Landtag, 12. Sitzung vom 30.03.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 55
Vizepräsidenten des Bundesrates Mag Himmer. Er hat gegenüber der Öffentlichkeit in einer Erklärung am 17. Februar 2012 klargestellt, was er möchte. – Er sagt: „Ich möchte nicht anders behandelt werden als irgendein anderer Staatsbürger und bitte daher, dass meine Immunität aufgehoben wird. Den Behörden Rede und Antwort zu stehen, sehe ich als den direktesten Weg, um zur Aufklärung der haltlosen Vorwürfe gegenüber meiner Person beizutragen.“
Das ist richtig! So soll es sein! Das soll heute geschehen. Herr Klubobmann Ellensohn! Kehren Sie vor Ihrer eigenen Türe!
Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Dipl-Ing Margulies. Ich erteile es.
Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist leicht gesagt: Wenn wir vor unserer Türe kehren, sind wir schnell fertig. Wenn hingegen Sie den Besen in die Hand nehmen, dann geben Sie ihn ein Jahr lang nicht mehr ab. Das ist der Unterschied zwischen den GRÜNEN und der ÖVP! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Sie sprechen gegenüber meinem Klubobmann von übelster Demagogie, obwohl ganz Österreich mittlerweile weiß, dass die ÖVP nicht sauber ist. Das ist tatsächlich Chuzpe!
Über die Situation kann man streiten, und es gilt die Unschuldsvermutung. Man kann darüber streiten, ob der eine oder andere in der ÖVP tatsächlich das getan hat, was ihm vorgeworfen wird. Aber: Würden nicht Abgeordnete, insbesondere der GRÜNEN, recherchieren und Dinge aufdecken, dann wäre viel nicht ans Tageslicht gekommen, und ich erinnere daran, dass es in den letzten zehn Jahren de facto ausschließlich FPÖ- und dann ÖVP-Justizminister gegeben hat, die sehr wohl alles dazu beigetragen haben, dass manche Angelegenheiten nicht rechtzeitig verfolgt werden konnten und erst jetzt auf der Tagesordnung stehen.
Wie gesagt: So einfach darf man es sich auf Seiten der ÖVP nicht machen! Und es ist traurig und mittlerweile für die Politik in Summe erschütternd, dass tatsächlich für die ÖVP der Generalverdacht gilt. Es gilt der Generalverdacht, dass Sie tatsächlich Politik in dem Sinne betreiben: Wer zahlt, schafft an! Und was wir längst wissen wollen und was Sie seit vielen Jahren verweigern, ist, dass anhand eines Parteientransparenzgesetzes offen gelegt wird, wer die ÖVP finanziert und in welchem Interesse die ÖVP agiert. Es werden Spenden über die Industriellenvereinigung, und zwar nicht ein paar 100 oder 1 000 EUR – nein! –, sondern ein paar 100 000 EUR und noch viel mehr, in die ÖVP hineingeschleust, und es wird nicht gesagt, von wem diese Spenden kommen!
Herr Dr Ulm! Daher bin ich leider enttäuscht, dass die Wiener ÖVP nicht – wie im Artikel des Kollegen Ellensohn angesprochen – zu denjenigen Landesparteien zählt, welche die Vorkommnisse auf Bundesebene massiv kritisieren. Vielmehr haben Sie heute genau das Gegenteil getan. Sie haben das getan, was Sie immer tun, nämlich die Mauer machen: Es darf ja nichts nach außen dringen und untersucht werden!
Sie müssen sich den Generalverdacht gefallen lassen. – Ich danke.
Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Ellensohn. Ich erteile es.
Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich lese nur ein paar Zitate vor. Vorarlberger Landeshauptmann: „Die jüngsten Turbulenzen sind im höchsten Maße unerfreulich.“ Oberösterreichischer Landeshauptmann: „Die Ehrenamtlichen sind wütend und zornig.“ Pühringer geht noch weiter: „Die Vorkommnisse sind ein Schlag ins Gesicht vieler kleiner Funktionäre. Man muss ein ernstes Wort mit der Parteiführung reden.“
Man findet die Überschrift: „Landesparteien über jüngste ÖVP-Skandale verärgert.“ Hier müsste als Untertitel stehen, Landesparteien außer der Wiener ÖVP. – Die Wiener Politik wird immer ein bisschen mit der Bundespolitik vermischt, so geht es uns, und so geht es offensichtlich auch Ihnen. – Sie identifizieren sich nicht mit acht Landesorganisationen, die das offensichtlich als Skandale sehen. Das sind ja nicht wir! Es rufen unglaublich viele Leute bei uns an und schimpfen mittlerweile mehr über Sie. Früher haben auch Leute angerufen, die gegen uns irgendetwas haben. Mittlerweile rufen sie uns an und sagen, es ist ein Wahnsinn, was die alles aufführen dürfen!
Schauen wir jetzt einmal quer über Europa! Es ist ja nicht so, dass alle Parteien immer überall skandalfrei wären. Aber es läuft immer ungefähr nach einem ähnlichen Muster. Wenn man hin und wieder jemanden erwischt, der irgendwie zu der progressiven Seite gehört, dann denkt man sich meist, das sind Kleinigkeiten, kleine Summen: Madonna, warum tut der das? Dort aber, wo die Millionen fließen und das große Geld ist, sind es immer wieder Konservative, hinsichtlich welcher Generalverdacht besteht, nicht nur im Hinblick auf die ÖVP. Wo gibt es denn gerade einen Skandal? – In England sind zum Beispiel die Konservativen an der Regierung, und was tut der Finanzchef David Camerons? – Er verkauft Mittagessen um 300 000 Pfund. Weil jemand gerne dort sitzt und ein Familienfoto mit Cameron hat, deswegen zahlt er 300 000 Pfund. So blöd sind wirtschaftstreibende Millionäre? Tun sie das mit ihrem Geld? Hauen sie es durch die Gegend? Nein! Sie gehen natürlich dort essen, weil sie sich etwas erhoffen!
Solche Vorfälle gibt es in Wahrheit ununterbrochen. Es ist kein Einzelfall, dass Harry Himmer heute angeklagt ist. (Abg Ing Isabella Leeb: Nein! – Abg Dr Wolfgang Ulm: Das ist völlig falsch! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Entschuldigung! Er wird ausgeliefert! Es besteht Generalverdacht. Ja! Ja! Herr Jurist! Ich sage es jetzt anders, damit es juristisch passt: Er wird heute ausgeliefert. Der Verdacht wird überprüft.
Aber ist er der Einzige? – Schauen wir uns einmal eine Umfrage an, was die Leute draußen glauben! Glauben die Leute, dass alle Parteien gleich korrupt sind? Glauben das die Leute? Es gibt diesbezügliche Umfragen. Hunderte Umfragen, die sich damit beschäftigen, werden das ganze Jahr zitiert. Dabei geht
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