird auch in Zukunft so sein können. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Dann brauchen wir das Gesetz nicht, oder?) Die Finanzierung ist dann über den EU-Budgetrahmen und auch über den österreichischen Finanzausgleich zu verhandeln, denn es ist klar, das wird etwas kosten. Das sind aber sehr gut eingesetzte Kosten. Ich möchte Sie alle einladen, sich ein Bild von Europa vor Augen zu führen, in dem die Natur wieder mehr Platz hat. Gerade wir als gelernte Österreicherin und Österreicher, die wir so stolz sind auf unsere schönen Berge, unsere ursprünglichen Wälder und Wiesen, unsere klaren Seen, was ja letztlich auch ein Wirtschaftsfaktor ist und auch Garant für Wohlbefinden und Gesundheit und Wohlstand, sollten da einen ganz besonders hohen Standard einfordern, damit es nicht so bleibt, sondern wieder besser wird. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Die österreichische Natur ist abseits der Tourismusprospekte leider nicht mehr so ursprünglich, wie wir uns das gerne glauben machen. Auch in Österreich sind die meisten Flächen in keinem guten Zustand, und die Biodiversität nimmt stark ab. Laut Daten des Umweltbundesamtes sind in Österreich mehr als die Hälfte aller Amphibien und Reptilienarten stark gefährdet, knapp die Hälfte aller Fische und ein Drittel aller Vögel und Säugetiere. 1.274 Farn- und Blütenpflanzen stehen auf der neuen Rote Liste Österreichs, davon wurden 66 Arten schon vergeblich gesucht. Etwa 75 Prozent der beurteilten 383 Biotoptypen, also Lebensraumtypen, in Österreich sind in eine Gefährdungskategorie eingereiht. 5 Biotoptypen sind völlig vernichtet, 33 sind von völliger Vernichtung bedroht und je 123 sind stark gefährdet oder gefährdet. Darunter sind viele Typen von Gebirgsbächen, Teichen, Wiesen, Haiden, Wäldern und Mooren, die in unseren Tourismusprospekten besonders gerne abgebildet werden. Bei den Tieren sind auch besonders putzige beliebte Arten wie Steinbock, Fischotter oder Sumpfschildkröte dabei, was jetzt aber nicht von den hunderten gefährdeten Insektenarten ablenken soll, die im Sinne der Biodiversität für ihre Biotope so wichtig sind, vom wunderschönen Schmetterling bis zu unauffälligen Käfern und Schnecken. Damit steht Österreich nicht besser da als andere Staaten. 80 Prozent der natürlichen Lebensräume in Europa sind in einem schlechten Zustand oder schon zerstört, aber wir alle brauchen intakte Lebensräume, um das Artensterben aufzuhalten und um die negativen Auswirkungen der Klimakatastrophe wie Extremwetterereignisse, Überschwemmung, et cetera zu reduzieren. Wenn man sich das bewusst macht, wird auch verständlich, dass die Wiederherstellung der Natur auch in Geld gemessen werden kann. Renaturierung bedeutet auch, dass Naturkatastrophen mildere Auswirkungen haben oder erst gar nicht eintreten - Stichwort: Hochwasserschutz. Biodiversität wird zum Beispiel auch von der Landwirtschaft mit den so wichtigen Bestäubern und Nützlingen hoch geschätzt. Allein der Nutzen der Bestäubung von Kulturpflanzen durch Bienen und andere Insekten wird auf etwa 5 Milliarden EUR geschätzt. Man muss sich jetzt vorstellen, was es kosten würde, das alles künstlich herzustellen. Wie kann man die Bienen und Bestäuber ersetzen? (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Geht nicht!) Renaturierte Feuchtgebiete speichern CO2, statt es abzugeben - da geht es um die Wiedervernässung der Moore -, und Renaturierung wirkt sich natürlich positiv auf das Mikroklima und das Makroklima und auf die Gesundheit der Menschen aus. Daraus folgen wiederum Ersparnisse im Klimabereich - Stichwort: CO2-Zertifikate - und im Gesundheitswesen. Wenn wir das Renaturierungsgesetz beschließen und umsetzen, werden sich die europäischen Volkswirtschaften in den nächsten Jahrzehnten sehr, sehr viel Geld sparen. Der Nutzen der Renaturierung ist um ein Vielfaches höher als die Kosten, und die Europäische Kommission schätzt den Nutzen in der Höhe von 1.860 Milliarden EUR gegenüber Kosten in der Höhe von 154 Milliarden EUR ein - als mehr als das 10- Fache. Was noch viel wichtiger als alles Geld ist, ist, den jungen und künftigen Generationen eine intakte Natur und einen lebenswerten Kontinent zu hinterlassen. Danke schön. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Olischar. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja wirklich großartig, wie sich die GRÜNEN hier durch diese Sondersitzung turnen, ursprünglich an den Wiener Landeshauptmann gerichtet. No na, wir sind im Wiener Landtag, das heißt, wir sind angehalten, Themen zu diskutieren, die mit Wien zu tun haben. Jetzt diskutieren wir über das EU-Renaturierungsgesetz, ein Schelm, wer vermutet, den EU-Wahlkampf in den Wiener Landtag zu tragen. Am Freitag hat der Herr Landeshauptmann bekannt gegeben, dass er seine Meinung (StR Peter Kraus, BSc: Es ist, weil wir am 17. Juni eine Abstimmung haben. Da können wir es nicht erst im September machen! Also das ist ja eine Verschwörung! Entschuldige! Am 17. Juni ist die Abstimmung über das Gesetz!) - Peter Kraus, du hast jetzt, ich weiß nicht, wie viele Minuten darüber verwendet ... (StR Peter Kraus, BSc: 24!) 24, schau, du hast genug Zeit gehabt, deine Position entsprechend klar zu machen. Ich repliziere sehr gerne auf eure Initiative, denn was sich hier jetzt abspielt, ist ja wirklich spannend. Du hast mich unterbrochen. - Am Freitag hat der Landeshauptmann seine Meinung zum Renaturierungsgesetz geändert, und jetzt tut man sich als GRÜNE ein bisschen schwer, warum man jetzt dieses Thema eigentlich hier im Wiener Landtag diskutiert, weil der Adressat weggefallen ist. Was sie jetzt machen? Hm, jetzt hauen wir halt einfach auf Niederösterreich hin. Das ist natürlich als Wiener Abgeordnete extrem wirksam. Herzliche Gratulation zu diesem Schwenk und dass wir hier im Wiener Landtag dieses Thema diskutieren. (Beifall bei der ÖVP.) Inhalt und Genese des Gesetzes haben wir jetzt schon eingehend beleuchtet beziehungsweise gehört, und auch für uns steht natürlich außer Streit: Natürlich braucht es Maßnahmen, um den Klimaschutz voranzutreiben, natürlich müssen wir uns um die Themen Biodiversität und Artenschutz kümmern, natürlich braucht es ein Zusammenwirken mehrerer Ebenen, um diese Aufgaben zu lösen (Abg. Felix Stadler, BSc, MA: Aber?), aber der Hund liegt wie so oft im Detail, und die GRÜNEN, sehr geehrte Damen und Herren, machen es sich in diesen Fragen immer sehr, sehr leicht. (Abg. Kilian Stark: Othmar Karas macht es sich zu leicht?) - Wow, wow! Die GRÜNEN behandeln diese komplexen Fragestellungen sehr eindimensional, sehr geehrte Damen und Herren. Egal, was kommt, egal, welche Konsequenzen es hat, Ihre Vorschläge sind vielleicht auf den ersten Blick grün, aber beim zweiten Mal Hinschauen eigentlich nur populistisch, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. - StR Peter Kraus, BSc: Was ist da los, bitte?) Politik à la FPÖ, sehr geehrte Damen und Herren: Komplexe Fragestellungen, einfache Antwort - das ist Populismus. (StR Peter Kraus, BSc: Geh, bitte!) Wir haben gestern schon im Gemeinderat das ganze Thema Mobilität auch in Richtung Klimaschutz diskutiert, und im Gegensatz zur FPÖ, die ein anderes Wort verwendet, heißt es halt bei Ihnen: Autos raus! In Wahrheit sind aber in der Argumentation, in der Art und Weise, Politik zu machen, sehr viele Parallelen zwischen Ihnen und der FPÖ bemerkbar. Für uns - dafür steht die ÖVP - ist es aber wichtig, Politik zu machen, die auch hinter die Fassade schaut, die hinterfragt: Was haben denn die vorgebrachten Ideen für Auswirkungen? Welche Gruppen sind davon betroffen, und was bedeutet das für das Land und für die Bevölkerung? Auf diese Fragen - das ist mein größter Kritikpunkt, sehr geehrter Herr Gemeinderat - wurde bei der Erstellung dieses Gesetzes keine Rücksicht genommen. Es ist ein Gesetz, das gießkannenmäßig die Länder der EU gleich behandelt, auf Unterschiede und auf individuelle Herausforderungen wenig bis keine Rücksicht genommen wird. Das ist nicht unser Zugang. (Beifall bei der ÖVP.) Vor allem in den Bundesländern ist die Sorge, was dieser Gesetzesvorschlag, dieses Gesetz für die Landwirtschaft bedeutet, ernst zu nehmen. Die Landwirtschaft ist so eine wesentliche Säule in Österreich - auch in Wien! Dass Landwirten möglicherweise die Existenzgrundlage genommen werden kann, indem man agrarische Flächen reduziert, kann keine Lösung sein und kommt für uns auch nicht in Frage, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben das Glück, eine lebendige und vielfältige Landwirtschaft in Österreich zu haben. