Landtag, 3. Sitzung vom 29.01.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 48
sagt, ist es wahrscheinlich nicht zum ersten Mal das Problem.
Für uns als Wiener Landtag beziehungsweise als Bundesland Wien ist das, glaube ich, schon entscheidend, und die Rechtfertigung des Landesverwaltungsgerichtes sollte uns schon zu denken geben. Ich habe das auch schon sehr oft betont, auch bei den Berichten des Landesverwaltungsgerichtes, die ja regelmäßig in Hilfeschreie münden. Hier wird auch von der hohen Arbeitsbelastung der Richter gesprochen. Ich glaube, diese Berichte der Volksanwaltschaft sind eben auch Ausdruck jahrelanger Unterfinanzierung dieses wichtigen Gerichtes durch unser Bundesland. Wie gesagt, ich habe das schon mehrmals angesprochen, und auch der Präsident des Landesverwaltungsgerichtes hat immer wieder darauf hingewiesen, dass wir als Bundesland verantwortlich sind, diesem Gericht die nötigen Mittel bereitzustellen. Ich hoffe, dass sich das vielleicht mit der neuen Regierungsbeteiligung ein bisschen ins Positive umkehrt. Hier gibt es jedenfalls enormen Handlungsbedarf beziehungsweise Finanzierungsbedarf durch unsere Gebietskörperschaft, damit das funktioniert.
Wo es auch nicht so gut funktioniert, ist auch hier angeführt, bei den Gewerbebehörden. Auf Seite 55 ist angeführt - wir kennen das ja natürlich alle, auch in unserer Tätigkeit als Bezirksobleute, ehemalige Bezirksräte oder auch nahe an der Bevölkerung seiende Politiker -, dass es immer wieder Probleme mit Gastgewerbebetrieben gibt. Das schlägt dann bei der Gewerbebehörde auf, diese Nachbarschaftsbelästigungen. Auch hier hat die Volksanwaltschaft mehrere Fälle angeführt, wo es eben tatsächlich erst nach Einschreiten der Volksanwaltschaft teilweise die erforderlichen Tätigkeiten gegeben hat oder wo es wirklich auch lange gedauert hat. Auch das ist ein, glaube ich, großes Problem im tatsächlichen Dafürhalten der Bevölkerung, die das als solches auch tatsächlich wahrnimmt. Wenn man das Problem hat, neben oder oberhalb eines Lokals zu wohnen, wo es eben solche Probleme gibt, ist das mehr als unangenehm, wirklich extrem lästig. Und hier ist die Behörde dazu aufgerufen, rasch und auch effizient zu helfen und den gesetzlichen Bestimmungen zum Durchbruch zu verhelfen.
Auch angeführt ist natürlich, möchte ich einmal sagen, auf Seite 57 das Problem mit der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, das uns ja auch schon länger verfolgt und das in Wirklichkeit ungeheuerlich ist, dass hier der Wiener Landtag, das heißt, dass wir hier noch nicht reagiert haben. Das Problem kennen Sie, meine Damen und Herren. Das Land Wien hat am 1. Februar 2018 eine Novelle des Wiener Mindestsicherungsgesetzes in Kraft gesetzt, und im Jahr 2019 hat der Bundesgesetzgeber ein Grundsatzgesetz in dieser Materie erlassen. Das war zur Vereinheitlichung der österreichweit sehr unterschiedlichen Regelungen in diesem Bereich gedacht. Ich möchte jetzt darüber nicht die Diskussion führen, wir kennen das, wir wissen alle, dass das ein großes Problem ist, weil sich dann sozusagen die Anspruchsberechtigten aussuchen können, wo sie hingehen, wo es bessere Leistungen gibt. Das ist eigentlich nicht gewünscht, so groß ist Österreich auch wieder nicht, dass wir uns da neun verschiedene Regelungen leisten können. Es ist aber so. Der Bund hat das Grundsatzgesetz beschlossen und hat in diesem Grundsatzgesetz den Auftrag erteilt, dass die Ausführungsgesetze der Länder bis 1. Jänner zu erlassen und in Kraft zu setzen sind.
Wir wissen auch, dass der Verfassungsgerichtshof einzelne Bestimmungen dieses Grundsatzgesetzes aufgehoben hat, der Rest dieses Grundsatzgesetzes aber natürlich nach wie vor in Geltung ist und den Rahmen für die jeweiligen Bundesländer absteckt, die Ausführungsgesetze auszuführen. Und jetzt darf ich aus dem Bericht der Volksanwaltschaft auf Seite 58 zitieren. Da wird angeführt: „Das Land Wien ist der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, ein grundsatzgesetzkonformes Ausführungsgesetz zu erlassen, nicht fristgerecht nachgekommen.“ - Meine Anmerkung: Wir sind dem bis jetzt nicht nachgekommen! - Das hat zur Konsequenz, dass das Wiener Mindestsicherungsgesetz in jenen Bereichen, in den es den grundsatzgesetzlichen Vorgaben nicht entspricht, seit 1. Jänner 2020 verfassungswidrig ist.
Das heißt, wir leben seit über einem Jahr in diesem Bereich mit einem verfassungswidrigen Gesetz. Das ist eigentlich unvorstellbar. Ich darf weiter zitieren: „Es ist in rechtsstaatlicher Hinsicht mehr als bedenklich, wenn in Teilen verfassungswidrige Gesetze in Geltung stehen.“ - Diesen Satz kann man nur drei Mal unterstreichen. - „Folglich ist es nach Auffassung der Volksanwaltschaft dringend geboten, unter Ausnutzung der den Landesgesetzgebern - auch - nach Auffassung des VfGH im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung eingeräumten Spielräume so rasch wie möglich Rechtssicherheit durch Herstellung einer verfassungskonformen Rechtslage zu schaffen.“
Meine Damen und Herren, dieser Auftrag der Volksanwaltschaft ist wohl eindeutig, und es liegt an uns, diesem Auftrag nachzukommen. Ich halte es für ausgesprochen unangebracht, wenn dann immer wieder versucht wird, diese Tatsache, dass wir uns verfassungsgesetzwidrige Gesetze leisten, irgendwie zu relativieren.
Meine Damen und Herren, ich kann mich an einen gewissen Jörg Haider erinnern, der damals auch Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes mehr oder weniger negiert hat. Ja, das war auch falsch und das war auch nicht in Ordnung, und was hat es da für einen Aufschrei gegeben. Meine Damen und Herren, jetzt sind wir dazu aufgerufen, tatsächlich Verfassungsgesetze zu vollziehen und gesetzeskonforme Gesetze zu machen. Es ist eigentlich unerhört, dass wir das bis jetzt noch nicht zusammengebracht haben.
Ich darf mich bei der Volksanwaltschaft herzlich bedanken, dass sie das in der notwendigen deutlichen Sprache auch zum Ausdruck gebracht hat.
Ich möchte noch auf etwas aus diesem Bericht Bezug nehmen, und zwar den letzten Teilaspekt dieses Berichtes auf Seite 87. Diese Angelegenheit hatten wir auch schon in der neuen Periode im Wohnbauausschuss
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