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Landtag, 11. Sitzung vom 27.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 68

 

der FPÖ.)

 

Wir sind auch gegen eine Umverteilung, wenn wir selbst Schulden machen müssen, um Schulden für andere zu bezahlen. Das ist aus unserer Sicht in Wirklichkeit Hochstapelei, Schulden zu machen, um anderen die Schulden zu bezahlen, meine Damen und Herren! Das ist nicht unsere Politik!

 

Wir haben heute hier formal am Programm das Wiener Dienstleistungsgesetz. Das zeigt typisch und deutlich, warum wir gegen dieses Europa sind. Dieses Dienstleistungsgesetz gibt an sich nichts zum Debattieren her, es ist eine reine formalrechtliche Angelegenheit. Warum? Weil wir in Wirklichkeit in diesem Europa nichts zu sagen haben, auch nicht als Parlament, auch nicht als Nationalrat. Wir haben fast alle unsere Rechte schon ohne Wenn und Aber verkauft. Wir müssen umsetzen, was uns aufs Auge gedrückt wird. Deswegen sage ich gleich, wir werden diesem Gesetz nicht zustimmen.

 

Ich gebe Ihnen ein einziges Beispiel. § 2 sagt, den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechende Regelungen, die auf Gemeinschaftsrecht beruhen und Dienstleistungen regeln, gehen diesem Gesetz vor, so wie in vielen Bereichen eine Anordnung eines Kommissars unserer Verfassung vorgeht. Wir sind nur mehr ein Teil einer Befehlskette und wir können als Parlament kommentieren, so wie in weiten Teilen auch das Europaparlament, wir können aber nicht wirklich mehr freie Entschlüsse fassen, selbst nicht mit Verfassungsmehrheit.

 

Jetzt ist zwei Mal Ungarn massiv kritisiert worden. Es gibt Punkte, die man in Ungarn kritisieren kann, aber mich wundert schon, dass sich die großen Vertreter derjenigen, die immer für Volksabstimmungen und so weiter sind, gegen ein Volk wenden, das diese Regierung mit Zweidrittelmehrheit gewählt hat. Dass die Wahl demokratisch war, wurde damals nicht bestritten. Wir haben Angst davor, dass diese Union auch uns vorschreiben wird, auch wenn wir eine große Mehrheit bei uns haben, was wir zu tun haben. Gegen diese Union, meine Damen und Herren, sind wir vehement! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Wir haben hier als Hauptbegründung gegenwärtig, und das haben alle Österreicher, weil wir dafür zahlen müssen, einen Punkt vor Augen. Das ist die gegenwärtige Entwicklung mit den Krisenstaaten, vor allem mit Griechenland an der Spitze, wo man uns doch pausenlos an der Nase herumführt. Ich erspare es mir, meine Damen und Herren, Ihnen die Liste vorzulesen, wie viele Konferenzen zur Eurokrise wir seit 2008 gehabt haben, auch nicht wie viele allein schon seit 2011 und heuer wieder dazu und wie viele wir heuer noch haben werden. Jedes Mal hat man uns gesagt, die Geschichte ist gelöst. Jedes Mal hat man uns gesagt, es gibt keinen anderen Ausweg. Bitte, was soll denn das, meine Damen und Herren! Es gibt keinen anderen Ausweg! Kürzlich sagt Herr Swoboda, jetzt müssen wir aus Solidarität brennen. Ich weiß nicht, was den Herrschaften noch alles einfallen wird, um uns hier in Österreich zu verschulden.

 

Jetzt sage ich Ihnen schon, beschäftigen Sie sich wirklich einmal mehr mit dem, was dahintersteht. Stellen Sie sich vor, Griechenland ginge in die Pleite. Wir haben dort ungefähr 2 Milliarden EUR ohnehin schon für den ersten Schirm eingezahlt und etwas über 21 Milliarden EUR Haftungen. Stellen Sie sich vor, diese Haftungen werden im März oder April schlagend. Das heißt, wir müssen 20 Milliarden EUR auf dem europäischen Kreditmarkt aufnehmen. Von wo kriegt man die denn? Nicht nur wir, alle Garantieländer müssten aufnehmen. Das heißt, die Zinsen schnalzen in die Höhe. Und wir haben jetzt schon Überlegungen, wie wir unsere eigene Neuverschuldung finanzieren werden! Überlegen Sie sich das einmal, meine Damen und Herren!

 

Oder der andere finanzpolitische Irrsinn: Die Europäische Zentralbank gibt 500 Milliarden EUR an europäische Banken her. Ich war neulich bei meiner Bank und habe um die Zinsen verhandelt. Das muss jeder tun, sonst kriegt er weniger als die Hälfte der Inflationsrate. Da habe ich zum Bankchef gesagt: „Wie ist denn das? Warum wollt ihr überhaupt noch ein Geld von uns? Bei der Zentralbank kriegt ihr es um 1 Prozent auf 3 Jahre, mir müsst ihr immerhin 1,7 Prozent geben. Das zahlt sich ja gar nicht mehr aus, Kunden zu haben." - Das alles sehen auch die Sozialdemokraten offenbar nicht. Dort müssen sie hinschauen. Hier wird wirklich von den Banken in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union Schindluder getrieben, meine Damen und Herren! Das alles wird aber dem Bürger nicht gesagt. Der Bürger hat nur das unbestimmte Gefühl, hier läuft einiges falsch und es wird über ihn hinweggefahren. Allein die perverse Situation - so ängstlich sind die Menschen -, dass man in Deutschland bei der letzten Staatsanleihe gewusst hat, dass man weniger Geld herauskriegen wird, als man hineinzahlt, nur damit man einigermaßen Sicherheit hat, zeigt, wie pervertiert die Situation auf diesem Finanzmarkt ist.

 

Sie bei der ÖVP, die mittlerweile fast geflüchtet ist, haben dazu Ja gesagt. Sie vertreten Ihre Vertreter. Das ist es. In vielem, was sie gesagt hat, kann ich Frau Dr Vana recht geben. Nicht bei der Umverteilungsgeschichte, aber ansonsten. Hier wird über die Bürger hinwegregiert und hier werden sie für dumm verkauft, von den sogenannten glühenden Europäern, die einfach nichts mehr wissen, die einen Tunnelblick haben, weil sie nicht mehr hinaussehen, was sie tun sollen, und die Krise, ich würde fast sagen, Katastrophe, in Wirklichkeit mit diesen Maßnahmen verlängern, die wir als Bürger bezahlen werden, nicht nur wir, nicht einmal mehr unsere Kinder, sondern unsere Enkel.

 

Wir haben vorige Woche eine Kreditanleihe aufgenommen, die in 50 Jahren zurückzuzahlen sein wird. In 50 Jahren! Das ist ungefähr wie beim Versailler Vertrag. Da haben wir auch noch so lange zurückzahlen müssen. Wo ist hier die Verantwortung dieser Politiker in unserer Regierung, meine Damen und Herren? Mahnen sie diese ein und denken Sie einmal selbst ein bisschen nach! Lesen Sie ein bisschen mehr Wirtschaftsseiten! Dann wird Ihnen einiges ziemlich schlimm vor Augen vorkommen.

 

Dann gibt es eine demokratische und nicht wirklich legitimierte Kommission, die über alle drüberfährt. Wie wenig das Europäische Parlament, das angeblich die

 

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