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Landtag, 34. Sitzung vom 13.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 32

 

diese Stelle garantieren, im Jahr 2015 bei den nächsten Gemeinderatswahlen im wahrsten Sinne des Wortes Ihr blaues Wunder erleben! - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dipl-Ing Margulies. - Ich ersuche darum.

 

13.56.53

Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich verfolge diese Debatte recht interessiert. Seit ihrem Beginn habe ich mir alle Redner und Rednerinnen angehört.

 

Ich erlaube mir zunächst einmal eine Frage, weil ich das Gefühl habe, dass viel zu wenig auf Ursachen der jetzigen Situation, nicht nur in Wien, nicht nur in Europa, sondern der globalen Situation, Bezug genommen wurde, nämlich die Frage: Welche Rolle spielt die Religion tatsächlich in dem jetzigen Konflikt? Ich erlaube mir diese Frage als jemand, der weder der christlichen noch der jüdischen noch der islamischen Religion angehört. Ich bezeichne mich selbst als Atheist. Dennoch würde ich in diesem Zusammenhang der Religion sogar eine Lanze brechen. Es ist nicht die Religion, die momentan in den Krieg zieht. Es ist so, wie bei vielen anderen Konflikten, dass die Religion ein Nebengleis ist - das war in Nordirland und in vielen anderen Konflikten so - und dass die wahren Ursachen selbstverständlich die Fragen von Macht, Geld, Öl und vielen anderen Herrschaftsinteressen sind, aber die Religion, wie in vielen anderen Fällen auch, missbraucht wird.

 

Ich stelle eine zweite Frage, die heute hier viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat, nämlich für unsere Jugendlichen in Wien: Warum sind die Jugendlichen anfällig? Sind sie anfällig, weil sie wirklich zu Gott oder Allah gefunden haben und sich jetzt Heilsversprechen erwarten? Oder sind sie anfällig, weil ihnen etwas gegeben wird, was ihnen in Wirklichkeit die Gesellschaft hier, und ich betone hier, nicht nur Jugendlichen des muslimischen Glaubens, immer mehr verwehrt, nämlich Anerkennung? Erleben diese Jugendlichen nicht massivste Diskriminierungserfahrungen? Erleben sie nicht, dass die Perspektiven, die wir in unserem Alter noch gehabt haben, dahinschwimmen und eine Gesellschaft anstatt versucht, diesen Jugendlichen Chancen zu bieten, sie abschiebt, eine Gesellschaft diese plötzlich für irgendetwas verantwortlich macht, wofür sie überhaupt nichts können? Und dann kommt das Unverständnis in der FPÖ!

 

Ich erlaube mir eine Randbemerkung: Der Zweite Weltkrieg, 70 Jahre ist das Ende ungefähr her nächstes Jahr, und es gibt bei den Freiheitlichen immer noch Menschen, die dieses Regime verehren. Es gibt keine andere Partei, die so ein Naheverhältnis zu Menschen hat, die wegen Wiederbetätigung verurteilt wurden, wie die FPÖ. Da weiß schon ein jeder historisch, welches Verbrecherregime das war, und trotzdem haben Sie solche Menschen in Ihren Reihen. Und da glauben Sie, dass ein 14-jähriger Jugendlicher mit Diskriminierungserfahrung, der erlebt, sogar in Wien bedauerlicherweise erlebt und von Ihnen Tag für Tag aufs Neue auch darauf hingewiesen wird, dass er hier eigentlich unerwünscht ist, widerstehen kann, wenn da eine Verheißungslehre kommt, die ihm alles verspricht. Es scheint vollkommen absurd, dass man darauf hineinfällt, genauso absurd und verbrecherisch, wie man auf die Nazi-Ideologie hineingefallen ist. Das erlaube ich mir hier schon zu betonen.

 

Ich glaube, dem kann man nur dann entgegentreten, indem man nicht kurzfristige Lösungsversuche anstrebt, sondern indem man wirklich versucht, diesen Menschen neue Perspektiven zu eröffnen. Und um das geht es. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Auf Kosten der Steuerzahler!) Auf Kosten der Steuerzahler. Schauen Sie, die Kosten, die wir alle zu tragen haben, wenn sich solche Ideologien wie der Islamische Staat – und ich sage bewusst Ideologie und nicht Religion dazu – weiterverbreiten, sind für uns alle nicht abschätzbar. Lieber sollten wir alle hier in Europa, alle Staaten, Geld in die Hand nehmen und versuchen, mit den Jugendlichen hier zu arbeiten, versuchen, endlich die Ausgrenzung, der seit vielen Jahrzehnten, und nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa, Muslime und ganz allgemein Zuwanderer ausgesetzt sind, zu beenden. Glauben Sie im Ernst, dass, wenn es uns allen gut gehen würde, uns allen in Österreich, in Europa würde die Wirtschaft blühen und den Menschen würde es gut gehen, dann wirklich massiv Menschen in einen Krieg ziehen würden, wo die meisten von ihnen nach kurzer Zeit erkennen, dass es überhaupt nicht so ist, wie es ihnen versprochen wurde? Glauben Sie das wirklich? Ich glaube das nicht. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Das ist Ihre Ansicht!)

 

Was ich jedoch glaube – und daran kann alle Prävention nichts ändern, und ich denke, auch das muss man einmal ansprechen –: Es gibt immer wieder Menschen, die angesprochen werden von extremistischen Ideologien. Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere von der FPÖ, Sie wissen, dass es diese Menschen gibt. Sie haben und Sie hatten sie zum Teil in Ihren eigenen Reihen. Diese Menschen gibt es, aber es sind nicht so viele, wie Sie glauben. Wenn wir gemeinsam versuchen, allen Menschen, egal, woher sie kommen, egal, welche Religion sie ausüben, mit dem notwendigen Respekt entgegenzutreten – und das erwarte ich mir von uns allen –, dann, so glaube ich, können wir es auch schaffen.

 

Wir versuchen diesen Weg in Wien, und Senol Akkilic hat das, glaube ich, ausführlich erklärt, dass Wien mit zu den Ersten in Österreich gehört, die tatsächlich versucht haben, positiv mit den Jugendlichen zu arbeiten, und das zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Wenn wir darauf gewartet hätten, dass Sie heute eine Sondersitzung einberufen, wäre vieles zu spät. Danke Senol, danke Sandra Frauenberger, danke Christian Oxonitsch für diese Zusammenarbeit. Ich denke, sie funktioniert hervorragend.

 

Und das ist es, was ich Ihnen vorwerfe. Sie hetzen

 

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