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist aber unsere Landwirtschaft sehr klein strukturiert, getragen von unzähligen Familienbetrieben, die die Lebensmittel- und Versorgungssicherheit in Österreich und auch in Wien sicherstellen. Unsere Landwirtinnen und Landwirte sind jetzt schon unter enormem Druck, und dieser wird auch weiter steigen, wenn stur Gesetze umgesetzt werden, die ohne Rücksicht auf Verluste eindimensional gestaltet sind. (StR Peter Kraus, BSc: Wenn die Biodiversitätskrise weiter voranschreitet, dann gibt es gar keine Landwirtschaft mehr!) Das ist nämlich eine dieser Fragestellungen, die ich vorhin angesprochen habe: Was passiert denn, wenn agrarische Flächen weniger werden, wenn sie weniger bewirtschaftet werden, wenn landwirtschaftliche Betriebe wegfallen? Es wird weniger vor Ort und auch in Österreich produziert. Das ist die eigentlich CO2-sparendste Variante, aber dafür können wir ja mehr Produkte aus dem EU-Ausland importieren. Eine hervorragende Idee, eine gute Sache für den Klimaschutz, sehr geehrte Damen und Herren! (Zwischenruf von StR Peter Kraus, BSc.) - Ja, ich gehe auf Ihre populistischen Ideen ein und skizziere, was es für mögliche Auswirkungen gäbe, weil Sie nicht in der Lage sind, diese Fragen zu beantworten, sehr geehrte Damen und Herren. (StR Peter Kraus, BSc: Aber nichts davon steht in diesem Gesetz drinnen!) Ich sage Ihnen etwas: Diese Fragen wurden nicht diskutiert und ernst genommen. Das ist der größte Kritikpunkt, nämlich auch, wie dieses Gesetz zustande gekommen ist. Es kann nicht sein, dass diese berechtigten Fragen und Sorgen ignoriert und vom Tisch gewischt werden. Das ist kein Verhandeln auf Augenhöhe, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.) Aber zurück nach Wien, weil ich ja das durchaus als Wiener Abgeordnete sehr ernst nehme, auch tatsächlich den Wien-Bezug herzustellen: Die Rolle Wiens ist verglichen mit anderen Bundesländern natürlich eine nur bedingt vergleichbare, aber natürlich haben wir auch in der Stadt Herausforderungen, wenn es um Biodiversität, wenn es um Begrünung geht. Da finde ich es schon spannend, dass wir immer wieder über die Entsiegelung der Stadt und in der Stadt reden und gleichzeitig in den Außenbezirken fleißig die grüne Wiese weiter verbaut wird. Gerade die GRÜNEN haben in der Vergangenheit durch ihre Flächenwidmungs- und Planungspolitik einen enormen Beitrag dazu geleistet, dass jetzt die Außenbezirke unter großen Herausforderungen stehen (Abg. Anton Mahdalik: Alles zubetonieren!) und wir de facto innerhalb der Stadt versuchen, mit größten Kosten und auch größten Anstrengungen jeden Zentimeter zu entsiegeln, währenddessen es überhaupt kein Problem für die GRÜNEN ist, dass in den Außenbezirken ein Stadtentwicklungsgebiet nach dem anderen umgewidmet wurde, sehr geehrte Damen und Herren. Das kann nicht der Zugang sein, wie man auf der einen Seite die Renaturierung fordert und auch einfordern möchte, aber gleichzeitig in der Vergangenheit nicht seine Hausaufgaben gemacht hat und hier versucht, den Bogen irgendwie zu spannen und sich aus dieser Thematik herauszuwinden. Das ist nicht unser Zugang, sehr geehrte Damen und Herren, und deswegen ist für uns das Renaturierungsgesetz, wie es jetzt in der Form ist, jedenfalls noch weiter zu verhandeln und die Landwirtschaft entsprechend zu berücksichtigen. Danke. (Beifall bei der ÖVP. - StR Peter Kraus, BSc: Vorgelegt hat es die Frau von der Leyen!) Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Abrahamczik. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Mag. Nina Abrahamczik (SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es haben jetzt schon RednerInnen vor mir erwähnt, dass sich der Grund, warum der heutige Landtag einberufen wurde, ja eigentlich schon erledigt hat. (StR Peter Kraus, BSc: Nein!) Doch. Wenn man sich den Text anschaut, geht es darum, dass das Land Wien sich für die Renaturierungsverordnung entscheiden soll. (StR Peter Kraus, BSc: Es geht um die Länderstellungnahme!) Das hat Wien getan. Wir brauchen jetzt ein starkes EU- Renaturierungsgesetz, da sind wir uns auch einig, genau, gut. Ich möchte mich wirklich bei unserem Landeshauptmann Ludwig bedanken, der letzte Woche gemeinsam mit Landeshauptmann Kaiser einen wichtigen Schritt gemacht hat und auch auf die anderen Bundesländer zugegangen ist. Ich glaube, es ist nicht selbstverständlich, denn wir wissen, es gab sehr lange sehr viele Bedenken, was den ursprünglich vorliegenden Entwurf betroffen hat. Es gab sehr viele Gespräche auf EU-Ebene im Trilog, in die sich Wien auch intensiv eingebracht hat. Viele Bedenken konnten ausgeräumt werden, und deswegen ist es jetzt auch möglich, für Wien zu sagen: Ja, wir möchten dem zustimmen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Was hat sich denn geändert? Das interessiert mich wirklich! - StR Peter Kraus, BSc: Sehr viel!) Es haben sich einige Bereiche geändert, einiges ist heute auch schon erwähnt worden. Ich würde nur gerne, weil die anderen Rednerinnen und Redner auch sozusagen hier ihre Ausführungen machen durften, während da jetzt von allen Seiten die Zwischenrufe kommen ... (Zwischenruf von Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM.) Eigentlich versuche ich, relativ ruhig zu reden und zu bleiben und auch ein bisschen die Sachlage und unsere Position darzustellen, Herr Kollege. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Ich darf vielleicht jetzt einmal weitersprechen, denn ich bin am Wort, aber Sie können sich sonst gerne dazu melden. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das ist eh okay! Ich möchte es nur verstehen!) Ich versuche es jetzt noch einmal neu: Kollege Kraus hat am Anfang auch erwähnt, das ist heute vor allem die Chance für alle Parteien, Farbe zu bekennen, deswegen gibt es diesen Landtag dennoch. Ich glaube, das ist jetzt in dieser ersten Runde auch passiert, und wir sehen sehr klar, wo die verschiedenen Parteien stehen. Das gibt auch eine Klarheit. Ich glaube, was trotzdem noch offen ist - dazu könnten wir wahrscheinlich stundenlang diskutieren, ich selbst bin keine Verfassungsjuristin, die meisten in diesem Hause auch nicht -, ist, was nächste Schritte sind. Ich glaube aber, das eine Ziel, das für uns alle klar sein muss, ist, dass wir die Sache und das Ziel im Blick behalten, nämlich diese EU-Renaturierungsverordnung umzusetzen, dass es hier positive Zustimmung aus den Bundesländern und auch aus den zuständigen Ministerien gibt, die dafür notwendig sind, damit die Blockade auf EU-Ebene aufgehoben werden kann und dass es hier zu einem positiven Beschluss kommt. Ich glaube, das sollte im Mittelpunkt unserer Diskussionen heute hier stehen. Dementsprechend freue ich mich auch, dass bisher sozusagen relativ sachlich auch von den GRÜNEN dargelegt wurde, was es da noch braucht und dass alle Farbe bekennen sollen. Ich möchte ganz kurz noch einmal darauf eingehen, was in den letzten Tagen passiert ist. Es gab letzte Woche am 17.5. von Lhptm Kaiser und Lhptm Ludwig eine gemeinsame Aufforderung an die anderen Bundesländer, dass man nach den Änderungen, die sich auch im Trilog ergeben haben, doch noch einmal darüber reden sollte, dass man der Verordnung nähertreten kann. Lhptm Kaiser hat das Schreiben an die Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz Mikl-Leiter auch auf Twitter oder X veröffentlicht, wie auch immer Sie sich selber gerade bezeichnen möchten. Ich halte das für gut und wichtig, es ist auch sehr transparent. Was ich allerdings dazusagen muss: Auch bei all den Bedenken, die ausgeräumt wurden, ist es so, dass dennoch noch Fragen formuliert wurden. Es geht vor allem um die Frage der finanziellen Mittel, die der Bund zur Verfügung stellen müsste. Was mich ein bisschen traurig stimmt, ist, dass ich seit letzter Woche, seit dieses Schreiben veröffentlicht wurde, eigentlich nichts dazu gehört habe, dass hier von Seiten des Bundes Gespräche aufgenommen wurden, dass Ministerien vielleicht in Kontakt miteinander getreten sind, um gerade daran zu arbeiten, wie man diese Bedenken der Bundesländer auch noch ausräumen kann. Ich glaube, das wäre ein wichtiger Schritt, den wir als Wien nicht leisten können. Da würde ich die Parteien, die im Bund die Koalition stellen, sehr bitten, vielleicht miteinander in Gespräche zu treten, um zu schauen, was noch machbar ist. Gestern hat unser Landeshauptmann auch noch ein weiteres Schreiben gerichtet und einen neuen Vorschlag für eine einheitliche Stellungnahme der Bundesländer eingebracht. Kollege Kraus hat es heute auch schon erwähnt. Was auf Twitter zu lesen ist - das haben gestern auch nicht alle gleich verstanden, wie ich der Diskussion entnommen habe -, ist das Begleitschreiben zu der neuen möglichen Stellungnahme, die ich auch nicht im Detail kenne. Da geht es mir genauso wie Ihnen. (StR Peter Kraus, BSc: Es ist ja nicht die Zuständigkeit des Landtages!) Genau, es ist nicht unsere Zuständigkeit. Aber was habe ich gemacht? Ich habe gestern unseren Herrn Landeshauptmann kurz gefragt, denn er war ja im Haus. Wir waren auch alle länger hier, auch auf Grund von zwei Dringlichen Anfragen war der Tag doch etwas länger. Ich kann ganz kurz erzählen, was er unter anderem eingebracht hat, was sozusagen auch wesentliche Änderungen waren, die dieses Überlegen der bisherigen Position möglich gemacht haben, nämlich einerseits, dass es bei der Wiederherstellung von Land-, Küsten- und Süßwasserökosystemen zu einer Priorisierung von Natura-2000-Gebieten kommen soll. Das ist etwas, wo ohnehin schon viel passiert. Das ist auch ein Schwerpunkt, der es natürlich leichter macht, wenn wir an den vielen Dingen weiterarbeiten können, die ohnehin schon passieren, und das ja nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Bundesländern. Ich möchte das auch positiv hervorheben. Kollege Kowarik, das wäre so eines der Beispiele, die Sie vorhin gerne gehört hätten. (Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Ich kann Ihnen jetzt auch nicht alle aufzählen, denn ich kenne ja, wie wir gerade festgestellt haben, weil wir nicht zuständig sind, den Entwurf für eine neue Stellungnahme nicht, sondern habe auch einfach gestern nachgefragt. