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Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 75

 

zum Schluss gesprochen, damit ich auf alle Redner eingehen kann. Aber dann machen wir das eben jetzt.

 

Ich wollte zu dem bisher Gesagten sagen, es sind einige Fragen aufgetaucht, die nicht zwingend etwas mit den Kompetenzen der Europäischen Union zu tun haben. Ja, wir wollen die Wirtschafts- und Sozialunion! Aber wir haben eine Imbalance zwischen Wirtschaftskompetenz und Sozialkompetenz. Wer die Wirtschafts- und Sozialunion will - wie wir -, der muss auch in den Mitgliedsstaaten und den Regionen konkret sagen, in welchen Bereichen alleinige nationale Kompetenz vergemeinschaftet werden soll!

 

Vom Begriff allein, es gibt zu wenig sozial, schaffen wir bei den Bürgern den Eindruck, als würden wir zu wenig tun, obwohl die Realität ist, dass wir nicht alles das, was wir tun wollen, auf Grund der Kompetenzsituation auch tun können. Ich lade Sie gerne ein, mit uns und mit dem Sozialminister und den Sozialpartnern einen gemeinsamen Forderungskatalog aus Österreich zu erarbeiten, wie wir uns im Sozialbereich die europäischen Kompetenzen vorstellen.

 

Mein zweiter Punkt ist: Es ist gesagt worden, heute Nacht haben die Finanzminister bei der Frage Crisis Management entschieden. Endlich haben die Finanzminister einen gemeinsamen Standpunkt! Das Parlament hat zu diesem Bereich bereits im Mai seinen Standpunkt im Plenum formuliert. Jetzt geht es aber darum, dass wir miteinander die Verhandlungen beginnen können. Finanzminister können allein nur dann entscheiden, wenn wir die Einstimmigkeit und daher nicht die Gemeinschaftskompetenz haben. In der Frage, die heute Nacht im Rat entschieden wurde, gibt es eine Gemeinschaftskompetenz, sodass jetzt die Verhandlungen mit dem Parlament beginnen können.

 

Ich muss auch sagen, die Entschließung über die Finanztransaktionssteuer, die hier auf den Tisch gelegt wurde, entspricht den Forderungen des Europäischen Parlaments, die wir in diesem Juli, nächste Woche, beschließen werden. Steuerfragen sind aber Einstimmigkeitsfragen, und einstimmig sind nicht europäische Kompetenz. Es ist österreichische Position, dass am 1.1.2014 die Finanztransaktionssteuer in Kraft treten kann. Sie ist aber nicht europäische Kompetenz, sondern sie ist nationale Kompetenz, und daher ist die Frage: Wer ist der Adressat?

 

Wir müssen schon auch aufpassen, dass wir nicht ständig Themen an die Europäische Union herantragen, wozu wir aber nicht bereit sind, der Europäischen Union dafür die Gemeinschaftskompetenzen zu übertragen und so zu tun, als würden die Europäische Union und das Europäische Parlament auf diesem Gebiet nicht genau das tun, was die Bürgerinnen und Bürger in Österreich, die österreichische Bundesregierung, der österreichische Nationalrat und der Wiener Landtag in dieser Frage auch tatsächlich wollen.

 

Wenn die Kollegen von der FPÖ sich so sehr gegen das Wort der Vereinigten Staaten von Europa wehren (Abg Mag Wolfgang Jung: Richtig!), dann sage ich ihnen: Schauen wir doch einmal der Realität in die Augen! Die Realität ist, dass wir derzeit 20 Prozent des Wirtschaftsvolumens der Welt in der Europäischen Union produzieren, und auch, wenn wir gleich viel arbeiten, wenn wir gleich viel leisten, das in den nächsten Jahren auf Grund der Globalisierung auf unter 10 Prozent gehen wird.

 

Faktum ist, dass wir zur Stunde fast 8 Prozent der Weltbevölkerung sind und in den nächsten Jahren auf Grund der demographischen Entwicklung auf unter 4 Prozent sinken. Faktum ist (Abg Mag Wolfgang Jung: Deswegen müssen wir ...), dass auf Grund der Telekommunikation, der neuen technischen Entwicklung Zeitzonen, Sprachunterschiede, Entfernungen nahezu keine Rolle mehr spielen, wir global im Wettbewerb stehen und die künftige Auseinandersetzung primär eine kontinentale und nicht mehr ausschließlich eine nationale oder regionale sein wird.

 

Wenn wir nicht die Europäische Union zu einer politischen Union weiterentwickeln und die Staaten Europas politisch vereinen, haben wir die Gefahr, dass wir zum Verlierer der Globalisierung werden. Das geht auf Kosten von Beschäftigung und sozialer Sicherheit, und das wollen wir nicht! Weil die grenzüberschreitenden Aufgaben mehr werden, muss die Zusammenarbeit grenzüberschreitend stärker werden. Die Europäische Union ist das politische Projekt dafür, das wir in diesem Sinne weiterentwickeln müssen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.)

 

Meine Damen und Herren! Auch noch ein Wort, zwei Sätze noch, damit ich auch noch ein bisschen Zeit zum Schluss habe. Es wird ständig darüber geredet, dass das Europäische Parlament stärker werden soll. – Ich muss Ihnen sagen: Wir sind seit dem Lissabon-Vertrag gleichberechtigter Gesetzgeber mit dem Rat. Wir haben nur eines nicht, nämlich die gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen für alle Fragen, die wir europäisch lösen müssen, weil sie uns die Mitgliedsstaaten noch nicht ausreichend gegeben haben. Und jetzt werde ich auch einmal hart: Das ist nicht zuletzt auch auf Grund vieler Fehlargumente der Fall, die Sie in die öffentliche Debatte bringen und mit denen Sie die Innenpolitik gegen die Europapolitik und den Ausländer gegen den Inländer ausspielen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

 

Solidarisch ist ein wichtiges Schlagwort. Die Europäische Union lebt davon, dass wir die Grundrechts-Charta, die sozialen Grundrechte, den Respekt voreinander und die Rücksichtnahme aufeinander stärken. Wenn wir das nicht tun, dann können wir die Gemeinschaftsaufgaben nicht erfüllen. Darum bitte ich Sie, dass wir eher versuchen, Rücksicht aufeinander zu nehmen und Verständnis füreinander zu zeigen, statt mit dem Finger aufeinander zu zeigen!

 

Damit bin ich bei der Frage des Initiativrechts. Die Banker-Boni sind auf Initiative des Europäischen Parlaments gedeckelt worden. Das Risikogewicht für Kredite für klein- und mittelständische Unternehmen bei Basel III ist auf Initiative des Europäischen Parlaments gesenkt worden. Die Retail-Grenze für Kredite wurde auf Initiative des Europäischen Parlaments mit 50 Prozent festgesetzt. Und eine Bankenaufsicht mit Durchgriffsrecht, die hier gefordert wird, werden wir ab 1.1.2014 europaweit bekommen. Das hat das Europäische Parlament bereits

 

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