Landtag,
8. Sitzung vom 25.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 48
Zukunft gewährleistet ist.
Um gleich alle Missverständnisse auszuschalten: Das
heißt nicht, dass ich sage, es soll sich generell an Öffnungszeiten nichts
ändern oder es muss sich nichts ändern, denn ich darf darauf hinweisen, dass
der Kollektivvertrag meiner Erinnerung nach bei den Handelsangestellten
38,5 Stunden festlegt, die heutigen Öffnungszeiten aber 66 Stunden
pro Woche sind. Wenn es daher gewünscht wird, auf 72 Stunden pro Woche
anzuheben, dann muss man das dem selben Prozess unterlegen, den es auch in der
Vergangenheit bereits zur Erreichung der 66 Stunden gegeben hat. Das
heißt, man hat Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern, den
Wirtschaftsvertretern und den Arbeitnehmervertretern zu führen, um zu dieser
Aufstockung zu kommen. Das ist ein ganz normaler Prozess, wie er in der
Vergangenheit durchaus erfolgreich von den 40 Stunden auf die
66 Stunden schon durchgeführt wurde.
Den Sonntag - ich sage das unmissverständlich - soll
man in Ruhe lassen.
Präsident Johann Hatzl: Die erste
Zusatzfrage, Herr Abg Dr Tschirf.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann!
Auch der Bundeskanzler und der zuständige
Wirtschaftsminister haben den Sonntag außer Frage gestellt.
Die Frage daher an Sie:
Können Sie sich vorstellen, so wie es auch in den anderen Bundesländern der
Fall ist, hier auf rechtlicher Ebene in Wien entsprechende Festlegungen zu
treffen? Sie haben bei der vorigen Runde der Fragestunde etwa auf das Wasser
hingewiesen. Ist Ihnen der Sonntag auch so viel wert, dass Sie ihn rechtlich
verankern wollen?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr
Klubobmann!
Seien Sie mir nicht böse, aber die Frage der
Wasserversorgung ist eine, so denke ich, auch im europäischen Kontext sehr
wichtige Frage. Diese jetzt mit dem Sonntag zu vergleichen, scheint mir ein
bisschen an den Haaren herbeigezogen zu sein.
Wenn es
nützlich ist, diesen Grundsatz, den wir alle teilen, der Sonntag soll mit
Ausnahmen - das muss man hinzufügen - arbeitsfrei bleiben, denn gerade unsere
Kommunaldienste sind am Sonntag selbstverständlich im Dienst, es müssen die
Spitäler betrieben werden, es fahren die Straßenbahnen weiter, es wird die
Energieversorgung gesichert - das muss man dazusagen, dass das für einen Teil
der Bevölkerung ohnehin nicht gilt -, nicht gefährdet sein, in der Verfassung
zu verankern, dann bin ich selbstverständlich bereit, ihn auch unter die
Verfassung zu stellen. Aktuell gesehen kann ich auf Grund der politischen
Meinungsauffassungen, die es, insbesondere im Parlament, aber auch hier gibt,
diese Gefährdung nicht wirklich erkennen.
Präsident Johann Hatzl: Zweite
Zusatzfrage: Herr Abg Römer.
Abg Johann Römer (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Landeshauptmann!
Diese Deklaration, dass
weite Teile der Politik für diesen grundsätzlich arbeitsfreien Sonntag als
Staatszielbestimmung sind, ist schön, aber die Praxis zeigt dann, wie man damit
umgeht. Als Beispiel kann man die Ausweitung auf den Bahnhöfen anführen, wo
Supermärkte et cetera ausgeufert sind, wo in Frage gestellt werden muss, ob sie
diesen Bestimmungen entsprechen. Es ist das Geld für den Ausbau der großen
Bahnhöfe mit einer großen Erweiterung im Gespräch - und es wird einmal kommen
-, da ist dann davon auszugehen, dass auch diese Arten von Geschäften sich
ausweiten werden.
Daher meine Frage, weil es
die Praxisumsetzung ist, die so etwas einschränken oder auch unterstützen kann:
Ist vorgesorgt, dass in der praktischen Umsetzung zum Beispiel bei den
Bahnhöfen genau das nicht passieren kann, dass hier wettbewerbsverzerrend die
großen Ketten noch mehr Supermärkte installieren und damit diese
Grundsatzbestimmung umgehen können?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Landtagsabgeordneter!
Sie wissen es vermutlich sogar noch besser als ich,
dass gerade Arbeitsinspektorat, Marktamt und ähnliche Einrichtungen sehr darauf
achten, dass die Bestimmungen, die auf Bahnhöfen gelten, auch eingehalten
werden. Ich habe zweimal auch ein Gespräch mit dem Chef vom Billa gehabt, der
der Hauptnutznießer dieser Bahnhofsverkäufe ist, und ich darf Ihnen versichern
- was Sie vielleicht nicht wissen -, dass Herr Dr Schalle keine so rasende
Freude mit allfälligen Einschränkungen am Bahnhof, mit allfälligen Kontrollen
und Ähnlichem hat, er aber einer der drei Hauptbetreiber dieser
Sonntagsöffnungen ist.
Ich denke, dass wir hier gemeinsam bemüht sein
müssen, jene Ausnahmeregelungen, die es an einem Sonntag im Verkauf gibt,
einschließlich oder vielleicht sogar vor allem in Richtung der Privaten,
gemeinsam gut zu kontrollieren, denn die Last der Kritik des Herrn Dr Schalle
werden wir dann wahrscheinlich gemeinsam leichter tragen können als getrennt.
Präsident Johann Hatzl: Die dritte
Zusatzfrage stellt nun Frau Abg Dr Vana.
Abg Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrter Herr Landeshauptmann!
Sie haben es schon angesprochen,
Sonntagsarbeit ist für viele Wienerinnen und Wiener längst Realität in der
Gastronomie und in den Pflegeberufen. Auch im Transportgewerbe müssen Menschen
sonntags arbeiten, was Lebensqualität und auch die Chance auf ein geregeltes
Privatleben natürlich massiv beeinträchtigt. In Wien ist die Tendenz zu
Werkverträgen, freien Dienstverträgen stark steigend, wodurch immer mehr
Menschen gar keinen Arbeitszeitregelungen und gar keinen sozialen
Schutzbestimmungen mehr unterliegen.
Wir Grüne
sehen diese Flexibilisierung des Arbeitsmarkts, die zunehmenden
Deregulierungstendenzen des Arbeitsmarkts, sehr kritisch.
Ich möchte Sie daher fragen, was Sie als Landes-
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