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Schade!) Worum geht es noch? Bei der Wiederherstellung von landwirtschaftlichen und von Waldökosystemen ist ausdrücklich auch noch die Wiedervernässung von Mooren drinnen. Das ist ein ganz großes Thema, das, wie wir wissen, im Kampf gegen die Klimakrise wichtig ist. Das ist vielleicht etwas, was für die ÖVP wichtig ist: Da soll es eben jetzt nicht nur darum gehen, dass es eine Verpflichtung für die Landwirtinnen und Landwirte gibt, sondern vielmehr die Mitgliedsländer aufgefordert sind, Anreize zu schaffen, was im Übrigen, würde ich sagen, ja auch wiederum finanzielle Anreize heißt. Nur kenne ich da leider noch immer nichts Näheres, was denn da jetzt vom Bund angedacht ist, weil es dazu keine Gespräche gab. (StR Peter Kraus, BSc: Da gibt es einen inhaltlichen Grund!) Das ist schön, wenn es der Inhalt ist, wunderbar, wenn danach die Kollegin von den GRÜNEN noch dazu etwas sagen kann. Ich freue mich, wenn ich da sozusagen neue Infos bekomme, aber ich wollte nur einbringen, dass das einfach Punkte sind, die verständlicherweise - wenn Kollegin Olischar beispielsweise auch Ernährungssicherheit anspricht - natürlich zu diskutieren sind und natürlich Bedenken auszuräumen sind. Ich glaube, das ist uns allen klar. Vor allem sehen wir ja auch, was durch die Klimakrise mit alle ihren Begleiterscheinungen auch passiert. Dass man das Thema Ernährungssicherheit auch in den Vordergrund stellt und damit auch unseren Landwirtinnen und Landwirten Sicherheit gibt, sollte ja aus meiner Sicht völlig klar sein. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Ich mag trotzdem noch einmal darauf hinweisen, dass es immer noch die drei offenen Punkte gibt. Das ist einerseits die Sicherstellung der ausreichenden Finanzierung, das ist auch die Sicherstellung einer einheitlichen Auslegung, denn was beispielsweise im Moment auch noch fehlt, ist der Abgleich mit anderen EU-Materien. Was heißt denn das im Verhältnis zur Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie? Das ist bisher nicht genau geklärt. Ich glaube, es wäre sinnvoll, wenn man auch diese Dinge noch abklären könnte, um hier weitere Bedenken auszuräumen. Der dritte Punkt ist - und da sind wir wieder bei vielem von dem, was ich beim ersten Punkt schon gesagt habe - die Sicherstellung der Ernährungssicherheit durch ausreichende landwirtschaftliche Produktionsflächen. Wie gesagt, wir hier sind alle keine Juristinnen und Juristen, und Peter Kraus hat vorhin auch angesprochen, dass es sozusagen, wie Peter Bußjäger sagt, rechtliches Neuland ist, weil es das in dieser Form noch nicht gegeben hat. Was Peter Bußjäger, der von Ihnen meistens zitierte Jurist, der APA gesagt hat - und das ist jetzt aus meiner Sicht der im Moment aktuellste Stand, ich meine, wir können jeden Tag andere rechtliche Einschätzungen lesen, Sie nicken da auch, ich glaube, es geht uns allen ähnlich, weil wir es natürlich gerne wissen möchten -, was sozusagen den einen Punkt betrifft: Wien soll halt sagen, sie wollen es, denn Wien hat das gesagt! Das ist, dass das laut seiner Einschätzung eben nicht oder noch nicht ausreicht, sondern ein Teil davon ist. Wien und Kärnten haben hier sozusagen den ersten Schritt gemacht, sie haben es aber dabei nicht belassen, sondern haben auch gleich den nächsten Schritt gemacht - das, was für uns möglich ist und was unser Landeshauptmann schon letzte Woche gemeinsam mit dem Kärntner Landeshauptmann auch angegangen ist -, und das war, diesen Schritt auf die anderen Bundesländer zu zu machen mit der Aufforderung: Reden wir doch bitte noch einmal darüber! Was sind aus unserer Sicht die offenen Punkte? Was bräuchte es noch? - Sie haben das auch so öffentlich gemacht, dass auch für die anderen Ebenen, die zuständig sind, nachvollziehbar ist, was von ihnen eigentlich noch notwendig ist. Das wissen wir jetzt seit einer Woche, und ich hoffe sehr, dass da noch einmal Gespräche möglich werden. Zu diesen können wir nicht einfach einladen, deswegen gibt es die Aufforderung an die Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, das zu machen. Laut aktueller Auslegung ist es nicht notwendig, dass es ein eigenes Treffen gäbe, es könnte auch in einem Umlaufbeschluss erfolgen. Wir werden es sehen. Was aber auch noch offen ist - das ist der zweite Punkt, und da können wir als Wien wirklich nicht viel beitragen, wir unterstützen gerne, aber wir haben halt dort keine Kompetenz, keine Zuständigkeit -, ist die Frage der Abklärung mit den anderen Bundesministerien, denn abseits des Themas Länderstellungnahme gibt es auch noch im Bundesministeriengesetz den § 5, und dieser sieht vor, dass es bei gemeinsamen Materien auch ein gemeinsames Vorgehen geben muss. Und das betrifft in diesem Fall nicht nur das Klimaministerium, sondern hier müsste man auch mit dem Finanzministerium, mit dem Landwirtschaftsministerium und mit der Europa-Ministerin sprechen. - Ich sehe jetzt skeptische Blicke bei den GRÜNEN, und ich füge daher hinzu: Das ist nicht meine rechtliche Einschätzung, sondern das ist das, was Peter Bußjäger sagt. (StR Peter Kraus, BSc: Die BOKU!) Genau das von der BOKU, worauf sich aber Peter Bußjäger im APA-Interview bezieht und sagt, dass er das ähnlich sieht und genauso einschätzt. Das heißt aber, es bräuchte innerhalb der Bundesregierung Gespräche und gegenseitiges Überzeugen und Aufeinander- Zugehen. Da tue ich mir jetzt als Wiener Landtagsabgeordnete schwer, da muss ich Sie also bitten, mit Ihrem Koalitionspartner zu reden. Vor allem: Wir haben da ja leider auch schon ein negatives Erlebnis gehabt - im Zusammenhang mit dem Nationalen Energie- und Klimaplan, der vermeintlich abgeklärt war, nach Brüssel geschickt wurde und dann von der anderen Ministerin wieder zurückgezogen wurde. Das finde ich wirklich schade, weil das ein wichtiges Papier wäre und wir jetzt einfach EU-weit das allerletzte Land sind, das einzige, das das nicht auf die Reihe gebracht hat - und, ehrlich gesagt, schäme ich mich ein bisschen dafür, dass das nicht möglich war, auch wenn ich nichts dazu tun hätte können. Genau deswegen möchte ich aber dazu aufrufen, jetzt diese Gespräche auch zwischen den Koalitionspartnern auf Bundeseben zu führen, damit nicht wieder so etwas passiert. Denn ich glaube, das Schlimmste wäre, wenn Sie es jetzt auslegen im Sinne von: Es reicht eh, dass Wien die Position geändert hat, und dann im Juni, wenn die nächste Sitzung ist, Zweifel darüber geäußert werden, ob Ministerin Gewessler das überhaupt machen durfte oder nicht. Ich glaube, das tut der Sache nicht gut, wenn das im Vorfeld nicht geklärt ist. Deswegen mein dringender Appell, auch auf Bundesebene in diese Richtung zu arbeiten, damit wir hier Sicherheit haben und damit diese Sicherheit auch für die Wienerinnen und Wiener, für die Österreicherinnen und Österreicher, für alle Leute in Europa gegeben ist, weil wir wissen, dass unsere Umwelt ganz zentral ist. Ohne die Natur um uns herum gibt es auch die Menschheit nicht auf Dauer. Es ist klar, dass wir das schützen müssen, um unser eigenes Überleben zu schützen. Deswegen möchte ich wirklich darum bitten, dass man hier den bestmöglichen Weg, soweit es uns juristisch im Moment verständlich ist, geht und da wirklich nichts riskiert. Ich möchte mich abschließend noch einmal bei unserem Landeshauptmann, der diesen wichtigen Schritt gesetzt hat, bedanken. Es ist auch nicht leicht, muss man sagen, weil die Bundesländer üblicherweise gemeinsam auftreten, hier noch einmal den Anstoß zu geben. Ich freue mich, dass ein zweites Bundesland auch diesen wichtigen Schritt gehen wollte, dass wir das solidarisch gemeinsam machen, um auf die anderen zuzugehen. Wir können auch nur darum bitten, hier in Gespräche einzutreten und die nächsten Schritte zu machen. Ich weiß auch, dass unser Landesrat Czernohorszky sich morgen beim Treffen der NaturschutzreferentInnen auch dafür einsetzen wird, mit den anderen Bundesländern Gespräche zu führen und diese dazu zu bewegen, die nächsten Schritte zu machen. Wenn wir wollen, dass für die Renaturierung rechtlich auf EU-Ebene die nächsten Schritte getan werden, dann, glaube ich, geht das nur, wenn wir es gemeinsam machen. Ich glaube, dann ist es wichtig, hinzuschauen, welche Partei dazu welche Position hat und insofern auch Farbe bekannt hat. In diesem Haus gibt es drei Parteien, die sich klar dafür aussprechen, es gibt zwei Parteien, die das sehr kritisch sehen, und bei einer von diesen wäre es wirklich relevant, sie zu überzeugen und Gespräche zu führen. Wir auf unserer Ebene machen alles, was uns möglich ist, auf den verschiedenen Wegen, die es gibt, wir unterstützen hier auch gerne. Ich freue mich und hoffe sehr, dass wir das alles zum nächsten positiven Schritt bewegen können, und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Ernst Woller: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Otero Garcia. Ich erteile es und bemerke, dass ab sofort die Redezeit 15 Minuten beträgt. Abg. Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie kennen alle diesen Spruch: Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geliehen. Ich kann dem sehr viel abgewinnen, und ich musste in letzter Zeit, in den letzten Wochen, sehr viel daran denken. Mir ist in den letzten Wochen auch etwas ganz Besonderes in Erinnerung gekommen, was mir meine Eltern als Kind beigebracht haben. Sie haben nämlich zu mir Folgendes gesagt: Wenn du etwas kaputt machst, was nicht dir gehört, dann reparierst du es, und wenn du es nicht reparieren kannst, dann sorgst du für Ersatz. Was aber nicht geht, ist, dass du einen Schaden anrichtest, etwas von jemand anderem zerstörst und nichts machst, um den Schaden wiedergutzumachen. Das gehört sich nicht, das macht man nicht! Genau das ist auch die Situation, genau so verhält es sich mit dem Zustand der Natur und der Ökosysteme in Europa: Wir haben da etwas ordentlich zerstört, wir haben etwas kaputt gemacht, was uns nicht gehört, sondern kommenden Generationen, und wir müssen es wieder in Ordnung bringen. So einfach ist das. Wir müssen es nicht nur deswegen wieder in Ordnung bringen, weil es anständig ist, das zu tun, sondern weil es lebensnotwendig ist und weil es um unsere Lebensgrundlagen geht, weil wir die Natur zum Leben brauchen, weil uns die Natur unser Trinkwasser beschert und weil uns die Natur unser Essen beschert, weil wir die Bienen brauchen, die von Blüte zu Blüte fliegen und die Pflanzen bestäuben, damit sie Früchte tragen, die wir essen können, und wir den Lebensraum dieser Insekten, dieser wichtigen Lebewesen, Schritt für Schritt zerstört haben. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Josef Taucher: Stimmt!) In der EU sind über 80 Prozent der geschützten Lebensräume in einem miserablen Zustand, und genau deswegen brauchen wir die Renaturierungsverordnung der EU. Wir müssen das, was wir zerstört haben, wieder in Ordnung bringen, damit zukünftige Generationen auf diesem Kontinent ein lebenswertes Leben haben. Diese wichtigen Lebensräume brauchen wir nicht nur für die Biodiversität, wir brauchen sie auch als wichtige Kohlenstoffspeicher, weil wir in der Klimakrise so weit fortgeschritten sind, dass wir jede Menge CO2 speichern müssen. So, und jetzt stehen wir vor der Situation, dass diese wichtige Verordnung auf europäischer Ebene unterzugehen droht, weil die Landeshauptleute in Österreich sich dagegen aussprechen und blockieren. Und leider, muss man sagen, war die Wiener Stadtregierung mit dabei. Es ist gut, dass es jetzt innerhalb der SPÖ und beim Landeshauptmann einen Sinneswandel gibt oder gegeben hat. (Abg. Mag. Josef Taucher: Wir brauchen keinen Sinneswandel! Wir haben immer diesen Sinn!) Ja? Das hat sich aber leider in den Abstimmungsverhalten bei der Landeshauptleutekonferenz nicht widerspiegelt, und das ist genau das, was zählt: nicht große Worte, sondern ... (Abg. Mag. Josef Taucher: Taten!) Taten - genau, so ist es - zur richtigen Zeit am richtigen Ort und nicht zu spät. Gut, trotzdem: Ja, wir befürworten es, wir freuen uns, dass es hier diesen Sinneswandel gibt. Wir finden es erfreulich, dass sich hier anscheinend die vernünftigen Kräfte durchzusetzen beginnen, dass langsam Bewegung in die Sache kommt. Die Frage ist natürlich, ob das jetzt zu diesem Zeitpunkt in dieser Form ausreichen wird. Darüber gibt es offensichtlich unterschiedliche Rechtsmeinungen, und ich glaube, es hat auch keinen Sinn, sich darüber auszutauschen. Wichtig ist: Heißen diese Äußerungen, heißt dieser Antrag der SPÖ, heißt das jetzt ganz konkret und in aller Klarheit, dass Wien die Blockade aufgibt, ja oder nein? Das ist eine Frage, die für mich noch ganz unbeantwortet geblieben ist, denn ich kenne nur dieses Deckblatt aus diesem Entwurf einer Stellungnahme, der gestern weitergegeben wurde, und auch da werden wieder Bedenken geäußert, was die Finanzierung betrifft, die im Übrigen auf europäischer Ebene schon geklärt wurde, darauf werde ich später noch eingehen. Also ganz klar ist die Situation meiner Meinung nach nicht. Ich möchte Sie gerne auf eine Zeitreise mitnehmen und eine Chronologie dessen aufzeigen, was zu diesem Thema in den letzten Monaten und Wochen passiert ist, um auch ein bisschen Klarheit zu schaffen und ein bisschen zu zeigen, was passiert ist und wie das Ganze hier auch dargestellt wird. Ich beginne nach dem EU-Parlamentsbeschluss im Juli 2023 - was davor war, können wir vergessen. Wir wissen, dass der erste Entwurf sowieso verwässert wurde und nicht erfolgreich war. Ich habe mir jetzt einfach einige Pressemitteilungen angeschaut, die zeigen, was zu dieser Frage hier in Österreich debattiert wird, was hier öffentlich gesagt wird. Im Juli 2023 gab es eine Presseaussendung des WWF, in der schon die Streichung wichtiger Punkte des ersten Entwurfs kritisiert wurde, also schon einmal eine Abschwächung in den Raum gestellt wurde. Spätestens da hätte man eigentlich schon wissen müssen, dass es nicht beim ersten Entwurf geblieben ist, sondern dass es eben Abschwächungen gegeben hat. Im Oktober 2023 haben die Umweltanwältinnen und Umweltanwälte aller Bundesländer einen offenen Brief verfasst, in dem sie sich auch für diese Trilogverhandlungen aussprechen. - Im Übrigen, wir verteidigen hier keine grüne Position - na, schön wäre es, wenn grüne Positionen auf europäischer Ebene umgesetzt werden würden -, nein, das sind Verhandlungsergebnisse, die jetzt zu scheitern drohen. Also bitte, von wegen Populismus! (Beifall bei den GRÜNEN.) Also im Oktober 2023: offener Brief der Umweltanwaltschaften. Im Oktober 2023: 6.000 WissenschafterInnen sprechen sich Europa-weit für das Renaturierungsgesetz aus. Apropos Populismus: Wer hört auf die Wissenschaft und wer wirft wem Populismus vor? Im Übrigen sagen diese WissenschafterInnen alle gemeinsam, dass die größte Bedrohung für die Ernährungssicherheit nicht die Renaturierungsverordnung ist, sondern die Klimakrise und die Auswirkungen der Klimakrise und der Biodiversitätsverlust. So, weiter geht's: 24. März 2024: "WWF fordert die Bundesländer den aktuellen Kompromiss" - ich wiederhole: den aktuellen Kompromiss, den zweiten Entwurf, der bereits zwischen den Mitgliedstaaten im EU-Parlament ausverhandelt wurde, aber noch formell bestätigt werden muss - "zu unterstützen." - Er ruft die Bundesländer auf, den aktuellen Kompromiss zu unterstützen. 22. März 2024: SPÖ-EU-Abgeordneter Sidl: "Ich appelliere an alle Verantwortlichen, die politische Einigung zwischen den europäischen Gesetzgebern zu akzeptieren und diese im Sinne der Mehrheit der BürgerInnen zu beschließen." - Politische Einigung! 24.3.: Umweltdachverband fordert sofortiges Ende der Bundesländerblockade - Österreich muss Ja zum EU-Naturschutzgesetz sagen! - Auch hier der Hinweis, dass der erste Beschluss der Landeshauptleutekonferenz auf der alten Version beruht. Und am 3.4., am Tag der Landeshauptleutekonferenz, noch einmal eine Pressemitteilung des WWF: "WWF fordert Bundesländer-Ja zum EU-Renaturierungsgesetz." "Ablehnung der Länder beruht auf einem überholten Verhandlungsstand - Blockade einer Europa-weiten Weichenstellung durch Österreich nicht mehr zu rechtfertigen." - Alle, alle haben es Ihnen gesagt: Es ist der alte Entwurf. Und was passiert bei der Landeshauptleutekonferenz? - Man stimmt einer Stellungnahme zu, die die Ministerin weiterhin bindet, obwohl man eh weiß, dass es Änderungen gegeben hat, denn das hat einem einfach überall schon jeder gesagt, auch die eigenen Parteigenossinnen und Parteigenossen. Wir haben das am 22. April auch hier im Gemeinderat thematisiert, dass das sehr problematisch ist, was da passiert. So, und jetzt kommt dann noch mehr Bewegung in die Sache. Am 30. April: 170 WissenschafterInnen in Österreich sprechen sich für das Restoration Law aus. Am 2. Mai: Die Uniko, die Österreichische Universitätenkonferenz, unterstützt den Appell der Wissenschaft. Am 3.5. kritisiert noch einmal der WWF die Blockade der Bundesländer. Und am 5.5. - mein Schmankerl: Andreas Schieder schiebt in der "Pressestunde" die Verantwortung für dieses Fiasko auf unsere Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. So, am 6.5. haben wir das Verlangen für diesen Sonderlandtag eingebracht. Ja, es kommt Bewegung in die Sache, aber die Bewegung kommt nicht von alleine. Die Bewegung kommt, weil sich die Zivilgesellschaft, NGOs und auch die GRÜNEN massiv dafür eingesetzt haben, dass hier ein Fehler korrigiert wird - und das muss auch passieren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Und weiter: Es gibt am 8.5. ein Unterstützungskomitee, mittlerweile über 10.000 Unterschriften. - So. Lange Funkstille. Wir hören nichts vom Landeshauptmann, sehr lange Zeit, und endlich, am 17.5., passiert etwas: Peter Kaiser und Michael Häupl äußern sich. Man muss ... (StR Peter Kraus, BSc: Michael Ludwig!) Ah, Entschuldigung! Mein Gott! Tut mir leid! - Peter Kaiser und Michael Ludwig äußern sich. Jedenfalls kommt Bewegung in die Sache rein, aber: Da stellt man sich so hin und spielt Feuerwehr und will einen Brand löschen, den man selber verursacht hat. Und es ist wirklich wurscht, ob man selbst gezündelt hat oder mit dem brennenden Tschick am Sofa eingeschlafen ist, die Verantwortlichkeit liegt ganz eindeutig bei den Landeshauptleuten und nicht bei unserer Ministerin. (Beifall bei den GRÜNEN.) So, es gibt noch weitere Mitteilungen, das erspare ich Ihnen. Aber das, was jetzt kommt, ist schon spannend, nämlich wie das jetzt umgedreht wird, wer was zu tun hat. Und das finde ich ja irgendwie traurig und das finde ich echt schade - da sind Sie auch nicht die Einzigen, sondern es ist ein Problem der fehlenden Fehlerkultur in der politischen Landschaft, was für die Demokratie und für die Weiterentwicklung von Gesellschaften wirklich traurig ist -, dass man nicht in der Lage ist, einfach zu sagen, sorry, ich habe einen Fehler gemacht, wir versuchen jetzt, alles gutzumachen, sondern dass man versucht, die Schuld auf andere zu schieben, und hofft, dass möglichst niemand draufkommt, dass man es selber vergeigt hat. So, was ist