Landtag,
6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 90
als Existenzsicherung für die an der Armutsgrenze
lebenden Österreicher sicherzustellen, zu erhalten und anzuheben. Das
hat unsere Aufgabe als österreichische Politiker zu sein, für Staatsbürger, die
unter der Armutsgrenze leben müssen, auch dementsprechend die soziale Absicherung
sicherzustellen! (Beifall bei der FPÖ.)
Solange es da keine Änderungen gibt, die diese
unglaublichen Fehlentwicklungen korrigieren und ausschalten, werden wir solchen
Änderungen keine Zustimmung geben und können so etwas auch nicht mittragen, weil
wir das nicht für sozialpolitisch verantwortlich und verantwortungsvoll
erachten. Wir werden daher dieses Gesetz, das von der Europäischen Union als
Richtlinie vorgegeben wurde, ablehnen. Wir wollen solche Diktate aus Brüssel
schon gar nicht.
Was wir vermissen, das halte ich noch einmal fest.
Wir bedauern es zutiefst, dass die Sozialdemokratie jetzt offenbar völlig vor
der Europäischen Union kapituliert hat und überhaupt nicht bereit ist,
irgendwelche Schutzmechanismen einzubauen, dass jetzt bald die muntere Öffnung
der Gemeindebauten endgültig losgeht und dass auch im Sozialhilfebezieherkreis
die völlige Erweiterung heute von Ihnen offenbar festgemacht werden wird. Wir
werden die österreichische Bevölkerung darüber aufklären, wie unverantwortlich
Sie mit dieser Frage umgegangen sind. (Beifall
bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Bevor wir die
zusammengelegte General- und Spezialdebatte zum Wiener Sozialhilfegesetz
fortsetzen, habe ich eine Mitteilung zu machen. Um 11.03 Uhr musste Herr
Abg Mag Neuhuber aus dringender familiärer Angelegenheit die Sitzung verlassen,
er gilt seither als entschuldigt.
Als nächste Rednerin hat sich Frau Mag Alev Korun zum
Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Abg Mag Alev Korun
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Nach
so einer Rede fällt mir eigentlich nichts anderes ein, als zu sagen: Man kann
gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Es
wäre nicht die FPÖ, würde sie nicht ständig sagen: Die Ausländer sind schuld,
die Ausländer sind schuld, die Ausländer sind schuld. Das sind wir inzwischen
teilweise leider gewohnt. Trotzdem muss es in einem Haus mit demokratisch
gewählten Repräsentanten und Repräsentantinnen auch Grenzen geben. Das ist
einfach ungustiös, völlig abzulehnen, inakzeptabel und rassistisch, was Sie
hier von sich gegeben haben, Herr Kollege Strache! (Beifall bei GRÜNEN und
SPÖ. - Abg Heinz-Christian Strache: Man muss ja nicht jeder unsinnigen
Bemerkung, die Sie machen, auch noch ... folgen lassen!)
Ich möchte mich eingangs auch dagegen verwahren, wie
Sie mit meinen angeblichen Aussagen umgehen und wie Sie versuchen, sie zu
verdrehen und sie in Ihrem Sinn zu verwenden und zu missbrauchen. Es würde
jetzt zu viel Zeit in Anspruch nehmen, und ich habe nicht vor, meine gesamte
Rede auf den Schmutz, den Sie hier von sich gegeben haben, zu konzentrieren.
Deshalb werde ich nicht einzelne Punkte korrigieren. Es war auch etliches von
dem, was Sie behauptet haben (Abg Heinz-Christian Strache: Der Einzige, der
mit Schmutz und mit Dreck wirft, sind Sie!), zum Beispiel zum Bezug der
Familienbeihilfe von ausländischen Staatsangehörigen (Abg Heinz-Christian
Strache: Der Einzige, der mit Schmutz und mit Dreck wirft, sind Sie!) - etliches,
was Sie dazu gesagt haben, war auch falsch. (Abg Heinz-Christian Strache:
Der Einzige, der mit Schmutz und mit Dreck wirft, sind Sie!)
Wenn ich darf, würde ich jetzt gern meine Rede
fortsetzen, weil ich im Moment am Wort bin. (Abg Mag Harald STEFAN: ...nicht
nur Hetze! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich verwahre mich, ich
betone es noch einmal, ich verwahre mich dagegen, dass Sie meine Aussagen zu
Ihren rassistischen und ausgrenzenden Propagandazwecken missbrauchen! (Beifall bei den GRÜNEN. - Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Nun zum Thema. Herr Strache hat auch insofern eine
Themenverfehlung begangen, als es bei der vorliegenden Vorlage nicht um die
Öffnung der Gemeindebauten oder überhaupt um Gemeindebauten geht. Sie dürften
es verschlafen haben (Abg Heinz-Christian Strache: Die sind schon geöffnet!),
aber die Gemeindebauten sind seit Jänner 2006 geöffnet, wie das die
EU-Richtlinie vorsieht (Abg Heinz-Christian Strache: Das ist die
Fortsetzung!), die Österreich genauso wie auch jedes andere Mitgliedsland
umzusetzen hat und unserer Meinung nach sowieso viel zu spät umgesetzt hat.
Hier und heute geht es um die Sozialhilfe.
Zu den Fakten: Sozialhilfe ist in Wien nicht
existenzsichernd, die durchschnittliche Sozialhilfe für eine Einzelperson von
640 EUR im Monat ist deutlich unter der Armutsgefährdungsgrenze. Wir haben
uns das alles ausgerechnet. Die Sozialhilfe pro Person würde höchstens, also
maximal, 712 EUR betragen, und das ist auch noch deutlich unter der
Armutsgefährdungsgrenze.
Tatsache ist, dass die Zahl der Sozialhilfebezieher
und -bezieherinnen seit 2000 in Wien explosionsartig gestiegen ist. Das weiß
auch die Wiener SPÖ ganz genau. Tatsache ist, dass inzwischen 72 Prozent
der Sozialhilfebezieher und -bezieherinnen eine Richtsatzergänzung erhalten.
Das heißt, 72 Prozent der Personen, die in Wien auf Sozialhilfe angewiesen
sind, haben bereits ein Einkommen; sie sind entweder erwerbstätig oder beziehen
Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe und können von diesem Einkommen eben nicht
leben, weshalb sie auf zusätzliche Unterstützung von der Kommune angewiesen
sind. Das alles sind Fakten, die belegen, dass der Arbeitsmarkt, die
Arbeitswelt sich verändert hat und weiter verändert.
Wir GRÜNE sagen, mit Konzepten aus
den 70er Jahren, mit einem veralterten Sozialhilfemodell, das leider sowohl in
Wien als auch im Bund gilt, ist dieser Armut, dieser neuen Qualität der Armut
nicht beizukommen. Das weiß die Wiener SPÖ eigentlich auch, beziehungsweise sie
müsste es schon längst wissen. All diese Daten belegen, dass wir mit einem
Sozialhilfemodell, das noch dazu in neun Bundesländern neunmal
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