also passiert? Die NGOs, die Umweltanwaltschaften, die Wissenschaft und die GRÜNEN fordern den Landeshauptmann auf, diesen neuen Beschluss aufzuheben, und jetzt gibt es Bewegung in der Sache und Sie spielen jetzt groß Feuerwehr. - Das ist ein bisschen ärgerlich, aber bitte, geschenkt. - Das Problem ist ein bisschen, dass Sie leider nicht oder mittlerweile schon ein bisschen beginnen, den Brand richtig zu löschen, aber vorher den Schlauch in die falsche Richtung gehalten haben, weil Sie zuerst die Lhptf Mikl-Leitner angeschrieben haben und hoffen, dass es dort irgendwie Einsicht gibt. Und bei aller Liebe, aber zu hoffen, dass es bei dieser ÖVP, die doch, ich meine, Entschuldigung (Zwischenruf von Abg. Mag. Josef Taucher.) - ja, eh, genau so ist es -, auf europäischer Ebene wirklich alles getan hat, um diese Verordnung zu kippen, zu verwässern, zu Fall zu bringen, dass es dort Einsicht geben wird, bei der niederösterreichischen Landeshauptfrau und bei allen anderen Landeshauptleuten - ich glaube, das wird es nicht spielen. Sie wissen alle, dass die ÖVP nicht das Sprachrohr der Bäuerinnen und Bauern ist (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Die GRÜNEN sind es aber auch nicht!), die massive Schäden durch die Auswirkungen der Klimakrise und durch den Biodiversitätsverlust haben werden. Die ÖVP ist vielmehr das Sprachrohr der Agrarlobby, die kein Interesse an einem Renaturierungsgesetz hat und die bis jetzt immer nur Profite auf Kosten der Natur gemacht hat. Deswegen halte ich es für sehr gewagt, zu glauben, dass es hier Einsicht gibt. Ja, natürlich, es ist gut und wichtig, dass wir Gespräche führen, und es ist auch löblich, dass der Landeshauptmann das probiert, aber die Zeit drängt, und es wird sich schwer ausgehen, denn im Juni ist die nächste Ratssitzung, da sollte es auf die Tagesordnung kommen, und danach ist Ungarn dran, und die werden das sicher nicht auf die Tagesordnung setzen, denn wir wissen, welches Land auch auf europäischer Ebene umgekippt ist, nämlich Ungarn. Die haben auch kein Interesse daran, dass dieses Gesetz kommt. (Beifall bei den GRÜNEN.) Was die Finanzierung betrifft und was diese Bedenken betrifft, möchte ich sagen: Das ist Teil des Prozesses. Die Länder sind dazu angehalten, nationale Pläne zu erstellen und den Finanzierungsbedarf einzumelden, und es gibt jährlich 16 Milliarden EUR dafür, diese Renaturierungsprojekte umzusetzen. Insofern können wir jetzt nicht länger darüber reden, sondern wir müssen diese Blockade aufheben, denn: Sie wollen irgendwie zuerst eine Diskussion, damit Sie beschließen können, aber ohne Beschluss, ohne Renaturierungsgesetz gibt es keine Diskussion. Der Zug wird bald abfahren und wir müssen schnell einsteigen. (Amtsf StR Mag. Jürgen Czernohorszky: ... dass es ... eine Länderstellungnahme gibt, und dafür gibt es jetzt einen Vorschlag, einen positiven!) So, ich freue mich. Die Frage ist: Sind jetzt wirklich alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, die Ihnen zur Verfügung stehen? Wir sind da anderer Meinung. Kollege Kraus hat Ihnen schon einige Beispiele genannt, was noch zu tun wäre. Und ich möchte jetzt in der verbleibenden Zeit noch ein Lied zitieren, das vielen Genossinnen und Genossen von der SPÖ bekannt sein wird, und zwar lautet dieses: "Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum braucht er was zum Essen, bitte sehr. Es macht ihn kein Geschwätz nicht satt, das schafft kein Essen her." Bitte reden Sie viel weniger davon, was andere tun sollen, sondern schaffen Sie endlich Klarheit in dieser Sache, damit wir auf europäischer Ebene zustimmen können. Nützen Sie alle, wirklich alle Möglichkeiten aus! Die Zeit drängt, und es geht um unser Essen. - Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Ernst Woller: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Taucher. Ich erteile ihm das Wort. (Abg. Barbara Novak, MA - zu dem sich zum Pult begebenden Abg. Mag. Josef Taucher: Sagt jetzt einfach zehn Mal: Ja, wir sind dafür! Ja, wir sind dafür! Ja, wir sind dafür!) Abg. Mag. Josef Taucher (SPÖ): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Wienerinnen und Wiener! Wir beginnen mit Ja - genau, Barbara! Ja, wir sind dafür! Ja, wir werden das unterstützen! Ja, uns ist die Lage in Europa bewusst. Uns ist bewusst, dass wir auf der ganzen Erde in einer Biodiversitätskrise sind. Uns ist bewusst, dass wir CO2-Senken brauchen, Moore reaktivieren müssen, saure Wiesen reaktivieren müssen, um "carbon capture" zu machen. Ja, dessen ist sich Wien bewusst, und nicht erst seit heute, nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Jahren betreiben wir einen sehr aktiven Umweltschutz und Naturschutz, aber ... (Zwischenruf von StR Peter Kraus, BSc.) - Darf ich? (StR Peter Kraus, BSc: Entschuldigung!) Okay, wenn die GRÜNEN jetzt schon hereinreden, dann können wir gleich auf das eingehen - ich wäre dann eh noch darauf eingegangen -: Eine grüne Kampagne, die jetzt gerade abstinkt, sozusagen wirklich abstinkt und in sich zusammenbricht, weil sie nicht auf guten Beinen steht, sondern auf tönernen Beinen, weil nicht gescheit recherchiert wurde, weil ein Feind gesucht wurde, der euch halt irgendwie nahe ist, indem ihr sagt, dass die SPÖ an allem schuld ist - das mag eh nett sein, aber wir können auch ganz sachlich darüber reden. Es gibt drei Ebenen. Die erste Ebene ist beim Naturschutz die Landeshauptleutekonferenz. Gut, hier ist es üblicherweise so, und das ist Usance in Österreich, wie es auch bei den Landesumweltreferenten, bei den Sozialreferenten, bei den Gesundheitsreferenten ist - und ihr habt ja doch in einigen Ländern Regierungserfahrung gehabt, also ihr wisst, wie das ist -, dass man gemeinsame Beschlüsse fasst, also Einstimmigkeit vor sich herträgt. Und dieser Beschluss, um den es hier geht, auf Grund dessen ihr uns sozusagen mit eurer Kampagne anagitiert, ist einstimmig gefällt worden, aber nicht mit Zustimmung Wiens, sondern mit einer Enthaltung. Wir haben uns nicht dagegen ausgesprochen. (StR Peter Kraus, BSc: Das stimmt aber nicht in ...) - Das kannst du nachschauen, ja! Und Wien - und das ist das Großartige an Wien - ist immer solidarisch mit den anderen, wenn es um gemeinsame Anliegen geht. Das ist auch ein großartiger Charakterzug unseres Landeshauptmannes, dass er gemeinsam vorgeht, dass er über die Parteigrenzen hinweg Lösungen sucht und das mitträgt. Jetzt hat sich aber etwas verändert - Herr Kowarik hat ja diesbezüglich vorhin schon hereingerufen: Die EU- Verordnung ist in den letzten Monaten überarbeitet worden. Auch Wien war da sehr aktiv beteiligt, hat sich auch eingebracht bezüglich dieser Renaturierungs- und Wiederherstellungsverordnung, und wir haben eine neue Basis. Deswegen hat sich unser Landeshauptmann auch dafür entschieden, die ÖVP-Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz Mikl-Leitner aufzufordern, sozusagen diesen Beschluss zu überarbeiten, zu überdenken, da einen Schritt weiter zu gehen, weil Wien dieses Anliegen unterstützt, und der Kärntner Landeshauptmann unterstützt das auch - das sind schon einmal zwei Länder, die sagen, wir gehen voran und unterstützen das. - So, das ist die eine Ebene, die Landeshauptleuteebene, wo es wirklich, weil man einen guten Charakter hat, um Konsens geht, das ist so. Und wenn etwas nicht mehr zu halten ist - und das hat Michael auch vorgezeigt und das ist auch in Ordnung so -, ist unser Landeshauptmann auch so vorgegangen, dass er die Frau Landeshauptfrau von Niederösterreich in einem Brief informiert hat, und, und, und. So, das ist die eine Ebene. Das ist auch, glaube ich, korrekt gelaufen, und wir stehen als Wien seit vielen Jahren dafür, dass wir renaturieren, ich nenne nur die Beispiele Liesingbach, Wienfluss, Biosphärenpark Wienerwald, der Wienerwald Nordost, wo wir ausbauen, der Park der Artenvielfalt, den Jürgen jetzt da vorgestellt hat, eines der größten Grünraumprojekte überhaupt, wo es genau um Biodiversität geht, das DICCA-Projekt auf der Donauinsel mit den Mähschafen, mit der Sterletzucht, ein EU-weites Projekt, im Rahmen dessen wir die Störe wieder in der Donau ansiedeln, sie selber züchten - also großartig, ich komme ins Schwärmen, wenn ich will. Wir haben also überhaupt keinen Grund, da irgendetwas zu verhindern. So, erste Ebene: Landeshauptleutekonferenz. Zweite Ebene: Bundesregierung. So, jetzt hat die Landeshauptleutekonferenz diesen einstimmigen Beschluss gefasst. Was haben die Minister gemacht? Nichts? Haben sie sich weggeduckt? Haben sie gesagt: Na ja, vielleicht wird das reifen wie Käse und dann wie Vorarlberger Käse besser schmecken!? Nein, die Bundesregierung ist überhaupt nicht aktiv geworden. Warum ist man nicht auf die Länder zugegangen und hat gesagt: Was sind eure Sorgen? Welche begründeten Ängste habt ihr? Wo habt ihr Probleme? Welche Rahmenbedingungen müssen wir setzen? Wo braucht es vielleicht ein Programm, eine finanzielle Unterstützung, damit ihr euch bewegen könnt? - Nichts ist passiert! Nichts, nichts, nichts! (Zwischenruf von Abg. Georg Prack, BA.) Und jetzt geht es darum, das alles Wien umzuhängen. Das ist ja ein lieber Versuch - eure Kampagne ist eh schon gescheitert, vergesst das -, aber eigentlich geht es darum, dass eure Umweltministerin mit dem Landwirtschaftsminister reden muss (Abg. Mag. Heidemarie Sequenz: Das stimmt nicht!), mit dem Finanzminister reden muss, mit der Europa-Ministerin reden muss (Abg. Mag. Heidemarie Sequenz: Das stimmt nicht!) und dann natürlich mit den Landeshauptleuten. Und was habt ihr gemacht? Nichts! Eine Kampagne! (Beifall bei der SPÖ.) Also ich kenne die grüne Bewegung seit ihren Anfängen. Wenn das alles ist, was von eurem Herzblut für die Natur übrig geblieben ist, dann ist es traurig, denn ihr seid nur noch eine Kampagnenmaschine. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.) Und das tut mir leid, denn ich bin noch mit einem Buschenreiter aufgewachsen, der die Hopi-Indianer zitiert hat: Was werdet ihr essen, wenn der letzte Baum gerodet ist und - du, Martin (in Richtung Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies), wirst dich erinnern können - wenn der letzte Fluss vergiftet ist? - Und was ist bei euch übrig geblieben? Eine Kampagne und sonst gar nichts. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: ... Genier' dich! Das ist peinlich, was du ...) So, das war die zweite Ebene. (Neuerlicher Zwischenruf von Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies.) Das tut weh, ich weiß. (Heiterkeit bei Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc und Abg. Wolfgang Seidl.) Dritte Ebene, die europäische Ebene: Da gibt es jetzt rechtliche Diskussionen von unterschiedlichen Rechtsgelehrten über die Frage, wie das sei: Ob Eleonore Gewessler da alleine zustimmen kann oder ob sie andere auch braucht. Mir scheint es so zu sein, dass sie auch da die ÖVP-Minister braucht, dass sie einen Landwirtschaftsminister braucht, dass sie die Europa-Ministerin braucht, dass sie den Finanzminister braucht, um dort das Anliegen zu vertreten. Mir scheint es so zu sein, ich bin kein Rechtsgelehrter, aber diese dritte Ebene müsst auch ihr klären. So, jetzt haben wir drei Ebenen, wo überall ihr mit der ÖVP reden müsst - und ihr seid in der Regierung mit der ÖVP. Seid ihr nicht fähig, mit den ÖVP-Landeshauptleuten zu reden, mit den ÖVP-Ministern in der Regierung zu reden, um damit einen Konsens herzustellen, um diese wichtige Renaturierungsverordnung auf den Weg zu bringen? (Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Das mit Konsens ist immer so eine Sache, weißt eh!) Ja, mit den Grundsätzen, ja. Uns in Wien ist es wirklich ein großes Anliegen, das auf den Weg zu bringen. Wir werden auch weiter dafür kämpfen, und unser Bürgermeister steht auch für diesen ehrlichen Weg des Konsenses und der Unterstützung unserer Lebensgrundlagen in Wien, denn - ein Kollege, du warst es, hat das gesagt -: Die Lebensgrundlage für uns Menschen ist die Natur, und wir werden nur überleben, wenn wir eine intakte Natur haben - und dafür kämpfen wir. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Präsident Erst Woller: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Kickert. Ich erteile ihr das Wort. Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren, auch jene, die vor dem Livestream sitzen! Man kann, wenn man will, die Diskussion verblödeln und auf die Argumentation hinauslaufen lassen: Die GRÜNEN sind im Wahlkampf! Man kann aber auch versuchen, das Thema ernsthaft zu diskutieren. Ich bin ja nicht nur Politikerin, ich bin ja gelernte Biologin, und als gelernte Biologin bin ich sehr viel weniger optimistisch als als zuständige Politikerin. Als gelernte Biologin rede ich nicht von einer Biodiversitätskrise, sondern - echt, Leute - wir stehen vor einer Katastrophe, deren Auswirkungen wir heute gar nicht - nicht einmal ich - wirklich abschätzen können. Mein Doktorvater hat mir vor acht Jahren eine wissenschaftliche Abhandlung über das Insektensterben geschrieben und hat gefragt: Was machst du dagegen? Und ich habe sagen müssen: Alles, was ich auf Wiener Ebene machen kann. Dies also, um nur einmal meinen tatsächlichen Gefühlszustand zu erläutern und klarzulegen, dass mir in diesem Gefühlszustand ein anderer, nämlich jener im Zusammenhang damit, was gerade mit unserem EU-Wahlkampf, nämlich dem EU-Wahlkampf der GRÜNEN, passiert, echt wurscht ist. Ich möchte das hier einmal zumindest kurz betonen: Das ist mir echt wurscht. Ich habe tatsächlich andere Prioritäten. Und beim Renaturierungsgesetz geht es mir darum, dass wir ein bisschen was dazu beitragen können, das, was ich als Katastrophe, als kommende Katastrophe empfinde, ein wenig einzuschränken. (Beifall bei den GRÜNEN.) So, schauen wir einmal, ob ich den Faden wiederfinde! - Ich schließe mich all dem, was die Vorrednerin der NEOS, Kollegin Pipal-Leixner, ausgeführt hat, vollinhaltlich an. Sie hat genau das gesagt, was dieses Renaturierungsgesetz, das eigentlich eine Verordnung ist, bringen wird. Ein Zwischenruf der FPÖ war: Was hat sich konkret vom ersten zum zweiten zum dritten Entwurf geändert? Ich werde es Ihnen dann sagen. Ich als Vertreterin der GRÜNEN, die immer schon für diese Verordnung war, habe mir gedacht, ich muss mir nicht alle Verwässerungen anschauen, denn es ist ja aus meiner Sicht nicht besser geworden. Ich habe vorher schon zugestimmt, und ich werde auch einer verwässerten Verordnung zustimmen, denn es sind halt dann keine drei Schritte zum richtigen Ziel, sondern es ist nur einer. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich finde, Ihre Verpflichtung, liebe ÖVP, wäre es gewesen, zu schauen: Was hat sich an den Kritikpunkten, die ich habe, an den Sachen, die ich kritisiere, geändert? Ich zähle nur ein paar auf, denn ich muss sagen, ich habe nicht alles durchgelesen. Was hat sich geändert? Explizit wurde gesagt, dass bei der Herstellung von Mooren und Sümpfen Landwirte nicht verpflichtet werden - sie werden nicht verpflichtet -, Moore wieder zu vernässen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: ... Das ist eh klar!) Na gut, es ist eh klar? Warum fragen Sie dann nach konkreten Änderungen? Der Indikator, und das ist für die Landwirtschaft wichtig, vielfältige Landschaftselemente - das sind Haine, das sind Flächen, die brachgelegt werden, das sind Obstbaumzeilen -, der als verpflichtender Indikator da war, wurde nicht mehr verpflichtend gestellt. Es wurde klargestellt, dass Maßnahmen zu ergreifen, gerade in der Landwirtschaft, nicht bedeutet, dass Flächen stillgelegt werden müssen. Und es wurde zum Beispiel auch klargestellt, dass das sogenannte Nichtverschlechterungsgebot - das heißt, ich habe da jetzt eine geschützte Fläche und ich muss mit Maßnahmen dafür sorgen, dass dieses ökologische System sich nicht verschlechtert - nicht mehr auf Ergebnissen basiert, sondern dass Maßnahmen reichen. Es gibt also wirklich, wirklich viele Änderungen, die aus meiner Sicht Verwässerungen sind, aber sie haben offensichtlich nicht dazu gereicht, dass jene Parteien, die sowieso immer dagegen sind, jetzt dafür sind. - Jetzt haben Sie also etwas von mir gehört, ganz konkret - gut, passt Ihnen auch nicht, weil Sie sowieso dagegen sind. Ich habe jetzt also drei Minuten lang völlig umsonst geredet, aber ich wollte es zumindest für die Zuseherinnen und Zuseher einmal klarstellen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wir haben jetzt auch die ganze Genese des Ablaufs gehört und wir haben zwei Anträge vorliegen. Und ja, nicht nur meine VorrednerInnen, auch ich finde, dass das, was wir in Wien tun, vorbildhaft ist. Gut! Wir können, weil wir auf einem guten Niveau arbeiten, immer noch besser werden. Wir müssen besser werden, aber wir müssen diese Verordnung auch im Rahmen dessen sehen, dass sie ja nicht nur für Wien gilt, selbst wenn wir für Wien sprechen, sondern wir sind jetzt ein Teil eines Systems EU, das wiederum ein Teil der Welt ist. Und wenn wir zumindest die ökologischen Systeme in der EU, in Europa, ein bisschen verbessern, können wir vielleicht der Gesamtsituation unserer Erde ein wenig Verbesserung zuführen. Und darum geht es, und zwar nur darum, verdammt noch einmal! (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Josef Taucher: Dir glaub ich das!) - Volle Wäsche, nur darum! Und daher: Ja zu allem, was wir in Wien machen! Das, was in der Verordnung steht, ist vielleicht teilweise eine Herausforderung für Wien, es ist vielmehr eine Herausforderung für viele, viele andere Flächen in Österreich und ist eine noch viel größere Herausforderung für alle anderen EU-Staaten, denn es sind, wie wir wissen, nicht nur 80 Prozent der Ökosysteme in einem schlechten Zustand, sondern fast genauso viele geschützte Flächen. Natura-2000- Flächen und andere Flächen sind in einem bedenklichen Zustand - immer im Hinblick darauf, was sie als Ökosysteme leisten. So, was kann ich jetzt tun? Jetzt wechsle ich von der Rolle einer sehr betroffenen Biologin in die Rolle einer Politikerin, die versucht, das Beste aus der Situation zu machen, in der wir jetzt sind. Es gibt also einen Antrag der SPÖ, der lautet: Der Landtag begrüßt die Zustimmung des Landeshauptmanns zur Renaturierungsverordnung. - Damit bin ich sehr einverstanden. Wir werden dem zustimmen. Mir wäre es lieber gewesen, dass sich der Landtag deutlich dafür ausspricht, dass die Renaturierungsverordnung angenommen wird, aber ich kann auch damit leben, dass wir die Zustimmung des Landeshauptmanns begrüßen. Ich würde mir nur deutlich wünschen, dass dieser Zustimmung des Landeshauptmanns auch etwas folgt. Und ja, es gibt mehrere Ebenen, und ja, es wird der Landwirtschaftsminister vielleicht nicht zustimmen, aber das, was wir hier tun können und womit wir den Landeshauptmann zumindest symbolisch beauftragen können, ist, diese Verpflichtung durch den einstimmigen Beschluss der Landeshauptleutekonferenz, die Verordnung im Rat abzulehnen, aufzuheben. Ich komme noch einmal auf den Beschluss zurück, der im April 2024 gefasst worden ist - ich habe das aus dem Protokoll, und wie wir wissen, gelten die Dinge, die im Protokoll festgehalten sind: "Der Vorsitzende hält nach Herstellung des Einvernehmens als Beschluss fest: Die Landeshauptleutekonferenz erinnert die Bundesministerin für Klimaschutz an die einheitlichen Länderstellungnahmen vom November 2022 und Mai 2023, mit denen der Verordnungsentwurf zur Wiederherstellung der Natur abgelehnt wird, und ihre verfassungsrechtliche Verpflichtung, bei der anstehenden Schlussabstimmung" - diese ist am 17. Juni - "im Rat der EU die Verordnung abzulehnen." Das, worauf sich mein dringendstes Ersuchen an den Landeshauptmann von Wien richtet - wobei ich hoffe, dass sich andere Landeshauptleute anschließen -, ist, dass diese Verpflichtung durch die Landeshauptleute aufgehoben wird. Ich in meiner Rolle als Landtagsabgeordnete von Wien wünsche mir das, und ich werde natürlich, wir alle werden eurem Antrag zustimmen und werden in jeder Form - in welcher auch immer - unterstützen, dass es im Rat der EU zu einer Mehrheit für diese Verordnung kommt. Wir brauchen sie wie einen Bissen Brot, nicht nur im übertragenen, sondern im wortwörtlichen Sinne. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN sowie von Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic und Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Die Restredezeit sind drei Minuten. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Kunrath. Ich erteile ihm das Wort. Abg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Herr Landesrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Hallo an alle, die vor dem Livestream sitzen! Ich war am 1. Februar 2023 der Einzige, der in einem Ausschuss gegen eine Länderstellungnahme gestimmt hat, weil ich es nicht verstanden habe, was hier argumentiert wird. Damals gab es Vertreter der ÖVP und der SPÖ, die mich mit sehr unguten Begriffen bedacht haben, nur, weil ich für eine Vermoorung war, nur, weil ich mich dafür ausgesprochen habe, dass man sich diese Stellungnahme noch einmal genau ansieht. Der Vertreter der FPÖ hat das alles nicht verstanden, und es tut mir leid, aber wenn euer Vertreter so selten in den GReiA, in den Gemeinderatsausschuss für europäische und internationale Angelegenheiten kommt, dann kann es natürlich nur so sein, lieber Kollege Kowarik, dass du dann nicht weißt, was dort inhaltlich passiert ist oder was sich verändert, weil es nicht an dich weitergegeben werden kann. So schaut es aus! (Beifall bei den GRÜNEN.) Wenn heute davon gesprochen wird, dass es ja zu einer Änderung kommen musste, damit man sich dann entsprechend zu einer Zustimmung finden kann, dann verstehe ich nicht - und ich habe es auch heute nicht verstanden, ich habe schon versucht, das mit unserer Kollegin Abrahamczik zu besprechen, ich habe es nicht verstanden -, warum dann zu einer Stellungnahme, die im Februar in der EU eine bestimmte Version bekommen hat, im April vom Herrn Bürgermeister, oder Landeshauptmann in diesem Fall, noch ausdrücklich verlangt wurde, dass es eine gemeinsame Landeshauptleutevereinbarung gibt, gegen dieses Gesetz zu stimmen. - Dass man einen halben Monat später dann jetzt das tut, das ist okay. Und ich verstehe überhaupt nicht, warum Kollege Taucher dauernd vom Feind spricht, statt dass wir gemeinsam Wege suchen, wie wir hier arbeiten können. (Beifall bei den GRÜNEN.) Guggenbichler hat heute dreieinhalb Minuten - dreieinhalb Minuten - über etwas berichtet, was eines der wichtigsten Gesetze der EU in letzter Zeit ist. Dreieinhalb Minuten - das zeigt den Stellenwert, den die FPÖ Klimaveränderungen gibt, das zeigt, wie die FPÖ auf Veränderungen auf dieser Welt eingeht! Dreieinhalb Minuten - und er war darauf stolz und ist nachher dann noch herumgelaufen. Das ist es. Ich bin wirklich verwundert gewesen - ich sage das jetzt einmal so -, Kollegin Olischar, als Sie davon gesprochen haben, wie die ÖVP diese Positionen sieht, und sich hier vor allem für die Bauern stark gemacht haben. Das mag wohl einer der Beweggründe sein, aber man könnte sich auch für die Gesamtheit stark machen, und ich war überrascht, dass Sie die Stellungnahme, die Othmar Karas dazu gebracht hat - der Ihnen zumindest parteimäßig ziemlich nahesteht -, in keinster Weise erwähnen und nicht einmal ansatzweise einbringen, was dieses Thema auf europäischer Ebene bedeutet. Ich finde, wir sollten da wirklich gemeinsam etwas tun. Ich habe diese einheitliche Länderstellungnahme am 1. Februar 2023 auch deswegen immer wieder und immer wieder kritisiert, weil ich es immer in Frage gestellt habe, ob es wirklich Aufgabe einer Länderkommission ist, in einer Stellungnahme darüber zu sprechen, ob es zu unverhältnismäßigen Aufwänden kommt. Wenn in einer Länderstellungnahme steht, damit seien - im Zusammenhang mit einer Verpflichtung zur Zielerreichung - auch solche Maßnahmen zu setzen, die im Hinblick auf das zu erreichende Ziel einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so glaube ich nicht, dass es die Aufgabe einer Länderstellungnahme ist, solche Feststellungen zu beinhalten. Ich würde auch wirklich mehreres anders sehen und habe dementsprechend auch keinerlei Zustimmung zu dieser Länderstellungnahme gegeben. Wir - Kollegin Ursula Berner und ich - haben nicht nur auf Grund dieser Länderstellungnahme, sondern auch auf Grund anderer Stellungnahmen einen Antrag betreffend Fachenqueten zu einheitlichen Länderstellungnahmen eingebracht, um hier gemeinsam klar und deutlich zu sprechen. Wir haben den Wiener Gemeinderat in einem Beschlussantrag gebeten, eine Fachenquete dazu unter Beteiligung von VertreterInnen der Landesregierung, der Verwaltung - in dem Fall der MA 27 -, externer ExpertInnen sowie aller im Landtag vertretenen Fraktionen abzuhalten. Es wurde von der SPÖ und den NEOS auch zugestimmt, und seitdem warte ich. Dieser Antrag wurde am 22.2. eingebracht. Jetzt haben wir am 4. Juni die nächste Sitzung des Gemeinderätlichen Ausschusses für europäische und internationale Angelegenheiten, und am 4. Juni bekommen wir zu diesem Antrag exakt den gleichen Text von Herrn LR Hanke, wo nämlich dann drinnensteht - das habe ich ja mit der heutigen Ausschusseinladung bekommen -: "Dieser Antrag wurde fristgerecht in Behandlung genommen. Sobald diesbezügliche Stellungnahmen vorliegen, wird dem Ausschuss berichtet." - Diesen Text gibt es exakt gleich, ganz gleich, vom 25. März und vom 16. Mai, und ich finde es bedauerlich und finde es wirklich schade, wenn man wertvolle Dinge, die zumindest schon vorher gemeinsam hier im Gemeinderat abgestimmt wurden, dann nur entsprechend verwässert. (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich würde mich freuen, wenn wir es schaffen, gemeinsam endlich auch auf europäischer Ebene jene Dinge umzusetzen, die notwendig sind, damit hier in diesem Land und nicht nur hier in Österreich, sondern auch auf der ganzen Welt deutliche Veränderungen im Hinblick auf das Klima eintreten. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Die Restredezeit sind acht Minuten. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Stark. Ich erteile es ihm. Abg. Kilian Stark (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf ein paar Debattenbeiträge eingehen, nicht auf alles, aber auf das Wichtigste. Zwei Dinge sind mir wichtig: Uns wurde hier von der ÖVP Populismus vorgeworfen, und meine Vorrednerin von der Fraktion hat es schon klargemacht: Wir reden hier nicht davon, leider nicht davon, dass wir eine grüne Position vertreten. Wir reden nicht davon, dass man aus unserer Sicht alles Notwendige tut, sondern wir reden davon, dass man den nächsten Schritt tut, der nun einmal in einem großen Staatenverbund auf einem Kontinent, in einem Verbund von 450 Millionen EinwohnerInnen jetzt möglich wäre und der auch nötig ist. Es sind noch mehr Schritte nötig, aber das ist der, den wir als Nächstes machen können. Wir reden schon längst nicht mehr von einer grünen Position, sondern wir reden von einem Verhandlungsergebnis von Staaten, vom Parlament. Wir reden auch von einem Ergebnis, und ich finde es wirklich traurig, dass man jetzt auch einem Abstimmungsergebnis, dem viele EU-Staaten, aber zum Beispiel eben auch Othmar Karas - und man muss ja nicht sagen, juhu, er ist jetzt unser Fahnenträger, aber er war ja doch lange Zeit ein Vertreter auch der ÖVP und ist es, glaube ich, weiterhin - und viele andere EU-Abgeordnete aus Österreich zugestimmt haben, Populismus vorwirft. Das kann ich nicht nachvollziehen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Auch das, was zum Thema Enteignung gesagt wurde, will ich, gerade, wenn es von Seiten der ÖVP kommt, nicht unwidersprochen lassen. Während wir hier sitzen und stehen und über die Wiederherstellung und Reparatur der Naturökosysteme, die wir zum Leben brauchen, debattieren, sitzen im Osten von Wiener Neustadt Bauern und AktivistInnen und kämpfen gegen die Enteignung ihres Grundes und Bodens, ihrer Äcker, die die ÖVP vorantreibt. Wo Sie den Bauern vor der Wahl versprochen haben: Nein, es gibt keine Enteignung für den Straßenbau, kriegen jetzt nach der Wahl diese Landwirtinnen und Landwirte die Mitteilung über die Enteignung in ihre Postfächer, und sie sitzen auf ihren Äckern und verteidigen den Grund und Boden, auf dessen Grundlage unser Essen produziert wird, gegen die Betonierung, die die ÖVP vorantreiben will. Wenn Sie sich gegen Enteignung einsetzen wollen, dann setzen Sie sich bitte gegen die Enteignung für solche Klima-Killer- und Betonierungs-Projekte ein! (Beifall bei den GRÜNEN.) Jetzt sitzt auch wieder der Klubobmann der SPÖ im Saal - ich habe vorhin überlegt, mich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort zu melden, aber ich baue es in meine Rede ein: Sie haben davon gesprochen, dass Sie schon immer das Bewusstsein hätten, das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Natur und auch das Bewusstsein, dass dieses Wiederherstellungsgesetz für die Natur wichtig ist. Was ich mir gewünscht hätte, wenn Sie dieses Bewusstsein schon immer hatten, ist, dass sich dieses Bewusstsein auch im April in einem konkreten Abstimmungsverhalten ausgedrückt hätte. Dort hätte nämlich die Möglichkeit bestanden, Ja zu sagen, zu sagen, ja, wir haben dieses Bewusstsein, und die Taten folgen zu lassen, indem Sie sagen: Deshalb ermöglichen wir dieses Gesetz, das für unsere Lebensgrundlagen so wichtig ist! Ich finde gut, dass Sie Ihre vergangene Haltung überdenken. Das finde ich positiv, und darin möchten wir Sie auch unterstützen. Ich finde aber Ihre Argumentation unaufrichtig, wenn Sie hier sagen, das Gesetz wurde geändert - und es wurde ja geändert - und die Bedenken, die Sie haben, die Punkte, über die Sie sich beschweren, die wurden nicht gehört. Auf der anderen Seite sagen Sie, diese wurden gehört und jetzt passt es. Das hat alles davor stattgefunden, und zwar: Am 27. Februar hat das EU-Parlament das geänderte Gesetz - das aus unserer Sicht heruntergewasserte, das aber immer noch ein Schritt in die richtige Richtung ist - mit einer Mehrheit beschlossen. Dann ist der ganze März vergangen, und dann hat es im April die Abstimmung in der Landeshauptleutekonferenz gegeben, und dort - da war aus meiner Sicht lange genug Zeit, zu sehen, ja, den Bedenken wurde Rechnung getragen, es gibt ein geändertes Gesetz - wäre der Zeitpunkt gewesen, um zu sagen: Auf unsere Bedenken wurde eingegangen, und auf Grund dieser Änderungen stimmen wir jetzt zu. - Es reicht auch, dass das nur Wien macht, das ist das Schöne an dem Teil. Wir brauchen jetzt nur diese eine Änderung von einem Bundesland. Das wäre der Zeitpunkt gewesen, wenn Sie das Bewusstsein immer schon gehabt hätten. Jetzt hat es diese massive Kampagne von NGOs, von der Zivilgesellschaft gegeben - heute war wieder eine Demo am Ring vor den Büsten Ihrer Parteivorväter -, die das kritisieren, und auf Grund dessen haben Sie Ihre Haltung geändert. Auch das ist positiv, aber bitte tun Sie nicht so, als ob Sie immer schon die Fahnenträger des Umweltschutzes und des Naturschutzes gewesen wären, denn wenn Sie das gewesen wären, dann hätte die EU heute ein Gesetz zur Naturwiederherstellung und wir würden diese Debatte heute nicht führen. (Beifall bei den GRÜNEN.) So, jetzt möchte ich noch einmal ganz kurz darauf eingehen: Worum geht es? Viel wurde gesagt, aber es ist mir schon wichtig, noch einmal zu betonen, warum es so wichtig ist, dass wir eine gesetzliche Grundlage zur Wiederherstellung der Ökosysteme haben. Wir betreiben das. Ich finde und die meisten GRÜNEN finden, dass die Schönheit der Natur und die intakte Natur ein Wert an sich ist. Davon bin ich überzeugt. Davon muss man aber überhaupt nicht überzeugt sein, denn Naturschutz ist nun einmal Menschenschutz. Und warum machen wir das? Die Natur ist der Ast, auf dem wir sitzen. Wenn dieser zu brüchig wird, bricht er ab, und wir fallen hinunter, und es wird unschön. Es wurde schon gesagt, 80 Prozent der Ökosysteme sind in einem schlechten Zustand. Wir brauchen diese Ökosysteme zum Überleben. Und - auch gerichtet an die ÖVP: Wir brauchen diese nicht nur zum Überleben - ich finde das ja schon wichtig genug -, sondern auch die Wirtschaft braucht die Natur. 50 Prozent des BIPs sind davon abhängig, dass die Natur intakt ist, und sind davon abhängig, dass die Natur uns diese Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Was sind denn das für Dienstleistungen? Wir reden zum Beispiel in der Stadt immer von den Baumpflanzungen. Warum ist das wichtig? Weil wir das, was der Baum leistet, technisch überhaupt nicht ersetzen können. Der Baum holt das Wasser aus dem Boden und verdampft es über die Blätter, und das sind unsere natürlichen Klimaanlagen in der Stadt, das sind aber auch unsere natürlichen Klimaanlagen im Wienerwald, und die brauchen wir auch sonst für so vieles. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Herr Oberlehrer, danke!) Ich möchte auf ein Wiener Beispiel eingehen, wo das tatsächlich eine direkte Auswirkung hätte - wofür wir die EU nicht brauchen, Wien kann auch von sich aus tätig werden, ich glaube aber, dass es durchaus sinnvoll ist, das akkordiert zu machen -: der Wienfluss - ein ganz konkretes Beispiel. Vor 130 Jahren haben wir, oder unsere VorgängerInnen, die natürliche Verbindung zwischen dem Wienerwald und der Donau unterbrochen - mit der Kanalisierung des Wienflusses. Das heißt, seit 130 Jahren gibt es diese Verbindung nicht mehr. Wofür ist diese Verbindung nötig? Sie ist zum Beispiel nötig, wenn bei Starkregenereignissen große Wassermengen kommen. Dann werden alle möglichen Tiere aus dem Wienfluss im ersten Schritt in den Donaukanal geschwemmt und im Weiteren dann in den Donauhauptstrom. In der Vergangenheit konnten dann die Fische und andere Lebewesen wieder in den Wienfluss und über den Wienfluss in die Wiener Waldbäche aufsteigen. Die sind dort wichtig für die Sauberkeit des Wassers, für die Intaktheit des Ökosystems. Vor 130 Jahren wurde das unterbrochen, und jetzt hätten wir die Möglichkeit, das wieder zu reparieren. - Ein Beispiel dessen, worum es geht: Reparatur der Natur. Es gibt schon einen Teil, der renaturiert ist. Dort wird schon gezeigt, wie das funktioniert, nämlich technisch, aber es wird auch gezeigt, wie das für die Lebewesen funktioniert. Seit der Renaturierung des oberen Bereiches des Wienflusses haben sich dort über 60 Pflanzen- und Tierarten wieder angesiedelt, sorgen für ein intaktes Ökosystem in diesem Bach, sorgen dafür, dass das Wasser besser gereinigt wird, sorgen dafür, dass die Ufergebiete von Wurzeln festgehalten werden, und so weiter. Und darum würde es gehen: Dass wir das wieder bis nach unten machen - denn dass wir nach Starkregenereignissen Fische transportieren und oben wieder aussetzen, das ist ja nicht nachhaltig. Die Natur kann das und soll das von alleine können, denn wir werden immer mehr von diesen Ereignissen haben. Im Endeffekt geht es um die Intaktheit des Wienerwaldes, und der Wienerwald, wir wissen das, ist für Wien von immenser Bedeutung. Er ist nicht nur für die Naherholung von vielen Menschen notwendig, er ist nicht nur für die Luft notwendig, er ist nicht nur für die Sauberkeit des Wassers und als Hochwasserschutz wichtig - denn wenn dort ein Wald ist, dann hält dieser noch ein bisschen Wasser zurück -, er ist auch gerade in der Klimakrise wichtig für den Kaltluftstrom: Wir brauchen einen intakten Wienerwald, der kalte Luft produziert, von der wir dann profitieren. Hier werden wir auf Wiener Ebene weiter rangehen. - Und von diesen Beispielen gibt es in ganz Europa tausende. Genau darum geht es für 450 Millionen Europäerinnen und Europäer, vor allem für die kommenden Generationen, weil in dieser Klimakrise die Biodiversität wichtig für die Anpassung der Natur ist, damit wir weiterhin diese Dienstleistungen von der Natur bekommen können, dass die wiederhergestellt wird. Wir haben jetzt eine einzigartige Chance, dass wir das auf den Weg bringen. Wir werden das nicht hier lösen, sondern es braucht dafür die Taten des Bürgermeisters, des Wiener Landeshauptmanns. Was bis jetzt passiert ist, reicht offenbar noch nicht. Ich hoffe, dass noch weitere Schritte kommen werden. Wir werden auf jeden Fall dran bleiben und hoffen, dass Sie Ihren Worten dann im Anschluss auch Taten folgen lassen. Ich ersuche Sie darum. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Thomas Reindl: Die ÖVP ist lieb, und wir sind schuld!) Präsident Ing. Christian Meidlinger: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen. Wir haben noch Beschluss- und Resolutionsanträge abzustimmen. Zunächst den Antrag, eingebracht von der FPÖ, zum Thema EU-Renaturierungsgesetz. In formeller Hinsicht ist die sofortige Abstimmung verlangt. Wer für diesen Antrag ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist mit Stimmen der ÖVP, FPÖ und Klubunabhängigem zu wenig, und dieser Antrag findet nicht die notwendige Mehrheit. Wir kommen zum Antrag, eingebracht vom Grünen Klub, zum Thema Wien spricht sich für das EU- Renaturierungsgesetz aus. Auch da ist die sofortige Abstimmung verlangt. Wer für diesen Antrag ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind die GRÜNEN. Sie bleiben damit allein, und dieser Antrag findet auch nicht die ausreichende Mehrheit. Dritter Antrag betreffend EU-Renaturierungsverordnung, eingebracht von der SPÖ und den NEOS. Auch hier wird die sofortige Abstimmung verlangt. Wer dafür ist, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist die Zustimmung der GRÜNEN, der SPÖ, der NEOS gegen Volkspartei, Freiheitliche, Klubunabhängig und findet damit die Zustimmung. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Wege bekannt gegeben. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss um 11.02 Uhr.) Landtag, 21. WP 23. Mai 2024 33. Sitzung / 2 Landtag, 21. WP 23. Mai 2024 33. Sitzung / 20